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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/220: Iran-Report Nr. 7 - Juli 2008


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 7 - Juli 2008


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 08/2008 Anfang August) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im Juli 2008


I. Innenpolitik
Der mediengeile Präsident
Vorsitzender einer Korruptionsuntersuchungskommission und elf seiner Mitarbeiter verhaftet
Iranischer Botschafter aus Rom abberufen
Zeitung nach Kritik an Ahmadinedschad geschlossen
Iranischer Kurde zu elf Jahren Gefängnis verurteilt
Fünf Jahre Haft und Verbannung für Frauenrechtlerin
Innerhalb von zehn Jahren 177 Todesurteile für Minderjährige
Iranischer Schriftstellerverband zu Menschenrechtsverletzungen
Meinungsumfrage zum Atomkonflikt
Kurioses Ultimatum: Entweder Heirat oder Entlassung
Entführter japanischer Rucksacktourist kam frei

II. Wirtschaft
Iran zieht sich aus deutschen Aktien zurück
OPEC geht von Ölpreis bis 170 Dollar in diesem Sommer aus
Ahmadinedschad: Ölmarkt gut versorgt
Indien will Pipeline-Abkommen mit Iran und Pakistan unterzeichnen
Festnahme wegen geplanten Waffenhandels mit Iran
Anklage gegen Deutsch-Iraner wegen Hilfe für Atomprogramm
Stichwort: Bank Melli, staatliches Geldinstitut
Sonnenbänke verboten

III. Außenpolitik
Solanas Atom-Angebot an Iran
Verschärfte EU-Sanktionen und Reaktionen darauf
Israels Vizeverteidigungschef Mofas droht Iran offen mit Militärschlag
Israel probte Angriff auf Irans Atomanlagen
Iran droht Israel mit Vergeltung
Experten: Israel kann Irans Atomprogramm nicht zerstören
El Baradei warnt vor Angriff auf Iran
USA weiten Geheimdienstarbeit gegen Iran massiv aus
Teheran wirft Obama Unterwürfigkeit vor Israel vor
US-Interessenvertretung in Teheran geplant
Spiegel: Syrien und Nordkorea halfen Iran beim Atomprogramm
Al-Maleki in Teheran
Türkischer General: Kooperation mit Iran gegen PKK
Britisches Parlament streicht Volksmodjahedin von Terrorliste

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I. Innenpolitik

Der mediengeile Präsident

Viele fragen sich, welcher Teufel den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad reitet, Aussagen von sich zu geben, die seinem Land so sehr schaden, ja es der Gefahr eines militärischen Angriffs aussetzen. Ist es die ideologische Verbohrtheit, Mangel an diplomatischer Erfahrung oder einfach Dummheit? Nichts von alledem. Der Präsident leidet unter Geltungssucht, er ist mediengeil.

Der kleine, aus einfachen Verhältnissen stammende Mann möchte ganz groß erscheinen, täglich Schlagzeilen machen, nicht nur in der nahezu gleichgeschalteten Presse des eigenen Landes, sondern in der ganzen Welt. Wenn er bei jeder günstigen, auch ungünstigen Gelegenheit Israel attackiert, wenn er den Holocaust in Zweifel zieht oder wenn er immer wieder behauptet, er empfange seine Anweisungen direkt vom verborgenen Imam Mahdi, ja er sei Mahdis Wegbereiter, der bald auftauchen und in der ganzen Welt Gerechtigkeit walten lassen werde, dann weiß er, dass er mit solchen Attacken und Behauptungen provozieren und herausfordern und folglich Schlagzeilen machen kann. Keiner von Ahmadinedschads Amtsvorgänger war so oft wie er im In- und Ausland unterwegs, keiner hat so viele Pressekonferenzen gegeben und Reden gehalten. Viele fragen sich im Iran, wann der Präsident eigentlich zum Arbeiten kommt. Dass seine Versäumnisse und seine Unfähigkeit als Regierungschef viel Unheil angerichtet, die iranische Wirtschaft in eine tiefe Krise geführt und das Land außenpolitisch in eine höchst prekäre Lage gebracht haben, scheint den Präsidenten nicht zu kümmern. Er ist stolz, wie kein anderer Staatsmann in den letzten Jahren international Schlagzeilen gemacht zu haben.

Man könnte natürlich versuchen, ihm bei mancher seiner Äußerungen politisches Kalkül zu unterstellen. Zum Beispiel könnten seine Attacken gegen Israel mit dem Ziel zu tun haben, sich an die Spitze der radikalen Kräfte im Nahen und Mittleren Osten zu setzen, was ihm ja auch zum Teil gelungen ist. Seine Behauptung, er habe einen direkten Draht zu Imam Mahdi, könnte die eigene Popularität unter unaufgeklärten Bevölkerungsschichten stärken. Es gibt aber zugleich Äußerungen des Präsidenten, bei denen man, so sehr man sich auch bemüht, keinerlei politische Motivation ausfindig machen kann. Dazu gehört seine kürzlich geäußerte Behauptung, die USA hätten geplant, ihn während seines offiziellen Staatsbesuchs im Irak zu kidnappen, nach Amerika zu bringen und mit seiner Geiselnahme die Islamische Republik zu Zugeständnissen zwingen.

Vor einer Versammlung der höchsten geistlichen Würdenträger in der heiligen Stadt Ghom erklärte Ahmadinedschad am 19. Juni, bei seinem Staatsbesuch im Irak am 2. und 3. März hätten, "verlässlichen Informationen" zufolge, "die Amerikaner versucht, diesen ergebenen Diener der Nation zu entführen." Er habe, dem Willen Gottes gehorchend, sein Reiseprogramm geändert, und als die Kidnapper diese unerwartete Maßnahme staunend registriert hätten, "saßen wir bereits auf dem Rückflug im Flugzeug". James Bond lässt grüßen! Die Äußerungen des Präsidenten in einer so erlauchten Gesellschaft unter Ausschluss der Presse gaben zahlreiche Rätsel auf. Warum hat Ahmadinedschad mit der Bekanntgabe dieser so wichtigen Nachricht mehr als dreieinhalb Monaten gewartet? Immerhin handelte es sich bei der angeblichen Entführung um den Staatspräsidenten des wichtigsten Landes im Nahen und Mittleren Osten.

Warum hat Iran - wenn die Behauptung tatsächlich zutrifft - nicht offiziell bei der UNO, bei anderen international zuständigen Instanzen oder zumindest bei der irakischen Regierung protestiert?

Ahmadinedschad rühmte sich, dass er im Gegensatz zu anderen hochrangigen Politikern seinen Besuch im Irak Tage zuvor öffentlich bekannt gegeben und damit bewiesen habe, dass er anders als amerikanische oder britische Politiker im Irak willkommen sei. Wer ihn über die angebliche Entführung informiert haben soll, sagte er nicht. Niemand hat bislang die Behauptungen des Präsidenten bestätigt, nicht einmal die, die ihn bei dem Staatsbesuch begleitet haben. "Ich war einer von denen, die Ahmadinedschad von der ersten bis zur letzten Minute seines Besuchs begleitet haben", sagte Nassir al Ani, Chef des höchsten irakischen Gerichtshofs, der Zeitung Al Schargh al Owsat. "Von einer Änderung des Besuchsprogramms oder einer Drohung gegen den iranischen Präsidenten ist mir nichts bekannt." Selbst für regierungstreue Zeitungen im Iran scheint die Angelegenheit höchst peinlich zu sein. Sie haben darauf verzichtet, den Bericht des Präsidenten zu kommentieren.


Vorsitzender einer Korruptionsuntersuchungskommission und elf seiner Mitarbeiter verhaftet

Wegen Korruptionsvorwürfen gegen mehrere ranghohe Geistliche wurde der Leiter einer vom Parlament eingesetzten Kommission zur Ermittlung von Korruptionsaffären am 11. Juni verhaftet. Einige Tage später wurden elf weitere Kommissionsmitglieder in Haft genommen. Abbas Palisdar hatte bei einer Rede vor Studenten in Hamadan im Westen Irans schwere Vorwürfe gegen 44 einflussreiche Kleriker erhoben. Er warf ihnen vor, sich und ihre Angehörigen bereichert zu haben. Seit der Verhaftung Palisdars ziehen die Folgen seiner öffentlich gemachten Ermittlungen immer größere Kreise. Politische Beobachter betrachten den Vorfall als Teil des tobenden Machtkampfs zwischen verschiedenen Fraktionen im konservativen Lager, der nicht zuletzt im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr immer mehr an Heftigkeit gewinnt. Manche vermuten auch, dass es dabei um die Fortsetzung der Strategie der jüngeren Radikalislamisten geht, die einflussreiche Geistliche, jene Graue Eminenzen, die zu den Kampfgefährten Ayatollah Chomeinis gehörten, allmählich zu entmachten.


Iranischer Botschafter aus Rom abberufen

Die Regierung in Teheran hat ihren Botschafter in Rom, Abolfazl Zohrewand, ohne offizielle Begründung abberufen. Der Sprecher des Außenministeriums Mohammad Ali Hosseini begnügte sich mit der Bestätigung der zuvor von Agenturen verbreiteten Nachricht. Politische Beobachter führen die Maßnahme darauf zurück, dass es dem Botschafter nicht gelungen war, Anfang Juni in Rom für Ahmadinedschad während dessen Teilnahme am Ernährungsgipfel Gespräche mit wichtigen Politikern zu organisieren. Ahmadinedschad konnte in den zwei Tagen seines Aufenthalts in Italien einzig ein Gespräch mit italienischen Unternehmern führen. Es war seit seiner Amtsübernahme die erste Reise des Präsidenten nach Westeuropa.

Zorehwand sagte gegenüber der Internetzeitung Tabnak, seine Abberufung sei auf persönliche Anordnung des Staatspräsidenten erfolgt. Für den Misserfolg der Reise Ahmadinedschads sei nicht er, sondern die Westeuropaabteilung des Außenministeriums in Teheran verantwortlich.

