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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/340: Iran-Report Nr. 1 - Januar 2015


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 1 - Januar 2015
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Kampf gegen Korruption
• Studenten fordern Freilassung von Mussawi und Karrubi
• Salehi: "Militärische Aktivitäten haben mit Diplomatie nichts zu tun"
• Sieben Prozent der Iraner leben im Ausland
• Mützen gelten nicht als Kopfbedeckung
• Freitagsprediger fordert Deportation der Bahais aus Rafsandschan
• Säureanschlag auf Krankenhausleiter


KAMPF GEGEN KORRUPTION

Die Korruption ist ein Phänomen, das seit Jahrzehnten die gesamte iranische Politik und Wirtschaft beherrscht. Obwohl sämtliche Regierungen diesem Phänomen den Kampf ansagten, hat sich die Korruption immer weiter ausgebreitet. Nun hat die Regierung Rohani eine Tagung veranstaltet, an der auch Vertreter der Legislative und Judikative teilnahmen. Hauptredner war der Präsident, der in seinem Redebeitrag versuchte, den Kern des Übels zu benennen.

"Wenn sich Informationen, Waffen, Geld, Zeitungen, Agenturen und andere Machtinstrument in einer Hand konzentrieren, würde selbst ein Heiliger in dieser Lage dem Verderben anheimfallen", sagte Rohani. "Ein Teil der Menschen im Land glaubt, die Verantwortlichen seien über die Korruption informiert, leisten jedoch keinen Widerstand dagegen. Also sind sie selbst korrupt. Andere denken, die Verantwortlichen seien nicht in der Lage, den Kampf gegen die Korruption aufzunehmen. Beide Ansichten stellen das gesamte Staatssystem infrage und unterstellen der Regierung Unfähigkeit, eines der Ziele der Revolution, die Korruption auszurotten, zu erreichen", sagte Rohani.

Zu Beginn der Tagung erklärte Vizepräsident Eshagh Dschahangiri, er habe den Revolutionsführer Chamenei um eine Grußbotschaft gebeten. Dieser habe zurückgeschrieben: "Welches Wunder sollen solche Tagungen vollbringen? Wissen denn die Verantwortlichen der drei Gewalten nicht, wie die Lage ist?" Zugleich habe Chamenei betont, es müsse mit oder ohne Tagung ohne Rücksichtnahme und entschlossen gegen Korruption gekämpft werden.

Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte in seinem Redebeitrag, das Problem der Korruption dürfe nicht so aufgebauscht werden, dass es negative Wirkungen erzeuge. "Die Verantwortlichen sollen nicht glauben, dass sie mit der raschen Veröffentlichung von Zahlen und der Bekanntgabe von Korruptionsfällen die Rolle der Helden im Kampf gegen die Korruption spielen können", sagte Laridschani.

Auf dem von der Organisation Transparency International geführten Korruptionswahrnehmungsindex steht Iran in diesem Jahr auf Platz 136 von 175 Ländern.

Der Kampf gegen die Korruption hat sich in der Islamischen Republik inzwischen zu einem politischen Kampf zwischen den verschiedenen Fraktionen entwickelt, auch zwischen der reformorientierten Regierung und den mächtigen konservativen Instanzen. Dass Chamenei sich so abschätzig über die Tagung äußerte und Laridschani von der Möglichkeit sprach, das Amt zum Kampf gegen die Korruption, das der Regierung untersteht, dem Büro des Revolutionsführers zu unterstellen, macht die Frontenbildung deutlich.

Justizminister Mostafa Purmohammadi, der die Tagung leitete, hatte im Vorfeld gesagt, Ziel der Tagung sei es, zu zeigen, wie ernst die Regierung den Kampf gegen die Korruption nehme. Zudem sagte er: "Entscheidend bei diesem Kampf ist die Rolle der Medien. Sie sind unsere Verbündete. Wir erwarten von den Medien Kooperation, Präsenz, Kritik und genaue Information." Diese Aufforderung steht im krassen Gegensatz zu den Aussagen der Vertreter der Judikative und Legislative, die davor warnen, Korruptionsfälle an die große Glocke zu hängen. "Mit solchen Tagungen können wir der Korruption nicht Einhalt gebieten", sagte Laridschani. "Wir müssen zusammenhalten, um das Ansehen des Staates zu wahren. Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses Thema politisch instrumentalisiert wird. Ich gehörte zu den Kritikern der Vorgängerregierung. Diese können wir aber nicht für alles verantwortlich machen." Diese Äußerung hinderte zwei Mitglieder der Regierung aber nicht daran, während der Tagung mehrere Korruptionsfälle aus der Regierungszeit Ahmadinedschads zu erwähnen.

Oberstaatsanwalt Ebrahim Raisi kritisierte auf der Tagung die Bekanntgabe eines entdeckten Korruptionsfalls, bei dem es um die Unterschlagung von 12.000 Milliarden Tuman (rund 40 Milliarden Dollar) ging. "Die öffentliche Bekanntmachung solcher Fälle ist für das Land unerträglich", sagte Raisi.

Demgegenüber sagte Dschahangiri am Ende der Tagung: "Wir werden ohne Zögern alle Quellen der Korruption aufdecken und vernichten. Auf diesem Weg werden wir alle Warnungen und Unkenrufe ignorieren. Ich meine es ernst. Was wir begonnen haben, werden wir nicht aufgeben. Für uns gibt keine roten Linien."

