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VORTRAG/001: Zum "Hitler-Stalin-Pakt" vom 23. August 1939 (Falkenhagen/Queck)


Vortrag zum "Hitler-Stalin-Pakt" vom 23. August 1939
(Nichtangriffsvertrag zwischen dem Großdeutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken)

gehalten am 1. Oktober 2009 im Rahmen einer Veranstaltung des Vereins
"Mütter gegen den Krieg - Berlin-Brandenburg" im ND-Gebäude in Berlin

Von Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen mit einigen nachträglichen Ergänzungen von Brigitte Queck


Gegenstand unserer heutigen Veranstaltung ist der am 23. August (genauer in der Nacht vom 23. zum 24. August) 1939 auf 10 Jahre abgeschlossene Nichtangriffsvertrag zwischen Hitler und Stalin, auch Molotow-Ribbentrop-Pakt genannt, weil die Verhandlungsführer und Unterzeichner dieses Vertrages der sowjetische Volkskommissar für Äußeres (Außenminister) Molotow, zu der Zeit auch noch Vorsitzender des Rats der Volkskommissare der UdSSR, und der deutsche Reichsaußenminister Ribbentrop waren. Die Bezeichnung Hitler-Stalin-Pakt ist keine offizielle Bezeichnung. Es war in dem Sinne auch kein Pakt, denn das unterstellt eine Komplizenschaft zwischen Hitler und Stalin. Man unterstellt Stalin, er habe den Kommunismus und die internationale Arbeiterbewegung verraten und mit diesem Teufelspakt (wie er auch genannt wird) habe Stalin den Beginn des 2. Weltkrieges ermöglicht und sich direkt an der Eröffnung des 2. Weltkrieges beteiligt. Er sei von den Prinzipien des antifaschistischen Kampfes des Sowjetstaates als Arbeiter- und Bauernstaat abgerückt. Diese Propaganda mit heute antirussischer Stoßrichtung haben wir gerade wieder in den letzten Wochen anlässlich des 70. Jahrestages des Beginns des 2. Weltkrieges vernommen. Der russische Ministerpräsident Putin hat sich bei der Gedenkfeier an der Westernplatte bei Gdansk nochmals für den Nichtangriffsvertrag entschuldigt. Das war aber nur in sofern richtig und als diplomatische Geste zu werten, als dieser Vertrag auch für die Sowjetunion natürlich nicht erfreulich war. Putin hat auch begründet, wie es zu diesem Nichtangriffspakt gekommen ist und dass es für die Sowjetunion unter den damals gegebenen politischen Kräftekonstellationen das einzig Machbare war, was die sowjetische Diplomatie auch zum eigenen Schutz der UdSSR erreichen konnte. Äußerlichkeiten bei der Unterzeichnung dieses Vertrages, z. B. dass Stalin auf Hitler eine Toast ausbrachte, oder dass es Ende September 1939 eine Truppenparade sowjetischer Rotarmisten und deutschen Wehrmachtteilen gab, sind eigentlich nicht besonders erwähnenswert, weil so etwas auch damals zu ganz normalen diplomatischen Gepflogenheiten unter Staatsmännern und Staaten, gleich ob sie sich freundlich oder feindlich gesonnen waren, gehörte. Man muss folgendes beachten: Die Sowjetunion war nicht nur als sozialistischer Staat ein antifaschistischer Staat, sie war auch ein antikapitalistischer und antiimperialistischer Staat. So hatte die Sowjetunion nicht nur die deutschen Faschisten zum Gegner, sondern auch das militaristische und aggressive Japan. Aber auch alle sog. westlichen Demokratien waren dem Sowjetstaat als kapitalistische und imperialistische Staaten feindlich gesonnen. Und sie dürsteten alle zusammen nach der Eroberung der russischen Rohstoffquellen. Erbitterte Feinde hatte die Sowjetunion auch in Nachbarländern wie Polen und Rumänien, in Finnland und in den baltischen Republiken, die man damals als halbfaschistoide Staaten bezeichnen konnte. Man denke nur an die Pilsudski-Diktatur in Polen. Auch der Iran und die Türkei standen der UdSSR feindlich gegenüber.

Man muss diesen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939, um ihn richtig bewerten zu können, in großen internationalen Zusammenhängen betrachten. Ganz real bestand für die Sowjetunion die Gefahr einer Einheitsfront von kapitalistischen und imperialistischen Staaten gegen ihr Land und es war insbesondere Hitler, der zunächst daran arbeitete, im Rahmen einer möglichst breiten Front von kapitalistischen Staaten gegen die Sowjetunion seine Bestrebungen des Drangs nach dem Osten, die Ostexpansion des deutschen Großkapitals, zu verwirklichen. Es ging um die Eroberung der weiten Gebiete der Sowjetunion, immerhin ein Fünftel der Erde, mit fruchtbarem Boden und reichen Rohstoffquellen. Den Drang zur Eroberung der Weiten Russlands und der Sowjetunion hatten außer Hitler aber auch Staaten wie Polen, das sich als europäische Großmacht ansah, sowie Japan, aber auch Großbritannien, Frankreich und die USA. Einer der erbitternsten Feinde der Sowjetunion war bekanntlich ab 1917 Winston Churchill, der Hauptantreiber der westlichen Intervention im sowjetischen Bürgerkrieg gewesen war. Er hatte damals 14 Staaten zur militärischen Intervention und zu einem Kreuzzug gegen Sowjetrussland mobilisiert. Während der ganzen Zeit von 1922, als der Bürgerkrieg für die Sowjetmacht siegreich zu Ende gegangen war, bis 1940 und dann wieder ab 1945 nach dem Sieg über Hitlerdeutschland und Japan, hatte Churchill daran gearbeitet, den Sowjetstaat als ersten Arbeiter- und Bauernstaat der Welt zu vernichten.

Was veranlasste nun die sowjetische Führung zum Nichtangriffspakt vom 23. August 1939?

Hitler hatte 1934 mit Polen bereits einen Nichtangriffsvertrag abgeschlossen. Somit bahnte sich auch ein deutsch-polnisches Bündnis gegen die UdSSR an. Das deutsch-britische Flottenabkommen von 1935 billigte dem Großdeutschen Reich 35 % der Flottenstärke Großbritanniens zu. Das gab Freiraum für die deutsche Aufrüstung, indem es u.a. die sog. Stresa-Front aushebelte, zu der neben Großbritannien und Frankreich auch Italien gehörte und die vorsah, sich einseitigen Aufkündigungen von Verträgen durch den Hitlerstaat zu widersetzen. Das beschleunigte enorm die deutsche Aufrüstung und ermöglichte damals bereits Hitler und Mussolini mit bewaffneter Macht in den spanischen Bürgerkrieg einzugreifen, wo es dann schon ab Juli 1936 zum Waffengang der Legion Condor (6000 Mann stark) und von deutschen Marineverbänden auch mit der Sowjetunion, die das republikanische Spanien militärisch unterstützte, kam. Die Italiener unterstützten Franco hauptsächlich mit Landstreitkräften.
Die Sowjetunion unter Stalin unterstützte ab 1936 die Volksfrontregierung der Spanischen Republik, bestehend aus Linksrepublikanern, Sozialisten und Kommunisten in ihrem Abwehrkampf gegen die faschistischen Franco-Putschisten, die sog. Falangisten. Hitler ging es zusammen mit dem faschistischen Italien um die Eindämmung des Kommunismus und das geschah im stillen Einvernehmen mit den Westmächten, Frankreich, Großbritannien sowie den USA. In Spanien traf die sowjetische Waffentechnik bis März 1939 auf die deutsche und italienische Waffentechnik. Nun, Franco errang in diesem Bürgerkrieg den Sieg, seine Truppen rückten im März 1939 in Madrid ein. In diesem Bürgerkrieg fanden unter den 500 000 Kriegstoten auch viele sowjetische Soldaten den Tod. Der spanische Bürgerkrieg diente Hitler als Testfeld seines geplanten Krieges gegen die Sowjetunion.
Was Stalin und seinen Außenkommissar (Außenminister) Litwinow damals besonders erschütterte, war die Hitler- und Mussolini-freundliche Haltung der Westmächte. Litwinow befürwortete dennoch ein Bündnis der Sowjetunion mit den Westmächten Frankreich, Großbritannien und USA um jeden Preis, auch um den Preis der Aufgabe nationaler Interessen der Sowjetunion. Er wurde deswegen 1939 als Außenminister (Außenkommissar) durch Molotow ersetzt. Stalin hatte auf dem XVIII: Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion den Aufbau des Kommunismus verkündet.
Das erhöhte noch den Hass der Kapitalistenklasse auf die Sowjetunion. Die Aggressivität steigerte sich.