Ahmadinedschad sollte, wie von iranischen Medien im Vorfeld seiner Reise gemeldet, sowohl den Papst als auch den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sowie andere Staatsoberhäupter treffen. Doch daraus wurde nichts. Die Regierung in Rom ignorierte den iranischen Präsidenten und unterließ die bei Staatsbesuchen üblichen Zeremonien. Die Einladung war vom Präsidenten der Welternährungsorganisation FAO ausgegangen.

Die Einladung Ahmadinedschads nach Rom hatte Proteste von jüdischen Organisationen und iranischen Oppositionellen hervorgerufen. Bei seiner Ankunft in Rom sagte Ahmadinedschad am Flughafen vor der Presse: "Die Europäer haben am meisten Schaden durch Zionisten erlitten und auch jetzt liegt die politische und wirtschaftliche Last dieses Regimes (des israelischen Regimes) auf den Schultern der Europäer."

Italiens Verteidigungsminister Ignazio La Russa kritisierte umgehend diese Äußerungen und bezeichnete sie als "besorgniserregend". Was Ahmadinedschad zur Nichtanerkennung Israels, eines UN-Mitglieds, sage, sowie die Tatsache, dass er das Leiden eines Volkes leugne, "das steht gegen die Geschichte und unser generelles Denken", sagte La Russa.

Zu Abendessen der italienischen Regierung in der Villa Madama in Rom erhielten unter den am Ernährungsgipfel teilnehmenden Staatsoberhäuptern und ranghohen Politiker einzig Ahmadinedschad und der Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, keine Einladung.

Seit der Amtsübernahme Ahmadinedschads vor drei Jahren wurden Dutzende Vertreter Irans im Ausland versetzt.


Zeitung nach Kritik an Ahmadinedschad geschlossen

Nach einem kritischen Bericht über Präsident Ahmadinedschad ist in Iran eine Zeitung geschlossen worden. Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete am 22. Juni, die Presseaufsicht habe die Zeitung "Tehran Today" am 20. Juni verboten. Der Chefredakteur sei von einem Gericht wegen des Vorwurfs vorgeladen worden, die Zeitung habe beleidigende Äußerungen über Ahmadinedschad verbreitet.

Einzelheiten wurden von IRNA nicht genannt. Die Zeitung hatte in einem Artikel geschrieben, Ahmadinedschads Kommentare zu Israel hätten ihre Wirkung offenbar verfehlt und stattdessen "mehr Druck auf Iran und mehr Unterstützung für Israel" zur Folge gehabt.

Verbote von Zeitungen sind in Iran nicht ungewöhnlich. Erst im März waren neun Kino- und Lifestyle-Zeitschriften verboten worden, weil sie über ausländische Prominente berichtet hatten.


Iranischer Kurde zu elf Jahren Gefängnis verurteilt

Das Revolutionsgericht in Teheran hat den iranischen Kurden Mohammad Sadigh Kabudwand zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Dem Menschenrechtsaktivisten wurde vorgeworfen, Unwahrheiten veröffentlicht und durch die Gründung des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte in Kurdistan Aufruhr gestiftet zu haben.

Der Anwalt Kabudwands sagte in einem Interview mit der BBC am 23. Juni, das Revolutionsgericht habe seinen Mandanten einbestellt und ihm das Urteil verkündet, obwohl nach iranischem Recht das Urteil dem Anwalt des Verurteilten mitgeteilt werden müsse. Er bezeichnete das Urteil als "ungewöhnlich hart".

Kaduwand, Vorsitzender des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte in Kurdistan, befindet sich seit Juli vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Seine Angehörigen teilten Anfang Juni der Presse mit, er befinde sich gesundheitlich in einem schlechten Zustand. Die Menschenrechtsorganisation Human Watch legte bei der iranischen Justiz Protest ein und forderte eine medizinische Betreuung des Häftlings. Im Mai dieses Jahres hatten rund 700 iranische Menschenrechtsaktivisten in einem offenen Brief die sofortige Freilassung Kaduwands gefordert. Darin wird erklärt, dass der Verein zur Verteidigung der Menschenrechte während seiner dreijährigen Aktivitäten Hunderte Berichte und Erklärungen zur Lage der Menschenrechte veröffentlicht und dabei auf unrechtmäßige Festnahmen und Urteile, Selbstverbrennungen, Vergewaltigungen und zahlreiche Minenopfer in den Grenzgebieten hingewiesen habe.


Fünf Jahre Haft und Verbannung für Frauenrechtlerin

Die iranische Frauenrechtlerin Hana Abdi wurde am 18. Juni von der zweiten Kammer des Revolutionsgerichts der Stadt Sanandadj in der Provinz Kurdistan zu fünf Jahren Haft und Verbannung in einem abgelegenen Gefängnis verurteilt. Der 22-Jährigen wurde nach Aussagen ihres Anwalts, Mohammad Scharif, vorgeworfen, "an Versammlungen und Aktivitäten zur Vorbereitung von Straftaten gegen die nationale Sicherheit" teilgenommen zu haben. Für eine mögliche Berufung sei eine Frist von zwanzig Tagen angesetzt worden, sagte der Anwalt.

Abdi sitzt seit November in Untersuchungshaft. Sie ist Teilnehmerin an der "Kampagne eine Million Unterschriften für Gleichberechtigung". Die Initiative, die vor zwei Jahren in der Hauptstadt Teheran begonnen und sich inzwischen im ganzen Land verbreitet hat, richtet sich gegen Benachteiligungen der Frauen beim Sorgerecht, Erbrecht, Familienrecht, Scheidungsrecht und dergleichen mehr. Unter dem Motto: "von Angesicht zu Angesicht" sprechen Frauen Menschen auf der Straße an, sie gehen in die Zeitungsredaktionen, zu den Ämtern, Schulen, Universitäten, Familien, erläutern ihr Anliegen und sammeln Unterschriften. Damit erhöhen sie nicht nur den Druck auf die islamischen Gesetzgeber, sie klären auch landesweit über Frauenrechte auf. Abertausende Frauen, auch Männer, haben sich inzwischen der Kampagne angeschlossen.

Bemerkenswert an der Aktion ist vor allem, dass die Beteiligten mehrheitlich aus dem islamischen Lager stammen. Es sind Frauen und Männer, die einen aufgeklärten, zeitgemäßen Islam anstreben. So gehört zu den Teilnehmerorganisationen eine Initiative, die sich als feministische islamische Frauen bezeichnet. In einem Interview mit der taz sagte ein Vorstandsmitglied dieser Organisation, ihr Verständnis vom Feminismus decke sich voll mit dem europäischer Frauen. "Unser Ziel ist Gleichberechtigung auf allen Ebenen", sagte sie. Der Zusatz "islamisch" bedeute, dass "wir unseren Glauben nicht verlieren wollen". Und wenn die islamischen Gesetze den Forderungen nach Gleichberechtigung widersprächen, müssten nicht die Forderungen, sondern die Gesetze abgeschafft werden.

Aus Sicht der herrschenden Radikal-Islamisten im Iran bildet die Frauenbewegung eine ernste Gefahr für den Gottesstaat. Sie könnte den ideologisch-islamischen Staat unterhöhlen und das gesamte System ins Wanken bringen. Tatsächlich stehen Frauen schon seit Jahren an der Spitze der iranischen Zivilgesellschaft. Sie haben zwar juristisch bisher nicht allzu viel erreicht, aber gesellschaftlich haben sie ihre Rolle weit ausgebaut. In sämtlichen Bereichen, nicht zuletzt in der Wirtschaft, haben Frauen führende Positionen besetzt. An den Universitäten bilden heute Frauen mit sechzig Prozent die Mehrheit der Studierenden. Dies hat das islamische Parlament dazu veranlasst, eine Quote für Männer einzuführen.

Seit der Regierungsübernahme von Mahmud Ahmadinedschad werden Frauenaktivistinnen zunehmend verfolgt. Auch die islamischen Kleidungsvorschriften und Kontrollen auf den Straßen wurden verschärft. Zurzeit sitzen Dutzende Frauenrechtlerinnen im Gefängnis. Kürzlich wurde sogar ein Mann wegen seines Einsatzes für Gleichberechtigung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Der 23-Jährige sei beim Sammeln von Unterschriften in einem Teheraner Park festgenommen worden, sagte seine Anwältin. Ein Gericht habe ihn dann Ende Mai unter anderem wegen des Verbreitens staatsfeindlicher Propaganda schuldig gesprochen.


Innerhalb von zehn Jahren 177 Todesurteile für Minderjährige

In den vergangenen zehn Jahren wurden in Iran laut dem Bericht einer Menschenrechtsorganisation 177 Minderjährige zum Tode verurteilt. Knapp 30 von ihnen seien hingerichtet worden, die Übrigen warteten in Gefängnissen auf die Vollstreckung des Urteils, erklärte die Internationale Kampagne für Menschenrechte im Iran am 17. Juni. Der jüngste unter den Häftlingen war bei seiner Verurteilung 2005 nur zwölf Jahre alt.

Die Menschenrechtsorganisation forderte die Verhängung von internationalen Sanktionen. Nur dies würde Iran zeigen, "dass es kein normales Verhältnis zum Rest der Welt geben kann, solange diese Barbarei anhält", sagte Aaron Rhodes, ein Sprecher der Gruppe in Wien. Viele der Verurteilungen beruhten außerdem auf Geständnissen, die nur durch Folter zustande gekommen seien. Mehr als zwei Drittel aller Hinrichtungen von Minderjährigen weltweit fänden in Iran statt.

Auch Amnesty International kritisierte Iran deswegen heftig. Dort seien "seit 1990 mehr Jugendliche hingerichtet worden als in jedem anderen Land der Welt", hieß es im Jahresbericht 2007. Ein Sprecher des Teheraner Justizministeriums erklärte, dass keine Minderjährigen hingerichtet würden. Allerdings bestünden im Rahmen des islamischen Vergeltungsrechts Qisas Ausnahmen, räumte er ein.