Die anfangs zitierte Äußerung Rohanis über die Korruption als Folge der Machtkonzentration sorgte in Iran für kontroverse Diskussionen. Wen oder welche Institution habe Rohani warnen wollen, ist die Frage. Es gibt in Iran zwei Instanzen, auf die die Beschreibung passen würde: die Revolutionswächter (Pasdaran), die sowohl militärisch und politisch als auch wirtschaftlich eine dominante Stellung innehaben, und den Revolutionsführer, der mit nahezu grenzenlosen Befugnissen ausgestattet ist. Da es im Hinblick auf die bestehende Machtkonstellation kaum denkbar wäre, dass Rohani öffentlich den Revolutionsführer an den Pranger stellt, bleiben nur noch die Pasdaran, die in der Tat ein Machtmonopol besitzen und nachweislich auch gegen Korruption nicht gefeit sind. Diese meldeten sich nach Rohanis Äußerung dann auch zu Wort.

"Auf eine Anfrage sagte Rohani, er habe nicht die Pasdaran gemeint", sagte General Mohammad Ali Dschafari, Oberkommandierender der Pasdaran, vor Journalisten am 15. Dezember. Rohani habe nur theoretisch das Verhältnis von Macht und Korruption erläutern wollen.

Das Verhältnis zwischen den Pasdaran und der Regierung sei sehr gut und es basiere auf gegenseitigem Vertrauen. Die "Feinde des islamischen Staates und der Revolution", insbesondere jene, die sich im Ausland befinden, werde es nicht gelingen, "dieses gute Verhältnis, das seit dem (iranisch-irakischen) Krieg bestehet, zu zerstören".

Dschafari sagte in einem Interview zum Jahrestag der Gründung des Aufbaustützpunkts Khatam al-Anbia der Pasdaran, "dieser Stützpunkt betreibt keinen Handel, macht keine Werbung und ist auch nicht an Export-Import-Geschäften beteiligt".

Wahr ist jedoch, dass die Pasdaran seit Jahrzehnten in der Wirtschaft eine zunehmend größere Rolle spielen. Nahezu sämtliche staatlichen Großprojekte wie der Bau von Staudämmen, Straßen, Häfen und Flughäfen werden von ihnen durchgeführt. Zudem sind sie am Ölgeschäft stark beteiligt. Schließlich sind sie auf dem Schwarzmarkt, auf dem ein wichtiger Teil der iranischen Wirtschaft getätigt wird, aktiv. Damit bilden die Pasdaran das weitaus größte Unternehmen des Landes. Diese wirtschaftliche, militärische und auch politische Machtkonzentration lässt viele Menschen in Iran befürchten, dass die Islamische Republik sich früher oder später in eine Militärdiktatur verwandeln könnte.

Dschafari sagte, bei der Regierung Rohani habe es zu Anfang ihrer Amtszeit gewisse Unklarheiten über die wirtschaftlichen Aktivitäten der Pasdaran gegeben, die inzwischen jedoch beseitigt worden seien. Die Nachforschungen hätten gezeigt, wie wichtig die Rolle sei, die die Pasdaran in der iranischen Wirtschaft spielten. Zurzeit gebe es mehr als 4.000 Privatunternehmen, die mit dem Aufbaustützpunkt der Pasdaran zusammenarbeiten würden. Der Stützpunkt konkurriere nicht mit der Privatwirtschaft. Er übernehme als finanzkräftiges Unternehmen lediglich staatliche Großbauprojekte und vergebe dann Aufträge an die Privatwirtschaft.


STUDENTEN FORDERN FREILASSUNG VON MUSSAWI UND KARRUBI

Am Tag des Studenten, an dem Präsident Rohani an der medizinischen Fakultät der Teheraner Universität eine Rede hielt, skandierten die Studenten der Agentur Fars vom 7. Dezember zufolge: "Tausend Tage sind vorbei und Moussavi ist noch nicht frei." Und: "Unsere Forderung ist klar, Hausarrest muss aufgehoben werden."

Mir Hossein Mussavi, dessen Frau Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi, führende Politiker bei der Protestbewegung gegen den 2009 wiedergewählten Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, befinden sich seit mehr als tausend Tagen in Hausarrest. Bislang wurde weder ein Prozess gegen sie eröffnet noch ein Urteil über sie gefällt.

Bei der Übertragung der Rede Rohanis im staatlichen Fernsehen waren die protestierenden Studenten nicht zu hören. Offenbar waren die Stellen herausgeschnitten worden. Nur zum Schluss war ein Student zu hören, der sagte, "Herr Rohani, Sie hatten uns versprochen ..."

"Unser Weg ist der gleiche, den wir am Anfang unserer Regierung angekündigt haben. Wir brechen das Versprechen nicht, das wir euch gegeben haben", erwiderte Rohani auf die Parolen.

Das Thema wird aus Anlass des nahenden vierten Jahrestags der Verhaftung der drei Politiker in Iran heiß diskutiert. Der Abgeordnete Ali Mottahari sagte der Agentur "Ana", die Fortsetzung des Hausarrests sei juristisch nicht haltbar. Nur ein ordentliches Gericht könne über Schuld oder Unschuld der Politiker entscheiden. Demgegenüber sagte Justizchef Sadegh Laridschani: "Gegen die Führer der Verschwörung von 2009 werden wir keinen Prozess führen, denn sie wollen ihre eigene Sicht darstellen!" Ein Gericht sei kein Ort, an dem man beliebig Reden schwingen und agitieren könne.

