Schattenblick →INFOPOOL →GESELLSCHAFTEN → STIFTUNGEN

HEINRICH BÖLL STIFTUNG/221: Iran-Report Nr. 8 - August 2008


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2008


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 09/2008 Anfang September) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im August 2008


I. Innenpolitik
Das Regime in Teheran rüstet sich für mögliche Unruhen
Liebesbezeugungen für Amerikaner und Israelis
Der heimliche Vermittler
Erneut Kabinettsumbildung
Massenhinrichtungen in Iran
Neue Repressionen gegen Studenten
Schriftstellerverband als "illegal" bezeichnet
Berater Chameneis kritisiert provozierende Parolen im Atomstreit
"Imam des Blutes" gegen "Hinrichtung des Pharaos"

II. Wirtschaft
Iran: Anstieg des Ölpreises auf 500 Dollar möglich
Total legt Gas-Projekt auf Eis
Gasprom und iranische Ölgesellschaft vereinbaren Zusammenarbeit
US-Exporte nach Iran unter Bush mehr als verzehnfacht
USA belegen vier iranische Firmen mit Atomsanktionen
Russland: Kein Geschäft mit Saudis zu Lasten Irans
OPEC-Präsident warnt vor Produk-tionsausfällen bei Angriff auf Iran
Neues Ölfeld mit einer Milliarde Barrel in Iran entdeckt

III. Außenpolitik
Katz- und Mausspiel im Atomstreit geht weiter
EU arbeitet an verschärften Sanktionen gegen Iran
Mittel- und Langstreckenraketen getestet
US-Experten: Irans Angabe zu Raketentests übertrieben - Rice: Reichweite der Raketen bewiesen
Israel droht Iran erneut mit Militärschlag
Iran sieht seine Position durch Raketentests gestärkt
USA planen Interessenvertretung in Teheran
Obama kündigt harten Kurs im Atomstreit mit Iran an - McCain legt nach
USA: Nordkorea und Iran weiterhin Teil der "Achse des Bösen"
Iran nennt syrisch-israelische Annäherung "unglücklich"
Afghanische Zeitung: Iran Haupteinfallstor für Extremisten
Zeitung: Berlin lehnt neuen Botschafter Irans ab
Ahmadinedschad will nächste UN-Vollversammlung besuchen
"West-östlicher Diwan" 2009 in Weimar und Schiraz geplant

*


I. Innenpolitik

Das Regime in Teheran rüstet sich für mögliche Unruhen

Die Internetzeitung Rooz beschäftigte sich in ihrer Ausgabe vom 23. Juli mit der Rolle von Sepah-e Pasdaran (Revolutionswächter), die sich zunehmend zu einer bestimmenden politischen, militärischen, aber auch wirtschaftlichen Kraft im Machtgefüge des Gottesstaates entwickeln. Die Organisation wurde nach der Gründung der Islamischen Republik gegründet. Sie sollte als Alternative zu der regulären Armee, die im Zuge der Revolution zusammengebrochen war, die Verteidigung des Landes übernehmen. Die neuen Machthaber waren ohnehin gegenüber der Schah-Armee, deren Kader zumeist in den USA oder von US-Militärberatern in Iran ausgebildet waren, höchst misstrauisch. Die neu gegründete Eliteorganisation formierte sich insbesondere im irakisch-iranischen Krieg allmählich zu einer schlagkräftigen Armee, baute alle Militärgattungen aus und übertrumpfte bald die vom alten Regime übernommene reguläre Armee, die Jahre lang von der Staatsführung wie ein Stiefkind behandelt wurde. Die militärische Stärke verlieh den Pasdaran die Möglichkeit, politisch Einfluss zu nehmen und wirtschaftlich Fuß zu fassen. Inzwischen sind die Pasdaran, dank der Machtübernahme der Radikalislamisten zum wichtigsten Wirtschaftsgiganten des Landes aufgestiegen.

Die jüngste Warnung des Chefs der Revolutionswächter, Mohammad Ali Jafari, die islamische Revolution werde von Innen her bedroht, lässt vermuten, dass das Regime den Ausbruch innerer Unruhen befürchtet und sich dagegen wappnen möchte. "In den Jahren 1979 bis 1981 versuchten ausländische Mächte in Iran Rebellionen anzuzetteln.

Solche Probleme werden sicherlich auch in Zukunft auf uns zukommen", sagte Jafari der Nachrichtenagentur ISNA zufolge. Es ist nicht das erste Mal, dass der Chef der Revolutionswächter über derartige "Bedrohungen" und über die Rolle der Revolutionswächter bei der Verbannung der inneren Gefahr spricht. Seit er diesen Posten im vergangenen Jahr übernommen hat, hat er immer wieder die Notwendigkeit einer Reorganisierung der Revolutionswächter zur Wahrnehmung dieser Aufgabe betont und dementsprechend Schritte unternommen. Der wichtigste Schritt bestand in der Integration der Basidji-Milizen in seine Organisation. Die Basidji-Milizen waren im Zuge der Revolution zum Aufbau des Landes berufen worden.

Inzwischen haben sie sich zu einer militärischen und geheimdienstlichen Stütze des Regimes entwickelt. Seit vergangenem Jahr stehen sie unter direktem Befehl des Chefs der Revolutionswächter. "Die Pasdaran müssen dafür gerüstet sein, politische und gesellschaftliche Gefahren abzuwehren und die Sicherheit des Landes zu gewährleisten", sagte Jafari damals. Und kürzlich sagte er im Vorfeld des Raketen-Manövers am Persischen Golf: "Wir werden jede Bedrohung unserer Sicherheit, jede politische und kulturelle Gefahr im Keim ersticken."

Politische Beobachter in Iran stellen fest, dass sich die Revolutionswächter inzwischen zu einem Staat im Staate entwickelt haben, zu einem Instrument der Gewalt und Unterdrückung. Schon bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2005, aus denen Ahmadinedschad als Sieger hervorging, war die Einmischung der Revolutionswächter in die Wahl nicht zu übersehen. Der Vorsitzende der größten Reformpartei, Mohammad Resa Chatami, Bruder des ehemaligen Staatspräsidenten, prägte damals die Bezeichnung "Garnison-Partei". Es stellt sich allmählich heraus, dass die Pasdaran ihren Aufgabenbereich erweitert und neben der Verteidigung des Landes auch für die innere Sicherheit und Ordnung die Verantwortung übernommen haben.

Bereits im vergangenen Jahr erklärte der Beauftragte des Revolutionsführers bei den Pasdaran, Ali Saidi, die Bataillone der "Aschura" und "Al Zahra", würden dem Pasdaran untergeordnet. Diese beiden paramilitärischen Organisationen verfügen nach Angaben der o.g. Internetzeitung Rooz über 2500 Bataillione, die für die Niederschlagung von Unruhe im Land zuständig sind. Bislang unterstanden sie organisatorisch den Basidjis, handelten jedoch oft autonom. Sie sind sehr gut ausgebildet und mit modernsten Waffen ausgerüstet. "Diese Bataillone sollen nun ganz eng mit den Pasdaran zusammenarbeiten. Dadurch werden die Pasdaran besser in der Lage sein, ihre vielfältigen Aufgaben zu bewältigen", sagte Saidi.

Im April dieses Jahres gab der stellvertretende Vorsitzende der Basidjis, Ahmad Zolghadr, die Gründung von "Sicherheitsmilizen" bekannt. "Diese fünfköpfigen Gruppen werden in sämtlichen Städten an Tausenden Stellen präsent sein", sagte Zolghadr. "Ihre Aufgabe ist, für die Sicherheit der Bezirke zu sorgen, den Rowdys, Dieben und sonstigen Straftätern das Handwerk zu legen."

Wenige Wochen nach dieser Ankündigung gab die Wochenzeitung "Sobh-e Sadegh", das Organ der Pasdaran, eine Aufstockung des Budgets der Basidji bekannt. Ein Kommandant der Basidjis, Hassan Taleb, sprach von einer 200-prozentigen Aufstockung. Obwohl das Haushaltsvolumen der Basidjis nie bekannt gegeben wurde, ist eine solche Aufstockung in der bisherigen Geschichte der Islamischen Republik einmalig. Eine konkrete Begründung für diese enorme Aufstockung wurde bislang nicht geliefert. Politische Beobachter vermuten, dass es einmal darum geht, im Falle eines militärischen Angriffs auf Iran das Verhalten der Bevölkerung unter Kontrolle zu halten und zweitens darum, die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr zugunsten von Ahmadinedschad und den Radikalistamisten durchzuführen.


Liebesbezeugungen für Amerikaner und Israelis

Solche Töne hatte man seit der Gründung der Islamischen Republik nicht gehört: Vizepräsident und neuerdings Schwiegervater des Sohns Ahmadinedschads, Esfandiar Rahim Moschabi, erklärte ungeachtet der nahezu täglichen Drohungen aus den USA und Israel in einem Interview, die Amerikaner seien "das beste Volk der Welt" und die Israelis "unsere Freunde". Zwar hört man in diesen Tagen immer wieder versöhnliche Töne aus Teheran in Richtung USA. Doch was Moschabi zum Besten gab, war für Radikalislamisten und Konservative doch des Guten zuviel. Ein Sturm der Entrüstung brach los. Die rechte Presse forderte die sofortige Absetzung des Vizepräsidenten, der als ein "Schandfleck" des Gottesstaates bezeichnet wurde. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Volk, das gerade in jüngster Zeit Kriege gegen zwei islamische Länder (Irak und Afghanistan) unterstützt und mitgetragen habe, als das beste Volk der Welt bezeichnet werde, noch weniger ein Volk, das an der permanenten Unterdrückung der Palästinenser beteiligt sei, einen Freund zu nennen, hieß es in der konservativen Presse. Es gehöre zwar zu den Prinzipien der Islamischen Republik, zwischen den Regierungen und ihren Völkern zu unterscheiden. Das bedeute jedoch nicht, dass die Völker an den Entscheidungen ihrer Staatsführung völlig unbeteiligt seien.