Das Europaparlament hat die Hinrichtung Minderjähriger in Iran scharf verurteilt. In einer Entschließung vom 19. Juni forderte die EU-Volksvertretung die Regierung in Teheran auf, vier jugendliche Todeskandidaten, deren Hinrichtung unmittelbar bevorstehe, zu verschonen. Die Vollstreckung der Todesstrafe bei Jugendlichen stehe im Widerspruch zu internationalen Übereinkommen, denen Iran beigetreten sei. Dazu gehöre das UN-Abkommen über die Rechte der Kinder. Dieses Abkommen verbiete die Hinrichtung von Jugendlichen ebenso wie die Hinrichtung von Verurteilten, die zum Zeitpunkt der Tat minderjährig waren. Das Parlament verwies auf Berichte, nach denen in Iran derzeit mehr als hundert Häftlinge mit der Hinrichtung für Vergehen rechnen müssen, die sie als Minderjährige begangen hatten. Unter ihnen seien auch junge Leute, die wegen gleichgeschlechtlicher Beziehungen zum Tode durch Steinigung verurteilt wurden. An das im März neu gewählte iranische Parlament appellierten die EU-Abgeordneten, Hinrichtungen von Straftätern im Kindesalter abzuschaffen.


Iranischer Schriftstellerverband zu Menschenrechtverletzungen

Irans Schriftstellerverband hat in Anbetracht der zunehmenden Verschärfung der politischen Lage im Land am 25. Juni folgende Erklärung veröffentlicht:

"Nach zunehmenden staatlichen Repressionen gegen diverse Gesellschaftsgruppen, insbesondere gegen Aktivisten, die sich um die Erringung von Freiheit und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte bemühen, sind wir Zeuge von neuen Festnahmen, Drohungen und harten Gerichtsurteilen.

Ein kurdischer Menschenrechtsaktivist wurde zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt und einige aktive junge Frauen und Männer in (iranisch) Kurdistan und Azarbaidschan warten auf dasselbe Schicksal.

Die Selbstmorde unter Studenten, die Repressionen ausgesetzt sind, haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Festnahmen und Verhöre der Studenten mehren sich, täglich nimmt die Zahl der Inhaftierten zu. Religiöse Minderheiten, darunter die Bahais und die Gonabadi Derwische, werden massiv verfolgt und Qualen ausgesetzt. Einige von ihnen befinden sich in Haft. Ihnen wird das Recht auf anwaltliche Vertretung verwehrt. Politische Gefangene, vor allem Andersdenkende, die sich weigern, die aufgezwungenen Meinungen der Regierung zu übernehmen, werden denunziert und Qualen ausgesetzt. Jeder Protest der Arbeiter, auch der jener Arbeiter, die einfachste gewerkschaftliche Forderungen stellen, wie die Forderung nach der Zahlung ihres seit Monaten nicht ausgezahlten Lohns oder der Sicherung ihres Arbeitsplatzes, wird mit Gewalt unterdrückt. Dutzenden Kindern droht wegen angeblicher Straftaten die Todesstrafe. Die Repressionen gegen Frauenrechtlerinnen dauern fort. Zeitungen und Presse- und Kulturverbände werden unter konstruierten Vorwänden verboten.

Wir warnen abermals die Regierung vor der Fortsetzung dieser menschenfeindlichen Maßnahmen und der schwer getrübten gesellschaftlichen Atmosphäre, die alle Menschen, die in Iran und in der ganzen Welt für Freiheit kämpfen, in Wut versetzen und ihnen große Sorgen bereiten."


Meinungsumfrage zum Atomkonflikt

Die Internetzeitung Tabnak, die dem früheren Chef der Revolutionswächter, Mohsen Rezai, nahe steht, hat zum iranischen Atomkonflikt eine Meinungsumfrage durchgeführt. Konkret wurde die Frage gestellt, wie sich Iran zum jüngsten Angebot der 5+1-Staaten (ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland) stellen soll. Nach Angaben der Zeitung haben innerhalb von 72 Stunden 35000 Personen an der Umfrage teilgenommen. Dabei haben sich 24,32 Prozent für eine radikale Ablehnung ausgesprochen, 21,38 Prozent stimmten für eine bedingungslose Zustimmung. Die meisten Teilnehmer (50,46) plädierten für eine grundsätzliche Zustimmung und Änderung einiger Teile des Vorschlags und nur 3,84 Prozent waren der Ansicht, dass auf das Angebot überhaupt nicht reagiert werden soll.

Die Umfrage zeige eindeutig, dass die Iraner eine radikale Lösung ablehnen, schreibt Tabnak.


Kurioses Ultimatum: Entweder Heirat oder Entlassung

Eine Firma im Süden Irans hat ihren ledigen Angestellten ein kurioses und einzigartiges Ultimatum gestellt: Sie müssten bis zum Ende des Sommers heiraten oder es drohe ihnen die Entlassung. Eine Kopie des Rundschreibens der Firma Pars Special Economic Energy Zone am Persischen Golf war seit Anfang Juni auf iranischen Internetseiten zu lesen, wurde jedoch eher als Witz angesehen. Doch am 10. Juni bestätigten mehrere iranische Zeitungen das Ultimatum der Firma. Von amtlicher Seite gab es dagegen keinen Kommentar. In dem Schreiben werden die ledigen Angestellten aufgefordert, bis zum 21. September den "heiligen und religiös wichtigen" Bund der Ehe einzugehen, sonst werde ihr Vertrag nicht verlängert. Trotz der strikten islamischen Gesetze und Vorschriften, wonach außereheliche Beziehungen tabu sind, hat es in den letzten 30 Jahren solch ein Ultimatum noch nicht einmal von iranischen Behörden gegeben. Ledige Männer werden von Arbeitgebern eher bevorzugt.


Entführter japanischer Rucksacktourist freigekommen

Nicht ganz ernstgemeinte Schimpfe hat ein japanischer Rucksacktourist bekommen, der acht Monate lang in Iran verschleppt war und Mitte Juni nach Japan zurückkehrte. "Ich muss Sie für Ihre Taten tadeln, aber ich bin wirklich entzückt, Sie zu sehen", sagte Außenminister Masahiko Komura bei einem Empfang des befreiten 23-Jährigen am 23. Juni in Tokio. "Ich bin so froh, dass Sie sicher heimgekommen sind", sagte der Minister lächelnd. Satoshi Nakamura, der im Oktober von Banditen in Iran entführt und unter nicht näher bekannten Umständen freigelassen worden war, bat pflichtschuldig um Verzeihung. "Ich bin mir sehr wohl darüber im Klaren, wie viel Kummer ich verursacht habe", sagte der junge Mann.

Nakamura war nach Angaben iranischer Behörden von der Bande eines gewissen Ismail Schahbachsch in der Nähe der historischen Stadt Bam im Südosten Irans entführt worden. Die Region im Dreiländereck von Iran, Pakistan und Afghanistan ist für ihre Räuberbanden berüchtigt.


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II. Wirtschaft

Iran zieht sich aus deutschen Aktien zurück

Iran löst seine Wertbestände in Deutschland auf. Wie aus Daten der Bundesbank hervorgeht, die der Wochenzeitung "Die Zeit" vorlagen, hat das wegen seines Atomprogramms international in der Kritik stehende Land allein im ersten Quartal dieses Jahres per saldo deutsche Aktien, Investmentzertifikate und Anleihen im Wert von 11 Millionen Euro verkauft. Auch 2007 überstieg der Wert der Verkäufe jenen der Käufe um 22 Millionen.

Wirtschaftliche Erwägungen allein können die Auflösung der Depots laut Experten nur schwer erklären. Alle anderen ausländischen Investoren haben im gleichen Zeitraum massiv Geld nach Deutschland gebracht. Im ersten Quartal flossen per saldo 7,7 Milliarden Euro aus dem Ausland in deutsche Wertpapiermärkte. Auch Iran hatte noch im Jahr 2005 seine Bestände in Deutschland um 214 Millionen Euro aufgestockt.

Vermutet wird, dass die Angst vor neuen Sanktionen für die Auflösung der Depots verantwortlich ist.

Indes hat Iran Medienberichten zufolge kurz vor den neuen EU-Sanktionen aus Angst vor dem Einfrieren seiner Vermögenswerte rund 75 Milliarden Dollar von europäischen Banken abgezogen. Die Summe sei auf Anweisung von Präsident Ahmadinedschad zurück nach Iran transferiert worden, berichtete die Wochenzeitung "Schahrwand-e Emrus" am 16. Juni. Unter Berufung auf ein hochrangiges Regierungsmitglied hieß es, iranisches Vermögen bei europäischen Banken sei teils in Gold und Aktien umgewandelt und teils bei asiatischen Instituten angelegt worden.

Zwei Tage später wurde die Nachricht offiziell aus Teheran dementiert.

Trotz drohender Sanktionen werde kein Geld aus Europa abgezogen. "Wir haben das nicht einmal in Betracht gezogen", sagte Ali Diwandari, Chef der größten staatlichen Bank Mellat, laut einem am 18. Juni veröffentlichten Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr. "Iranische Banken haben kein Problem mit europäischen Banken und es gibt keinen Anlass, iranisches Vermögen von europäischen Banken zu transferieren", zitierte zudem die Zeitung "Iran News" den Direktor, gegen dessen Institut die USA im Oktober Sanktionen verhängt haben. Offenbar sagte der Direktor entweder nicht die Wahrheit oder er ahnte zu diesem Zeitpunkt nicht, dass wenige Tage später die EU weitere Sanktionen und auch Maßnahmen gegen iranische Banken beschließen wird.


OPEC geht von Ölpreis bis 170 Dollar in diesem Sommer aus

Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) geht davon aus, dass der Ölpreis im Sommer von derzeit 135 auf bis zu 170 Dollar pro Fass hochschnellen wird. "Ich rechne mit Preisen von 150 bis 170 Dollar im Laufe des Sommers", sagte der OPEC-Vorsitzende Tschakib Chelil am 26. Juni dem französischen Sender France 24. Verschärfe sich allerdings der Konflikt um das iranische Atomprogramm, werde dies die Ölpreise noch stärker hochtreiben. Schlimmsten Falls - wenn etwa die Ölproduktion im OPEC-Mitgliedsstaat Iran still liege - könnte der Ölpreis sogar "auf 200, 300, 400 Dollar" steigen.