Rohani vermied es, direkt auf die Forderung der Studenten nach Freilassung der Oppositionspolitiker einzugehen. Es war sein zweiter Auftritt am Tag des Studenten an der Universität. Im vergangenen Jahr gab es neben den Studenten, die die Freilassung der beiden Politiker forderten, auch Studenten, die deren Hinrichtung verlangten. Doch in diesem Jahr hörte man nur die Forderung nach Freilassung. Die Agenturen berichteten, dass die Studenten der Basidsch-Milizen der Versammlung ferngeblieben waren, weil man ihren Vertretern zu wenig Zeit für eine Stellungnahme eingeräumt hätte. Vizegesundheitsminister Mohammad Resa Dawudabadi sagte diesbezüglich der Agentur "Mehr", da nur eine beschränkte Zeit für Stellungnahmen zur Verfügung stand, hätten nur zwei bzw. drei Vertreter der fünf konservativen Studentenorganisationen einen Redebeitrag halten können, doch diese hätten für alle fünf Organisationen eine eigene Redezeit gefordert.

Mohammad Haidari, Vorsitzender der Basidschis, einer Organisation, die zu den Gegnern der Regierung Rohani gehört, sagte mit Blick auf die beschränkte Redezeit, dieser Tag sei ein "Tag der Regierung" gewesen, nicht ein "Tag des Studenten".

Die Agentur Fars berichtete, dass ein Auftritt des erzkonservativen Herausgebers der Tageszeitung Kayhan, Hossein Schariatmadari, an der Amir Kabir Universität abgesagt worden sei. Auch Veranstaltungen anderer Gegner der Regierung an den Universitäten in Ghom, Tabris, Arak und Isfahan fielen aus.

Rohani sagte bei seiner Rede, eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeige, dass Studenten und Lehrkräfte mit der Politik der Regierung einverstanden seien. Er kritisierte abermals, dass das Parlament durch ein Misstrauensvotum einen Wissenschaftsminister abgesetzt und drei Kandidaten der Regierung für diesen Posten abgelehnt habe. Sie alle hätten dieselbe Politik vertreten, sagte der Präsident. Auch der nun vom Parlament akzeptierte neue Wissenschaftsminister Farhadi vertrete diese Politik.


SALEHI: "MILITÄRISCHE AKTIVITÄTEN HABEN MIT DIPLOMATIE NICHTS ZU TUN"

General Ataollah Salehi, Kommandeur der iranischen Streitkräfte, sagte der konservativen Webseite Tasnim am 6. Dezember bei der Vorstellung einiger Projekte der iranischen Marine, militärische Aktivitäten hätten nichts mit den gegenwärtig laufenden Atomverhandlungen zu tun. "Ich wundere mich, dass man zwischen unserer Arbeit und den diplomatischen Verhandlungen über den Atomkonflikt einen Zusammenhang herzustellen versucht."

"Wir lassen uns auf internationaler Ebene nicht von unseren Feinden überlisten. Denn Feinde sind Feinde. Kein Feind möchte, dass wir mächtig werden und unsere Würde bewahren", sagte Salehi. "Die diplomatischen Aktivitäten haben keinen Einfluss auf unsere Aktivitäten und unsere militärischen Pläne."

Bereits in der Woche davor hatte General Mohammad Ali Dschafari, Oberkommandeur der Pasdaran (Revolutionsgarden) Außenminister Sarif kritisiert, der gesagt hatte: "Die diplomatischen Verhandlungen haben zu einer größeren Sicherheit der Islamischen Republik geführt. Niemand wagt es mehr, gegen uns die Kriegstrommel zu rühren."

"Unsere diplomatische Stärke gründet sich auf unserer islamischen Revolution und auf unseren militärischen und sicherheitspolitischen Fähigkeiten und nicht umgekehrt", erwiderte Dschafari. "Wir haben uns bereits vor Jahren zu einer Sicherheit spendenden Großmacht entwickelt und inzwischen unsere Machtinstrumente erstaunlich gut ausgebaut." Weiter sagte Dschafari: "Die Amerikaner befinden sich zurzeit strategisch in einer Sackgasse. Sie haben alle Wege gegen die Islamische Republik getestet und sind gescheitert. Mehr haben sie jetzt nicht zu bieten. Es bleibt ihnen nichts anders übrig, als die Großmacht Iran zu akzeptieren." Die iranischen Diplomaten sollten sich nicht verrechnen. Sie sollten wissen, dass es die Errungenschaften der islamischen Revolution und das Blut tausender Märtyrer sind, die uns die Kraft zum Widerstand geben. Auch sie sollten sich auf diese Kraft stützen."

Abweichend hiervon, erklärte Mohammad Hosseini, Berater des Außenministers, die Äußerung Sarifs stimme mit den vom Revolutionsführer festgelegten politischen Richtlinien vollständig überein und negiere keineswegs die militärischen und sicherheitspolitischen Fortschritte des Landes.

Auch im vergangenen Jahre hatte eine Äußerung Sarifs an der Teheraner Universität zu heftigen Protesten der Konservativen, vor allem der Militärs, geführt. Sarif sagte damals: "Die Staaten des Westens fürchten sich nicht vor ein paar Panzern und Raketen, die wir haben. Sie fürchten sich vor unserem Volk. Haben Sie einmal überlegt, dass die USA, die mit einer einzigen Bombe unser ganzes Militärsystem lahmlegen könnten, keine Furcht vor unserem Militär zu haben brauchen?"