Was geschah in der internationalen Politik damals sonst noch?

1936 griff Italien Äthiopien (Abessinien) an, kolonialisierte es und eroberte im April 1939 Albanien. Seit 1935 schlug die Sowjetunion zur Abwehr von Aggressionen ein System der kollektiven Sicherheit vor. Sie schloss Verträge über gegenseitigen Beistand mit Frankreich und der Tschechoslowakei ab.
Japan hatte 1931 die Mandschurei erobert und dort einen Marionettenstaat errichtet, im Juli 1937 fiel es in die Nordprovinzen Chinas ein.
1936 schmiedete Hitler den Antikominternpakt. Es entstand die Achse Berlin-Tokio, der sich dann 1937 Italien anschloss, Dieser Pakt sah gemeinsame militärische Aktionen gegen die UdSSR vor. Im Oktober 1938 vollzog Hitler den Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich, kurz vorher, am 11. März 1938, hatte Radio Berlin einen kommunistischen Aufstand in Österreich gemeldet. Ende September 1938 wurde im Ergebnis des Münchener Abkommens die Tschechoslowakei aufgeteilt, obwohl die Sowjetunion und Frankreich mit der Tschechoslowakei einen Beistandspakt geschlossen hatten. Zum Schutz der Tschechoslowakei und zur Erfüllung ihrer Bündnisverpflichtungen war die Rote Armee mit 40 Divisionen an den Westgrenzen aufmarschiert und ließ 330000 Reservisten einziehen, während Franreich nichts dergleichen tat. Frankreich wurde im Gegenteil Partner des Münchener Abkommens, die Sowjetunion und auch die Regierung der Tschechoslowakei lud man gar nicht nach München ein. Der Sudetengau ging an Deutschland und schon im März 1939 okkupierten die Nazis vertragswidrig den restlichen Teil Tschechiens, das sog. Böhmen und Mähren. Sogar nach Abschluss des Münchener Abkommens hatte die Sowjetunion Prag noch militärischen Beistand angeboten. Er war zu dieser Zeit der einzige Staat, der das tat. Man lehnte die Hilfe aber ab. Die Slowakei wurde von der Tschechoslowakei getrennt und Marionettenstaat des Großdeutschen Reiches. Die Zerschlagung der Tschechoslowakei beraubte die Sowjetunion ihres einzigen noch verlässlichen Verbündeten in Europa. An der Aufteilung der Tschechoslowakei beteiligte sich sogar Polen.
Eine Woche später besetzten deutsche Truppen das litauische Territorium von Klaipeda (Memelland). Klaipeda war ein wichtiger Hafen des Baltikums.
Im Oktober 1938 verhandelte Ribbentrop mit dem polnischen Botschafter in Berlin über ein gemeinsames Vorgehen gegen die UdSSR auf der Grundlage des Antikominternpaktes. Im Januar 1939 nimmt dieser Plan schon während eines Treffens von Hitler mit dem polnischen Außenminister Beck konkrete Gestalt an. Beck erklärte die Bereitschaft Polens, an der Seite Deutschlands gegen die Sowjetunion in den Krieg zu ziehen. Ausgangspunkt sollte die Karpato-Ukraine sein, die Ende 1938 von der Tschechoslowakei abgetrennt wurde. Aktiviert wurden sowohl von Deutschland als auch von Polen aus die ukrainischen Nationalistischen Organisationen. Unabhängig davon, dass Frankreich immer noch mit der Sowjetunion mit einem Vertrag über gegenseitigen militärischen Beistand verbunden war, gab der französische Außenminister Bonnet Ribbentrop bei einem Treffen im Dezember 1938 zu verstehen, dass Frankreich am Schicksal des Ostens nicht interessiert sei. In dem französischen Politiker Bonnet hatte Hitler einen Freund in der französischen Regierung, unabhängig ob er Außenminister oder Justizminister war.

Stalin beunruhigte nun in der Tat in starkem Maße die Gefahr der Provozierung eines Krieges zwischen der Sowjetunion und Deutschland.

Die Verhandlungen zwischen Polen und Deutschland über ein Militärbündnis gegen die Sowjetunion gerieten jedoch in der Frage des Danziger Korridors in eine Sackgasse. Die Nazis wollten diesen Korridor im Austausch mit einer künftigen Aufteilung der Ukraine. Polen lehnte das ab. Polen suchte Beistand im Westen. Sowjetischen Beistand aber lehnte es entschieden ab. Es wollte nicht einmal im Falle der Besetzung polnischer Gebiete durch Deutschland sowjetische Truppen zur Abwehr faschistischer Angriffe auf sein Territorium lassen!!

In dieser Zeit spitzte sich auch die Lage in Fernost zu.
Im Mai 1939 griff die Japanisch-Kaiserliche Armee die mit der UdSSR verbündete Mongolische Volksrepublik erneut an. Die Rote Armee kam dem Land zu Hilfe. Erbitterte Kämpfe tobten im Fernen Osten, in deren Verlauf die Japaner über 200 Flugzeuge verloren. Den Japanern schwebte zu dieser Zeit die Bildung eines großmongolischen Reiches unter ihrer Oberhoheit vor. Es sollte die innere Mongolei, die zu China gehörte, die mit der UdSSR verbündete Mongolische Volksrepublik und auch Gebiete der Sowjetunion insbesondere Burjatien umfassen.
50000 japanische Soldaten wurden im Verlaufe der Kämpfe getötet oder verwundet. Erst am 30. August 1939 verließen die letzten japanischen Soldaten die Mongolei, nachdem sie nicht mehr mit Beistand aus Deutschland rechnen konnten. Am 23. August nämlich war der Nichtangriffsvertrag zwischen Berlin und Moskau angeschlossen worden, was Tokio damals völlig überrascht hatte.

Im März 1939 hatte die Sowjetunion erneut Verhandlungen mit den Westmächten aufgenommen, um eine antifaschistische Allianz zu bilden. Großbritannien und Frankreich jedoch ließen die Dinge schleifen und manövrierten. Hitler wurde zu verstehen gegeben, dass er gegen die Sowjetunion marschieren kann. Vom Juni bis August 1939 fanden geheime deutsch-britische Verhandlungen statt, in deren Verlauf die Briten Hitler Handlungsfreiheit im Osten im Austausch gegen die Garantie der Unversehrtheit des britischen Empires zusagten. Das Britische Empire war damals durch zunehmende Unruhen und Aufstände in seinen Kolonien bedroht. Am 29. Juli 1939 führte Charles Roden Buxton eine geheime Mission für den britischen Premierminister Chamberlain in der deutschen Botschaft durch. Er entwickelte den Plan:

1. Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des britischen Empires durch Deutschland und seitens der Kominternpakt-Staaten;
2. Großbritannien verpflichtet sich, die deutschen Interessensphären in Süd- und Osteuropa zu respektieren mit der Konsequenz des Verzichts von Garantien, die es gewissen Staaten gewährt hatte;
3. die Gespräche zum Abschluss eines Paktes mit der UdSSR werden seitens von Großbritannien eingestellt.

Stalin wurde von seinen Geheimdiensten darüber genau informiert.

