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BUCHTIP/297: Grundriß der Geschichte Ostmitteleuropas (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 10.05.2010

Grundriss der Geschichte Ostmitteleuropas

Prof. Dr. Joachim von Puttkamer von der Universität Jena veröffentlicht neues Buch


Jena (10.05.10) Die Reihe "Oldenbourg Grundriss der Geschichte" gehört zum unverzichtbaren Rüstzeug jedes Geschichtsstudenten. Sie bietet in verständlicher Form komprimiertes Wissen an, das kontinuierlich auf den neuesten Stand gebracht wird. Jetzt hat Joachim von Puttkamer, Historiker an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, den Band 38 der Reihe mit dem Titel "Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert" vorgelegt.

Das Buch ist insofern etwas Besonderes, als sich Joachim von Puttkamer nicht - wie sonst in der Reihe üblich - mit einem einzelnen Land befasst, sondern eine ganze Region in den Blick genommen hat. Zur Begründung führt er an, dass es klar erkennbare gemeinsame Strukturen gibt. Dazu zählen die Impulse zur Staatenbildung, die in den Adelsgesellschaften Ostmitteleuropas jeweils von den Ständen ausgingen. Diese "Staatenbildung von unten" habe sich mit Entwicklungen "von oben" verzahnt, insbesondere im Habsburgerreich.

Klar abgrenzen lasse sich Ostmitteleuropa aber nicht, sagt der Lehrstuhlinhaber für Osteuropäische Geschichte der Jenaer Universität. Zu den Kernländern Ostmitteleuropas zählt er Polen, Ungarn und Böhmen. Während der Zwischenkriegszeit sei die Region aus deutscher Sicht als potenzieller Expansionsraum verstanden worden. Hingegen habe TomᇠGarrigue Masaryk, der erste Staatspräsident der Tschechoslowakei, von einer "Region kleiner Völker, die nach Freiheit streben" gesprochen.

Zeitlich gesehen setzt von Puttkamers Darstellung Mitte des 18. Jahrhunderts ein und endet 2004 mit dem EU-Beitritt der betrachteten Länder. "Die spannenden Prozesse der Staatenbildung enden aber bereits mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs", merkt der Autor an. Bis dahin seien es je eigene Geschichten eines enormen Freiheitswillens und starker Freiheitsbestrebungen gewesen, zu denen eine lange Tradition staatskritischer Intelligenzia gehöre. Das Ende des Krieges sei so gesehen keine Zäsur gewesen, sondern stehe für die weitgehende Zerschlagung und Vernichtung der nationalen Eliten Ostmitteleuropas, sagt Prof. von Puttkamer.

Die strukturellen Besonderheiten der Region Ostmitteleuropa seien schließlich unter der mächtigen Industrialisierung stalinistischer Prägung eingeebnet worden. Außerdem habe es tiefgreifende Verwerfungen in der Sozialstruktur Ostmitteleuropas gegeben, ausgelöst durch die zahlreichen Vertreibungen und Umsiedlungen, die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges abspielten. "Wie gravierend das war, verdeutlicht etwa die Tatsache, dass beispielsweise Polen bis 1939 ein Vielvölkerstaat war", führt der Jenaer Historiker aus.

Die Darstellung zur Geschichte Ostmitteleuropas ist wie in allen Bänden der Reihe dreigeteilt. Während im ersten Teil das aktuelle Bild der Epoche gezeichnet wird, thematisiert der zweite Teil den Stand und die Probleme der Forschung. Als dritter Teil ist eine ausgewählte, thematisch gegliederte Bibliographie beigefügt. Joachim von Puttkamer bedankt sich ausdrücklich bei seinen Fachkollegen Wêodzimierz Borodziej und Joachim Bahlcke, die wichtige Impulse und kritische Anmerkungen beigesteuert haben. Außerdem gelte der Dank den Studenten, die im Oberseminar über den Stand der Forschungen kritisch reflektierten und so sehr ergiebige Hinweise gaben. Anders sei eine solche Mammutaufgabe nur schwer zu stemmen, sagt Joachim von Puttkamer.

Bibliografische Angaben:
Joachim von Puttkamer: "Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert",
Oldenbourg Grundriss der Geschichte, R. Oldenbourg Verlag, München 2010,
353 Seiten, Preis 34,80 Euro, ISBN 978-3-486-58169-0

Weitere Informationen unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Stephan Laudien, 10.05.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2010