SIEBEN PROZENT DER IRANER LEBEN IM AUSLAND

Der Sekretär des für die im Ausland lebenden iranischen Staatsbürger zuständigen Rates, Dschawad Ghawam Schahidi, sagte der Presse in Teheran: "Fünf bis sechs Millionen Iraner leben im Ausland. Das sind sieben Prozent der Gesamtbevölkerung." Die Regierung Rohani sei dabei, sich um die Angelegenheiten der im Ausland lebenden Iraner zu kümmern, um einen genauen Überblick über die Migration sowie über das vorhandene Kapital der iranischen Landsleute zu bekommen.

Das wissenschaftliche und wirtschaftliche Niveau eines Großteils der Iraner im Ausland sei hoch, sagte Schahidi. Er appellierte an die Politik, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die fehlende Strategie in Bezug auf die im Ausland lebenden Iraner bilde eine Lücke in der iranischen Wirtschaft sowie in der Diskussion über die nationale Identität, sagte er.

Seit zwei Jahrzehnten bemühen sich iranische Regierungen, die Iraner im Ausland zu Investitionen in der Heimat zu bewegen. Zuletzt versuchte Parlamentspräsident Ali Laridschani bei seinem Besuch in Genf Anfang Dezember, das Interesse der dort lebenden Iraner für wirtschaftliche Aktivitäten in Iran zu wecken. Alle Bereiche der Industrie seien bereit für die Aufnahme von Investitionen. Auch die Gesetze und Bestimmungen zur Erleichterung von Investitionen seien bereits verabschiedet, sagte Laridschani.

Vor zwei Jahren hatte das Einwohnermeldeamt die Zahl der im Ausland lebenden Iraner mit 3,5 Millionen angegeben.


MÜTZEN GELTEN NICHT ALS KOPFBEDECKUNG

Der Leiter der iranischen Sittenpolizei, Oberst Mohammad Masud Sahedian, sagte am 7. Dezember der Presse, "Mützen gelten nicht als Ersatz für die vorgeschriebene islamische Kopfbedeckung." Ferner werde die Sittenpolizei alle Frauen, die kurze, enge und bunte Mäntel oder bunte Strumpfhosen tragen, die nicht der iranischen Kultur entsprechen, zur Rechenschaft ziehen.

Das Tragen von Strumpfhosen hatte bereits zuvor bei Konservativen Proteste hervorgerufen, woraufhin der Minister für Kultur und islamische Führung ins Parlament einbestellt wurde.

Es genüge nicht, wenn der Körper bedeckt sei, sagte Sahedian. "Kleider können auffallend sein und der Selbstdarstellung dienen. Damit verletzen sie die allgemeine Moral." Über etwaige Kleidungsvorschriften für Männer sagte Sahedian nichts. Frauen, die die Vorschriften missachten, würden zur Korrektur ihrer Kleidung zu bestimmten Orten gebracht.

Es ist nicht nur der Sommer, der jedes Jahr die Sittenpolizei gegen Frauen auf den Plan ruft, weil Frauen in dieser Jahreszeit versuchen, durch leichtere Kleidung die Hitze erträglicher zu machen. Auch im Winter müssen die Frauen Kontrollen über sich ergehen lassen. Schon das Tragen von hohen Stiefeln ist unerwünscht.


FREITAGSPREDIGER FORDERT DEPORTATION DER BAHAIS AUS RAFSANDSCHAN

Der Freitagsprediger von Rafsandschan, Abbas Ramesani, sagte der Agentur Fars vom 4. Dezember zufolge, die Anhänger der Bahai-Glaubensgemeinschaft seien "unrein" und müssten die Stadt verlassen.

Es gäbe auch Juden in der Stadt, die ihren Geschäften nachgehen. Es gäbe zwischen ihnen und den Bahais jedoch einen großen Unterschied.

Presseberichten zufolge hatten die Bahais in Rafsandschan wenige Tage zuvor in Gedenken an zwei ihrer Führer ihre Läden geschlossen, was zu Protestversammlungen ihrer Gegner geführte.

Die Bahais, eine Abzweigung des islamischen Glaubens, werden seit Gründung ihrer Religion im 19. Jahrhundert verfolgt und unterdrückt, weil sie aus der Sicht der islamischen Schriftgelehrten als Abtrünnige gelten. Darauf hat auch der UN-Menschenrechtsbeauftragte Ahmad Shahid in seinen Berichten zur Lage der Menschenrechte in Iran hingewiesen. In seinem letzten Bericht bestätigt er die verschärfte Unterdrückung und Diskriminierungen der Bahais. So würden Bahais u.a. nicht zum Studium zugelassen. Auch ihre Chancen zur Berufsausübung sei stark eingeschränkt. Viele Bahais seien in den letzten Jahren verhaftet worden. Viele Geschäfte von Bahais würden geplündert. Zurzeit befindet sich die siebenköpfige Führung der Bahai-Gemeinde in Iran im Gefängnis.


SÄUREANSCHLAG AUF KRANKENHAUSLEITER

Wie die Polizei am 30. November der Presse mitteilte, wurde der Direktor des Farabi-Krankenhauses in Teheran, Siamand Anwari, am späten Abend auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz nach Hause von zwei Motorradfahrern angegriffen und mit Säure bespritzt. Den Angabe der Polizei zufolge sollen dabei seine Augen lädiert worden sein. Anwari sei zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht worden, hieß es.