Im August 1939 traten die Verhandlungen zwischen Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion in eine Schlussphase. Aber die beiden Westmächte schickten zweitrangige Delegationen nach Moskau, die kein Mandat zum Abschluss von Verträgen hatten.
Der britische Außenminister Halifax war nicht in Moskau erschienen, ebenso wenig der französische Außenminister. Der sowjetische Verteidigungskommissar (Verteidigungsminister) Woroschilow forderte energisch bindende und präzise Verpflichtungen, dass die Alliierten im Falle einer Aggression durch Hitlerdeutschland sofort in den Krieg eintreten. Er erhielt keine Antwort. Stalin wollte auch einen Vertrag mit Polen abschließen, damit die sowjetischen Truppen auf polnischem Territorium im Falle eines Angriffes den deutschen Truppen entgegentreten können. Polen lehnte erneut ab und machte damit jedes wirkungsvolle militärische Abkommen unmöglich. Stalin fürchtete damals ein neues München, bzw. dass Hitlerdeutschland gemeinsam mit Polen und auch den Westmächten gegen die Sowjetunion marschieren wird. Auch die japanische Aggression war noch nicht ausgestanden. Noch standen japanische Soldaten auf dem Boden der Mongolischen Volksrepublik, und sie wurden sogar noch bis Ende August 1939 verstärkt.

Man muss nun in der Tat die sowjetische Haltung verstehen. Man sah in Moskau, dass die deutsche Armee für den Angriff auf Polen bereit stand. Polen verhandelte aber nicht weiter in der Frage des Danziger Korridors. Es verließ sich auf die Stärke seiner Armee und die Hilfe der Westmächte.
Da traf in Moskau das Angebot von Hitler zu einem Nichtangriffspakt, verbunden mit dem Angebot der Abgrenzung von Einfluss- und Interessensphären ein. Die Abgrenzung von Einfluss- und Interessensphären war in geheimen Zusatzabkommen zu einem Nichtangriffsvertrag vorgesehen. Es war mit ganz konkreten Angeboten verbunden und bot der Sowjetunion viele Vorteile. Sollte Stalin nun dieses Angebot ablehnen? Nun, er hätte es in Erwartung der Dinge, die da kommen, ablehnen können. Das war aber mit unübersehbaren Folgen verbunden. Hitler war entschlossen, Polen anzugreifen und nun auch ganz Polen zu okkupieren. Stalin wusste das. Die Westmächte waren zu dieser Zeit unfähig und auch unwillig, ihn daran zu hindern. Die deutschen Truppen aber standen bereit, im Baltikum einzumarschieren. Auch der Krieg mit Japan drohte erneut an Intensität zu gewinnen. Finnland zeigte aggressive Absichten, und auch Rumänien war zum Krieg gegen die Sowjetunion bereit. Die Türkei und der Iran bedrohten die UdSSR vom Süden. Sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich traten viele maßgebende Politiker dafür ein, sich mit Hitler zu einigen und ihn zum Krieg gegen die Sowjetunion zu ermutigen. Und die Rote Armee war nicht in der Lage, einen Mehrfrontenkrieg zu führen. Sie stand auch militärisch vor einer Umrüstung, damit sie den modern ausgerüsteten Armeen Hitlers gewachsen sein konnte. Hitler besaß 1939 die zahlenmäßig stärkste und modernst ausgerüstete Streitmacht der Welt, das stand außer Frage. Wenngleich diese auch nicht alleine in der Lage gewesen wäre, in den Weiten der Sowjetunion zu operieren. Zusammen mit den Japanern und anderen Verbündeten, evtl. sogar mit Polen als neuer Satellitenstaat von Berlin aber hätte Hitler womöglich seine Pläne im Osten vorerst verwirklichen können.

Da musste das Angebot aus Berlin Stalin wie ein Rettungsanker erscheinen. Für ihn kam es auf Zeitgewinn an. Dass es mit Hitler auf kurz oder lang zum Krieg kommt, darüber machte sich Stalin keine Illusionen. Das geht aus den Protokollen des sowjetischen Politbüros dieser Zeit hervor. Stalin ließ das, den Tagebüchern von Ribbentrop zu folge, am Verhandlungstag am 23. August 1939, aber auch nach den Verhandlungen über den "Vertrag über Freundschaft und Grenzen" am 28. September 1939 durchblicken, als er auf eine euphorisch gehaltene Rede Ribbentrops: "Wir werden niemals wieder die Klingen kreuzen", verhalten skeptisch mit den Worten antwortete: "Nun bitte, das sollte trotz allem zumindest so sein!"(s. S. 169 in "Stalin auf der Höhe der Macht"). Auch für Hitler und seine Generäle kam es 1939 vorerst darauf an, nicht in einen Zweifrontenkrieg verwickelt zu werden. Ihr Fernziel war es jedoch, die Sowjetunion in einen Krieg mit Großbritannien und Frankreich zu verwickeln. Man wollte Stalin hier eine Falle stellen, der er aber sehr intelligent auswich. Hitler war zudem ein unberechenbarer Abenteurer. Und es gab in Moskau noch eine Kalkulation. Für den Fall, dass die Rote Armee ohne vertragliche Grundlage auf polnischem Gebiet dem Aggressor Hitler entgegentritt, gab es zwei Möglichkeiten: 1. die Rote Armee kann nicht offensiv werden u.a. deswegen, weil nun Japan vom Osten her angreift oder 2. es gelingt ihr in die Offensive zu gehen, aber in diesem Falle rechnete Stalin damit, dass die Westmächte aus Angst vor dem Kommunismus mit Hitler sofort einen Kompromissfrieden schließen und zusammen mit den Hitlertruppen gegen die Sowjetunion marschieren.

Man wirft Stalin vor, er habe für Nazi-Deutschland zum großen Teil die Rohstoffversorgung sichergestellt. Das ist aber nur auf den ersten Blick richtig. Die Sowjetunion bestand bei ihren Verträgen mit Deutschland stets auf der Berücksichtigung der Devise "zum gegenseitigen Vorteil". So lieferte Hitlerdeutschland im Austausch für Rohstoffe und Getreide neue Technik an die Sowjetunion. Die Verweigerung von Rohstofflieferungen hätte Hitler womöglich zur Eröffnung sofortiger Angriffshandlungen gegen die UdSSR schon 1939/1940 ermuntert. Hitler war ein Vabanque-Spieler. Er versuchte ebenfalls zu tricksen. Auch das musste Stalin in seiner Politik berücksichtigen.

Dass es keine Komplizenschaft zwischen Stalin und Hitler gab, beweist auch Folgendes:
Stalin ließ sich ab September 1939 bis Juni 1941 nicht dazu bewegen, mit Nazi-Deutschland eine Allianz gegen Frankreich und Großbritannien zu bilden. Stalin durchschaute auch diesen Trick: Hitler wollte Stalin mit allen Mitteln in den Krieg gegen die Westmächte locken, wobei Hitler im Hinterkopf hatte, mit diesen Staaten Frieden und dann eine Allianz gegen die SU zu schließen. Diese Fallenstellerei wurde in Moskau klar erkannt. Es wurden stattdessen von Moskau Forderungen auf weitere Einflusssphären im Balkan und in der Dardanellenfrage gestellt. So wurde Ende 1940 von Molotow bei Verhandlungen in Berlin gefordert, dass Bulgarien Einflussgebiet der UdSSR wird und gemeinsam mit der UdSSR Garantiemacht zur Kontrolle der Dardanellen wird, um das Schwarze Meer abzusichern. In Jugoslawien arbeitete Stalin darauf hin, es gemeinsam mit Großbritannien dem Einfluss der deutschen Faschisten zu entziehen. Am 27. März 1941 wurde die pro-faschistische Regierung in Belgrad unter maßgebender Mitwirkung der jugoslawischen Kommunisten gestürzt. Die neu gebildete jugoslawische Regierung schloss am 5. April 1941 einen Nichtangriffs- und Freundschaftsvertrag mit der UdSSR ab. Am 6. April 1941 überfielen die deutschen und italienischen Faschisten Jugoslawien und zerschlugen es. Durch diese Angriffshandlung verzögerte sich aber der in Vorbereitung befindliche Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion um mehr als 6 Wochen. Denn die Faschisten hatten es schon von Anfang Juli 1941 mit einer jugoslawischen Partisanenfront zu tun, die erhebliche Kräfte auch während des Krieges Hitlerdeutschlands gegen die Sowjetunion gebunden hatte.