Aufgeschreckt durch diese heftige Reaktion versuchte Moschabi seine Äußerungen zurückzunehmen. Er sei missverstanden worden, sagte er der Internetzeitung Redja News. "Ich habe von den Menschen in den USA und Israel gesprochen und nicht von den Völkern." Einen Tag später korrigierte er auch diese Aussage und sagte, er habe nicht die Israelis, sondern die Palästinenser gemeint. Er beteuerte, dass er gegenüber dem "zionistischen Staat" weit radikaler sei als Ahmadinedschad. Er habe zwei Tage vor dem missverständlichen Interview zu Israel eindeutig Stellung bezogen. "Ich habe gesagt, dass das israelische Regime bereits tot sei und man jetzt nur noch versucht, das Begräbnis hinauszuschieben", betonte Moschabi.


Der heimliche Vermittler

Offiziell ist Huschang Amir Ahmadi Vorsitzender des "American Iranian Council" und Professor für internationale Beziehungen an der Universität Rutgers in New Jersey. Doch allmählich entpuppt er sich als heimlicher Vermittler zwischen dem Iran und den USA.

Schon seit Jahren tauchte er immer wieder aus den USA kommend in Teheran auf, erhielt Zugang zu höchsten Stellen. Die Öffentlichkeit registrierte diese Besuche, die Presse rätselte über die Mission des geheimnisumwitterten Wissenschaftlers, aber Genaueres wussten nur die Eingeweihten, die sich bislang in Schweigen hüllten.

Erst jetzt, nach all den Jahren, hat Amir Ahmadi selbst mit einem Interview mit der Internet-Zeitung Rooz das Geheimnis gelüftet. Seit fast zwei Jahrzehnten arbeite er an der Normalisierung der Beziehungen zwischen Iran und USA. Nun sei er fast am Ziel. Die Voraussetzungen seien noch nie so günstig gewesen. Ein sichtbares Ergebnis seiner Vermittlungstätigkeit sei nun der in diesen Tagen bekannt gewordene Plan Washingtons, fast dreißig Jahre nach dem Abbruch diplomatischer Beziehungen eine Interessenvertretung in Teheran zu errichten. Die iranische Regierung begrüße den Plan. Die einzige Gefahr sei nur, dass die Amerikaner zuviel von diesem ersten Schritt erwarten und etwa den Wunsch äußern, frei auch mit Oppositionellen Verbindung aufzunehmen. Iran hingegen wünsche, dass die diplomatischen Beziehungen auf Regierungsebene beschränkt bleiben.

Auf die Frage, wie dieser Schritt gerade unter der radikalen Regierung Mahmud Ahmadinedschad möglich geworden sei, sagte Amir Ahmadi: "Unter iranischen Konservativen ist Ahmadinedschad keineswegs der Radikalste. Mögen andere schimpfen und fluchen, sie können die nun in Gang gekommene Entwicklung nicht mehr aufhalten." Die Zeiten hätten sich geändert. Die Konservativen hätten keinen anderen Ausweg, als einen pragmatischen Weg zu wählen. Sie hätten längst gemerkt, dass sie mit radikalen Parolen nicht weiterkommen. Erst wenn dieser Kurswechsel erfolgt ist, könne man auf tatsächliche Reformen hoffen.

Er stehe in enger Verbindung mit der amerikanischen Regierung, dem Senat und dem Kongress und habe die besten Kontakte zu der iranischen Staatsführung, sagte Amir Ahmadi. Er habe sogar auf dem Weg nach Teheran Gespräche mit der israelischen Regierung geführt, unter anderem mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Schau Mofas.

Er habe versucht Mofas zu erklären, was jenseits der Propaganda sich im Iran abspielt. Strategisch gäbe es zwischen Iran und Israel keinerlei Widersprüche. Es gäbe weder religiöse noch territoriale Probleme. Die Kontroversen seien mehr oder weniger hausgemacht. Israel müsse Geduld haben, erst die Normalisierung der Beziehungen zwischen Washington und Teheran abwarten, danach ließen sich die zumeist irrationalen Kontroversen wesentlich leichter beilegen.

Ahmadinedschads Manko sei nicht die Beziehung zu den USA, deren Normalisierung er wie kein anderer Politiker im Lager der Konservativen herbeiwünscht. Sein Schwachpunkt sei die Wirtschaft. "Er hat keine Ahnung von der Wirtschaft", sagte Amir Ahmadi. Er habe die Öleinnahmen planlos verschleudert und damit eine tiefe Wirtschaftskrise herbeigeführt.

Iran sei zurzeit dabei, die jahrelangen Spaltungen innerhalb der Staatsführung zu überwinden und einen einheitlichen Staat zu bilden. Ein zentraler Punkt dabei sei die Beziehung zu den USA, die inzwischen zu einem "nationalen Projekt" geworden sei. Die einzige Gefahr, die diesen Prozess abbrechen könnte, wäre ein militärischer Angriff gegen den Iran. Die Versöhnungssignale aus Teheran in Richtung Washington seien eindeutig. "Nun liegt der Ball auf Seiten der Amerikaner", betonte Amir Ahmadi. Er werde nach seiner Rückkehr in Washington die amerikanische Regierung genau informieren.


Erneut Kabinettsumbildung

Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat erneut sein Kabinett umgebildet. Wie die Nachrichtenagentur ISNA am 13. Juli berichtete, ernannte er seinen Berater Hamid Behbahani zum neuen Minister für Transport und Verkehr. Er wurde Nachfolger von Mohammad Rahmati, der entlassen wurde.

Seit Ahmadinedschads Amtsantritt im August 2005 sind eine ganze Reihe von Ministern, darunter die für die Ressorts Öl, Inneres, Wirtschaft und Bildung, ausgewechselt worden. Die meisten von ihnen hatten Berichten zufolge erhebliche Differenzen mit dem Präsidenten, der seinen Ministern keine Entscheidung überlässt und alles selbst bestimmen möchte. Kritische Stimmen, mittlerweile nicht nur im reformierten, sondern auch aus Ahmadinedschads eigenem Lager, werfen ihm vor, sich zu sehr von ideologischen, anstatt von praktischen Erwägungen leiten zu lassen.


Massenhinrichtungen in Iran

Medien zufolge wurden in Iran sechs Kriminelle öffentlich hingerichtet. Der staatliche Rundfunk, der die Hinrichtungen am 14. Juli bekannt gab, bezeichnete die Verurteilten als "böse", nannte aber keine Einzelheiten zu den Straftaten. Es war der zweite Bericht über eine öffentliche Hinrichtung in Iran innerhalb weniger Tage. Am 12. Juli hatte eine Zeitung die Exekution von vier Mördern durch den Strang bekannt gegeben. Nach dem in Iran geltenden Recht können Vergehen wie Mord, Ehebruch und Drogenhandel mit dem Tode bestraft werden.

Indes hat die EU am 22. Juli gegen die bevorstehende Exekution zweier junger Iraner protestiert. Beide seien für Verbrechen, die sie als Minderjährige begangen hätten, zum Tode verurteilt worden, betonte die französische EU-Ratspräsidentschaft in Paris. "Diese juristische Praxis ist inakzeptabel", hieß es. Die Todesstrafe für Minderjährige sei eine Verletzung der internationalen Verpflichtungen, denen Iran unterliege.

Die EU-Ratspräsidentschaft appellierte an die iranische Regierung, die Todesstrafe für Mohammad Fadaei und Behnood Shojaee sowie alle anderen Minderjährigen sofort auszusetzen. Iran müsse dringend Ersatzstrafen einführen, die pädagogisch sinnvoll seien und der Wiedereingliederung in die Gesellschaft dienten.

Vor Redaktionsschluss traf die Nachricht von der Hinrichtung von 29 Verurteilten in Teheran ein. Demnach wurden am 27. Juli im Teheraner Evin-Gefängnis 29 Todesurteile vollstreckt. Bei den meisten Verurteilten soll es sich nach Presseberichten um Mörder, Drogenhändler und Ehebrecher gehandelt haben. "Alle hatten Vorstrafen und begingen erneut Kapitalverbrechen wie Mord oder Drogenhandel", sagte der Teheraner Staatsanwalt Said Mortasawi. "Wir werden Teheran zum unsichersten Ort für Mörder und Drogenhändler machen."


Neue Repressionen gegen Studenten

Die "Internationale Kampagne für Menschenrechte in Iran" hat in einem am 22. Juli veröffentlichten Protestschreiben erklärt, die Verfolgung und Verhaftung von Studenten sei in den letzten Tagen auf das ganze Land ausgeweitet und intensiviert worden. Mehr als zwanzig Studenten seien festgenommen worden, von denen sich siebzehn immer noch in Haft befinden. Die Festnahmen seien im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Studentenunruhen von 1999 erfolgt.

"Nach jahrelangen Repressionen gegen Studenten weigert sich die iranische Staatsführung immer noch, die Rechte der gesellschaftlich aktiven Studenten und deren Organisationen zu akzeptieren", schreiben die Autoren. "Die neue Verhaftungswelle und die offene Repression gegen Studenten sollen im Gegenteil diese einschüchtern und sie zum Schweigen bringen."

Wie in dem Protestbrief berichtet wird, haben am 13. Juli Beamte des Geheimdienstministeriums bei der Studentin Bahareh Hedajat und dem Studenten Mohammad Haschemi in Teheran Hausdurchsuchungen durchgeführt, einiges beschlagnahmt und sie anschließend in das berüchtigte Evin-Gefängnis geführt. Am 21. Juli erklärte der Staatsanwalt, die Verhafteten würden wegen "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit" angeklagt. Die regierungsnahe Presse hatte in den Tagen zuvor berichtet, den beiden werde vorgeworfen, "mit konterrevolutionären Gruppen im Ausland" Verbindung aufgenommen zu haben.

Auch in der im Nordosten Irans liegende Stadt Maschad seien seit Mitte Juli zwölf Studenten festgenommen worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation. Einige der Verhafteten gehörten einer Gruppe an, die sich vorgenommen hatte, Informationen über die willkürlichen Verhaftungen zu sammeln und sie in einem Bericht zusammenzufassen. "Das ist absurd, wenn Menschen, die sich über die Verhaftungen informieren wollen, selbst verhaftet werden", schreiben die Autoren.