Am 1. Dezember gab der Teheraner Polizeichef Hossein Sadschedi der Agentur ISNA zufolge bekannt, dass zwei Täter in Zusammenhang mit der Säureattacke festgenommen worden seien. Diese hätten die Tat gestanden und sie mit beruflichen Problemen begründet. Bei den beiden handele es sich um einen Arzt und einen Medizinstudenten.

Nach Mitteilung des Krankenhauses befindet sich Anwari in einem "guten Zustand". Das rechte Auge sei "nahezu unversehrt", das linke Auge weise Brandstellen auf, die behandelt würden.

Anwari selbst berichtete, er habe kurz vor seiner Wohnung angehalten, um etwas einzukaufen. Da habe er gemerkt, dass zwei Motorradfahrer sich seinem Fahrzeug nähern. Beim Aussteigen hätten die beiden ihn angegriffen.

Im Oktober waren in der Stadt Isfahan mehrere Essigsäureanschläge verübt worden. Ob zwischen diesen Attacken und dem Anschlag in Teheran eine Verbindung besteht, ist ungewiss.

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KULTUR

• Sämtliche Internetnutzer sollen identifiziert werden
• Reporter der Washington Post angeklagt
• Schriftstellerverband würdigt "Tag des Kampfes gegen die Zensur"
• Neue Reformzeitung erschienen


SÄMTLICHE INTERNETNUTZER SOLLEN IDENTIFIZIERT WERDEN

Der Minister für Telekommunikation, Mahmud Waesi, sagte am 6. Dezember der Presse, sein Ministerium habe einen Plan ausgearbeitet, dessen Einsatz dazu führen werde, dass niemand mehr das Internet anonym nutzen könne. "Wer künftig das Internet nutzen will, wird identifiziert", sagte er laut ISNA. "Wir werden die Identität eines jeden Webusers kennen."

Viele Webnutzer in Iran verwenden Methoden, mit denen sie die Filterungen umgehen können. Dies führt dazu, dass ihre Identität und ihr Computer unerkannt bleiben.

"Durch den neuen Plan wird jeder User ein besonders Kennzeichen und eine Identität erhalten, genauso wie jeder Telefon- oder Mobilfunkbesitzer eine Nummer erhält", sagte Waesi. Ziel des neuen Plans sei es, "unerlaubte Nutzung und Betrug" zu verhindern. "Wir haben keineswegs die Absicht, in die Privatsphäre der Menschen einzudringen. Uns geht es nur darum, Betrug zu verhindern", sagte der Minister.

An 27. Dezember sagte Waesi vor der Presse, die Regierung habe beschlossen, bisher noch nicht gefilterte Internetseiten auch in Zukunft nicht zu filtern. Aber er fügte hinzu, dies bedeute jedoch nicht, dass bereits gefilterte soziale Netzwerke wie Facebook oder YouTube freigegeben würden. Dafür sei die Internetpolizei zuständig.

Künftig würden die Bürger zu den meisten Internetseiten Zugang haben. Nur Seiten mit "strafbarem Inhalt" würden gefiltert werden.

Zu den Störmanövern gegen Satellitensendungen sagte Waesi, darüber sei ein ausgefertigter Bericht an Präsident Rohani geschickt worden. Er werde die erforderlichen Entscheidungen treffen. In einigen Bezirken seien die Störwellen stärker als der Standard. Dort werde man den Einsatz von entsprechenden Geräten untersagen. Allerdings seien die Strahlen im Allgemeinen nicht schädlich und die Bürger sollten sich darüber keine Sorgen machen.

In Iran beschweren sich viele Bürgerinnen und Bürger über die gesundheitsschädigenden Strahlen und fordern deren Einstellung.


REPORTER DER WASHINGTON POST ANGEKLAGT

Der Journalist Jason Rezaian, ein gebürtiger Iraner mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, der seit einigen Jahren für die Washington Post aus Teheran berichtet und seit Juli wegen Spionage-Verdachts in Untersuchungshaft sitzt, soll nun vor Gericht gestellt werden. Weswegen er konkret angeklagt wird, ist bislang nicht bekannt.

Rezaian war mit seiner Frau Yeganeh Salehi, die für die arabische Zeitung "The National" arbeitet, verhaftet worden. Sie wurde im Oktober gegen Kaution freigelassen.

US-Außenminister John Kerry zeigte sich "zutiefst enttäuscht" über die jüngste Entwicklung sowie darüber, dass der zuständige Richter ein Gesuch der Washington Post, Jason gegen eine Kaution freizulassen, abgelehnt habe.

Kerry kritisierte, dass der Gefangene Rezaian keine Möglichkeit hatte, sich einen Anwalt zu nehmen. Auch die Bitte, mithilfe der Schweiz, die die amerikanischen Interessen in Iran vertritt, konsularischen Zugang zu dem Gefangenen zu bekommen, sei abgelehnt worden, sagte Kerry. "Jason stellte keine Gefahr für die iranische Regierung oder die Sicherheit Irans dar." Kerry forderte die iranische Justiz laut dpa vom 7. Dezember auf, alle Anklagen gegen Rezaian fallen zu lassen und ihn umgehend frei zu lassen.


SCHRIFTSTELLERVERBAND WÜRDIGT "TAG DES KAMPFES GEGEN DIE ZENSUR"

Der Verband Iranischer Schriftsteller hat in einer Erklärung zum "Tag des Kampfes gegen die Zensur" am 3. Dezember die Aufhebung jeglicher Einschränkung der freien Meinungsäußerung gefordert. Genau mit derselben Intention hatte der Verband vor Jahren den 3. Dezember zum Tag des Kampfes gegen die Zensur ausgerufen.