Kurzfristig hänge "alles" von der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrer Entscheidung über eine Zinserhöhung ab. "Dann, glaube ich, wird der Ölpreis steigen", sagte Chelil. Experten erwarten, dass die EZB ihre Zinsen demnächst anhebt, um der Inflation einen Riegel vorzuschieben. Dies könnte den Euro gegenüber dem Dollar weiter stärken. Öl wird in der US-Währung bezahlt, weshalb ein schwächerer Dollar die Öl-Nachfrage aus Nicht-Dollar-Ländern ankurbeln könnte. Die EZB will Anfang Juli ihre Entscheidung bekannt geben.


Ahmadinedschad: Ölmarkt gut versorgt

Iran sieht trotz weiter steigender Preise keinen Engpass auf dem Ölmarkt. Die Bestände seien hoch und der jüngste Preisanstieg sei künstlich herbeigeführt, sagte Ahmadinedschad am 17. Juni. Er verwies insbesondere auf den Dollar, der bewusst schwach gehalten werde. Iran als viertgrößter Öl-Exporteur hat schon in der Vergangenheit betont, dass die Preisexplosion bei dem Energierohstoff in erster Linie auf Spekulationsgeschäfte zurückzuführen sei.

Der Preis für ein Barrel US-Leichtöl hatte Mitte Juni vorübergehend ein neues Rekordhoch von fast 140 Dollar erreicht. Dann entspannte sich die Lage wieder und der Preis sank auf 135 Dollar. Doch die Drohungen Israels, Iran anzugreifen, trieben den Preis abermals in die Höhe. Bei Redaktionsschluss lag er bei knapp 143 Dollar.


Indien will Pipeline-Abkommen mit Iran und Pakistan unterzeichnen

Indien will nach Regierungsangaben in den kommenden Wochen ein seit langem geplantes Abkommen mit Iran und Pakistan über eine Gas-Pipeline unterzeichnen. Der indische Ölminister Murli Deora sagte dem Nachrichtensender NDTV am Rande des Ölgipfels in Dschidda in einem am 23. Juni ausgestrahlten Bericht, er rechne innerhalb von vier bis fünf Wochen mit der Unterzeichnung des Vertrages über die Iran- Pakistan-Indien-Pipeline. "Es gab kleinere Probleme, die geregelt wurden." Das anhaltende Wirtschaftswachstum führt zu einer Zunahme des indischen Energiebedarfs.

Die Pipeline wird seit 1989 geplant. Verhandlungen begannen 1994. Wegen indisch-pakistanischer Spannungen wurde das Projekt zeitweise auf Eis gelegt. Die USA hatten sich in der Vergangenheit wegen der Beteiligung Irans gegen die Pipeline ausgesprochen. Indien hatte an dem Projekt festgehalten. Indien und die USA haben ihrerseits einen Vertrag über die Kooperation im zivilen nuklearen Bereich ausgehandelt. Die linken und traditionell US-feindlichen Parteien in Indien haben allerdings gedroht, der Minderheitsregierung in Neu Delhi die Unterstützung zu entziehen, sollte sie die Umsetzung des Vertrages vorantreiben. Dann würden vorgezogene Wahlen in Indien wahrscheinlich.


Festnahme wegen geplanten Waffenhandels mit Iran

Wegen einer geplanten Lieferung waffenfähigen Materials an Iran ist ein 62-jähriger Deutscher festgenommen worden. Er sei dringend verdächtigt, als Geschäftsführer einer in Rheinland-Pfalz ansässigen Firma zwischen Mai 2007 und Juni 2008 - entgegen den Bestimmungen des so genannten Iran-Embargos - ein Umgehungsgeschäft organisiert zu haben, teilte die Bundesanwaltschaft am 23. Juni in Karlsruhe mit.

Gemeinsam mit einem türkischen Geschäftspartner soll der 62-jährige die Ausfuhr von zum Raketenbau nutzbarem Material nach Iran verabredet haben. Das Material sollte den Angaben zufolge an einen in der Embargoverordnung gelisteten Empfänger gehen. Die Lieferung sei aber durch den Zugriff, der bereits am 20. Juni erfolgte, verhindert worden.

Der Beschuldigte wurde laut Bundesanwaltschaft noch am 20. Juni dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der Haftbefehl wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz erließ.


Anklage gegen Deutsch-Iraner wegen Hilfe für Atomprogramm

Die Bundesanwaltschaft hat einen Deutsch-Iraner wegen illegaler Geschäfte im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm angeklagt. Der 48 Jahre alte Mohsen V. werde verdächtigt, die Lieferung von strahlungsfesten Detektoren in die Islamische Republik angestrebt zu haben, teilte die Behörde am 26. Juni in Karlsruhe mit. Die Geräte fielen unter das Iran-Embargo und sollten aus den USA mit Hilfe eines in Rheinland-Pfalz ansässigen Unternehmens beschafft werden. Für den Weitertransport der Detektoren von Deutschland nach Iran seien beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle falsche Angaben gemacht worden. Allerdings habe das rheinland-pfälzische Unternehmen Abstand von dem Geschäft genommen.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 48-jährigen auch vor, die Lieferung von für das Atomprogramm geeigneten Hochgeschwindigkeitskameras vermittelt zu haben. Zudem habe der Mann nachtsicht-taugliche Ferngläser, die unter das Embargo fallen, nach Iran liefern wollen. Der Deutsch-Iraner sitzt seit November in Untersuchungshaft. Formal wirft ihm die Bundesanwaltschaft Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz vor.


Stichwort: Bank Melli, staatliches Geldinstitut

Die von den jüngsten EU-Sanktionen betroffene Bank Melli gehört zu 100 Prozent dem iranischen Staat. Mit weltweit mehr als 3000 Filialen und rund 45000 Beschäftigten ist die Bank nach eigenen Angaben die größte iranische Geschäftsbank. Die einzige deutsche Niederlassung in Hamburg wurde 1965 eröffnet. In der Bundesrepublik ist die Bank Melli als Handelsbank tätig und hat eine wichtige Funktion im Export und Import zwischen Europa und Iran.

Die 1928 gegründete Bank erreichte 2006/07 ein Geschäftsvolumen von 963 Millionen Euro nach 889 Millionen im Geschäftsjahr davor. Die Bilanzsumme wurde mit 685 Millionen Euro angegeben (2005/06: 693 Millionen). Der Jahresüberschuss verringerte sich im am 31. März 2007 endenden Geschäftsjahr auf 9,01 Millionen Euro nach 10,6 in der Vergleichsperiode.

Laut Beschluss der EU sollen die Gelder der Bank Melli eingefroren werden. Das heißt schlicht: Das Vermögen der Bank muss dort bleiben, wo es gerade ist - also beispielsweise in Deutschland auf den Konten von Geschäftsbanken und der Bundesbank. Die Institute haben darauf zu achten, dass die Bank nicht das Geld auf andere Konten überweist oder sonstige Geschäfte damit tätigt. Auch der Zufluss von Geldern auf die Konten der Bank wird unterbunden. Neugeschäfte sind damit für die Bank Melli faktisch nicht mehr möglich.

Überwacht werden solche Sanktionen nach Angaben der Bundesbank nicht gesondert: Jedes der 2300 Geldinstitute in Deutschland sei mit der Veröffentlichung der Sanktion dazu verpflichtet, auf deren Einhaltung zu achten. Per Rundschreiben informiert die Bundesbank zusätzlich die Institute. Zudem gibt es turnusmäßige Prüfungen etwa der Bundesbank auf mögliche Verstöße. Neben den Geldern der Bank Melli ist nach Angaben der Bundesbank seit März 2007 auch das Vermögen der iranischen Bank Sepah eingefroren.


Sonnenbänke verboten

Iran hat den Gebrauch und Import von Sonnenbänken verboten - offiziell aus Gesundheitsgründen. Wie der staatliche Rundfunk am 25. Juni auf seiner Webseite berichtete, wollen die Behörden Solarien in Hotels, Schönheitssalons und Sportstudios schließen lassen. Die Betreiber müssten mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Begründet wurden die mit der iranischen Atomenergiebehörde und dem Handelsministerium koordinierten Maßnahmen mit Strahlenschutz am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit. Die Iraner wurden aufgefordert, Betreiber von Sonnenstudios anzuzeigen.

Sonnenbänke sind in den vergangenen Jahren insbesondere unter Iranerinnen sehr populär geworden. Wegen der strengen islamischen Kleidungsvorschriften bietet sich ihnen nur an wenigen Orten die Gelegenheit zum Sonnenbad im Freien.


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III. Außenpolitik

Solanas Atom-Angebot an Iran

Bei einem offiziellen Besuch in Teheran hat der EU-Außenbeauftragte Javier Solana der iranischen Regierung ein neues Angebot unterbereitet, in dem Iran bei einem Stopp der Urananreicherung Unterstützung auf den Gebieten Handel, Finanzen, Landwirtschaft und Spitzentechnologie zugesagt wird. Das geht aus einem Dokument hervor, das am 18. Juni vom US-Außenministerium veröffentlicht wurde. Zudem soll Iran beim Bau eines Leichtwasserreaktors nach dem aktuellen Stand der Technik unterstützt und künftig mit Kernbrennstoff versorgt werden. Sobald das "internationale Vertrauen" wieder hergestellt sei, soll Iran laut dem Vorschlag auch von Forschung und Entwicklungen auf dem Gebiet der Atomenergie profitieren.

Im Wirtschaftsbereich soll Teheran im Gegenzug für eine Kooperation die Integration in internationale Strukturen wie die Welthandelsorganisation (WTO) erleichtert werden. Iran könnte laut dem Dokument Hilfe bei der Lebensmittelproduktion, beim Umweltschutz und bei Infrastrukturprojekten erwarten. Auch Flugzeuge und Flugzeugteile dürften wieder aus dem Ausland nach Iran geliefert werden.