Der UdSSR ist es beim Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 um Zeitgewinn zur Vorbereitung auf eine unausbleibliche Aggression Hitlerdeutschlands gegen die Sowjetunion und auch um territorialen Gewinn zur Verbesserung ihrer strategischen Ausgangsposition bei einer Hitleraggression gegangen.
Der sog. Hitler-Stalin-Pakt ermöglichte die Vorverlegung der Grenzen der UdSSR um 150 bis 300 Kilometer westwärts. Militärstrategen sind der Meinung, dass das zusammen mit den von Deutschland zunächst nicht eingeplanten Jugoslawienkrieg für den Sieg der Roten Armee von großer Bedeutung, ja sogar entscheidend, gewesen sei. Ich habe gegen diese Aussage einige Bedenken. Auch ohne dem wäre dem Sowjetvolk und der Roten Armee der Sieg gelungen, denn sie verteidigten schließlich ihr Vaterland! Aber richtig ist natürlich, dass z. B. die Nazis bei der Schlacht um Moskau im Spätherbst 1941 in doppelten Zeitverzug geraten waren, der dann die siegreiche Gegenoffensive der Roten Armee im November 1941 bis Februar 1942 erheblich erleichterte.
Aber es ging bei diesem Territorialgewinn durch das Zusatzabkommen zum Nichtangriffspakt auch um die Wiederangliederung von Gebieten an die Sowjetunion, die bis zum 1. Weltkrieg zum russischen Zarenreich gehörten, also um alte russische Erde. Übrigens auch die baltischen Staaten und Bessarabien, das heutige Moldawien, sogar Finnland, gehörten mit unterschiedlichem Völkerrechtsstatus zum russischen Zarenreich. Der russische Zar war auch König von Polen und Großfürst von Finnland.
Die Prawda schrieb am 23. September 1939 zum Nichtangriffspakt zwischen der Sowjetunion und Deutschland: "Es war die einzige Möglichkeit, die Westukraine und Westbelorussland (zwei Provinzen, die Polen 1920 dem Sowjetstaat in einem Krieg entrissen hatte, was im Rigaer Vertrag vom März. 1921 festgeschrieben war) und die baltischen Staaten vor einer deutschen Invasion zu bewahren!"

Zur Verhinderung einer Einheitsfront aller imperialistischer Staaten gegen die sozialistische Sowjetunion mit dem Ziel ihrer schließlichen Beseitigung, war der Nichtangriffspakt die einzige Chance! Die Gegensätze zwischen den imperialistischen Staaten durch den Abschluss eines Nichtangriffsvertrages vom 23. August 1939 zwischen der Sowjetunion und Deutschland ausnutzend, war eine taktische und strategische Meisterleistung Stalins und der sowjetischen Staatsführung!

Was geschah nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen nach dem 1. September 1939?

Die Sowjetunion hatte den Deutschen die Verpflichtung auferlegt, die Linie die durch die Flüsse San, Narew, Bug und Weichsel festgelegt waren, nicht zu überschreiten.
Das führte zu einer besseren Ausgangsposition Sowjetrusslands in einem unvermeidlichen, gewollten künftigen Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion.
Nun belegen auch folgende Fakten, dass der sog. Stalin-Hitler-Pakt nicht etwa aus reiner gegenseitiger Sympathie abgeschlossen wurde:
Hitler wollte, dass die Rote Armee möglichst zeitgleich mit der deutschen Wehrmacht die Angriffshandlungen gegen Polen eröffnet, um die zugesprochenen Gebiete zu besetzen. Seine und seiner Generäle Kalkulation war, dass dann Großbritannien und Frankreich, die mit Polen einen militärischen Beistandspakt hatten, entweder sich nicht wagen werden, nach der begonnenen Hitler-Aggression am 1. September 1939 wegen Polen in den Krieg gegen zwei Großmächte zu ziehen, weil ihnen beide zu stark erschienen, oder dass sie beiden, Nazideutschland und der UdSSR, den Krieg erklären, was dann Hitler die günstige Option eröffnet hätte, die Waffen gegen die UdSSR zu kehren und seinen und der Westmächte Traum vom Drang nach den Osten zu verwirklichen. Stalin und die sowjetische Führung erkannten diese Lage völlig klar und handelten entsprechend.

In die der UdSSR zugesprochenen Gebiete in Polen rückte die Rote Armee erst am 17. September ein und gab das als Befreiungs- und Rettungsaktion aus, als Tat zum Schutz des Lebens und des Vermögens der Bevölkerung der Westukraine und Westbelorusslands. Auf Weisung Stalins wurde der polnischen Regierung und auch den Westmächten am 17. September 1939 in Noten mitgeteilt, dass der polnische Staat aufgehört hatte, zu existieren, die polnische Regierung nicht mehr handlungsfähig sei und sich damit aufgelöst habe. Damit seien auch alle zwischen Polen und der Sowjetunion abgeschlossenen Verträge hinfällig geworden.
Wie aus den sowjetischen Archiven hervorgeht (s. "Stalin auf dem Gipfel der Macht", Moskau Verlag Wetsche 2003, Seiten 170-175), plante Stalin das Einrücken der Roten Armee in Ostpolen sogar erst Anfang Oktober, wobei er das von der Entwicklung der militärischen Lage abhängig machte. Er rechnete von Anfang an damit, dass Hitler seine Zusagen nicht einhält und versuchen wird, nach der Besiegung der polnischen Armee die Kampfhandlungen nunmehr gegen die Rote Armee fortzusetzen. Eine von Stalins Kalkulationen war aber auch, dass im Oktober für Deutschland ein Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion wegen des hereinbrechenden kalten Winters zu spät ist.
Für Stalin unerwartet war Folgendes: 1. der schnelle siegreiche Vormarsch der deutschen Wehrmacht in Polen und 2. die passive Haltung der Westmächte an der Front zu Deutschland. Ihn verdutzte, dass Frankreich 110 Divisionen gegen Deutschland mobilisiert hatte und dass es noch 5 britische Divisionen ihres Expeditionskorps gab, während die Deutschen an ihrer Westgrenze im September 1939 gerade mal 21 Divisionen stehen hatten, die noch nicht einmal voll komplettiert waren. Und es gab so gut wie keine Kampfhandlungen, bestenfalls ab und zu ein paar Feuerduelle über die Grenzen hinweg. Es entwickelte sich der drole guerre, der sog. drollige Krieg. Da die westlichen Divisionen voll einsatzbereit waren, musste Stalin das wie eine Aufforderung von Paris und London an Berlin verstehen, marschiert weiter bis ihr auf die Russen stoßt und kämpft gleich gegen die Bolschewiken weiter. Um darauf vorbereitet zu sein, hat das sowjetische Oberkommando den Befehl gegeben, die Truppen an der gesamten Westgrenze erheblich zu verstärken und das sogar mit Armeen, die man für einen Einmarsch in Polen gar nicht gebraucht hätte.

Der deutsche Außenminister von Ribbentrop und sein Botschafter in Moskau von Schulenburg waren ununterbrochen damit beschäftigt, Stalin zum Vorrücken auf Ostpolen zu bewegen und ihm unentwegt zu versichern, dass sich die Deutschen strikt an die Abmachungen halten werden. Als man in Moskau dennoch weiter zögerte, gab es sogar von Berlin aus die offene Drohung, in den Ostprovinzen Polens eine ukrainische Republik und belorussische Republik als Satellitenstaaten Hitlers zu gründen. Dazu standen u.a. die ukrainischen Bandera- und Schuchewitsch-Faschisten bereit. Auch ein litauischer Staat als Bündnispartner von Berlin drohte zu entstehen, wurden ihm doch die vorher polnischen Gebiete um Wyborg (Vilnius), auch mit Einverständnis von Hitler, zugeschlagen. Stalin und Molotow antworteten ständig, dass ihre Truppen zum Einmarsch noch nicht bereit waren. Andererseits verstärkte die sowjetische Armeeführung, wie schon gesagt, die Einheiten der Roten Armee in der Ukraine und in Belorussland. Zahlenmäßig waren diese stärker als die deutschen fünf Armeen, die jetzt den sowjetischen Truppen gegenüberstanden.