Doch die Verhaftungswelle beschränke sich nicht auf Teheran und Maschad. Auch in den Städten Täbriz und Zandjan seien in den letzten Tagen sieben Studenten festgenommen worden, berichtet die Organisation. Sie fordert die Justiz und den Geheimdienst auf, die Repressionen sofort zu beenden und die Studenten unverzüglich freizulassen. Nach Ansicht der "Internationalen Kampagne für Menschenrechte in Iran" befinden sich die iranischen Universitäten "an der Schwelle einer ernsthaften Krise". Die Politik der Repression und Gewalt verschlimmere die Lage von Tag zu Tag, warnen die Autoren. Die Verantwortlichen sollten überlegen, ob es nicht besser wäre, den Studenten zu erlauben, studentische Organisationen zu gründen und sich direkt an der Lösung der Probleme der Universitäten zu beteiligen, statt sie permanenten Qualen auszusetzen.


Schriftstellerverband als "illegal" bezeichnet

Der stellvertretende Minister für islamische Führung, Mohsen Parvis, erklärte am 24. Juli, es gebe keinen Verein, der unter der Bezeichnung "Iranischer Schriftstellerverband" registriert sei. "Mag sein, dass einige Leute sich unter diesem Namen treffen und wie andere Gruppen politische Erklärungen abgeben. Als kulturelle Aktivitäten kann man das nicht bezeichnen", sagte Parvis. "Eine Zensur existiert in Iran nicht", demnach sei ein solcher Verein überflüssig. Es sei nun Sache der zuständigen Behörden, wie sie mit diesem Verein umgehen. Diese Äußerung gleicht einer Aufforderung zur Verfolgung der Verbandsmitglieder.

Der iranische Schriftstellerverband gehört zu den ältesten zivilen Organisationen des Landes. Der Verband hat sich sowohl unter dem Schah-Regime als auch seit Bestehen der Islamischen Republik für die Aufhebung der Zensur und die Rechte der schreibenden Zunft eingesetzt. Er wurde immer wieder verboten, setzte jedoch seine Aktivitäten im Untergrund fort. In der Ära Chatami bekam der Verband eine Zeitlang die Möglichkeit, öffentlich aufzutreten und Versammlungen abzuhalten, obwohl er offiziell nie anerkannt wurde. Spätestens seit Ahmadinedschads Regierungsübernahme wurde abermals versucht, den Verein in die Illegalität zu treiben. Schon seit Jahren bekommt er keine Versammlungserlaubnis. So sahen sich die Mitglieder kürzlich gezwungen, ihren neuen Vorstand durch Briefwahl zu wählen.


Berater Chameneis kritisiert provokative Parolen im Atomstreit

In einer ungewöhnlich deutlichen Kritik an Präsident Ahmadinedschad hat ein enger Vertrauter des Revolutionsführers Ali Chamenei "provokative Parolen" im Atomstreit verurteilt. "Die Regierung ist für die Atomfrage verantwortlich", sagte Ali Akbar Welajati, außenpolitischer Berater Chameneis in einer am 1. Juli veröffentlichten Rede. "Ihre Vertreter sollten unlogische und provozierende Sprüche vermeiden." Welajati war jahrelang Außenminister der Islamischen Republik. Die internationale Gemeinschaft achte auf jedes Wort auf der iranischen Seite, mahnte Welajati, ohne Ahmadinedschad namentlich zu nennen. "Wir müssen uns sorgfältiger ausdrücken."

Zugleich rief Welajati zu weiteren Gesprächen mit den fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland auf, die das internationale Vorgehen in dem Konflikt bestimmen. "Wir sollten die Zeit nutzen und die Gespräche mit der Gruppe sowie anderen europäischen Ländern fortsetzen."

Wenige Tage nach diesen Äußerungen nahm Präsident Ahmadinedschad dazu Stellung. Die Atompolitik werde von seiner Regierung bestimmt. Es sei niemandem erlaubt, sich in diese Angelegenheit einzumischen. Was Welajati gesagt habe, sei seine private Meinung.


"Imam des Blutes" gegen "Hinrichtung des Pharaos"

Der Chefredakteur der ägyptischen Tageszeitung "al-Watan al-Jom" und Sprecher der regierenden National-Demokratischen Partei (NPD) gab den Produktionsbeginn des Films "Chomeini - Imam des Blutes" bekannt. Der Film sei eine direkte Reaktion auf die "Beleidigungen, die sich Iraner gegen Ägypten erlaubt haben", sagte er. Der in Iran produzierte Film mit dem Titel "Hinrichtung des Pharaos" sei eine "nicht hinnehmbare Beleidigung" des früheren ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat. Sadat sei für die Ägypter eine "nationale Größe", "ein Symbol des Friedens".

Der im Iran produzierte Film mit dem Titel "Hinrichtung des Pharaos", der heftige Proteste der ägyptischen Bevölkerung hervorrief, handelt von dem Mord an dem früheren ägyptischen Staatspräsidenten Anwar Sadat. Sadat fiel 1981 bei einer Militärparade einem Mordattentat zum Opfer. Der Täter, Chaled Eslamboli, war ein Soldat mit islamistischem Hintergrund.

Der sechzig Minuten lange Dokumentar-film wurde vom iranischen Fernsehen ausgestrahlt. Gezeigt werden das Attentat, Szenen aus dem Prozess gegen den Attentäter Eslamboli und Interviews mit Sachverständigen sowie mit Verwandten des Attentäters. Eslamboli wurde seinerzeit in der Islamischen Republik als Held gefeiert. Auch eine Straße in Teheran wurde nach ihm benannt.

Die ägyptische Regierung hat bei der iranischen Interessenvertretung in Kairo gegen den Film protestiert. Die Familie Sadat erwägt juristische Schritte gegen die Verantwortlichen.

Teheran hatte 1979, nach dem Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten, seine diplomatischen Beziehungen zu Kairo abgebrochen. Die herzliche Aufnahme des flüchtigen Schah in Kairo und die Unterstützung, die Ägypten im iranisch-irakischen Krieg (1980-1988) dem Gegner Irans gewährte, vertiefte die bittere Feindschaft zwischen den beiden islamischen Staaten.

Erst als die Reformer in Iran unter Mohammad Chatami die Regierung übernahmen, versuchten beide Seiten eine Annährung. Bei einem Treffen mit Chatami 2003 in Genf erklärte Ägyptens Präsident Husni Mubarak, zwischen seinem Land und Iran bahne sich eine "sehr gute Beziehung" an. Beide Präsidenten stimmten der Neueröffnung ihrer Botschaften in Kairo bzw. Teheran zu. Doch der Wunsch Mubaraks, den Straßennamen Eslamboli zu ändern, erzeugte Unruhen im Iran und trübte erneut die Atmosphäre zwischen den beiden Ländern. Es half auch nichts, als schließlich die Straße in Intifada umbenannt wurde.

Selbst die überraschende Erklärung Ahmadinedschads 2007, Teheran sei bereit, seine Botschaft in Kairo zu öffnen und falls Kairo zustimme, könne dies innerhalb von 24 Stunden geschehen, konnte den Durchbruch nicht schaffen. Die jüngste Filmaffäre hat, wie es scheint, alle bisherigen Bemühungen zunichte gemacht. Bis der sich in diesen Tagen eskalierende Konflikt wieder bereinigt ist, wird viel Zeit vergehen. Die bislang letzte Maßnahme, die Ägypten gegen Iran traf, war das Verbot des iranischen Fernsehsenders Al Alam, der in arabischer Sprache für die ganze Region sendet. Das Büro des Senders in Kairo wurde geschlossen und Geräte und Material wurden beschlagnahmt. Die offizielle Begründung: der Sender besitze keine Lizenz und arbeite illegal.


*


II. Wirtschaft

Iran: Anstieg des Ölpreises auf 500 Dollar möglich

Irans OPEC-Gesandter hält einen Anstieg des Ölpreises auf 500 Dollar pro Barrel innerhalb weniger Jahre für denkbar. Sollte der Dollar weiter an Wert verlieren und sich die politischen Spannungen verschärfen, seien bis zu 500 Dollar in den nächsten Jahren denkbar, sagte Mohammad Ali Chatibi in einem am 26. Juli veröffentlichten Interview. Er wurde dazu befragt, wie er Einschätzungen bewerte, nach denen der Ölpreis in den kommenden zwei bis drei Jahren auf 200 Dollar je Fass klettern könnte.


Total legt Gas-Projekt auf Eis

Der französische Ölkonzern Total hat mit Verweis auf das politische Umfeld seine Beteiligung an einem wichtigen Erdgas-Projekt in Iran infrage ge-stellt. Das politische Risiko einer Investition in dem Golfstaat sei derzeit zu hoch, sagte Unternehmenschef Christophe de Margerie in einem am 10. Juli veröffentlichten Interview der "Financial Times". "Die Leute würden sagen: Total macht für Geld alles."

Eine Sprecherin betonte jedoch später, die Gespräche über ein Total-Engagement bei der Erschließung von Teilen des Gasfeld South Pars gingen weiter. Es sei nichts endgültig entschieden. Das Projekt werde noch überprüft. Derzeit sei eine Investition wegen des politischen Klimas aber nicht möglich, sagte die Sprecherin. "Es gibt Zeiten, in denen man nicht investieren kann, und derzeit wäre kein guter Moment für Investitionen." Der iranische Ölminister Gholamhossein Nosari betonte, sein Land werde die Erschließung von South Pars mit oder ohne Total fortsetzen.

Zwischen dem französischen Konzern und der staatlichen iranischen Ölgesellschaft gibt es eine Absichtserklärung über die Erschließung von Abschnitt 11 des gigantischen Erdgasfelds. Der französische Konzern hatte schon bei früherer Gelegenheit erklärt, er habe ein langfristiges Interesse an dem Projekt, sehe aber kurzfristige Probleme für einen Vertragsabschluss. Im Mai hatte sich der Rivale Royal Duch Shell aus einem anderen Abschnitt des Projekts zurückgezogen. Iran hat die nach Russland zweitgrößten Erdgas-Vorkommen der Welt.

In den vergangenen Monaten hatte Iran Total gedrängt, bis zum Sommer eine verbindliche Vereinbarung zu South Pars zu unterzeichnen. Die französische Regierung riet jedoch dem Konzern wegen Bedenken im Zusammenhang mit dem umstrittenen iranischen Atomprogramm von dem Vorhaben ab.