Solana hatte das Angebot der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands am 14. Juni dem iranischen Außenminister Manuchehr Mottaki überreicht. Das Angebot sei "großzügig und umfassend", sagte Solana. Damit zeigten die beteiligten Staaten ihren Wunsch nach "konstruktiven und kooperativen Beziehungen mit Iran bei der Atomenergie und in vielen anderen Bereichen". Iran solle dabei unterstützt werden, ein modernes Programm zur wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie zu entwickeln. "Wir hoffen auf eine schnelle und positive Antwort", sagte Solana.

Teheran hatte jedoch zuvor angekündigt, jeden Vorschlag abzulehnen, der einen Stopp des umstrittenen Atomprogramms zur Bedingung macht. Solana verhandelt sei 2006 im Auftrag der Sechsergruppe (USA, China, Russland, Großbritannien, Deutschland und Frankreich) mit Iran über sein Atomprogramm. Das jetzige Angebot ist eine Neuauflage des Angebots von 2006.

In dem Begleitbrief zu dem Angebot hieß es, Verhandlungen könnten beginnen, sobald Iran die Urananreicherung einstelle. Umso erstaunlicher war, dass wenige Stunden nach Solanas Besuch Präsident Bush in Paris sich über Irans Haltung enttäuscht zeigte. "Ich bin enttäuscht, dass die iranische Führung das großzügige Angebot sofort ablehnte", sagte der Präsident. Die iranische Regierung manövriere ihr Volk damit weiter in die Isolation. Dabei hatte Irans Außenminister erklärt, seine Regierung werde den Vorschlag eingehend prüfen. Erstaunlich war auch, dass der EU-Ministerrat wenige Tage nach Einreichung des Angebots, ohne Teherans Stellungnahme abzuwarten, härtere Sanktionen gegen Iran beschloss. (s. dazu den folgenden Bericht)


Verschärfte EU-Sanktionen gegen Iran

Im Atomstreit mit Teheran hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Iran verschärft: Der EU-Ministerrat beschloss am 23. Juni in Brüssel, iranisches Vermögen in der EU einzufrieren. Vor allem der iranischen Großbank Melli (s. Seite 10), über die ein wesentlicher Teil der Geschäftsbeziehungen zwischen europäischen und iranischen Firmen läuft, wurde damit die weitere Arbeit an den Standorten in Hamburg, London und Paris unmöglich gemacht. Über die Höhe der iranischen Vermögen in der EU gab es zunächst keine Angaben. Die Hamburger Filiale war nach Angaben der Bank-Sprecherin Sabine Hummerich am 23. Juni noch nicht über Sanktionen informiert. Der Beschluss der zuvor im Kreis der EU-Botschafter ausgehandelten Sanktionsverschärfungen erfolgte ohne Diskussion. Die Staatsbank Melli gehört zu einer Reihe von Finanzinstituten, deren Vermögen eingefroren wurde. Zudem wurde die Liste jener Iraner, die nicht in die EU einreisen dürften, erweitert.

Am 24. Juni wurden die Sanktionsbeschlüsse im Amtsblatt der EU veröffentlicht und traten damit in Kraft. In der amtlichen Bekanntgabe wurden auch die Vorwürfe gegen die Bank Melli präzisiert. Der Bank wird vorgeworfen, Finanzmittel für Unternehmen, "die Güter für Irans Nuklear- und Raketenprogramm beschaffen oder an deren Beschaffung beteiligt sind", bereitgestellt zu haben. "Die Bank Melli dient als Vermittler für Irans sensible Geschäfte", heißt es in dem Beschluss zum Einfrieren des Vermögens der Bank. Die Bank habe "mehrfach den Kauf sensibler Materialien für Irans Nuklear- und Raketenprogramm vermittelt" und "eine Reihe von Finanzleistungen im Auftrag von Einrichtungen getätigt, die mit der iranischen Nuklear- oder Raketenindustrie verbunden sind".

Die EU erließ auch Einreiseverbote für 20 Personen. Zu ihnen gehören der Leiter der Atomenergieorganisation Irans (AEOI), Gholamreza Aghazadeh, der Leiter des Kernforschungszentrums Teheran, Ali Reza Chanchi und der Minister für Verteidigung und Logistik der Streitkräfte, Brigadegeneral Mostafa Mohammad Nadschar.

EU-Diplomaten zufolge, handelte es sich bei den neu beschlossenen Sanktionen um "ergänzende Maßnahmen" zu den Iran-Resolutionen des Weltsicherheitsrates. Der UN-Sicherheitsrat hatte im März dieses Jahres in der Resolution 1803 alle Staaten zur "Wachsamkeit" gegenüber der Bank Melli und der Bank Saderat aufgefordert, um "Aktivitäten zu verhindern, die zur Weiterverbreitung kritischer Nuklearaktivitäten führen könnten".

Die EU bekräftigte zugleich den Wunsch nach Verhandlungen über eine Lösung des Atomkonflikts. Gerade wenige Tage zuvor hatte EU-Außenbeauftragter Javier Solana ein neues Angebot der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands an Iran vorgelegt(s. Seite 11). Das Verhalten der EU. Sanktionen zu beschließen, ohne eine Stellungnahme Irans zu dem Angebot abzuwarten, erweckte bei politischen Beobachtern Erstaunen. Inzwischen hat Iran mehrfach gegen die Sanktionen protestiert (s. die folgenden Seiten), aber noch keine konkreten Schritte angekündigt. Sollte Iran seine Zahlungen an deutsche Unternehmen einstellen, könnten auf den Bund voraussichtlich Haftungsansprüche aus Hermes-Exportbürgschaften in Höhe von mehreren Milliarden Euro zukommen, hieß es in EU-Kreisen. Die EU hatte bereits am 10. Juni nach dem Gipfeltreffen mit US-Präsident George W. Bush in Brdo (Slowenien) "ergänzende Maßnahmen" zu den UN-Sanktionen angekündigt. Damit solle verhindert werden, dass iranische Banken eine Weiterverbreitung von Atomwaffentechnologie und den Terrorismus unterstützen.

Der iranische Analyst Said Lailas sagte der Nachrichtenagentur AP, die europäischen Sanktionen gegen die Bank Melli bedeuteten eine weitere Isolierung der iranischen Wirtschaft, weil sie Importe verteuern würden. "Das wird die Inflation in die Höhe treiben, aber gleichzeitig der Regierung helfen, für ihre eigenen Fehler die Sanktionen verantwortlich zu machen", sagte Lailas. Der britische Nahost-Experte Christopher Pang vom königlichen Institut der Streitkräfte äußerte dagegen die Einschätzung, eine Verschlechterung der Wirtschaftslage in Iran könnte der Opposition nützen.

Teheran bezeichnet die Sanktionen als "absurd"

Iran hat die Verschärfung der EU-Sanktionen als "absurd" bezeichnet. Teheran verurteile "diese Art von illegalen, widersprüchlichen Initiativen" aufs Schärfste, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Mohammad Ali Hosseini am 24. Juni. Er sprach von einer "EU-Politik mit Zuckerbrot und Peitsche" und beklagte eine Doppelmoral der Europäischen Union. Diese Politik werde Iran nicht davon abhalten, seine nuklearen Rechte umzusetzen. "Solche Initiativen werden nur Irans Willen stärken, seine (Nuklear-) Rechte zu realisieren", teilte der Sprecher weiter mit. Die neuen Sanktionen schadeten nur den europäischen Interessen in Iran.

Auch Präsident Ahmadinedschad reagierte wenige Stunden nach Hosseini mit heftiger Kritik an den EU-Beschlüssen. Einige "Tyrannen" in der Welt hätten Iran längst verurteilt und wollten das Nuklearprogramm stoppen. "Ein Gerichtshof sollte gebildet werden, um alle zu richten und zu bestrafen, die versuchen, die Rechte der iranischen Nation zu verletzen", sagte Ahmadinedschad der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge vor einer Gruppe von Juristen in Teheran. Zuvor hatte Teheran Bereitschaft zu neuen Verhandlungen signalisiert, eine Einstellung der Urananreicherung aber kategorisch abgelehnt.

Scharfe Attacken Laridschanis gegen EU

"Wir nähern uns dem Schlusspfiff des Spiels", sagte der neue Parlamentspräsident und ehemalige Verhandlungsführer im Atomkonflikt, Ali Laridschani, am 26. Juni vor dem iranischen Parlament. "Es war genau die doppelbödige Strategie der USA, die in den letzten Jahren deren Nahost-Politik in die Sackgasse geführt hat. Es ist erstaunlich, dass nun auch Europa langsam, aber sicher denselben verhängnisvollen Weg beschreitet." Heute würden die Themen Menschenrechte und das iranische Atomprogramm von westlichen Diplomaten und Medien zur Durchsetzung einer listigen Strategie zum Vorwand genommen, fuhr Laridschani fort. "Ihr habt doch Herrn Solana zu Verhandlungen über euer Angebot nach Iran geschickt. Doch am selben Tag, noch bevor das Angebot uns vorlag, äußerte sich Herr Bush über eine iranische Ablehnung besorgt".

Bezug nehmend auf die von der EU beschlossenen Sanktionen sagte Laridschani: "Wenn wir ernsthaft über das Angebot verhandeln sollten, dann ist nicht zu verstehen, warum ihr zum Angriff übergegangen seid, bevor wir das Angebot prüfen und darauf reagieren konnten. Dennoch redet ihr von vertrauensbildenden Maßnahmen!"

Während die Rede Laridschanis immer wieder vom Beifall der Abgeordneten unterbrochen wurde, sprach er das aus, was unzweideutig als eine noch nie von offizieller Seite ausgesprochene Warnung an Europa verstanden werden musste. "Ich empfehle euch, nehmt die Warnung von Herrn El Baradei (s. Seite 17) ernst. Lasst ab von weiteren Provokationen. Sonst werdet ihr mit vollendeten Tatsachen konfrontiert werden, bei denen es keinen Rückweg mehr zu Verhandlungen geben wird." Mit vollendeten Tatsachen kann nur der Bau der Atombombe gemeint sein.