Es sei höchst bedauerlich, dass der Verband seitdem jedes Jahr in seiner Erklärung auf das Fortbestehen der Zensur hinweisen müsse, heißt es in der Erklärung. "Auch im vergangenen Jahr waren wir, trotz Versprechen der neuen Regierung, Zeuge der Unterdrückung auf allen Ebenen durch die Zensur von Büchern, Kunst, Presse und des Internets. Immer noch bedarf die Veröffentlichung von Büchern der 'Genehmigung' der Zensurbehörde." Dies habe dazu geführt, dass die Bücher einiger Schriftsteller, die im Inland keine Genehmigung erhielten, im Ausland übersetzt und veröffentlicht worden seien.

"Dieselbe Zensur wird in anderer Form gegen die Kunst und die Literatur ausgeübt." Die Nutzer des Internets sowie die Blogger seien den Aggressionen der Behörden ausgesetzt. Es gäbe Festnahmen und Haft. Nach wie vor würden Internetseiten und soziale Netzwerke gefiltert. Die Regierung plane weitere Verschärfungen der Zensur. Die Nutzung des Internets solle zunehmend erschwert werden. Zahlreiche Journalisten seien zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Der Beruf des Journalisten sei mit immer größeren Gefahren und Risiken verbunden. Das jüngste Beispiel sei die Festnahme eines Foto-Reporters und eines Redakteurs einer Agentur wegen eines Berichts über die sich häufenden Säureanschläge gegen unschuldige Personen.

Das Störmanöver gegen Satellitensendungen missachte nicht nur das Recht der Bürgerinnen und Bürger, zu sehen, was sie mögen, es gefährde darüber hinaus auch ihre Gesundheit.

Die staatliche Zensur habe große Schäden in der iranischen Kunst und Literatur angerichtet. Sie habe die Schöpfungskraft gelähmt oder vernichtet und Begabungen nutzlos gemacht. Auch dem Volk wurde damit die Teilhabe an Kunst und Literatur, wie sie einer modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts würdig sei, vorenthalten.

Die rasche Entwicklung der Technologie und der Kommunikationsmittel hätten neue Wege zur Darstellungen von Ideen und Gedanken geebnet und damit viele Methoden der Zensur unbrauchbar gemacht. Dennoch werde das öffentliche Leben weiterhin von der Zensur beherrscht.

Der Verband der Schriftsteller betont in der Erklärung, dass er die uneingeschränkte Freiheit der Meinungsäußerung als ein verbrieftes Recht eines jeden Bürgers betrachtet und die Aufhebung jeglicher Zensur fordert. Der Verband hoffe, dass der Tag des Kampfes gegen die Zensur dazu beitrage, über die Methoden der Zensur aufzuklären, und alle Menschen, die das Recht der freien Meinungsäußerung akzeptierten, dazu veranlassen werde, gegen diese Form der Bevormundung zu protestieren. Das sei der Sinn dieses Tages, der dafür genutzt werden solle, in allen Medien eine Diskussion über die Zensur zu führen.


NEUE REFORMZEITUNG ERSCHIENEN

Am 27. Dezember kam die neue Zeitung "Mardom-e Emruz" (Die Leute von heute) auf den Markt. Nach eigenen Angaben hat die Zeitung das Ziel, die Wahrheit über Iran zu verbreiten. Geschäftsführer Ahmad Sattari sagte der Agentur ISNA zufolge, der Redaktion gehe es um die tatsächlichen Zustände in Iran, "egal ob die Wahrheit süß ist oder bitter".

Chefredakteur der neuen Zeitung ist Mohammad Ghutschani, der diese Position bereits bei anderen Reformzeitungen wie z.B. Schargh innehatte. Die Zeitung werde sich für die "Interessen des Landes" engagieren und trete für Reformen ein, sagte Ghutschani.

Bereits seit Jahren haben unabhängige, liberale, reformorientierte Zeitungen in der Islamischen Republik einen schweren Stand. Sie sind permanent von der Gefahr bedroht, verboten zu werden. Die neue Regierung Rohani betont seit ihrem Amtsantritt, sie trete für die Freiheit der Presse ein. Aber sie hat keine Macht über die Justiz, die von Konservativen beherrscht wird. So wurden im vergangenen Jahr mehrere Reformzeitungen verboten und Journalisten mit Gefängnisstrafen belegt.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Sinkender Ölpreis verschärft Irans Wirtschaftskrise
• Weniger abhängig vom Öl
• Iran wirbt um ausländische Investitionen
• Israel muss an Iran Entschädigung zahlen
• FBI warnt vor iranischen Hackerangriffen
• Versammlung von Krankenpflegern vor Präsidenten-Amtssitz
• Verseuchtes Wasser in Teheran
• Importe aus Deutschland um 38 Prozent angestiegen


ATOMKONFLIKT

Die Verlängerung der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm rief in Iran kontroverse Diskussionen hervor. Für die Gegner der Regierung war das vorläufige Scheitern ein willkommener Anlass, um der Regierung Unfähigkeit vorzuwerfen. Da die Auseinandersetzung über Sinn und Zweck der Verhandlungen mit dem Westen zu eskalieren droht, sah sich Revolutionsführer Ali Chamenei dazu genötigt, einzuschreiten. Sein außenpolitischer Berater, Ali Akbar Welayati, sagte am 1. Dezember, da der Revolutionsführer der Fortsetzung der Verhandlungen zugestimmt habe, müsse die Diskussion darüber beendet werden. "Unsere Verhandlungsführer haben stets auf die vom Revolutionsführer festgelegten roten Linien geachtet und mutig verhandelt. Ihnen gebührt Anerkennung und Lob." Daher gebe es keinen Grund zur Kritik.