Trotz der eindeutigen Erklärung des Total-Chefs de Margerie und entgegen der eigenen, zuvor geäußerten Stellungnahme, erklärte Ölminister Nosari am 23. Juli vor der Presse in Teheran: "Die Nachricht ist eine Finte der westlichen Presse. Wir haben offiziell ein Schreiben von Total erhalten, in dem uns das Unternehmen mitteilt, seine Präsenz in der iranischen Ölindustrie fortsetzen zu wollen." Auch das japanische Unternehmen Inpex Holdings sowie Gasprom aus Russland planten neue Investitionen in Iran, sagte Nosari. Doch am 23. Juli erklärte ein Sprecher der Inpex Holdings, das Unternehmen plane keine neuen Investitionen in Iran.


Gasprom und iranische Ölgesellschaft vereinbaren Zusammenarbeit

Der russische Energiekonzern Gasprom wird Iran bei der Erschließung seiner Gas- und Erdölvorkommen helfen.

Gasprom und die staatliche iranische Erdölgesellschaft schlossen am 13. Juli einen entsprechenden Vertrag über ihre Zusammenarbeit, wie die dem iranischen Ölministerium zugehörige Nachrichtenagentur Schana mitteilte. Einzelheiten nannte die Nachrichtenagentur nicht. Gasprom- Chef Alexej Miller hatte sich am 13. Juli mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad getroffen und die Bereitschaft seines Konzerns betont, Iran bei der Öl- und Gasförderung zu unterstützen. Russland springt damit in die Lücke, die westliche Konzerne im Iran lassen.

Das ist ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. Der Umstand, dass zahlreiche westliche Unternehmen unter politischem Druck ihre Geschäfte mit Iran entweder drastisch reduziert oder voll aufgegeben haben, öffnet immer mehr den Zugang russischer und asiatischer Staaten zum iranischen Markt. Neben Russland beherrschen die Chinesen bereits einen beachtlichen Teil des iranischen Markts. Sie sind auch an mehreren Projekten im Bereich der iranischen Ölindustrie beteiligt. Darüber hinaus verhandeln die Chinesen mit Iran über ein 25-jähriges Abkommen zur Durchführung von mehreren Projekten im Wert von 100 Milliarden Dollar.

Indien kündigte Mitte Juni an, ungeachtet des massiven Drucks aus den USA, ein seit langem geplantes Abkommen mit Iran und Pakistan über eine Gaspipeline zu unterzeichnen. Ölminister Murli Deora sagte dem Nachrichtensender NDTV, er rechne innerhalb von vier bis fünf Wochen mit der Unterzeichnung. Geplant ist eine 2600 Kilometer lange Pipeline im Wert von 7,5 Milliarden Dollar.

Dieser Trend deckt sich mit der von der Regierung Ahmadinedschad schon nach seinem Amtsantritt angekündigten Absicht, die iranische Wirtschaft von West nach Ost zu orientieren. Problematisch ist dabei nur, dass die iranische Wirtschaft traditionell eng mit der des Westens verbunden ist. Zudem haben die Sanktionen und die unsichere politische Lage zu massiver Kapitalflucht aus dem Land geführt. Viele einheimische Unternehmen ziehen es vor, ihre Geschäftspläne mit dem Westen in den benachbarten Golfstaaten fortzuführen. Ob die Radikalen unter Ahmadinedschad trotz dieses Verlustes den Ostkurs fortsetzen werden, hängt nicht zuletzt von dem Ausgang der Atomverhandlungen und möglichen neuen Sanktionen gegen Iran ab.


US-Exporte nach Iran unter Bush mehr als verzehnfacht

Obwohl die USA seit dem Ausbruch des Atomkonflikts insbesondere die EU-Staaten zunehmend unter Druck setzen, ihre Geschäfte mit Iran einzustellen, hat sich der Export aus den USA nach Iran im Laufe der Amtszeit von Präsident Bush mehr als verzehnfacht. Wie AP am 19. Juli unter Berufung auf Regierungsangaben meldete, lieferten die Vereinigten Staaten seit 2001 ungeachtet des bestehenden Handelsembargos Waren im Werte von mehr als 546 Millionen Dollar Richtung Teheran, darunter möglicherweise sogar Waffen.

Der größte Anteil entfiel mit einem Warenwert von mindestens 158 Millionen Dollar bislang auf Zigaretten. Der Vorsitzende des Tabak-Ausschusses im US-Staat Georgia, Fred Wetherington, ist überrascht, schreibt die Agentur. "Wegen der Situation zwischen unseren zwei Regierungen dachte ich nicht, dass wir überhaupt mit denen Handel getrieben haben."

Auch der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama ist über den Widerspruch zwischen politischer Rhetorik und Geschäftspraxis verblüfft. "Da gibt es Berichte, dass Amerikas Exporte nach Iran während der Bush-Präsidentschaft zugenommen haben", zitiert ihn Tagesschau.de. Widersprüchliche Signale an das Ahmadinedschad-Regime machten letztendlich alle Sanktionen wirkungslos, fügte Obama hinzu. Sie führten damit genau zu jener Situation, in der sich die internationale Gemeinschaft zurzeit in Sachen Iran befinde.

Noch vor sieben Jahren beliefen sich die US-Exporte nach Iran gerade einmal auf 8,3 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr wurden dagegen Waren im Wert von 146 Millionen Dollar ausgeführt, darunter Pelzkleidung, Skulpturen, Parfüm und Musikinstrumente.

Zu den größten Posten gehören seit 2001 neben Zigaretten unter anderem Impfstoffe und Blutprodukte (73 Millionen Dollar), Mais (68 Millionen Dollar), Sojabohnen (43 Millionen Dollar) sowie medizinische Ausrüstung (27 Millionen Dollar). Die Lieferungen von Bullsperma summieren sich auf 12,6 Millionen Dollar.

Das Außenministerium in Washington will die Zunahme der Exporte als positives Signal verstanden wissen. Die Waren aus den USA kämen Iranern zugute, denen die US-Regierung die Hand reichen wolle, sagte ein Sprecher. "Wir möchten, dass sie wissen und verstehen, dass die US-Regierung und die US-Bevölkerung ihre Freunde sind, mit ihnen arbeiten und sie in die Weltwirtschaft integrieren wollen."

Allerdings seien seit Bushs Amtsantritt nach Angaben der Behörden auch nicht näher spezifizierte Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 148.000 Dollar nach Iran geliefert worden. Darunter waren Gewehre für mehr als 106.000 Dollar sowie Gewehrteile und Zusatzausrüstung für fast 9.000 Dollar, die 2004 ausgeführt wurden.

Nach einer Überprüfung der Lieferungen erklärte das Finanzministerium auf Nachfrage von AP, die Angabe des Ziellandes auf den Transportscheinen für die Gewehre und Gewehrteile sei falsch - tatsächlich sei die Ware in den Irak geliefert worden. Bei der restlichen Militärausrüstung habe es sich wahrscheinlich um Kleidung im Werte von 33.000 Dollar gehandelt, die unter der Ausnahmeregelung für humanitäre Lieferungen nach Iran verschifft worden sei.

Dennoch gehen die amerikanischen Behörden davon aus, dass sich Teheran aktiv um den Ankauf von US-Militärtechnologie bemüht, etwa ausgemusterte Flugzeuge und Flugzeugteile, die in einigen Fällen zu einem Bruchteil des Originalpreises abgegeben werden. Seit dem Amtsantritt von Präsident Bush hat das Land von den USA Flugzeugteile im Wert von mindestens 620.000 Dollar und Flugzeuge für 19.600 Dollar erhalten. Iran ist auf überschüssige Bauteile anderer Staaten angewiesen, um seine gewerblichen und militärischen Flugzeuge weiter betreiben zu können. Ihr Verkauf ist in einigen Fällen gestattet, wenn damit die Sicherheit iranischer Passagiermaschinen verbessert wird.

Zur Lieferung von Zigaretten meinte der Präsidentschaftskandidat der Republikaner John McCain sarkastisch: eine gute, weil auf Dauer tödliche Sache. Das habe er natürlich nur scherzhaft gemeint, gab der Bush-Freund zu Protokoll. Im Übrigen zeigte sich Mc-Cain ahnungslos. US-Lieferungen an eine Achsenmacht des Bösen, an den Schurkenstaat Iran? Nein, davon hat der Präsidentschaftskandidat der Republikaner noch nie gehört.


USA belegen vier iranische Firmen mit Atomsanktionen

Die USA haben vier iranische Unternehmen benannt, die unter ihre bilateralen Sanktionen im Atomkonflikt fallen. Damit ist es US-Firmen verboten, mit diesen Unternehmen Geschäfte zu treiben. Zudem werden die Vermögen der vier Gesellschaften in den USA eingefroren.

Die vier Unternehmen seien am iranischen Atomprogramm beteiligt, erklärte das US-Außenministerium am 8. Juli. "Die iranischen Atom- und Raketenfirmen verstecken sich hinter einer Reihe von Mittelsmännern, die für sie Geschäfte machen", sagte Staatssekretär Stuart Levey, der im Ministerium für Terrorismus und geheimdienstliche Aufklärung zuständig ist.

Bei den vier Unternehmen handelt es sich um Shahid Sattari Industries, Seventh of Tir, Ammunition and Metallurgy Industries Group sowie Parchin Chemical Industries.


Russland: Kein Geschäft mit Saudis zu Lasten Irans

Russland hat einen Zeitungsbericht dementiert, demzufolge ihm Saudi- Arabien umfangreiche Rüstungsgeschäfte angeboten hat für den Fall, dass das Land in seiner Iran-Unterstützung nachlässt. Ein am 14. Juli unterzeichnetes Abkommen über militärische Zusammenarbeit sei nicht an das Verhältnis zu Iran gebunden, wies ein Regierungssprecher am 15. Juli einen Bericht der Zeitung "Kommersant" zurück. Es wäre falsch und unangemessen, die Kooperation mit dem Königreich an andere Themen zu knüpfen. "Die militärisch-technische Zusammenarbeit zwischen Russland und Saudi-Arabien steht auf eigenen Füßen."