Weiterhin warnte Laridschani die Europäer: "Stellt keine falschen Rechnungen auf, sonst wird die Zeche noch höher. Die Völker Irans und der Region nehmen eure Aktivitäten genau unter die Lupe. Ihr wisst sehr wohl, dass ihr mit eurer falschen Strategie im Irak, im Libanon und Afghanistan nichts als Hass geerntet habt. Mit dieser trügerischen doppelten Strategie befindet ihr euch in der gesamten Region an der Schwelle einer auswegslosen Sackgasse. Ihr steht vor dem Schlusspfiff zu einem sicher verlorenen Spiel."

Abschließend sagte Laridschani, der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrat Irans habe die Bereitschaft Irans zur Aufnahme von Verhandlungen erklärt und das Parlament habe die Entscheidung unterstützt. "Wir werden euer Verhalten genau unter die Lupe nehmen. Sollten wir den Eindruck haben, dass ihr einseitige Entscheidungen trefft und euer Angebot nur als Vorwand benutzt, um rechtswidrige Maßnahmen zu treffen, dann könnt ihr sicher sein, dass wir einen anderen Weg wählen werden. Die Verantwortung für die Folgen liegt eindeutig bei euch."

Sarkozy für harte Sanktionen

Eine nukleare Aufrüstung in Iran wäre für den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy "nicht hinnehmbar". Israel stehe nicht allein, die ganze EU sei über das iranische Atomprogramm besorgt, sagte Sarkozy am 23. Juni in einer Rede vor dem israelischen Parlament in Jerusalem.

Sarkozy beschwor schon im vergangenen Jahr eine katastrophale Alternative zwischen "einer Bombe Irans oder Bomben auf Iran". In Jerusalem forderte er eine "sehr entschiedene Reaktion der Staatengemeinschaft" und sprach sich für schärfere Sanktionen gegen Teheran aus.

USA begrüßen verschärfte EU-Sanktionen Die USA haben die Verschärfung der EU-Sanktionen im Atomstreit mit Iran begrüßt. Es sei "wichtig, dass die internationale Gemeinschaft den Druck auf das iranische Regime weiter erhöht, solange dieses sich weigert, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu erfüllen und seine Uran-Anreicherung einzustellen", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Tom Casey, am 23. Juni in Washington. Er fügte hinzu, die USA würden es vorziehen, "dass Iran einen anderen Weg wählt". Ausdrücklich verwies Casey auf das Anfang Juni vorgelegte EU-Angebot zur Beilegung des Konflikts.

Japan ruft zu friedlicher Lösung des Atomstreits auf

Der japanische Ministerpräsident Yasuo Fukuda hat im Atomstreit mit Iran zu einer friedlichen Lösung durch Dialog aufgerufen. Es sei wichtig, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad "nicht allein zu lassen", sagte Fukuda am 17. Juni in Tokio im Gespräch mit dem Leiter der größten Nachrichtenagenturen aus den G8-Ländern. Es sei wichtig, immer wieder das Gespräch zu suchen. Eine friedliche Lösung sei "absolut nötig" und dazu müssten alle betroffenen Länder ihr Bestmögliches tun, sagte Fukuda.

Grüne im Europaparlament: EU-Sanktionen sind gefährliches Spiel

Zu den von der EU gegen Iran beschlossenen Sanktionen meinte die grüne EU-Abgeordnete Angelika Beer am 23. Juni: "Die EU begibt sich mit ihren neuesten Sanktionen in ein gefährliches Spiel: Mit dem Beschluss, die Guthaben der iranischen Bank einzufrieren, entzieht sie ihrem eigenen Verhandlungsvorschlag die Grundlage."

Offensichtlich habe die EU das von Solana überbrachte Verhandlungsangebot selbst nicht ernst genommen. Sie torpediere es, bevor von iranischer Seite eine Prüfung vorgenommen sei, erklärte Beer der Presse. "Das Vorgehen der EU in einer sich zuspitzenden Krise, die von militärischen Angriffsplänen gegen Iran immer explosiver wird, kommt einem politischen Amoklauf gleich. Die Peitsche ist nicht zur Verteidigung des Zuckerbrots gedacht. Der EU-Politik gegenüber Iran fehlt eine klare Richtung: eine klare Abrüstungs- und Nichtverbreitungsperspektive. Ziel muss eine friedliche Verhandlungslösung bleiben. Diese kann nur ohne Vorbedingungen, Drohgebärden und Sanktionen gelingen."

Iranische Bank will gerichtlich gegen EU-Sanktionen vorgehen

Die Bank Melli will gerichtlich gegen die von der EU verhängten Sanktionen vorgehen. Die juristischen Berater der Bank hätten bereits eine Klage beim zuständigen Gericht in London eingereicht, sagte Generaldirektor Ali Sadafi am 28. Juni laut einem Bericht der Nachrichtenagentur ISNA. Eine Klage in Deutschland werde folgen.


Israels Vizeregierungschef Mofas droht Iran offen mit Militärschlag

Im Streit um das iranische Atomprogramm hat der israelische Vizeregierungschef Schau Mofas der Führung in Teheran offen mit einem Militärschlag gedroht. "Wenn Iran sein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen fortsetzt, werden wir angreifen", sagte Mofas der Tageszeitung "Jediot Achoront" am 6. Juni.

Aus Sicht von Mofas, der auch für den strategischen Dialog Israels mit der US-Regierung zuständig ist, haben sich die internationalen Sanktionen gegen Iran nicht bewährt. "Die Sanktionen sind nicht effektiv. Es wird keine andere Alternative geben, als Iran anzugreifen, um das iranische Atomprogramm zu stoppen", sagte Mufas. Ein solcher Militärschlag müsse mit Billigung, Einverständnis und Unterstützung der USA erfolgen. Zu den Drohungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad sagte Mofas: "Er wird eher verschwinden als Israel."

Mofas wurde 1948 in Teheran geboren und emigrierte 1957 gemeinsam mit den Eltern nach Israel. Er ist derzeit Transportminister und Vizeministerpräsident. Zuvor führte der ehemalige Generalstabchef auch das Verteidigungsministerium. Mofas will sich um die Nachfolge von Ministerpräsident Ehud Olmert als Vorsitzender der Kadima-Partei bewerben, falls Olmert im Zuge der polizeilichen Ermittlungen wegen illegaler Geldannahme sein Parteiamt niederlegen sollte. Er hat den innerparteilichen Kampf gegen seine Hauptrivalin, die Außenministerin Zipi Liwni, bereits begonnen. Mofas gehört zum rechten Parteiflügel. Er lehnte zum Beispiel kürzlich die Rückgabe der Golan-Höhen an Syrien ab.

Auch Israels Verteidigungsminister Ehud Barak ließ ausdrücklich die Option eines Krieges gegen Iran offen. "Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit", sagte Barak der französischen Tageszeitung "Le Monde" vom 19. Juni. "Die Iraner sind entschlossen, weiter die gesamte Welt zu täuschen." Zunächst müssten die diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Mit Blick auf eine Militärintervention fügte Barak hinzu: "Wir sagen, dass keine Option vom Tisch genommen werden darf." Dies verlange "eine gewisse Vorbereitung". Mittlerweile mehren sich in Israel die Stimmen, die mit einem Militärschlag gegen iranische Atomanlagen drohen. "Wenn nötig, werden wir Gewalt anwenden", sagte der Abgeordnete der regierenden Kadima-Partei Isaak Ben-Israel in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" in der Ausgabe vom 30. Juni. Militärische Probleme stünden einem Angriff nicht im Wege, sagte der Generalmajor a. D., der dem Bericht zufolge als Luftwaffengeneral 1981 an der Planung des Luftangriffs auf den irakischen Reaktor Osirak beteiligt war. "Vielleicht wird es schwieriger, aber es ist lösbar. Wir könnten es schon heute tun."

Nach Meinung eines früheren Chefs des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad bleibt Israel nur noch ein Jahr Zeit zur Zerstörung der iranischen Atomanlagen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Israel Ziel iranischer Atomwaffen werde, sagte Schavrai Schavit der britischen Zeitung "Sunday Telegraph" am 29. Juni. Auf diesen schlimmsten aller Fälle müsse Israel vorbereitet sein. Sollten sich Sanktionen als nicht wirksam erweisen, müssten alle Optionen, auch die militärische, auf dem Tisch bleiben.


Israel probte Angriff auf Irans Atomanlagen

Israel hat nach einem Bericht der "New York Times" während eines Großmanövers Bombenangriffe auf iranische Atomanlagen geprobt. Mehr als 100 Kampfflugzeuge vom Typ F-16 und F-15 sowie Rettungshubschrauber und Tankflugzeuge hätten an der Übung in der ersten Juniwoche über dem östlichen Mittelmeer und Griechenland teilgenommen, berichtete die New York Times am 20. Juni unter Berufung auf mehrere US-Regierungsbeamte.

Die Regierung in Athen bestätigte, dass ein griechisch-israelisches Luftwaffenmanöver zwischen dem 25. Mai und dem 12. Juni im Gebiet der Mittelmeerinsel Kreta stattgefunden habe. Dabei seien auch Angriffe auf Bodenziele simuliert worden. "Es war ein geplantes Manöver im Rahmen der Kooperation der beiden Länder. Jede Seite zieht ihre Schlüsse aus solchen Manövern", sagte ein Sprecher des Athener Verteidigungsministeriums.

Wie die New York Times weiter berichtete, sollen israelische Rettungshubschrauber und Tankflugzeuge während des Manövers rund 1500 Kilometer weit geflogen sein. Das sei die Entfernung zwischen Israel und den iranischen Atomanlagen in Natans. Das Blatt zitierte einen Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums, wonach die Übung zwei Ziele hatte. Zum einen sollten taktische Details eines Luftangriffs wie beispielsweise das Betanken in der Luft geübt werden. Zum anderen habe Israel eine klare Botschaft an die USA, die Europäische Union, Iran und andere Länder senden wollen, dass es auch auf eigene Faust reagieren werde, falls die diplomatischen Bemühungen zum Stopp des iranischen Atomprogramms ins Wanken geraten sollten.