Nun ging es um die Demarkationslinie. Für die Rote Armee bestand das Problem, dass die deutschen Truppen an einigen Abschnitten schon über die Linie hinaus vorgerückt waren, die in den Zusatzprotokollen zum Nichtangriffspakt festgelegt waren. Auch Litauen gehörte nach den Abkommen vom 23. August noch zum Einflussgebiet Deutschlands. Es wurden nun detaillierte Verhandlungen zwischen deutschen und sowjetischen Truppenführern erforderlich. Aber es ergab sich auch die Notwendigkeit für einen neuen Vertrag. Der wurde am 28. September 1939 in Moskau geschlossen und erhielt den Namen "Vertrag über Grenzen und Freundschaft". Die gemeinsame Grenze in Polen wurde nun exakt auf der Curzon-Linie vereinbart, einer Linie, die von einer Kommission der Pariser Friedenskonferenz 1919-1920 bestimmt worden war.
Im Austausch polnischer Gebiete (ehemals russischer Gebiete) wurde Litauen zusätzlich zu Lettland und Estland dem Einflussbereich der UdSSR zugesprochen.

Die Rote Armee setzte sich am 17. September zur Besetzung der der UdSSR am 23. August 1939 durch das Zusatzabkommen zum Nichtangriffspakt zwischen Stalin und Hitler zugesprochenen polnischen Gebiete in Bewegung. Es gab in diesem Zusammenhang kleine Gefechte mit den polnischen Streitkräften. Davon zeugen auch die Verluste der Roten Armee, die mit 737 Toten und 1862 Verwundeten angegeben wurden.

Die Westmächte erklärten der UdSSR nicht den Krieg. Nur die polnische Emigrantenregierung, die sich in Paris etabliert hatte, erklärte, dass sie sich mit der UdSSR und Deutschland im Kriegszustand befindet.

Der Empfang der Roten Armee durch die Bevölkerung in den von ihr besetzten polnischen Gebieten war freundlich bis begeistert. Brot und Salz als Symbol der Freundschaft und Brüderlichkeit wurden überreicht. Das ist auch verständlich, handelte sich doch um von den Polen annektierte ukrainische und belorussische Gebiete, in denen die Masse der Bevölkerung von den polnischen Pans unterdrückt worden war.
Die Durchschnittsbevölkerung arbeitete loyal mit den Sowjetorganen zusammen. Wer noch Widerstand leistete, wurde niedergekämpft oder verhaftet, und so wurden auch mehrere Tausend polnische Offiziere und Beamte, die ihre Feindschaft zur UdSSR offen bekundeten, verhaftet und in Lager verbracht. Es wird noch heute, vor allem in Polen, behauptet, dass davon viele u.a. in Katyn umgekommen sind. Der angebliche Mord an Zehntausenden polnischen Offizieren und Beamten durch das NKWD wurde von der Goebbels-Propaganda im Jahre 1943 mit großem Tamtam in die Welt gesetzt. Dem widersprechen jedoch:
1. Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchungskommission gleich nach der Befreiung dieser Gebiete durch die Rote Armee und
2. Hunderte von Zeugenbefragungen dieser Zeit, die dokumentiert sind.
Als Truppen der Roten Armee Ende August 1943, vier Monate nach der Goebbels Kampagne, Smolensk von den Nazis befreit hatten, wurde von den Sowjetbehörden sofort ein Untersuchungsausschuss, nämlich die "Sonderbehörde zur Feststellung und Untersuchung des Tatbestandes der Erschießung kriegsgefangener polnischer Offiziere im Wald von Katyn", organisiert. Mit anderen Worten: Nach der Wiederbefreiung des Gebiets um Katyn in der Nähe von Smolensk durch die Rote Armee 1944 wurde diese Frage von einer internationalen Kommission gründlich untersucht. Auf Grund des Beweismaterials u.a. der Leichenobduktionen kam man zu dem eindeutigen Schluss, dass es sich bei den Katyn-Morden um Verbrechen der deutschen Okkupanten und ihrer Helfershelfer gehandelt hat. Bewiesen wurde das u. a. durch den Nachweis, dass die gefundenen Opfer alle mit deutschen Waffen und deutscher Munition erschossen worden waren. Bei den Opfern wurde Dokumente gefunden, die eindeutig der Besatzungszeit der Faschisten zugeordnet werden konnten. Auch die Verwesungsmerkmale der Toten weisen auf den Zeitraum ab August 1941 bis 1942, also auf die Besatzungszeit, nicht auf vorherige Zeitpunkte, schon gar nicht auf das Jahr 1940 hin, in dem der "Katynmord" stattgefunden haben soll.
Es gab damals weder Zeugen aus den Reihen der NKWD oder der Roten Armee bzw. der polnischen Bevölkerung die die Nazi-Behauptungen vom Katyn-Mord seitens des NKWD belegten.
Im Gegenteil! In Verhören gaben deutsche SS- und Wehrmachtsoffiziere und auch ukrainische und belorussische Nazi-Kollaborateure zu, dass die Nazis die Täter waren!!
Von polnischer Seite wurde später nach 1990, der sog. "Wendezeit", die Beweislast umgedreht. So wird u. a. behauptet, dass der NKWD mit deutschen Importwaffen ausgerüstet gewesen wäre, was aber wiederum durch sowjetische und russische Quellen widerlegt wurde.

Mit den baltischen Republiken, die von der Sowjetarmee 1939 nicht gewaltsam besetzt wurden und die gemäß dem Nichtangriffspakt dem Einflussgebiet der Sowjetunion zugesprochen worden waren, wurden Freundschafts- und Beistandsverträge abgeschlossen. Dafür hat die Sowjetunion in diesen Ländern ein paar kleine Militärstützpunkte erhalten. Vor den in Moskau ununterbrochen erscheinenden Emissären der Westmächte und auch gegenüber der kommunistischen Bewegung hatte die Sowjetunion dies als Schutzmaßnahme vor einer künftigen Hitleraggression begründet. Der heimtückische Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion 1941 trotz des mit Hitlerdeutschland geschlossenen Nichtangriffspaktes gab der Sowjetunion in dieser Frage unbedingt Recht!
Litauen sollte zunächst deutsches Einflussgebiet werden, das wurde aber am 28. September 1939 im "Vertrag über Freundschaft und Grenzen" revidiert.
Ferner schloss die Sowjetunion mit den baltischen Staaten Handelsverträge ab.
Die Sowjetunion zeigte damit offen, dass sie diese Länder weder okkupieren, noch sich in deren innere Angelegenheiten einmischen wollte. Sie blieben weiterhin kapitalistische Staaten!

Damit hatte Stalin den Westmächten ihr Argument aus der Hand geschlagen, sich in die inneren Angelegenheiten der baltischen Staaten einzumischen und somit der Sowjetunion den Krieg erklären zu müssen, worauf Hitler spekuliert hatte.

Auch Finnland war schon am 23. August 1939 dem Einflussgebiet der Sowjetunion zugesprochen worden.
Jugoslawien oder Bulgarien, auch die Dardanellen blieben aus den Verträgen ausgeklammert. In Bezug auf Bessarabien und die Nordbukowin , die zu Rumänien gehörten, wurde der völkerrechtliche Begriff Interessengebiet verwendet. Die UdSSR bekundete ihr Interesse an diesem Gebiet, Deutschland sein Desinteresse. Das war die verwendete völkerrechtliche Bezeichnung.

