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FUNDSTÄTTEN/051: Bischofspalast in Assos entdeckt? (idw)


Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) - Forschungsinstitut für Archäologie - 17.10.2014

Bischofspalast in Assos entdeckt?



Während einer Grabungskampagne in der antiken Stadt Assos (Türkei) fanden Archäologen den Grundriss einer ehemals prachtvoll ausgestatteten Halle. Dabei könnte es sich um den Empfangsraum eines Bischofspalastes handeln.

Foto: © Assos Ausgrabungs-Archiv / Aykan Özener

Assos: Halle mit Säulen in der Apsis. Im Hintergrund Reste einer Kirche.
Foto: © Assos Ausgrabungs-Archiv / Aykan Özener

Seit Oktober 2013 ist am RGZM das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt "Entwicklung der Stadt Assos in spätantiker und byzantinischer Zeit" angesiedelt. Durch die Einbettung in den Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident besteht die Möglichkeit für Studierende der Johannes-Gutenberg-Universität, sich an diesen Forschungen zu beteiligen und zusammen mit Studierenden der Universität Çanakkale an den türkischen Ausgrabungen teilzunehmen. Gleich im ersten Ausgrabungsjahr des Projektes wurden in diesem Sommer und Herbst sensationelle Ergebnisse erzielt: unmittelbar südlich einer Kirche wurde eine Halle ausgegraben, bei der es sich möglicherweise um den Empfangsraum des Bischofspalastes handelt. Der monumentale Raum schließt im Westen mit einer Apsis ab, die rückwärtig von zwei Räumen flankiert wird. Das Innere der Halle war ursprünglich qualitätvoll ausgestattet: Marmorplatten verkleideten die Wände, der Thron stand offenbar zwischen den beiden Säulen in der Apsis. Errichtet wurde der Palast im 5. oder frühen 6. Jahrhundert. Kleinere Umbauarbeiten belegen eine Nutzung bis in das 7. Jahrhundert.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Palastes befindet sich ein Gebäudekomplex, der ebenfalls in diesem Jahr ausgegraben wurde. Der hellenistische Großbau wurde in frühbyzantinischer Zeit vollständig mit Räumen zugebaut. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine private Nachnutzung einer vermögenden Familie, die sich in prominenter Lage ein teilweise zweistöckiges Anwesen schuf, das mit Küche, Vorrats- und Lagerräumen, Korridor, Portikus und mehreren Aufenthaltsräumen ausgestattet war. Aus diesem Gebäude wurden hochwertige Funde, wie zahlreiche Glasgefäße, eine mit Heiligen verzierte Schale der African Red Slip-Ware aus Tunesien, eine figürlich verzierte Gemme und eine stilisierte Pferdefibel geborgen.

Foto: © Assos, Ausgrabungsarchiv / Osman Çapalov

Assos: In einem frühbyzantinischen Gebäudekomplex geborgene Glasgemme.
Foto: © Assos, Ausgrabungsarchiv / Osman Çapalov

Den touristischen Besuchern in Assos fallen zudem noch andere Arbeiten ins Auge: im Stadtgebiet wurden in diesem Jahr großflächig dichte Macchia-Gebüsche weggeschnitten. Mit dieser Maßnahme kann nun erstmals flächendeckend die oberflächlich sichtbare frühbyzantinische Infrastruktur und Hausbebauung kartiert und dokumentiert werden.

Einführende Publikationen:

N. Arslan - B. Böhlendorf-Arslan, Assos. Living in the Rocks (Istanbul 2010).

N. Arslan - K. Rheidt (mit Beiträgen von B. Böhlendorf-Arslan, E.-M. Kasubke, K. Müller u. Haiko Türk), Assos. Bericht über die Ausgrabungen und Forschungen zur Stadtentwicklungsgeschichte 2006 bis 2011, Archäologischer Anzeiger 1, 2013, S. 195-246.

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Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM)

Das RGZM ist eine weltweit tätige Forschungseinrichtung für Archäologie mit Hauptsitz in Mainz sowie Nebenstellen in Mayen und Neuwied. 1852 vom Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine gegründet, ist es seit 1870 eine Stiftung des öffentlichen Rechts und seit 2002 Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Archäologen und Naturwissenschaftler untersuchen am RGZM vergangene Gesellschaften auf der Grundlage archäologischerQuellen: Hierbei steht der Mensch in Wechselwirkung mit seiner Umwelt im Mittelpunkt. Die Stärken des RGZM liegen u.a. im Zusammenspiel von Restaurierung, Archäometrie, experimenteller und antiquarischer Archäologie. Die Forschungen erfolgen in einem internationalen und interdisziplinären Netzwerk. In mehreren Museen und breitgefächerten Publikationen aus dem eigenen Verlag vermittelt es seine Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit.


Weitere Informationen unter:
http://web.rgzm.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/pm/article/bischofspalast-in-assos-entdeckt-1.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1371

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) -
Forschungsinstitut für Archäologie, Christina Nitzsche, 17.10.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2014