Ein israelischer Armeesprecher wollte den Zeitungsbericht weder dementieren noch bestätigen. "Die israelische Luftwaffe trainiert regelmäßig für verschiedene Einsätze, um den Herausforderungen und den Gefahren für Israel entgegenzutreten", sagte der Sprecher in Tel Aviv.

Demgegenüber bestätigte ein israelischer Abgeordneter der regierenden Kadima-Partei in einem Spiegel-Interview, dass das Großmanöver Bombenangriffe auf iranische Atomanlagen geprobt hatte. (s. Seite 15) "Es war nicht die erste Übung, es wird auch nicht die letzte sein", sagte Ben-Israel. Die Luftwaffe habe die Übung abgehalten, "um uns auf den Fall vorzubereiten", dass die Weltgemeinschaft das iranische Atomprogramm nicht stoppen könne.

Noch könne der Konflikt um das iranische Atomprogramm auf andere Weise gelöst werden, meinte Ben-Israel. "Erst wenn wir an den kritischen Punkt kommen, werden wir die letzte Option wählen", sagte der Abgeordnete. Er sprach sich für schärfere Sanktionen aus, darunter stärkere Handelsbeschränkungen, Einreisverbote für Iraner in Europa oder einen Ausschluss Irans von den Olympischen Spielen in Peking.

In einer ersten Reaktion warnte der russische Außenminister Sergej Lawrow vor Gewaltanwendung gegen Iran, solange es keine Beweise für die Entwicklung von Atomwaffen gebe. "Unsere Partner in den USA und in Israel bestehen darauf, dass Iran Atomwaffen entwickelt. Wir denken, dass in einem solchen Fall Fakten vorgelegt werden müssen, die von der internationalen Atomenergiebehörde gestützt werden. Bislang haben wir keine gesehen", zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax den Minister.


Iran droht Israel mit Vergeltung

Iran hat auf die angekündigte Absicht Israels, iranische Atomanlagen zu bombardieren, mehrfach mit Vergeltungsschlag gedroht. Israel befinde sich in Reichweite iranischer Raketen, warnte der Chef der Revolutionsgarden, Mohammad Ali Dschafari, nach Medienberichten am 28. Juni. "Das zionistische Regime wird es mit unseren Streitkräften und unserer Fähigkeit nicht aufnehmen können."

Bereits am 10. Juni hatte Verteidigungsminister Mostafa Mohammad Nadschar Israel vor militärischen Aktionen gewarnt. Sollte Israel einen Angriff unternehmen, würde Teheran eine "schmerzhafte Antwort auf solch eine dumme Aktion" geben, sagte Nadschar nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Fars. Die Drohungen des israelischen Vizepremiers Schau Mofas bezeichnete er als "einfach dumm". Sie seien auch innenpolitisch motiviert, meinte der Minister.

Auch der konservative Ajatollah Ahmed Chatami warnte während des Freitagsgebets am 20. Juni, dass Iran auf jeden Angriff hart reagieren werde. Sollten die Feinde Irans und insbesondere Israel es wagen, Gewalt gegen Iran anzuwenden, dann werde sie eine entschiedene Antwort diesen Plan bereuen lassen. Der Geistliche bekleidet kein offizielles Amt.

Schließlich erklärte Irans neuer Parlamentspräsident, Ali Laridschani, Iran sei für alle möglichen militärischen Szenarien gerüstet, auch für einen möglichen israelischen Militärschlag gegen seine Atomanlagen. "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet, sollten sie (die Israelis) jedoch tatsächlich solch eine unkluge Aktion planen, dann würde ihnen weit größerer Schaden drohen als uns", sagte Laridschani am 22. Juni der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA.

Am 29. Juni meldete sich Revolutionsgardenchef Dschafari noch einmal zu Wort und drohte im Falle eines Angriffs mit massiven Einschränkungen beim Öltransport durch den Persischen Golf. Iran werde bei einem Angriff auf jeden Fall den Persischen Golf und die Straße von Hormoz unter seine Kontrolle bringen, sagte Dschafari der Zeitung Dscham-e Dscham. "Bei einer Konfrontation mit Feinden von außerhalb der Region wird sich der Konflikt auf jeden Fall auch auf das Ölthema ausweiten." Die Straße von Hormoz ist eine Meerenge im Persischen Golf, durch die zwei Fünftel des weltweit gehandelten Öls verschifft werden.

Der Golf und die Straße von Hormoz liegen vor der Küste Irans. Bereits die Furcht vor einer Eskalation des Atomstreits mit Iran, dem viertgrößten Ölproduzenten der Welt, haben die Rohölpreise Ende Juni mit auf die Rekordhöhe von nunmehr fast 143 Dollar je Fass getrieben.

Bisher hatte Iran nicht eindeutig signalisiert, ob es das Öl als Waffe einsetzen würde. Die Drohung Dschafaris, der als erstes Mitglied der Staatsführung die Gefahr eines Krieges als "ernst" bezeichnete, haben die ohnehin turbulenten Rohrölmärkte noch mehr in Unruhe versetzt.

Dschafari warnte Irans Nachbarstaaten davor, ihre Territorien für einen Angriff zur Verfügung zu stellen. Kuwait und Irak haben bereits erklärt, sie würden einen Angriff von ihrem Gebiet aus nicht erlauben.


Experten: Israel kann Irans Atomprogramm nicht zerstören

Israels Militär ist nach Ansicht von Experten nicht in der Lage, Irans Atomprogramm komplett zu zerstören. "Die USA sprechen von etwa 1000 Zielen, während ein israelischer Angriff sich gegen etwa 100 Ziele richten würde", sagte der ehemalige US-Luftwaffenoffizier Sam Gardiner, der militärische Planspiele leitet, am 22. Juni. Ein solcher Schlag würde das iranische Atomprogramm eher stören als zerstören. In israelischen Kreisen hieß es, das Land habe "genug Kampfflugzeuge für einen Angriff", jedoch nicht für einen ganzen Feldzug. Dies wäre jedoch notwendig, um das iranische Atomprogramm ganz zu stoppen.


El Baradei warnt vor Angriff auf Iran

Der Chef der UN-Atomenergieorganisation (IAEA), Mohammad El Baradei, hat eindringlich vor militärischen Angriffen auf Iran gewarnt. "Ein militärischer Angriff wäre schlimmer als alles andere", sagte El Baradei mit Blick auf Drohungen aus den USA und Israel. "Er würde den Nahen Osten in einen Feuerball verwandeln", fügte er in einem am 21. Juni ausgestrahlten Interview des Fernsehsenders El Arabia hinzu. El Baradeis Warnung folgte auf einen Bericht der US-Zeitung "New York Times", die von einem israelischen Luftwaffenmanöver berichtet hatte, in dem offenbar eine Attacke auf Iran geübt worden war.

Sollte es im Streit um das iranische Atomprogramm zu militärischen Auseinandersetzungen kommen, wäre er nicht in der Lage, seine Arbeit an der Spitze der IAEA fortzusetzen, warnte der IAEA-Chef. "Ein Angriff würde in Iran einen Notfallplan zur schnellen Herstellung einer Atombombe auslösen, und das mit der Zustimmung aller Iraner, selbst derjenigen, die im Westen leben", sagte El Baradei. Er sehe im iranischen Atomprogramm zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine "unmittelbare Gefahr" der Weiterverbreitung von Atomwaffen.


USA weiten Geheimdienstarbeit gegen Iran massiv aus

Die USA haben einem Medienbericht zufolge ihre Geheimdienstaktivitäten gegen die Regierung in Iran massiv ausgebaut. US-Präsident Bush habe führenden Kongressabgeordneten eine entsprechende Finanzierungsanfrage vorgelegt, berichtete das Magazin "The New Yorker" am 28. Juni. In dem streng geheimen Schreiben habe der Präsident Ende vergangenen Jahres bis zu 400 Millionen Dollar beantragt und später bewilligt bekommen. Damit sollte unter anderem die CIA das Atomprogramm Irans schwächen. Zudem sollten Oppositionsgruppen finanziell unterstützt werden, um die Führung in Teheran zu untergraben.

Der Autor, Seymour Hersh, beruft sich in seinem Artikel auf Militär-, Geheimdienst- und Kongresskreise. Bei der Beschreibung der genauen Geheimdienstziele zitiert er eine namentlich nicht genannte Person, der der Inhalt von Bush Schreiben bekannt sei. Während verdeckte Aktionen gegen Iran nicht neu seien, sei deren Umfang nun erheblich ausgeweitet worden, schreibt Hersh weiter. Der Starjournalist hat wiederholt über die Iran-Politik der USA berichtet und dabei Umsturzpläne sowie einen Stopp des Atomprogramms - notfalls durch militärische Mittel - als Hauptziel der Politik Bushs herausgestellt.


Teheran wirft Obama Unterwürfigkeit vor Israel vor

Iran hat dem designierten US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama vorgeworfen, Israel mit "wirklichkeitsfremden Vorwürfen gegen Teheran" zu hofieren. "Iran steht hinter allen international anerkannten Prinzipien einschließlich der UN-Charta", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Mohammad Ali Hosseini, am 5. Juni in Teheran. "Iran und sein friedliches Atomprogramm als Bedrohung zu betrachten, ist eine einseitige und wirklichkeitsfremde Einstellung."

Obama hatte am Vortag bei einer Konferenz der amerikanischen pro-Israel-Lobby (AIPAC) in Washington einen harten Kurs gegen Iran angekündigt. "Die Gefahr aus Iran ist realistisch, und mein Ziel wird sein, diese Gefahr zu eliminieren", sagte Obama wenige Stunden nachdem er sich zum Kandidaten seiner Partei erklärt hatte. "Ich werde alles in meiner Macht tun, um nukleare Waffen in Iran zu verhindern." "Wir bedauern solche opportunistischen Worte, die seinen (Obamas) Erklärungen während des Wahlkampfs widersprechen", sagte Hosseini. Danach habe sich Obama den Interessengruppen in den USA entgegenstellen wollen. "Wir glauben, dass sich der US-Präsidentschaftskandidat nicht von der Manie des zionistischen Regimes (Israel) beeinflussen lassen sollte", sagte der Sprecher.