Mit Estland wurde schon am 28. September ein besonderer Vertrag notwendig, weil die estnische Regierung zu dieser Zeit mit den Westmächten verhandelte, um sich dem Einfluss sowohl Deutschlands als auch der Sowjetunion zu entziehen. Trotzdem hatte die estnische Regierung und die Armeeführung den Nazis eine Zusammenarbeit angeboten. Hitler konnte aber diesem Ersuchen auf Grund der politisch-militärischen Lage nicht stattgeben. Hitler hatte den Esten stattdessen erklärt, dass sie sich bis Herbst 1940 gedulden sollten. Das alles führte zu einer sich hinziehenden abwartenden Politik der estnischen Regierung gegenüber der UdSSR und machte einen besonderen Vertrag mit Estland notwendig. Estland verhandelte in Moskau aus den oben genannten Gründen bezüglich eines Beistandsvertrages zwischen der Sowjetunion und Estlands zäh. Es kam zum Kompromiss, für den Fall eines überraschenden Überfalles Hitlerdeutschlands auf das Land ca. 25000 Sowjetsoldaten auf estnischem Boden zu stationieren. (Ursprünglich hatte die Sowjetunion das Angebot unterbreitet, dort ca. 35000 Soldaten zu stationieren und Estland wollte anfangs nur 15000 genehmigen!).
Dem gemeinsamen Abkommen vom 28. September 1939 zufolge wurden nunmehr auf estnischem Territorium Basen für Luftstreitkräfte und Marineeinheiten geschaffen.
Die Sowjetregierung wandte sich neben dem Vorschlag des Abschlusses von Handelsverträgen und dem Abschluss von Beistandsverträgen nicht nur an die Regierung Estlands, sondern auch an die Regierungen Lettlands und Litauens. Damit verbunden war das Ersuchen der sowjetischen Regierung, einer Zur-Verfügung-Stellung von Militärstützpunkten auf deren Territorien. In Litauen wurden 20000 Rotarmisten stationiert. Im Vertrag vom 3. Oktober 1939 wurde in Litauen auch die Stadt und das Gebiet Vilnius offiziell der Sowjetunion übergeben. Der am 10. Oktober unterschriebene Vertrag lautete "Vertrag über die Übergabe der Stadt Vilnius und des Gebiets von Vilnius sowie über gegenseitigen Beistand der Sowjetunion und Litauens".
Mit Lettland wurde zusammen mit einem Handelsvertrag am 10. Oktober 1939 ein Abkommen über die Stationierung eines Kontingents von 25000 Rotarmisten abgeschlossen. Eine "Sowjetisierung" der drei baltischen Republiken wurde damit nicht in Angriff genommen. Den Regierungen der baltischen Staaten wurde in den mit ihnen vereinbarten Verträgen ausdrücklich versichert, dass die bestehenden Gesellschaftsordnungen erhalten bleiben. Im Gegenteil, es wurde auch den auf baltischen Boden stehenden Truppen der Roten Armee und Flotte strikt verboten, sich in innere Angelegenheiten der Staaten einzumischen.

Aber warum wurden Estland, Litauen und Lettland dann 1940 in schnellen Schritten Sowjetrepubliken?

Das hing mit dem Kriegsverlauf zusammen. Nazideutschland führte nicht nur Krieg mit Frankreich und Großbritannien. Es missachtete auch die Neutralität Dänemarks, Norwegens und dann Hollands, Belgiens und Luxemburgs. Danach marschierten die deutschen Truppen in einem von Stalin und der Sowjetregierung nicht erwartetem Tempo in Frankreich ein und besetzten Paris. In diesen Tagen wurden auch faschistische Putschversuche in den baltischen Staaten bekannt. Die reaktionären Kräfte im Baltikum fühlten sich durch die schnellen Siege der Nazis ermutigt. Moskau befürchtete die Besetzung des Baltikums durch Nazi-Truppen.

Am 14. Juni 1940 forderte die Sowjetregierung von Litauen eine Umbildung der Regierung, die in der Lage ist, die Verpflichtungen aus dem sowjetisch-litauischen Vertrag ehrlich zu erfüllen. Zudem sollten die weitere Heranführung sowjetischer Truppen in die wichtigsten Zentren nicht behindert und provokative Aktionen gegen die UdSSR verhindert werden, hieß es in einer entsprechenden sowjetischen Note. Analoge Forderungen wurden am 16. Juni 1940 an die Regierungen von Lettland und Estland gestellt. In die Hauptstädte wurden sowjetische Emissäre entsandt, Schdanow nach Tallin, Wyschinski nach Lettland und Dekanosow nach Litauen. Sie sollten über die Umbildung der Regierungen wachen. Vom 15. bis 17. Juni wurden neue sowjetische Truppenkontingente in die drei baltischen Republiken entsandt. Es gab mit den Regierungen keine Komplikationen und auch die Bevölkerung begrüßte die sowjetischen Truppen. Immer noch nicht gingen die sowjetischen Truppen z. B. gegen estnische Polizeieinheiten vor, die Demonstrationen der Bevölkerung zur Begrüßung der Sowjettruppen gewaltsam auflösten. Aber allmählich änderte sich die Haltung der Sowjetregierung in dieser Frage. Man begann in Moskau, ein gewaltsames Vorgehen der Polizeieinheiten der baltischen Staaten gegen ihre Bevölkerung, die die sowjetischen Truppen begrüßten, zu untersagen. Die sowjetischen Truppen wurden beauftragt, Demonstranten unter ihren Schutz zu nehmen. Bei der Bildung von neuen Regierungen dieser baltischen Länder achtete die Sowjetunion darauf, dass die Kommunisten nicht dominieren. Die Mehrzahl der Mitglieder der neuen Regierungen setzte sich aus Sozialisten und Parteilosen zusammen. Auch die Regierungschefs waren keine Kommunisten. An der Spitze Lettlands stand z. B. der Parteilose A. Kirchenstejn. In seiner Regierung befanden sich nur vier kommunistische Minister. Ihren Posten behielten auch die Präsidenten von Lettland Ulmanis und Pjats von Estland. Nur der litauische Präsident Smetona emigrierte nach Deutschland.

Die Stimmung des überwiegenden Teils der Bevölkerung der baltischen Staaten war sowjetfreundlich. Aber eine "Sowjetisierung" dieser Länder war immer noch nicht vorgesehen. Noch am 26. Juni 1940 ging Molotow davon aus, dass die drei baltischen Staaten noch lange selbständige Staaten bleiben werden. Ein Anschluss an die UdSSR wurde nicht in Erwägung gezogen. Doch dann änderte sich die Haltung der Sowjetregierung sehr schnell. Das hatte neben den schnellen Siegen der Nazis in Frankreich auch mit der Haltung der Hitlerregierung im Falle Bessarabiens und der Bukowina zu tun. Mit der Inanspruchnahme dieser Gebiete durch die UdSSR im Juli 1940 entstand bei der Naziführung der Eindruck, dass Stalin jetzt auf ganz Rumänien, den wichtigsten Erdöllieferanten der Nazis, zugreift. Berlin richtete an Moskau in der sog. Bessarabienfrage Protestnoten. Man machte nun der UdSSR den Anspruch auf dieses Gebiet streitig.
Am 23. Juli 1940 wurde der deutsche Botschafter von Schulenburg im sowjetischen Außenministerium einbestellt, und es wurde ihm mitgeteilt, dass die Bessarabien- und Nordbukowinafrage gelöst werden müssen. Doch nun zeigte sich die Hitlerregierung in dieser Frage nicht mehr desinteressiert, wie am 23. August 1939 aus den Geheimprotokollen ersichtlich!
Es gab von deutscher Seite Einwendungen insbesondere in Bezug der Besetzung der Nordbukowina, die Hitler als historisch deutsches Gebiet bezeichnete, weil es einst zur österreichischen Krone gehört hatte.
Als der rumänische König Carol sich wegen des drohenden Einmarsches der Sowjettruppen in Bessarabien und die Nordbukowina an Hitler um Hilfe wandte, empfahl Hitler zwar noch den Forderungen der SU nachzugeben. Dennoch protestierte die Hitlerregierung gegen die Besetzung Bessarabiens und der Nordbukowina, ein Gebiet mit vorwiegend ukrainischer Bevölkerung. Die Nazis hingegen behaupteten, dass dort vorwiegend Deutsche leben würden. Hitler teilte in einer geheimen Besprechung mit Regierungsmitgliedern und Generälen mit, dass er entschlossen sei, die Ukraine und auch die baltischen Länder zu erobern, sobald die Lage das zulasse. Die Sowjetregierung erfuhr von den Ausführungen Hitlers. In Berlin kritisierte Hitler auch das Vorgehen der Sowjetunion im Baltikum. Nunmehr stellte sich die Sowjetunion der Volksfrontbewegung in allen drei baltischen Ländern nicht mehr in den Weg.
Am 14. bis 15. Juli fanden in den baltischen Staaten Wahlen statt. Es handelte sich um Listen des werktätigen Volkes. Die aus diesen Wahlen mit überwältigender Mehrheit der Stimmen hervorgehenden Volksvertretungen wählten Volksfrontregierungen und diese erklärten ihren Willen zum Beitritt in den Verband der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Am 3. 5. und 6. August 1940 traf der Oberste Sowjet der UdSSR die Entscheidung, diese Republiken in die UdSSR aufzunehmen. Am 3. August 1939 wurde nach Einmarsch der Roten Armee in Moldawien auch die Aufnahme Moldawiens in die UdSSR beschlossen. Die Nordbukowina wurde der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik angeschlossen.