"Kommersant" berichtete, der einflussreiche saudische Prinz Bandar bin Sultan habe bereits im Februar unterbreitete Vorschläge im einem Gespräch am 14. Juli mit Präsident Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin konkretisiert. Während des Besuchs des Chefs des saudi-arabischen Sicherheitsrates war das als bahnbrechend geltende Militärabkommen unterzeichnet worden. Laut "Kommersant" ist Saudi-Arabien am Kauf von 150 T-90-Panzern, 160 Hubschraubern und Flugabwehrsystemen im Gesamtwert von zwei Milliarden Dollar interessiert.

Saudi-Arabien ist wie die USA besorgt, dass Iran insgeheim an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitet. Russland, das enge Beziehungen zur Islamischen Republik unterhält, sieht dafür zwar keinen Beweise, ist aber um die Stabilität der an seine Südgrenzen reichenden Golfregion besorgt.


OPEC-Präsident warnt vor Produktionsausfällen bei Angriff auf Iran

OPEC-Präsident Abdalla Salem el Badri hat für den Fall eines Militärangriffs auf Iran vor drastischen Ausfällen bei der Erdölproduktion gewarnt. Die Produzenten der Organisation Erdölexportierender Staaten (OPEC) könnten die in einem solchen Fall drohenden Lieferschwierigkeiten nicht ausgleichen, sagte el Badri am 10. Juli bei der Vorlage des "Welt-Öl-Ausblicks 2008" in Wien. Iran ist hinter Saudi-Arabien der zweitgrößte Ölproduzent des Ölkartells.

Die USA und Israel haben mehrfach betont, dass sie einen Militärschlag gegen Iran als letzte Möglichkeit nicht ausschließen könnten, solange Teheran sein umstrittenes Atomprogramm nicht einstelle.

Auch Iran hat für den Fall eines Angriffs vor weitreichenden Folgen für die weltweite Ölversorgung gewarnt. Die Öl-Exporte aus der gesamten Region des Persischen Golfs stünden dann zur Disposition, sagte der iranische OPEC-Gesandte Mohammad Ali Chatibi am 8. Juli der Nachrichtenagentur Reuters. Iran hatte bereits unlängst gewarnt, die vor seiner Küste liegende Straße von Hormos bei einem Angriff zu blockieren.

"Wenn es eine Bedrohung in unserer Region gibt, wird das nicht nur unsere Öl-Exporte betreffen", sagte Chatibi. "Es wird auch andere Produzenten betreffen. (...). Ich meine die Ölexporteure Irak, Kuwait, Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate."


Neues Ölfeld mit einer Milliarde Barrel in Iran entdeckt

Iran hat nach eigenen Angaben ein neues Ölfeld im Südwesten des Landes entdeckt, das mehr als eine Milliarde Barrel Öl umfassen soll. Wie Ölminister Ghoam Hossein Nosari am 13. Juli in Teheran mitteilte, befindet sich das Feld unweit der Stadt Andimeschk in der Provinz Chusestan, die an den Irak grenzt. Das Feld umfasse 1,1 Milliarden Barrel (ein Barrel entspricht 159 Litern) der Sorte "Sweet Crude", 233 Millionen Barrel davon seien zugänglich, sagte Nosari laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Schana. "Sweet Crude" ist Erdöl von sehr guter Qualität mit weniger als 0,5 Prozent Schwefel.

Iran ist zwar der viertgrößte Ölprodu-zent der Welt, doch ein Mangel an ausländischen Investitionen in die Infrastruktur der iranischen Erölindustrie führt dazu, dass die Kapazitäten des Landes nicht voll genutzt werden können. Grund ist die Isolation Irans, in die das Land durch den Atomkonflikt geraten ist.


*


III. Außenpolitik

Katz- und Mausspiel im Atomstreit geht weiter

Im Atomstreit mit Iran hat die Neuaufnahme der Verhandlungen am 19. Juli in Genf entgegen den Erwartungen keine konkreten Ergebnisse erzielt. Überraschend hatte im Vorfeld die US-Regierung ihre Teilnahme an den Gesprächen angekündigt. Das Außenministerium beorderte Staatssekretär William Burns, die "Nummer Drei", nach Genf. Es war der "höchste diplomatische Kontakt" der USA mit Iran seit dem Geiseldrama in der Teheraner US-Botschaft 1979. Seitdem gab es lediglich zwei Gespräche zwischen dem iranischen und amerikanischen Botschafter in Bagdad, wobei die Gesprächsthemen auf Wunsch Washingtons auf die Lage im Irak beschränkt blieben. Alle Gespräche zwischen beiden Staaten, die zuvor stattfanden, vor allem die im Zusammenhang mit dem Afghanistan- und Irak-Krieg waren geheim.

Die Entscheidung, Burns zum Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana, den Vertretern der UN-Vetomächte und Deutschlands und dem iranischen Atomunterhändler Said Dschalili nach Genf zu schicken, zeige, dass die USA mit ihren Verbündeten in dem Bestreben einig seien, den Konflikt mit Iran diplomatisch zu lösen, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 17. Juli. "Und ich hoffe, dass diese Botschaft bei den Iranern ankommt." Rice räumte sogar am 18. Juli ein, dass die Entscheidung ihres Landes zur Teilnahme an Atomgesprächen mit Iran eine Abkehr von früheren US-Positionen darstelle. "Wir haben immer klar gesagt, dass jedes Land seinen Kurs wechseln kann", sagte sie auf die Frage eines Journalisten. Die Entsendung Burns nach Genf sei "ein starkes Signal an die ganze Welt, dass es uns mit diesen diplomatischen Anstrengungen ernst ist".

Ihrer Ansicht nach hätten die USA "keinerlei Feinde auf Ewigkeit", sagte Rice. Wenn sich Iran zu einer Annäherung an die internationale Gemeinschaft entschlösse, habe es die Unterstützung der USA.

Trotz dieser amerikanischen Offerte führte das Treffen in Genf zu keinem Ergebnis. Die iranische Antwort auf ein Anreizpaket der Sechser-Gruppe enthielt nach französischen Angaben keinen Hinweis auf die entscheidende Frage der iranischen Urananreicherung. Doch gerade die Klärung dieser Frage, das heißt die Bereitschaft Irans die Urananreicherung auszusetzen, ist die Bedingung, die die Verhandlungspartner Iran zur Aufnahme ernsthafter Verhandlungen gestellt haben. Iran weist nach wie vor diese Forderung zurück.

"Wir werden auf Antworten auf unsere Fragen warten", sagte Solana nach einem Gespräch, das er nach der gemeinsamen Sitzung mit Dschalili führte. Man habe aber vereinbart, in zwei Wochen wieder miteinander zu sprechen. Dschalili kündigte seinerseits an, das Thema erneut in Teheran vorlegen zu wollen. Beide Diplomaten sprachen von "konstruktiven" Gesprächen. Das Kooperationsangebot der sechs Staaten an Iran sieht unter anderem vor, dass der Westen von der Forderung nach weiteren Sanktionen im UN-Sicherheitsrat vorläufig absieht, wenn Iran in der Frage der Urananreicherung einlenkt. Dschalili hatte seinerseits bereits zuvor ein Papier vorgelegt. Es sei stark auf die zukünftige Zusammenarbeit ausgerichtet, ohne auf die Forderungen der EU einzugehen. "Sie sprechen eher vom zweiten und dritten Schritt", sagte ein westlicher Diplomat.

Bereits zum Auftakt des Treffens in Genf hatten mehrere Vertreter Irans betont, keinesfalls auf die Urananreicherung verzichten zu wollen. "Jegliche Art einer Aussetzung oder eines Einfrierens kommt nicht in Frage", sagte ein hochrangiger iranischer Diplomat der Agentur Reuters. "Dieses Thema steht nicht auf der Agenda Irans", betonte auch der iranische Botschafter in der Schweiz, Kejwan Emami. Er berief sich auf den Revolutionsführer Chamenei. Dieser habe klar gemacht, "dass wir unsere Rechte nicht aufgeben werden".

Die USA stellten unmittelbar vor Beginn des Treffens klar, dass es ohne Einlenken Irans bei der Urananreicherung keine Aufnahme echter Verhandlungen zur Lösung des Atomkonflikts geben werde. "Das ist die Position der USA und das wird auch die Position der USA bleiben", sagte Außenministerin Rice in Washington.

Zwei Tage nach dem Treffen in Genf warf Rice Iran mangelnde Ernsthaftigkeit bei den Gesprächen vor. Iran habe die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland hingehalten, sagte sie und drohte Iran mit weiteren Strafmaßnahmen. Die internationalen Gespräche am 19. Juli in Genf hätten eine "starke Botschaft" an Iran gesandt, die internationale Gemeinschaft nicht länger hinzuhalten und eine Entscheidung zu treffen. Sollten nicht bald Fortschritte erzielt werden, werde nach der Sommerpause eine weitere Runde von Strafmaßnahmen ausgearbeitet werden.

Irans Präsident Ahmadinedschad bezeichnete die Gespräche in Genf als "Schritt nach vorn". "Alle Verhandlungen sind ein Schritt nach vorn", dies gelte auch für das Treffen am 19. Juli, sagte Ahmadinedschad am 20. Juli laut IRNA. Am 26. Juli erklärte der Präsident, der Westen habe akzeptiert, dass sein Land in der Anreicherungsanlage Natans über bis zu 6000 Zentrifugen verfügt. Er sagte, 5000 bis 6000 Zentrifugen seien für den Westen kein Problem. Etwa 5000 Zentrifugen seien derzeit funktionstüchtig. Die Internationale Atombehörde (IAEA) geht von 3000 bis 3500 einsatzbereiten Zentrifugen aus.

Einige politische Beobachter interpretieren diese Aussage als Bereitschaft zum Einlenken. Gerüchte besagen, dass hinter den Kulissen über einen Kompromissvorschlag diskutiert werde, bei dem beide Seiten ihr Gesicht nicht verlieren: Iran erklärt sich bereit, vorläufig keine Zentrifugen mehr zu bauen und der Westen, die Sanktionen nicht zu verschärfen. Damit könnten ernste Verhandlungen aufgenommen werden.