US-Interessenvertretung in Teheran geplant

Die US-Zeitung Washington Post hatte am 23. Juni unter Berufung eines nichtgenannten Regierungsmitglieds berichtet, Washington beabsichtige, ein Büro zur Wahrnehmung amerikanischer Interessen im Iran in Teheran einzurichten. Von offizieller Seite wurde der Bericht weder bestätigt noch dementiert.

Am 24. Juni berichtete IRNA unter Berufung auf das Außenministerium, dass eine US-Anfrage zur Eröffnung einer diplomatischen Interessenvertretung in Iran geprüft werden könnte. Die Regierung werde alle offiziell gestellten Anfragen bearbeiten. Dem widersprach der neue Parlamentspräsident Ali Laridschani. Von Journalisten nach seiner Meinung zu dem Vorhaben gefragt, sagte Laridjani: "Ich habe keine Lust, mich zu solchen Gerüchten zu äußern. Mir scheint, dass es sich dabei um einen neuen Trick handelt." Die Amerikaner seien in ihren Äußerungen "äußerst labil". "Vor zwei Jahren haben wir beantragt, Direktflüge von Iran in die USA zu erlauben. Wenn es ihnen an besseren Kontakten gelegen wäre, hätten sie positiv darauf reagiert."

Mit der Eröffnung einer Interessenvertretung haben die USA, Washington Post zufolge, die Absicht, bessere Kontakte zu iranischen Jugendlichen und Oppositionellen herzustellen. Der Schritt würde demnach "keine Aufweichung der amerikanischen Position gegenüber Iran" bedeuten.

Seit der Revolution von 1979 und der darauffolgenden Geiselnahme des US-Botschaftspersonals haben die USA keine diplomatischen Beziehungen mehr zu Iran. Die Interessen der USA in Iran werden durch die Schweizer Botschaft in Teheran vertreten. Die iranischen Interessen in den USA wiederum vertritt die pakistanische Botschaft in Washington. Allerdings werden konsularische Angelegenheiten der in den USA lebenden Iraner direkt von einer iranischen Vertretung erledigt.


Spiegel: Syrien und Nordkorea halfen Iran beim Atomprogramm

Syrien und Nordkorea sollen Iran bei seinem umstrittenen Atomprogramm geholfen haben. Nun überdenke der syrische Präsident Baschir al-Assad aber seine bisherige Unterstützung für Teherans Atomprogramm, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Ausgabe vom 23. Juni und beruft sich dabei auf nicht näher bezeichnete Geheimdienstberichte.

So gingen Experten davon aus, dass eine Anlage in Syrien, die im September von israelischen Kampfflugzeugen bombardiert wurde, eine Art nukleares "Ersatzlager" für Iran gewesen sein soll, von dem Bombenmaterial nach Teheran geschafft werden sollte. In der Anlage, bei der es sich diesen Angaben zufolge um einen im Bau befindlichen Nuklearreaktor für waffenfähiges Plutonium gehandelt habe, hätten neben Syrern und Iranern auch Nordkoreaner gearbeitet. Iranische Wissenschaftler haben den Angaben des "Spiegel" zufolge zwar bei der Urananreicherung Fortschritte gemacht, mit Plutonium aber wenig Erfahrungen gehabt und deshalb die Hilfe der Nordkoreaner gebraucht. Die drei Staaten kooperierten demnach offenbar auch bei der Chemiewaffenproduktion: Bei einer Explosion im Juli 2007 in der Nähe von Aleppo, bei der Sarin und Senfgas entwichen seien, wurden den Angaben zufolge nicht nur 15 syrische Militärs und Dutzende iranische Raketeningenieure getötet, sondern - nach Spiegel-Informationen - auch drei Nordkoreaner.


Al-Maleki in Teheran - Iran verstimmt über Abkommen mit USA

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maleki reiste am 6. Juni nach Teheran und wurde dort mit kritischen Fragen zu dem geplanten Militärabkommen seiner Regierung mit den USA konfrontiert. "Ich hoffe, er wird mit vollen Händen reisen und mit noch volleren Händen zurückkehren", sagte der irakische Staatspräsident Dschalal Talabani vor Malekis Abreise. Talabani lobte die iranische Unterstützung für den Irak seit dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003.

Die iranische Führung hatte die irakische Regierung davor gewarnt, einen langfristigen Militärpakt mit den USA einzugehen. In dem noch nicht vollständig veröffentlichten amerikanischen Entwurf für das geplante Abkommen soll unter anderem die Rede davon sein, dass US-Truppen vom Irak aus Staaten angreifen könnten, die "eine Gefahr für die internationale Stabilität" darstellen.

Bereits im Mai hatte Maleki eine Delegation nach Iran geschickt, um die Regierung zu bitten, im Konflikt zwischen schiitischen Regierungsparteien und der schiitischen Miliz von Muktada al-Sadr zu vermitteln. Nach dem Besuch hatte sich die Lage in den irakischen Schiiten-Städten wieder beruhigt. Wie weit es der iranischen Regierung gelungen ist, Maleki von dem geplanten Abkommen abzuhalten, ist nicht bekannt.

Zuvor hatte Irans Außenminister, Manuchehr Mottaki, sich positiv über eine "verbesserte Kooperation" seines Landes mit dem Nachbarn Irak geäußert. Bei der Internationalen Irak-Konferenz in Stockholm sagte Maleki am 29. Mai vor Journalisten: "Stabilität im Irak bedeutet Stabilität für die gesamte Region und umgekehrt." Deshalb werde Iran stets ein Teil der Krisenlösung und nicht ein Teil der jeweiligen Krise in der Region sein.

In seiner Rede vor den Delegierten aus knapp hundert Staaten kritisierte Mottaki "Fehlleistungen" der von den USA angeführten Militärkoalition im Irak. Er sagte später, Teheran sei gegen "das Töten von Menschen durch ausländische Streitkräfte".


Türkischer General: Kooperation mit Iran gegen die PKK

Die türkische Armee geht nach eigenen Angaben zusammen mit Iran gegen PKK-Rebellen vor. Es gebe einen Informationsaustausch und werde auch koordinierte Angriffe auf die Kämpfer der Kurdischen Arbeiterpartei geben, sagte Heereschef General Ilker Basbug am 5. Juni vor Journalisten.

In den vergangenen ein, zwei Monaten seien noch keine abgestimmten Angriffe von den türkischen und iranischen Grenzen aus auf PKK-Stellungen erfolgt. Falls nötig, würde dies aber geschehen, sagte der General.

Die türkische Armee geht regelmäßig gegen kurdische Widerstandskämpfer im Norden des Irak vor. Im Februar unternahm sie eine breit angelegte Offensive mit Kampfflugzeugen und Bodentruppen. Iranische Truppen liefern sich immer wieder Gefechte mit Rebellen der kurdischen PEJAK, einer Splittergruppe der PKK. Auch sie hat nach Einschätzung von Experten Schlupfwinkel im Norden Iraks.

Sowohl die EU als auch die USA verlangen vom Nato-Partner Türkei, seine Militäraktionen im Nordirak zu beschränken, um eine Destabilisierung der Region zu vermeiden. Die Türkei bezeichnet ihr Vorgehen als Selbstverteidigung. Präsident Abdullah Gül betonte, dass "wir nur diese terroristische Organisation ins Visier nehmen".

Die PKK kämpft seit 1984 für einen eigenen Kurdenstaat im Südosten der Türkei und nutzt nach Einschätzung der Regierung in Ankara Nordirak als Rückzugsgebiet.


Britisches Parlament streicht Volksmodjahedin von Terrorliste

Das britische Parlament hat die iranischen Volksmodjahedin (PMOI) formell von der Liste terroristischer Organisationen gestrichen. Die Abgeordneten nahmen am 24. Juni eine entsprechende Feststellung des Berufungsgerichts vom Mai an. Die Richter hatten damals einen Einspruch des britischen Innenministeriums gegen das Urteil der Vorinstanz zurückgewiesen.

Die Gruppe wird auch von der Europäischen Union und den USA als terroristisch geführt. Die EU könnte die PMOI nun bald von ihrer Terrorliste streichen, erklärten Anhänger der Volksmodjahedin: Es wäre "eigenartig", wenn Brüssel der britischen Maßnahme nicht folgen würde, sagte Lord Steven Bassam in London. Die in den 60er Jahren gegründeten Volksmodjahedin bekämpften Jahre lang unter dem Schutz Saddam Husseins und mit der finanziellen und militärischen Hilfe der irakischen Regierung an der iranisch-irakischen Grenze das Regime in Teheran. Die Organisation, deren Ideologie auf einer Mischung von islamischem Fundamentalismus und Stalinismus basiert, hat sich oft zu Terroranschlägen in Iran bekannt, denen auch zahlreiche Zivilisten zum Opfer fielen. Seit dem Sturz Saddam Husseins stehen die Volksmodjahedin unter dem Schutz der USA. Führende Mitglieder des amerikanischen Geheimdienstes CIA bestätigten mehrmals, dass es zwischen ihrer Organisation und der Volksmodjahedin eine enge Zusammenarbeit gibt. Iran hat am 25. Juni die Entscheidung Großbritanniens verurteilt. Großbritannien unterstütze damit praktisch Terrorgruppen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Ali Hosseini. Er forderte die Europäische Union auf, dem Beispiel nicht zu folgen. "Diese Maßnahme der britischen Regierung ist zu verurteilen", sagte Hosseini weiter. Er erklärte, die PMOI habe nicht ausgeschlossen, wieder zu den Waffen zu greifen.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
7. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 7/2008 - Juli / 7. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2008