Am 7. Dezember forderte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einer Nahost-Konferenz in Washington abermals, mehr Druck auf Iran auszuüben. Er begrüßte es, dass es nicht zu einer Einigung im Atomkonflikt gekommen sei. Israel habe mit seiner Stimme und seinen Sorgen dazu beigetragen, dass es keine schlechte Einigung gegeben habe, sagte er. "Jetzt müssen wir die zur Verfügung stehende Zeit nutzen, um den Druck auf Iran zu erhöhen."

Nach ihm sprach US-Außenminister John Kerry. Er machte klar, dass die US-Regierung eine von der israelischen Position abweichende Meinung vertrete. "Auch wenn wir von Zeit zu Zeit bei den taktischen Ansätzen nicht einer Meinung sind, so gibt es doch, wenn es um das strategische Kernziel - keine Atomwaffen - geht, keinen Zentimeter Tageslicht, der zwischen die USA und den Staat Israel passt", sagte Kerry.

Iran habe neue Vorschläge zu einer langfristigen Vereinbarung vorgelegt und er hoffe, dass man bis März zu einem dauerhaften Vertrag kommen werde, sagte Kerry weiter. "Wir haben nicht vor, die Verhandlungen ewig fortzusetzen. Sollten reale Fortschritte ausbleiben, werden die Verhandlungen beendet." Eine Einigung mit Iran würde die Welt, also auch Israel, sicherer machen.

Konservative in Iran, die ohnehin mit den Verhandlungen nicht zufrieden sind, erklärten, sie würden keine weitere Verlängerung mehr akzeptieren. Der Abgeordnete Esmail Kosari, Mitglied des außenpolitischen Ausschusses, sagte der Agentur "Mehr" am 8. Dezember, sollte die siebenmonatige Verlängerung nicht zum Erfolg führen, müssten die Verhandlungen beendet werden. Er warnte die Regierung Rohani "alle Eier in den Korb der Gegner zu legen".

Einer Meldung der AP vom 10. Dezember zufolge, soll Iran seine Käufe für den im Bau befindlichen Schwerwasserreaktor in Arak ausgeweitet habe. Der Bericht stützt sich auf zwei nicht genannte UN-Diplomaten, deren Aussagen zufolge eine nicht näher genannte Nation das Sanktionskomitee des Weltsicherheitsrates über die Käufe informiert habe. Die Käufe waren offenbar für den Reaktor bestimmt, über den bei den Verhandlungen von Anbeginn an gestritten wurde und immer noch keine Einigung erzielt werden konnte.

Iran bezeichnete die Sorge des Westens über diese Käufe als unbegründet. Solche Käufe widersprächen nicht den Genfer Vereinbarungen, sagte der Sprecher der Atomenergieorganisation, Behrus Kamalwandi, am 9. Dezember.

In Iran häufen sich die Stimmen, die sich skeptisch über eine mögliche Einigung im Atomkonflikt äußern. Am 17. Dezember erklärte der Vizeoberkommandierende der iranischen Streitkräfte, General Masud Dschasajari, man solle nicht allzu große Hoffnungen in die Verhandlungen setzen.

Demgegenüber äußerte sich Irans Vizeaußenminister und Chefunterhändler Abbas Araghtschi über das erste Treffen seit der Verlängerung der Verhandlungen am 16. Dezember in Genf zufrieden. "Wir haben intensive und nützliche Gespräche" geführt, sagte er. Die nächste Verhandlungsrunde soll seinen Angaben zufolge im Januar stattfinden.

Anders als bei seinem Vize war aus den Äußerungen des Außenministers die Sorge über ein mögliches Scheitern der Verhandlungen zu vernehmen. Er habe in einem Schreiben an seine Amtskollegen betont, dass "die starke Neigung zu Sanktionen" ein Hemmnis für den erfolgreichen Fortgang der Verhandlungen darstellen würde, so Sarif. In dem Schreiben äußerte Sarif sein Bedauern darüber, dass Amerikaner und Europäer bestrebt seien, das Sanktionsregime zu verschärfen. Um eine Einigung zu erzielen, "dürfen die geforderten Einschränkungen nicht soweit gehen, dass sie das iranische Atomprogramm zu einem bloßen Schauprojekt herunterschrauben. Das ist weder realistisch noch möglich", sagte Sarif. Er sei davon überzeugt, dass eine Einigung erreichbar sei. Dazu habe Iran praktische und realistische Vorschläge vorgelegt. An welche Kollegen bzw. welche Länder das Schreiben geschickt wurde, ist nicht bekannt.

Neben den Einschränkungen, die der Westen fordert, geht es bei den Verhandlungen auch um die von Iran geforderte Aufhebung der Sanktionen. Dazu sagte Sarif am 30. Dezember vor dem Ausschuss für Nationale Sicherheit und Außenpolitik, Iran verlange die vollständige Aufhebung der Sanktionen. Sein Land werde "vernünftige" Forderungen des Westens akzeptieren, andere aber, unabhängig von den Folgen, ablehnen. Laut Sarif sollen die nächsten Verhandlungen am 15. Januar auf Außenministerebne stattfinden. Den Ort des Treffens nannte er nicht.