EU arbeitet an verschärften Sanktionen gegen Iran

Die Europäische Union bereitet ungeachtet der Bemühungen um eine Beilegung des Atomkonflikts mit Iran eine Umsetzung von schärferen UN-Sanktionen gegen Teheran vor. "Die EU hat eine Verpflichtung, die Resolution 1803 des UN-Sicherheitsrats umzusetzen", sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana am 22. Juli nach Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Ebenso wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte auch Solana die Regierung in Teheran auf, "konstruktiv" auf das neue Verhandlungsangebot der fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats und Deutschlands einzugehen.

"Ich bin optimistisch, dass es eine konstruktive Antwort geben wird", sagte Solana. Bei Gesprächen mit dem iranischen Unterhändler Said Dschalili in Genf hatte Solana Iran zwei Wochen Zeit gegeben, um sich zu dem Verhandlungsangebot zu äußern. Das Angebot sieht eine weitreichende wirtschaftliche Zusammenarbeit auch bei der zivilen Nutzung der Atomenergie im Gegenzug zu einem iranischen Verzicht auf Urananreicherung vor.

"Wir hoffen darauf, dass dies ein konstruktives Entgegenkommen sein wird. Nur dann ist ein Eintritt in Gespräche und Verhandlungen wirklich möglich", sagte Steinmeier. "Wenn nicht, dann wird der internationalen Staatengemeinschaft keine andere Wahl bleiben, als weitere Wege über den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu suchen", warnte Steinmeier. "Ich meine, wir können uns diesen Weg ersparen. Aber der Ball liegt im Feld der Iraner. Und wir müssen jetzt sehen, ob er von dort gespielt wird."

Solana bekräftigte, die EU lehne Gewalt im Konflikt um das iranische Atomprogramm ab. "Die Position der EU ist klar: Wir wollen eine diplomatische Lösung finden, und wir wollen volle Klarheit über die Natur des iranischen Atomprogramms." Der britische Außenminister David Milibad sagte: "Wir konzentrieren uns zu 100 Prozent auf eine diplomatische Lösung."


Mittel- und Langstreckenraketen getestet

Iran hat am 9. Juli im Rahmen eines großangelegten Militärmanövers am Persischen Golf neun Mittel- und Langstreckenraketen erfolgreich getestet. Zu den Raketen gehörte auch eine neue Version der Schahab-3 Rakete mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometer, mit der auch israelisches Territorium erreicht werden könnte.

Luftwaffenkommandeur der Revolutionsgarden, General Salami, sagte der Agentur Fars zufolge, die Tests sollen "nur einen kleinen Teil der nationalen Militärmacht denen zeigen, die Iran in den vergangenen Wochen bedroht haben". "Wir haben stets den Finger am Drücker und können binnen einer Sekunde unsere Raketen abfeuern". Die iranischen Streitkräfte hätten jede Bewegung in der Region "im Visier" und seien in der Lage, jede feindliche Aktivität abzuwehren, sagte der General.

Das Manöver war offenbar eine Antwort Teherans auf Drohungen aus Israel und den USA, Irans Atomanlagen und Militärstützpunkte zu bombardieren. Tatsächlich haben in den letzten Wochen die Drohungen, vor allem aus Israel, zugenommen. Am deutlichsten äußerte sich der israelische Vizeregierungschef Schau Mofas. "Wenn Iran sein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen fortsetzt, werden wir angreifen", sagte Mofas am 6. Juni. Die Sanktionen gegen den Iran seien nicht effektiv. "Es gibt keine Alternative als Iran anzugreifen." Sowohl der israelische Regierungschef Ehud Olmert als auch US-Präsident George W. Bush haben mehrmals betont, dass die militärische Option im iranischen Atomkonflikt offen sei. Israel hatte im Juni im Rahmen eines Manövers Flugzeuge über das östliche Mittelmeer geschickt. In US-Kreisen hieß es, es könne eine Übung für einen Angriff auf iranische Atomanlagen sein.

Während Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Drohungen gegen Teheran als einen "drolligen Witz" zurückwies und die Überzeugung äußerte, es werde mit Sicherheit keinen Krieg geben, scheinen die Militärs die Äußerungen aus Washington und Tel Aviv ernst zu nehmen. Der Geistliche Ali Schirazi, der Beauftragte des Revolutionsführers bei der Marine, sagte am Dienstag, "das zionistische Regime" dränge die USA zur Vorbereitung für einen Angriff auf Iran. "Wenn sie diese Dummheit begehen, werden Tel Aviv und die US-Flotte im Persischen Golf als erste in Brand gesetzt." Heute befinde sich die Islamische Republik auf dem höchsten Gipfel ihrer Militärmacht, sagte der Geistliche. Die Feinde Irans hätten die Absicht, diese Militärmacht zu zerstören oder ihre Weiterentwicklung aufzuhalten. Ob es nun einen Krieg geben werde oder nicht, in beiden Fällen werde Iran als Sieger hervorgehen. Denn gegen ein Volk, das an den Islam, an den Heiligen Krieg und an das Märtyrertum glaubt, könnten die besten Waffen nichts ausrichten.

Bereits am 4. Juli hatte der Chef der Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari, deutlich gemacht, dass der Iran jeden Angriff auf eine seiner Atomanlagen als Beginn eines Krieges betrachten werde. Und der Beauftragte des Revolutionsführers bei den Bodentruppen, Mohammad Hadi Rezai, meinte, die Drohungen müssten "sehr ernst genommen werden", warnte aber zugleich, Iran sei nicht Afghanistan oder Irak. Schließlich erklärte der Beauftragte des Revolutionsführers für die Revolutionsgarden, Modschtaba Solnoor, der Agentur Fars zufolge: "Sollten die USA oder Israel irgendwelche Kugeln oder Raketen auf unser Land abschießen, wird das iranische Militär auf das Herz Israels und 32 US-Stützpunkte in der Region zielen, bevor sich der Staub eines Angriffs gelegt hat."

Wie die iranische Presse berichtete, wurden ein Teil der Truppen auf den Persischen Golf und die Straße von Hormos konzentriert. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Hasan Firuzabadi, sagte: "Wir legen großen Wert darauf, dass die Straße von Hormos offen bleibt. Doch alle Staaten sollten wissen, dass wir im Falle der Verletzung iranischer Interessen niemandem erlauben werden, diesen Seeweg zu nutzen." Etwa 30 Prozent des Welt-ölverbrauchs wird durch die Straße von Hormos transportiert.

Unmittelbar nach den Raketentests haben die USA den sofortigen Stopp des Raketenprogramms gefordert. Ein Sprecher von Präsident Bush erklärte, mit dem Programm verstoße Iran gegen Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats. Wenn die Islamische Republik wirklich das Vertrauen der Weltgemeinschaft gewinnen wolle, müsse sie den Bau und die Erprobung der Flugkörper einstellen, die als Träger von Atomwaffen eingesetzt werden könnten.


US-Experten: Irans Angabe zu Raketentests übertrieben - Rice: Reichweite der Raketen bewiesen

Nach Erkenntnissen von US-Experten ist bei den Raketentests keine neue Langstreckentechnik zum Einsatz gekommen. Ein Pentagon-Sprecher sagte am 12. Juli, bei den abgeschossenen Raketen habe es sich eher um "alte Ausrüstung" gehandelt. Gleichwohl werde in den Raketentests ein Versuch gesehen, die Nachbarstaaten Irans einzuschüchtern und die Spannungen in der Region zu erhöhen.

Ein US-Regierungsbeamter meinte, es habe sich um acht oder neun Raketen kurzer und mittlerer Reichweite gehandelt. David Wright von der Union of Concerned Scientists sagte, Iran übertreibe oft die Angaben zur Fähigkeit seiner Raketen. Die Experten eines unabhängigen Blogs zu Fragen der militärischen Sicherheit, Arms-Control-Wonk.com, schrieben, die in Filmaufnahmen erkennbare Länge und der Durchmesser der Raketen seien mit einer erstmals 1998 demonstrierten Version identisch, die eine Reichweite von 1200 Kilometern habe.

Andere Experten behaupteten, Fotos, die von den Raketentests aufgenommen und an die Agenturen weitergeleitet wurden, seien manipuliert gewesen, möglicherweise um das Versagen einer der Testraketen zu vertuschen. US-Medien zitierten Experten mit den Worten, es handele sich um einen "amateurhaften" Täuschungsversuch.

Auf dem Bild, das die Nachrichtenagentur AFP von der iranischen Agentur Sepah News erhalten hatte, waren vier aufsteigende Raketen zu sehen, davon eine genau an der Stelle, auf der das Originalfoto eine am Boden gebliebene Rakete in ihrer Rampe zeigt. Der Nachrichtensender CNN berichtete, dass Iran diese Rakete vermutlich dann erst am nächsten Tag testete. Geheimdiensterkenntnisse der USA deuteten auch darauf hin, dass entgegen der iranischen Darstellung am nächsten Tag keine zweite komplette Serie von Langstreckenraten getestet wurde, sondern nur diese einzige Rakete.

Die Fälschung sei unter anderem daran zu erkennen gewesen, dass unter der hinzumontierten Rakete eine Staubwolke digital eingefügt worden sei, die praktisch mit der Wolke unter einer anderen Rakete identisch gewesen sei. Ähnlich "amateurhaft" sei der zusätzlichen Rakete ein kopierter Schweif angefügt worden.

Medienberichten zufolge bestätigte auch der Vergleich mit einem im iranischen Fernsehen ausgestrahlten Video die Vermutung, dass eine Rakete digital hinzugefügt wurde. Auf dem Video sei eine identische Szene mit nur drei aufsteigenden Raketen zu sehen und mit einer vierten am Boden. Die Nachrichtenagentur AFP verbreitete einen Hinweis, demzufolge das Foto "anscheinend digital verändert wurde". Zu diesem Zeitpunkt war es aber auf diversen Nachrichten-Webseiten, in Zeitungen und im Fernsehen erschienen. Den Darstellungen der Experten widersprach US-Außenministerin Condoleezza Rice. Die Gefahr, die von den in Iran getesteten Raketen ausgehe, sei "keineswegs eine Illusion", sagte die Ministerin am 9. Juli vor der Presse in Sofia: "Die große Reichweite dieser Raketen ist bewiesen." Rice forderte Iran auf, nicht länger gegen seine Verpflichtungen gegenüber dem Weltsicherheitsrat zu verstoßen. Den Gegnern einer atomaren Abwehr gegen iranische Raketen riet sie, mit Iran selbst zu reden.