Die neue Macht wurde von der großen Mehrheit der Bevölkerung schon deswegen positiv aufgenommen, weil alle sozialen Grundrechte, die dem Sozialismus wesenseigen sind (Mitbestimmung und Arbeiterkontrolle in den Unternehmen, Recht auf Arbeit, Bildung, unentgeltlicher gesundheitliche Versorgung, Recht auf Wohnung usw.) zügig eingeführt wurden, andererseits aber seitens der Sowjetmacht auf radikale Umgestaltungsmaßnahmen der Eigentumsverhältnisse verzichtet wurde. Die Klassenantagonismen wurden dennoch schrittweise beseitigt. Die Gegensätze zwischen Arm und Reich wurden abgebaut. Schon bis Ende 1940 sank die Arbeitslosenquote auf nahezu Null. Zeitweilige Warenverknappungen und Preissteigerungen waren darauf zurückzuführen, dass die Löhne und Renten in dieser Zeit stark angestiegen sind.
Es gab auch Kräfte, die gegen die Sowjetmacht arbeiteten, und die mussten schon aus Sicherheitsgründen bekämpft werden. In der westlichen Propaganda wird letzteres natürlich in den Vordergrund gestellt, nicht die vielen neuen Errungenschaften des werktätigen Volkes in diesen Ländern.


Der finnisch-sowjetische Winterkrieg

Finnland war am 23. August 1939 durch die geheimen Zusatzprotokolle ebenfalls dem Einflussbereich der UdSSR zugeordnet worden, was im "Abkommen vom 28. September 1939 über Grenzen und Freundschaft" bestätigt und präzisiert wurde. Bei dessen Realisierung ergaben sich jedoch besondere Probleme. Die finnische Regierung entfaltete große internationale Aktivitäten zum Schutz vor der UdSSR. Deshalb bekam sie schon im September 1939 Hilfszusagen der Westmächte, einschließlich der USA. Die finnischen Truppen erhielten moderne Ausrüstungen u. a. neue Flugzeuge, Artilleriegeschütze, Panzer, Maschinengewehre und neuartige Maschinenpistolen. Diese kamen aus Frankreich, Großbritannien, den USA und auch aus Italien. Die finnische Regierung hatte schon Monate und Jahre zuvor einen Krieg gegen die UdSSR vorbereitet. Die Finnen waren besonders gut auf einen Winterkrieg und auf Kämpfe in stark bewaldeten Territorien vorbereitet.
Unter ihrem Armeeoberbefehlshaber Mannerheim hatten sie intensive Verteidigungsmaßnahmen ergriffen. Sie hatten den sog. Mannerheimwall gebaut, hinter dem sich das finnische Heer relativ sicher fühlte. Durch die Haltung ihrer Regierung gegen die Sowjetunion ermutigt, fühlten sich die Finnen zu laufenden Grenzprovokationen ermutigt.

Deshalb beschloss die Sowjetführung unter Stalin gegen Finnland sehr vorsichtig und gemäßigt vorzugehen.
Als die UdSSR in Realisierung der Abkommen mit Berlin von Finnland nur einen Sicherheitsvertrag, verbunden mit nur ein paar Grenzkorrekturen vor Leningrad im Austausch gegen Gebiete in Karelien (Leningrad lag nur 32 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt!), den Hafen Hanko und vier kleine Inseln zur Pacht zwecks Erhöhung der eigenen Sicherheit verlangte, lehnte die finnische Regierung das brüsk ab.

Am 30. November erklärte die UdSSR Finnland den Krieg. Anlass dafür waren verstärkte Grenzprovokationen der finnischen Armee. Erst das war für Rote Armee der direkte Anlass zur Eröffnung der Kampfhandlungen. Allerdings war nach wie vor nicht die Besetzung Finnlands vorgesehen. Die SU wollte weiterhin nur die Abtretung kleinerer Gebiete im Austausch gegen größere Gebiete Sowjetkareliens durchsetzen. Die Lage verschärfte sich aber, als die finnischen Streitkräften an der gesamten finnisch-sowjetischen Grenze zu Gegenangriffen übergingen und die Rote Armee in verlustreiche Kämpfte verwickelt wurde. Stalin musste die Kampfstärke der Roten Armee wesentlich verstärken, ehe die Durchbrechung der finnischen Front gelang und die Rote Armee zur zügigen Offensive übergehen konnte.
Was war für die Sowjetführung der Grund, plötzlich die Kampfhandlungen einzustellen und das weitere Vorrücken der Roten Armee auf finnischen Boden abzubrechen? Der UdSSR drohte nicht die Niederlage, sondern es verstärkte sich ganz real die Gefahr, in einen Krieg gegen die Westmächte verwickelt zu werden. Diese stellten Expeditionskorps auf und drohten mit der Intervention zu Gunsten Finnlands.
Frankreich und Großbritannien, auch die USA drohten mit der Entsendung dieser Expeditionskorps und auch mit Luftangriffen auf die Erdölfelder und -anlagen von Baku, das damals wichtigste Erdölfördergebiet der UdSSR. Wenige Tage nach dem 30. November 1939 gab übrigens Hitler die erste Instruktion für einen künftigen Krieg gegen die Sowjetunion heraus. Auch das wurde in Moskau bekannt.
Die UdSSR war von den Westmächten durch ihren Krieg mit Finnland aus der Liga der Nationen ausgeschlossen worden. In Berlin rieb man sich die Hände!!
Deutschland ermunterte Italien weiter Waffen an Finnland zu liefern und hoffte nun auf den großen gemeinsamen Feldzug mit den Westmächten gegen die UdSSR nach einem schnellen Friedensschluss an der Westfront, wo der Krieg zu dieser Zeit noch gar nicht wirklich eröffnet war. Nicht ein Versagen der Roten Armee, sondern das Bestreben Stalins, nicht in einen vorzeitigen Krieg gegen Deutschland und den Westmächten verwickelt zu werden, veranlasste ihn zur Einstellung der Kampfhandlungen und des weiteren Vorrückens seiner Streitkräfte in Finnland. Die Sowjetunion verzichtete sogar auf die Unterstützung einer möglichen Kuusinen-Regierung in Helsinki. Am 14. März 1940 schloss die Sowjetregierung mit Finnland einen Friedensvertrag ab. In diesem Zusammenhang wurden kleine Grenzkorrekturen vereinbart und es kam zur Pacht des Seehafens und Stützpunktes Hanko. Die UdSSR vereinbarte mit Finnland ebenfalls bestimmte Sicherheitsmaßnahmen, die die finnische Regierung allerdings nach dem 22. Juni 1941, als sie mit Hitler vertragsbrüchig ein Kriegsbündnis gegen die UdSSR abgeschlossen hatte, nicht mehr einhielt.
Finnland schied dann aber frühzeitig aus dem Krieg gegen die Sowjetunion aus, da sich in Finnland relativ schnell der realistische Kurs der Paaksinen-Politik durchsetzte, die für Finnland einen dauerhaften Neutralitätsstatus, verbunden mit freundschaftlichen Beziehungen auf gleichberechtigter Basis mit seinem östlichen Nachbarn vorsah.

Bekannt ist, dass Hitler den Nichtangriffsvertrag dann mit dem heimtückischen Überfall am 22. Juni 1941 wortbrüchig brach. Das aber bedeutete für das faschistische Deutschland den Weg in seine Niederlage und endete mit der totalen Katastrophe für Hitlerdeutschland. Zusammen mit den Kräften der Antihitlerkoalition besiegten schließlich die siegreich vorrückende Rote Armee zusammen mit den antifaschistischen Kräften der europäischen Länder (Partisaneneinheiten) den Faschismus.
Stalins Worte: "Die Hitler kommen und gehen, aber das deutsche Volk bleibt bestehen!" sind heute noch führungsweisend, auch für gewisse "linke" Kräfte in Deutschland, die leider den Unterschied zwischen Regierung einerseits und Volk andererseits (siehe z.B. in der Beurteilung Israels!) leider nicht zu ziehen vermögen!!


