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AUSSENHANDEL/170: EPA - Die Sicht eines Milchbauern aus Sambia (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 307 - Januar 2008
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

"Unsere Regierung darf EPA nicht unterzeichnen"

Die Sicht eines Milchbauern aus Sambia zu dem geplanten bilateralen Freihandelsabkommen der EU


John Mwemba ist Milchbauer im Mazabuka-Distrikt im Süden von Sambia etwa 180 Kilometer von der Hauptstadt Lusaka entfernt. Mwemba führt als Direktor die Kleinbauern Kooperative "Magoye Smallholder dairy farmers Cooperative" und beschreibt in dem Interview die Situation der Milchbauern in seiner Region und die möglichen Folgen der EPA-Verhandlungen für sambianische Kleinproduzenten. In der Kleinbauern Kooperative wurde 2006 das "Magoye Pilot Projekt" zur Bewusstseinsbildung des Cotonou-Abkommens und der EPA-Verhandlungen gegründet.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Herr Mwemba, Sie sind Milchbauer in Sambia. Beschreiben Sie uns Ihre Farm.

JOHN MWEMBA: Ich habe einen 16 Hektar großen Betrieb, den ich mit meiner Familie bewirtschafte. Auf der Hälfte der Fläche bauen wir Mais an vor allem für den Eigenverbrauch. Einen kleinen Teil der Ernte verkaufen wir. Die andere Hälfte der Fläche nutzen wir als Weide- und Futterfläche für unsere 19 Rinder. Davon sind einige für die Fleischerzeugung und einige werden als Arbeitstiere für Zugarbeiten auf dem Feld eingesetzt. Von den acht Milchkühen sind bisher vier Kühe mit besseren Milchrassen eingekreuzt. Die Kühe geben im Schnitt 50 Liter am Tag. Während der Trockenzeit, die von April bis November dauert, sinkt die Milchleistung auf etwa 15 Liter pro Tag. Das ist ein Problem für die Bauern in Sambia, weil dadurch auch ihr Einkommen sinkt.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Welche Bedeutung hat denn die Milch für die Bauern in Ihrer Region?

JOHN MWEMBA: Die Milcherzeugung ist sehr bedeutend für das monatliche Einkommen der Bauern. Früher haben wir hauptsächlich Mais angebaut zum Eigenverzehr, aber auch als Cash-Crop. Allerdings hatten wir durch den Verkauf nur einmal im Jahr ein Einkommen erwirtschaften können, was nicht bis zur nächsten Ernte reichte. Außerdem sind die Produktionskosten für Mais teurer als für die Milcherzeugung. Deshalb haben die Bauern begonnen, Milch zu produzieren. Zunächst ausschließlich für den Eigenbedarf. Vor zwölf Jahren wurde dann die Kooperative Magoye Smallholder dairy farmers Cooperative" gegründet. Seither verkaufen wir die Milch auch. Dadurch hat sich das Einkommen der Bauern wesentlich verbessert.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Wie funktioniert die Kooperative?

JOHN MWEMBA: Wir haben heute 300 Kleinproduzenten in der Kooperative, die zusammen 3.000 Liter Milch am Tag liefern. In der Trockenzeit sinkt die tägliche Milchmenge allerdings auf 1.000 Liter. Die Milch muss von den Bauern bis zur Sammelstelle im Dorf geliefert werden. Das geschieht entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Wir müssen zum Beispiel unsere Milch täglich 18 Kilometer mit dem Fahrrad bis zur Sammelstelle fahren. Die Kooperative bringt die gesamte Milch dann von da aus bis zur Molkerei Parmalat (italienischer Lebensmittelkonzern, Anm. der Red.), mit denen wir einen Vertrag haben. Parmalat zahlt monatlich nach der Lieferung den Milchpreis an die Kooperative und am Ende erhalten die Milchbauern ihr Milchgeld. Es ist notwendig, in einer Kooperative zusammenzuarbeiten, um die Vermarktungskosten zu reduzieren und überhaupt die Milch verkaufen zu können.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Sie haben die sinkende Milchleistung in der Trockenzeit angesprochen. Mit welchen Problemen sind die Milchproduzenten noch konfrontiert?

JOHN MWEMBA: Zunächst einmal haben wir keine Marktmacht gegenüber Parmalat und sind darauf angewiesen, welchen Milchpreis die Molkerei uns auszahlt. Parmalat ist die einzige Molkerei. Es gibt also auch keine Alternative. Dann erzeugen wir in der Trockenzeit weniger Milch, wodurch unser Einkommen in der Zeit sinkt. Wir haben bisher nicht die Möglichkeit, selbst ausreichend Futter zu konservieren etwa als Silage, und es fehlt an finanziellen Mitteln, um Futter zu kaufen. Außerdem geben unsere Kühe bisweilen noch sehr wenig Milch, da es meist Fleischrinder sind. Wir müssten vermehrt in die Züchtung investieren.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Ihr Land hat ein Freihandelsabkommen mit der EU zugesagt. Wie wirkt sich Ihrer Meinung nach ein solches Abkommen auf die Kleinbauern im Mazabuka-Distrikt aus?

JOHN MWEMBA: Wir sind nicht in der Lage, mit billigen Milchimporten aus der EU zu konkurrieren. Es ist zu befürchten, dass wir unsere Absatzmärkte verlieren. Wir könnten dann keine Milch mehr produzieren. Das würde uns in die totale Armut führen. Es gibt zurzeit keine Alternativen zur Milchproduktion für die Kleinproduzenten. In Sambia sind typische landwirtschaftliche Produkte neben Mais und Milch noch Blumen und Kaffee. Blumen und Kaffee werden aber hauptsächlich auf großen Plantagen angebaut. Unsere Regierung darf EPA nicht unterzeichnen. Wir müssen uns vor Billigimporten schützen können.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Was bräuchten Sie an Verbesserungen in Ihrer Region, um die ländliche Entwicklung zu stärken?

JOHN MWEMBA: Wir brauchen finanzielle Unterstützungen, damit wir die Milchleistung der Kühe verbessern können. Es muss Futter für die Trockenzeit angebaut, gelagert und zugekauft werden. Auch müssen wir die Milchleistung der Kühe durch Züchtung verbessern. Wir benötigen strukturelle Verbesserungen, damit etwa der Transport der Milch von den Kleinproduzenten bis zur Sammelstelle erleichtert wird. Das ist derzeit noch sehr aufwendig und mühselig. Außerdem müssten Alternativen zur Weiterverarbeitung und Vermarktung aufgebaut werden, damit wir nicht auf Parmalat als einzigen Abnehmer angewiesen bleiben.

UNABHÄNIGE BAUERNSTIMME: Für Sie ist es Ihr erster Besuch in Deutschland. Was werden Sie zu Hause berichten?

JOHN MWEMBA: Wenn ich zurückgehe, dann werde ich erzählen, dass es in Deutschland viele Menschen und Organisationen gibt, die sich für unsere Belange einsetzen.

Für das Gespräch bedankt sich Berit Thomsen


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Kleinbauern in Sambia

Die südafrikanische Republik Sambia gehört zu den 50 am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs) dieser Welt. 20 Prozent des Bruttoinlandprodukts wird in der Landwirtschaft erwirtschaftet. 67 Prozent der Arbeitskräfte sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Mehr als 90 Prozent der ländlichen Haushalte sind Kleinbauern. Armut und sinkender Kalorienverbrauch sind Indikatoren dafür, dass die Ernährungssicherung immer noch bedroht ist.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 307 - Januar 2008, S. 13
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2008