Auch nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums besitzt Iran inzwischen Raketen, mit denen es Teile Ost- und Westeuropas angreifen könnte. Der Leiter der US-Raketenabwehr, Trey Obering, sagte am 16. Juli, er gehe davon aus, dass die Islamische Republik wie von ihr selbst behauptet, über eine ballistische Rakete mit einer Reichweite von 2000 Kilometern verfüge. Auf Grundlage von Geheimdienstinformationen und iranischer Medienberichte rechne er zudem damit, dass Iran die Reichweite künftig weiter vergrößern könne. Zu der Frage, ob das iranische Militär bereits eine solche Rakete getestet habe, wollte sich Obering nicht äußern.


Israel droht Iran erneut mit Militärschlag

Nach den Raketentests am Persischen Golf hat Israel der Führung in Teheran erneut mit einem Militärschlag gedroht. Israel habe keine Angst zu handeln, wenn seine Sicherheitsinteressen bedroht seien, bekräftigte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak am 10. Juli in Tel Aviv. Allerdings müsse vor einem Angriff der jüdische Staat auch mögliche Reaktionen anderer "Feinde" abwägen. Er nannte die palästinensische Organisation Hamas, die libanesische Hisbollah-Miliz und Syrien. Alle drei gelten als Partner Irans.

Gleichzeitig bekräftigten die USA ihre Bereitschaft, im Falle einer iranischen Aggression ihren Verbündeten zur Seite zu stehen. Die Botschaft an Iran laute, "dass wir die amerikanischen Interessen und die unserer Alliierten verteidigen werden", sagte US-Außenministerin Rice während eines Besuchs in der georgischen Hauptstadt Tiflis. "Und wir arbeiten eng mit allen unseren Verbündeten zusammen, um sicherzustellen, dass sie zur Selbstverteidigung fähig sind. (...) Wir nehmen unsere Verpflichtung, unseren Verbündeten bei der Selbstverteidigung zu helfen, sehr, sehr ernst. Daran sollte es bei niemandem Zweifel geben."

Israel hat am 10. Juli ein Flugzeug präsentiert, das auch zur Spionage gegen Iran eingesetzt werden könnte. Das staatliche Unternehmen Israel Aerospace Industries führte die mit modernster Technik ausgerüstete Maschine des Typs Eitam auf dem Fabrikgelände vor. Eitam war vor einem Jahr erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden. Der israelische Armeechef berichtete, die Präsentation sei eine Reaktion auf die iranischen Raketentests.


Iran sieht seine Position durch Raketentests gestärkt

Iran sieht seine Position bei den Atomverhandlungen mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland durch Raketentests gestärkt. "Die Manöver halfen der Islamischen Republik, "mit vollen Händen an den Verhandlungstisch zu gehen", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 14. Juli den stellvertretenden Verteidigungsminister Nasrollah Esatti.

Auch regional scheint Iran seine Position gefestigt zu haben. Syrien warnte vor schwerwiegenden Folgen eines Angriffs auf Iran. Vor allem die USA und Israel müssten teuer bezahlen, sagte der syrische Präsident Baschar al-Assad im französischen Rundfunk am 14. Juli. "Das Problem ist nicht die Aktion, sondern die Reaktion." Die Rückwirkungen seien unkontrollierbar und könnten noch Jahrzehnte zu spüren sein. Assad kündigte an, dass Syrien seine guten Beziehungen zu Iran nutzen werde, um im Atomstreit zu vermitteln. Er wolle einem diesbezüglichen Gesuch des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy entsprechen.

Auch der afghanische Präsident Hamid Karsai lehnte Angriffe der USA auf Iran von seinem Land aus ab. Afghanistan wolle nicht als Ausgangspunkt für Militäreinsätze gegen andere Länder dienen und wolle ein Freund Irans sein, sagte Karsai in einem Interview des US-Senders Radio Liberty. Seine Regierung habe in der Vergangenheit Gespräche zwischen USA und Iran vermittelt. Ähnlich wie die beiden Staatsmänner äußerten sich die irakische Regierung und die andere Staaten am Persischen Golf.


USA planen Interessenvertretung in Teheran

Fast dreißig Jahre nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen planen die USA wieder eine Interessenvertretung in Teheran, berichtete der "Guardian" am 17. Juli. Die Entscheidung solle im nächsten Monat bekannt gegeben werden. Politische Beobachter in Teheran und Washington sprachen von einem klaren Kurwechsel der USA gegenüber Iran. Diese Meinung wurde auch dadurch bestätigt, dass Washington sich zum ersten Mal bereiterklärt hatte, einen hochrangigen Diplomaten zu den Atomverhandlungen mit dem Iran am 19. Juli nach Genf zu entsenden.

Die Eröffnung einer "Interessenvertretung" könne praktisch als halber Schritt hin zur vollen Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Teheran und Washington bewertet werden, schrieb der Guardian. Der Plan zur Errichtung einer diplomatischen Vertretung wurde bereits am 23. Juni durch die Washington Post bekannt. (s. Iran-Report im Juli)

Der Zeitung zufolge hätten die USA damit die Absicht, bessere Kontakte zu iranischen Jugendlichen und Oppositionellen herzustellen. Der Schritt würde demnach "keine Aufweichung der amerikanischen Position gegenüber Iran" bedeuten. Wenige Tage später enthüllte der Starjournalist Seymour Hersh im US-Magazin The New Yorker, die USA hätten ihre Geheimdienstaktivitäten gegen die Regierung in Iran massiv ausgebaut. Zu diesem Zweck habe US-Präsident George W. Bush Ende vergangenen Jahres 400 Millionen Dollar beim Kongress beantragt und später bewilligt bekommen, schrieb Hersh. Damit sollte unter anderem die CIA das Atomprogramm Irans schwächen. Zudem sollten Oppositionsgruppen finanziell unterstützt werden, um die Führung in Teheran zu destabilisieren.

Die Frage, ob es sich bei den neuen Plänen der USA tatsächlich um einen Kurswechsel handelt oder um die Fortsetzung der alten Strategie zu einem Regimewechsel, gehört in diesen Wochen zu den im Iran am heißesten diskutierten Themen. Am 24. Juni berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf das Außenministerium, dass eine US-Anfrage zur Eröffnung einer US-Vertretung geprüft werden könnte. Dem widersprach der neue Parlamentspräsident und ehemalige Atomverhandlungsführer Ali Laridschani. "Mir scheint, dass es sich bei dem amerikanischen Vorhaben um einen neuen Trick handelt", sagte Laridschani. Die Amerikaner seien in ihren Äußerungen "äußerst labil". "Vor zwei Jahren haben wir beantragt, Direktflüge von Iran in die USA zu erlauben. Wenn ihnen an besseren Kontakten gelegen wäre, hätten sie positiv darauf reagiert."

Demgegenüber äußerte sich Präsident Mahmud Ahmadinedschad zu den Plänen Washingtons erstaunlich positiv. In einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen sagte er, ein offizieller Antrag aus Washington liege bislang nicht vor. "Aber wenn sie den Antrag stellen, werden wir ihn mit Blick auf die Beziehungen zwischen den Völkern positiv prüfen." Ungeachtet seiner bisherigen feindlichen Äußerungen gegen die USA ging Ahmadinedschad noch einen Schritt weiter und fügte hinzu, es sei durchaus möglich, dass "wir in naher Zukunft auf verschiedenen Ebenen mit den USA Gespräche führen". "Die USA sind auf Gespräche mit uns angewiesen", denn sie hätten endlich erkannt, dass Iran eine "überregionale Macht" sei. Die Position Irans sei klar. Teheran sei bereit, "mit Ausnahme des zionistischen Regimes", zu allen Staaten Beziehungen aufzunehmen. Er sei jederzeit bereit, mit Präsident Bush Gespräche zu führen, betonte Ahmadinedschad. "Um mit den USA zu verhandeln, brauchen wir keine Vermittler. Wir werden, wenn es sich als nötig erweisen sollte, direkte Verhandlungen mit ihnen aufnehmen."

Bis vor kurzem wäre jeder Politiker, der so offen Gespräche mit den USA in Aussicht gestellt hätte, als Kollaborateur und Handlanger des Westens denunziert worden. Als Ahmadinedschad von einem Journalisten gefragt wurde, was es mit den häufigen Reisen des iranischen Beraters der amerikanischen Regierung, Huschang Amir Ahmadi, nach Teheran auf sich habe, der nach eigenen Angaben auch zur israelischen Regierung engen Kontakt pflegt und mit persönlicher Zustimmung des Staatspräsidenten eingereist ist (s. Bericht auf Seite 4/5), sagte er, Iran sei ein freies Land und jeder könne aus- und einreisen!


Obama kündigt harten Kurs im Atomstreit mit Iran an - McCain legt nach

Im Atomstreit mit Iran hat der designierte demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama einen harten Kurs angekündigt. Er schließe kein staatliches Mittel aus, falls er Präsident werden sollte, sagte der Senator am 15. Juli in einer mit Spannung erwarteten außenpolitischen Grundsatzrede. "Ich werde alle Elemente amerikanischer Macht nutzen, um Druck auf das iranische Regime auszuüben, angefangen mit aggressiver, prinzipienfester und direkter Diplomatie - einer Diplomatie unterstützt von starken Sanktionen und ohne Vorbedingungen." Dazu sei er auch bereit, ein "angemessenes" Mitglied der iranischen Führungsspitze zu treffen, wenn dies die amerikanischen Interessen voranbringe. Einen konkreten Namen nannte Obama nicht. Wenige Tage später rief Obama während eines Besuch in Paris Teheran auf, mit seiner Entscheidung nicht auf einen Regierungswechsel in Washington zu warten, denn das unverrückbare Nein zu einem atomaren Iran werde auch unanhängig davon, wer die Wahl gewinnen werde, fortgesetzt werden.