Anlage

Man hat oft gesagt, Stalin hätte 1937-1938 die Rote Armee enthauptet, indem er sie ihrer besten Kommandeure beraubte. Das ist grundfalsch. Die Rote Armee, in der sich noch einige trotzkistische und konterrevolutionär gesonnene Generäle befanden, war 1937, als eine "Säuberung" in ihren Reihen begann, ganz und gar nicht optimal entwickelt. Das zeigte sich im spanischen Bürgerkrieg, wo z. B. die anfänglich den Deutschen überlegenen sowjetischen Jagdflugzeuge von der deutschen Neuentwicklung Messerschmidt ME 109 in den Parametern, in den Kampfeigenschaften ab 1938 eingeholt und übertroffen wurden, das zeigte sich bei den Panzern und das zeigte sich anfänglich bei Bodenkämpfen mit den Japanern, die damals 1938 begannen. Die Japaner hatten 1938 nicht nur die mit der UdSSR verbündete Mongolei, sondern auch sowjetische Gebiete überfallen. Technische Mängel in der Bewaffnung der Roten Armee stellte auch eine damals vom sowjetischen Politbüro unter Leitung von Schdanow und Wossnezenski gebildete Kommission fest.
Die erste siegreiche Schlacht am Fluss Schalchin-Gol konnte erst im Juli/August 1939 mit neuen Waffen und neuen Kommandeuren unter dem Befehl des neu eingesetzten Generals Shukow erfolgreich geschlagen werden, nachdem Marschall Blücher der langjährige Oberbefehlshaber der Fernostarmee, als Verräter und japanischer Agent entlarvt worden war. Blücher wurde bekanntlich verhaftet und zum Tode verurteilt, auch wegen notorischer Trunkenheit. Seine Saufgelage und Sexparties in den Offizierskasinos stanken schon zum Himmel, vor allem weil ihr Ergebnis die sträfliche Vernachlässigung der Verteidigungsaufgaben in Fernost war. Vorher waren u.a. Marschall Tuchatschewski, der Stellvertretende Verteidigungskommissar nach Woroschilow, und mehrere andere Generäle wegen der Organisation eines Militärputsches gegen Stalin und das Politbüro, die von Trotzki beauftragt waren, als Agenten der Deutschen und Briten entlarvt und abgeurteilt worden. Man kann deshalb keineswegs von einer sog. Enthauptung der Roten Armee sprechen, sondern von einer angesichts eines bevorstehenden Krieges mit dem faschistischen Deutschland notwendigen Neuorganisation der Armee.
Angesichts der drohenden Aggressionen gegenüber der Sowjetunion bestand nun die Aufgabe, die Rote Armee und Flotte kadermäßig und waffentechnisch auf den modernsten Stand zu bringen und das gelang erst, nachdem die Clique trotzkistischer und konterrevolutionärer Generäle entmachtet und bestraft worden war. In diesem Zusammenhang wurde der Offiziersbestand moralisch gefestigt und auch wesentlich verjüngt. Knapp 40000 Offiziere schieden damals aus der Roten Armee und Flotte aus, meist aus moralischen Gründen, aber auch aus Gesundheits- und Altersgründen. Die wenigsten davon wurden verhaftet und abgeurteilt. Übrigens wurden von den entlassenen Offizieren ab 1940 und mit Kriegsbeginn rund 15000 wieder eingestellt (siehe auch das Buch: "Generalissimus" des ehemaligen Dissidenten und späteren Generals Wladimir Karpow", Wetsche Moskwa 2002 ISBN 5-94538-254-X) .
Was die Kampfstärke der Roten Armee und Flotte anbetrifft, so beurteilte Stalin Anfang 1939 die Rote Armee so, dass diese noch nicht hinreichend in der Lage war, gleichzeitig mit der deutschen Kriegsmaschinerie und mit der gut gerüsteten japanischen kaiserlichen Armee den Kampf aufzunehmen. Es bedurfte noch mindestens zwei Jahre, bis die Rote Armee auf dem modernsten Stand der Militärtechnik stand. Dies zu erreichen, wurde 1939 in Angriff genommen. Eine Statistik belegt die quantitative Verstärkung der Roten Armee ab 1. Januar 1939 bis 22. Juni 1941:


1. Januar 1939
22. Juni 1941
Steigerung in %
Divisionen
Personalbestand
Artilleriegeschütze
und Granat-Werfer
Panzer und Sturmgeschütze
Kampfflugzeuge
136
1,9 Mio.
55800
18400
17500
313
5,8 Mio.
117600
23300
24500
230
297
211
127
140

Der Offiziersbestand wurde von 150 000 auf etwa 500 000 erhöht. Das waren natürlich sehr junge Offiziere, die in die Rote Armee kamen. Bei Panzern und Kampflugzeugen ist zu berücksichtigen, dass besonders in den Jahren 1940/erstes Halbjahr 1941, neue moderne Typen gerade erst in Serie gingen oder sich noch im Entwicklungsstadium befanden.
Während des Großen Vaterländischen Kriegs hat die Industrie der UdSSR 102 000 Panzer und Sturmgeschütze sowie 137 00 Flugzeuge der modernen Typen produziert. Die Produktion von Artilleriegeschützen und Werfern, insbesondere Katjuschas belief sich auf über 300000.


Quellen:

Ju. W. Jemel'janow, "Stalin auf dem Gipfel der Macht" (russ.), Seiten 158-189, Moskau, Verlag Wetsche 2003

Ludo Martens, "Stalin anders betrachtet", Seiten 145-281, Verlag EPO, Berchem (Belgien)

Die Sowjetgesellschaft, Bd. I, Seiten 291-321 (russ.), Rossijskij gosudarstvennij humanitarnij universitet, Moskau 1997

Brief von Putin an die Polen vom 29. August 2009 (poln.) Gazeta wyborcza, Warschau, vom 29. 8. 2009

Sergej Lawrow, "Tragödie des 2. Weltkrieges. Wer ist schuld", in Rossiskaja Gazeta Moskau, vom 1. September 2009

Ol'ga Dmitrijewa, "Aber Lord Halifax erschien nicht in Moskau" (russ.), in Rossiskaja Gazeta. Moskau, vom 21. August 2009

Jelena Novoselova, "Kriegsgeheimnis. Was wir über den 2. Weltkrieg nicht wissen" (russ.), in Rossiskaja Gazeta. Moskau, vom 18. August 2009


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Über die Autoren

Brigitte Queck ist ausgebildete Wissenschaftlerin auf dem Gebiet Außenpolitik und als Fachübersetzer Russisch und Englisch sowie publizistisch tätig. Seit 10 Jahren leitet sie den Verein "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg".
Brigitte Queck hat zwei erwachsene Kinder und vier Enkel.

Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen wurde 1932 in Köln geboren und lebte ab 1936 in Radebeul bei Dresden. 1943 trat er in ein Gymnasium ein. Im Februar 1945 erlebte er die drei aufeinander folgenden Bombenangriffe auf Dresden.
Nach dem Abitur 1951 in Rostock studierte er Ökonomie und slawische Sprachen und war seit 1957 bis 1995 im öffentlichen Dienst tätig, insbesondere als Übersetzer, Dokumentalist und Länderbearbeiter. Er arbeitete in Auslandsinformationsabteilungen von Ministerien der ehemaligen DDR, zuletzt im Ministerium der Finanzen und für die Staatsbank der DDR. Seine Arbeitssprachen sind auch Englisch, Französisch und Rumänisch. Übersetzt hat er aus 12 Fremdsprachen, davon 9 slawische Sprachen. Er hat auch als Buchübersetzer für Verlage und als Journalist für Wirtschaftszeitungen gearbeitet. Seine Promotion erfolgte in diesem Rahmen.
Von 1990 bis 1995 war er Referent in einem Referat für ausländische Finanzen und Steuern des Bundesministeriums für Finanzen und dabei zuständig für sog. postkommunistische Staaten.
Nach Eintritt in das Rentenalter 1997 suchte er sich neue Interessengebiete und arbeitete als Sprachmittler und Journalist weiter für Zeitungen, Fachzeitschriften für Osteuropa und für Steuerrecht und ist Mitbetreiber der Homepage Goethe-Stübchen. Seit den 70er Jahren bekennt er sich zum Islam.
Dr. Falkenhagen ist verheiratet und hat zwei Kinder.


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Quelle:
Copyright by Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2009