Sein republikanischer Rivale bei der Wahl im November, John McCain, hat Obama für seine bereits früher geäußerte Bereitschaft zu einem direkten Gespräch mit iranischen Vertretern häufiger kritisiert. Er (McCain) wolle Iran mit scharfen Sanktionen von seinen Drohungen gegen Israel abbringen. Die USA und Europa könnten "erhebliche, sehr schmerzhafte" Strafmaßnahmen verhängen, die Teheran möglicherweise dazu brächten, sein Verhalten gegenüber Israel zu ändern, sagte McCain am 21. Juli in einem Interview des israelischen Fernsehsenders Channel 2. Auf die Frage nach einem möglichen Militäreinsatz gegen Iran antwortete McCain, er hoffe, dass es niemals dazu komme und sich die Regierung in Jerusalem nicht so bedroht fühle. Die Vereinigten Staaten würden aber "niemals einen zweiten Holocaust erlauben", betonte der republikanische Politiker. Im Streit mit Teheran gebe es zahlreiche Möglichkeiten, die seiner Meinung nach noch nicht ausreichend ausgereizt seien, sagte der Senator weiter. Israel betrachtet Iran wegen dessen umstrittenen Atomprogramm als strategische Bedrohung.


USA: Nordkorea und Iran weiterhin Teil der "Achse des Bösen"

Trotz verstärkter Kontakte mit Iran und Nordkorea zählt die US-Regierung beide Länder weiter zur "Achse des Bösen". "Solange sie ihre Atomwaffen-Programme nicht vollständig und nachprüfbar aufgeben, ordnen wir sie in derselben Kategorie ein", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, am 21. Juli. Während sie die Fortschritte bei den Verhandlungen mit Nordkorea lobte, kritisierte Perino die Haltung Teherans bei den jüngsten Atomgesprächen in Genf. Präsident George W. Bush hatte 2002 Nordkorea, den Irak und Iran als "Achse des Bösen" bezeichnet.

Die USA hätten hart an den multilateralen Bemühungen mit Blick auf das nordkoreanische Atomprogramm gearbeitet, sagte Perino. "Wir sind erfreut, dass wir beginnen, Früchte dieser Arbeit zu sehen". Iran sei jedoch "eine andere Geschichte", betonte die Sprecherin.


Iran nennt syrisch-israelische Annäherung "unglücklich"

Die Annäherung zwischen Syrien und Israel ist nach Ansicht Irans "unglücklich" und könne gravierende Folgen haben. "Wir sagen stets, dass es kein Land namens Israel in der Region gibt. Dieses Land heiß Palästina", sagte Hussein Schariatmadari, ein Berater des Revolutionsführers Ali Chamenei und dessen Beauftragter für die Tageszeitung Keyhan, der arabischen Tageszeitung "Al-Schargh al-Awsat" am 14. Juli. "Deshalb ist es normal, dass wir Verhandlungen zwischen islamischen Ländern - wie Syrien oder der Türkei - und einem illegitimen, nicht existierenden Staat ablehnen." Ein Friedensvertrag mit Israel etwa könne radikale Folgen für das iranisch-syrische Verhältnis mit sich bringen.

Verhandlungen der libanesischen Hisbollah oder der Palästinenserorganisation Hamas über einen Gefangenenaustausch mit Israel bedeuteten keine Anerkennung Israels als Staat. Das Gleiche gelte für eine Waffenruhe im Gazastreifen, sagte Schariatmadari.

Am zweiten Juli-Wochenende hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Rande des Mittelmeer-Gipfels spürbare Bewegung in die Konflikte im Nahen Osten gebracht. Syrien und Libanon erklärten sich bereit, diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Israel kündigte die baldige Aufnahme direkter Gespräche mit Syrien an.


Afghanische Zeitung: Iran Haupteinfallstor für Extremisten

Iran ist nach Angaben einer afghanischen Regierungszeitung das Haupteinfallstor für ausländische Extremisten nach Afghanistan. Über den Nachbarstaat könnten sich Extremisten aus dem Nahen Osten am leichtesten Zugang nach Afghanistan verschaffen, meldete die Tageszeitung "Anis" in ihrer Ausgabe vom 28. Juli. Die Regierung in Kabul müsse alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um dies zu stoppen, hieß es weiter. Drei ausländische Extremisten, zwei aus dem Nahen Osten und einer aus der Türkei, seien vor Kurzem bei einem Militäreinsatz festgenommen worden. Untersuchungen hätte ergeben, dass sie alle über Iran eingereist seien.

Iran ist der Zeitung zufolge vor allem ein "Tunnel für Terroristen" nach Waziristan. Die Region im Nordwesten von Pakistan im Grenzgebiet zu Afghanistan gilt als Unterschlupf für Islamisten und Verbündete der Taliban, die von dort aus zu Anschlägen nach Afghanistan aufbrechen. Die Regierung in Teheran bestreitet jedwede Unterstützung für die Taliban bzw. für Extremisten. Der Bericht der Zeitung erweckt umso mehr Erstaunen, als dass Teheran und Kabul immer wieder ihre guten Beziehungen betonen.


Zeitung: Berlin lehnt neuen Botschafter Irans ab

Wie die gewöhnlich gut informierte Internetzeitung Tabnak am 7. Juli berichtete, hat Berlin einen neuen, vom Teheraner Außenministerium vorgeschlagenen Botschafter für Deutschland nicht akzeptiert, sich aber bereiterklärt, sich dafür einzusetzen, dass der Genannte von einem anderen wichtigen Land Europas, in dem Iran keinen Botschafter hat, aufgenommen wird. Zurzeit ist Mohammad Mehdi Achundsadeh, Irans ehemaliger Vertreter bei der Internationalen Atombehörde in Wien, als iranischer Botschafter in Berlin tätig. Es sei erstaunlich, schreibt Tabnak, dass just in den Wochen, in denen Iran wichtige Verhandlung mit den EU-Staaten, darunter mit Deutschland führt, der Botschafter aus Berlin abberufen werde. Zumal Achundsadeh zu den erfahrensten Diplomaten der Islamischen Republik gehöre und erst seit Kurzem den Posten des Botschafters in Berlin übernommen habe.

Eine offizielle Bestätigung der Meldung lag bis zum Redaktionsschluss nicht vor.


Ahmadinedschad will nächste UN-Vollversammlung besuchen

Präsident Ahmadinedschad will zur nächsten UN-Vollversammlung im September nach New York reisen. Er wolle dort die Rechte Irans verteidigen, sagte er am 14. Juli im staatlichen Fernsehen. Außerdem wolle er Vorschläge präsentieren, wie die Verwaltung der internationalen Organisationen geändert werden könnte. Seit seiner Wahl 2005 hat Ahmadinedschad an sämtlichen UN-Vollversammlungen teilgenommen. Offenbar genießt der als mediengeil bekannte Präsident den Auftritt auf internationaler Bühne, auf der er von der Presse umringt wird.


"West-östlicher Diwan" 2009 in Weimar und Schiraz geplant

Das neue Festival "West-östlicher Diwan" will zwischen Europa und der islamisch-arabischen Welt kulturelle Brücken bauen. "Gastland der ersten Auflage wird im Juni 2009 die iranische Stadt Schiraz sein", sagte der künstlerische Leiter Klaus Gallas in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur dpa. Im August desselben Jahres gebe es dann einen 15-tägigen Kulturaustausch in Weimar. Geplant sind Konzerte, Lesungen und Ausstellungen. Das Festival soll laut Gallas neben Weimar dann jährlich in einem anderen islamischen Land Besucher anlocken. So liefen bereits für 2010 Gespräche mit den Vereinigten Arabischen Emiraten.

"Das Festival ist eine Reverenz an Johann Wolfgang von Goethe und den persischen Nationaldichter Schams ed-Din Mohammed Hafis", sagte Gallas. Goethe (1749-1832) hatte sich in seinem Werk "West-östlicher Divan" mit dem Orient befasst und sich von Hafis' (1325-1390) Gedichtsammlung "Diwan" inspirieren lassen.

"Wir wollen ein Kulturfestival in Weimar veranstalten, das Signalwirkung für ganz Europa hat", sagte Gallas. Es solle auch dem "Blockdenken" in Ost und West, in Okzident und Orient, begegnen. "Ziel ist es, gegenseitige Berührungsängste, Vorurteile und Missverständnisse aufzudecken", sagte der Kulturhistoriker, der Iran seit mehr als dreißig Jahren bereist.

Für sein Vorhaben hat sich Gallas mit dem Auswärtigen Amt, dem Goethe-Institut, der Bundeskulturstiftung und der Stadt Weimar Verbündete gesucht. "SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Schirmherrschaft übernommen." Mit Gründung der gemeinnützigen Gesellschaft "West-östlicher Diwan Festival Weimar" wurde jetzt eine rechtliche Hürde genommen, um Fördergelder zu beantragen. Zu dem Kulturbeirat gehören der Dirigent Zubin Mehta, der mit der Israel Philharmonic Orcestra zweimal im Weimar auftrat, der Präsident der Klassik Stiftung, Helmut Seemann, und Joachim Sartorius, Leiter der Berliner Festspiele.

Zwei deutsche Orchester mit einem iranischen Dirigenten werden die Festwochen jeweils eröffnen und beenden. "Dazwischen gibt es Lesungen aus Werken Goethes und Hafis', Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern, klassische iranische Musik und iranische Popmusik", sagte der 66-jährige, der seit mehr als einem Jahr an dem Projekt feilt. Konkurrenz zu dem ebenfalls in Weimar gegründeten West-Eastern Divan Orchestra unter Leitung von Daniel Barenboim befürchtet Galla nicht. Er stehe mit Barenboim in Kontakt.

Seit 1999 erinnert in Weimar ein Goethe-Hafis Denkmal an die geistige Seelenverwandtschaft beider Nationaldichter. Zwei steinerne Stühle - Symbol für die Dichter - stehen auf einem langen, mit orientalischen Ornamenten geschmückten Steinsockel, gleich einem Teppich. Seine Mitte ist mit einem Hafis-Vers in persischer Kalligraphie geschmückt. An den Enden, hinter den Stühlen, sind Goethe-Verse zu lesen. Einer von beiden lautet: "Wer sich selbst und andre kennt/wird auch hier erkennen/Orient und Okzident/sind nicht mehr zu trennen."


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
7. Jahrgang


*


Quelle:
Iran-Report Nr. 8/2008 - August / 7. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41, 10178 Berlin
Telefon: 030-285 34 - 0, Fax: 030-285 34 - 109
Email: info@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2008