Am 30. Dezember warnte Russland die USA, die Sanktionen gegen Moskau könnten die Zusammenarbeit der beiden Staaten wie zum Beispiel die beim iranischen Atomkonflikt belasten. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums sagte, die neuen Sanktionen der USA gegen einige russische Staatsbürger würden nicht ohne Antwort bleiben. "Diese Sanktionen stellen die internationale Zusammenarbeit der beiden Staaten wie beim iranischen Atomkonflikt infrage. Welche konkreten Auswirkungen die Sanktionen haben könnten, sagte der Sprecher nicht.


SINKENDER ÖLPREIS VERSCHÄRFT IRANS WIRTSCHAFTSKRISE

Der drastische Verfall des Ölpreises sorgte schon Anfang Dezember für Turbulenzen in der iranischen Wirtschaft. Der Ölpreis sank auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren. Aus Angst vor weiterem Verfall tauschten viele Iraner ihr Geld gegen ausländische Währungen. Der Kurs zum Dollar fiel am 30. November um 21.00 Uhr auf 35.600 Rial und erreichte damit der Agentur ISNA zufolge den niedrigsten Stand seit einem Jahr. Wirtschaftsminister Ali Tayyeb-Nia sprach von einem "wahnsinnigen Verhalten".

Der Preisverfall erfolgte nach einer Sitzung des OPEC-Kartells am 27. November, auf der die Mitgliedstaaten sich nicht auf eine Förderreduzierung einigen konnten. Der Ölpreis sank um 35 Prozent und erreichte damit den Stand vom Mai 2010. Für diese Entwicklung ist in erster Linie Saudi-Arabien verantwortlich, das sich weigerte, die Förderung zu drosseln.

Die Frage ist, was Riad zu dieser Haltung bewogen hat, wohlwissend, dass damit die OPEC geschwächt wird und dies langfristig auch dem eigenen Staat schaden kann. Die Führung in Riad scheint solche Überlegungen zu ignorieren und nur kurzfristige Ziele zu berücksichtigen.

Eigentlich hätte die OPEC, nachdem die USA in den letzten Monaten ihre Ölförderung erhöht hatten, die eigene Ölfördermenge reduzieren müssen, um die Weltmarktpreise stabil zu halten. Doch Riad beschritt genau den umgekehrten Weg. Aus welchem Grund?

Saudi-Arabien fühlt sich seit geraumer Zeit sowohl von den befreundeten Staaten im Westen als auch innerhalb der Region vernachlässigt. Zudem befinden sich Iran und Saudi-Arabien nach Meinung politischer Beobachter in einem Kalten Krieg. Aus Sicht der Saudis wirkt sich alles, was Iran zum Vorteil gereicht, zu ihrem Nachteil aus. Sie werfen den USA vor, Iran im Atomkonflikt nachgegeben und damit dem Land aus der Isolierung herausgeholfen zu haben. Dazu gehöre u.a. das Zugeständnis an Iran, Uran im eigenen Land anreichern zu dürfen.

Mit Argwohn stellt Riad fest, dass auch die Europäer sich Iran annähern und eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Land anstreben. Iran werde allmählich als regionale Großmacht akzeptiert, sein Einfluss in der Region nehme immer weiter zu.

Die einzige Schwachstelle Irans ist aus Sicht der Saudis die Wirtschaft, die weitgehend vom Öl- und Gasexport abhängig ist. Rund sechzig Prozent der iranischen Wirtschaft lebt von Einnahmen aus dem Ölexport. Zudem muss Iran für sein Engagement im Ausland, insbesondere im Irak und Syrien, jeden Monat Millionen Dollar ausgeben, Ausgaben, die nur durch Einnahmen aus dem Ölgeschäft gedeckt werden können. Schließlich befindet sich Iran in einer Wirtschaftskrise, die, wie die iranische Führung befürchtet, zu sozialen Unruhen führen könnte. In Anbetracht dieser Umstände war es nicht verwunderlich, dass Iran bereits im November eine Förderreduzierung des Öls vorschlug. Die Saudis lehnten jedoch ab. Sie waren sich dessen bewusst, dass sie damit nicht nur Iran, sondern auch den anderen Verbündeten Syriens, nämlich Russland, empfindlich treffen würden.

Doch wie lange können die Saudis diese Waffe einsetzten? Sollte der Ölpreis in den nächsten Monaten weiter sinken, wären sie gezwungen ihre Strategie zu ändern. Allerdings verfügen die Saudis über 741 Milliarden Dollar an Reserven. Ende des vergangenen Jahres konnten sie einen Überschuss von 15 Milliarden Dollar verbuchen. Damit könnten sie theoretisch längere Zeit überleben. Ausgaben für Waffen haben sie bereits in den vergangenen Jahren getätigt, sodass sie ihren Militäretat drastisch kürzen könnten.

Bei einem Treffen mit dem irakischen Parlamentspräsidenten in Teheran am 16. Dezember beklagte sich Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif über den Mangel an Kooperationsbereitschaft einiger Staaten in der Region. Er vermied es, bestimmte Staaten beim Namen zu nennen. Doch es war klar, dass er in erster Linie Saudi-Arabien meinte.

Der Preisverfall des Öls machte sich auch im Haushaltsplan, den die Regierung am 7. November dem Parlament vorlegte, bemerkbar. Im letzten Haushaltsplan wurde auf der Einnahmeseite der Ölpreis mit 100 Dollar pro Barrel angegeben, während im neuen Plan im günstigsten Fall mit 70 Dollar pro Barrel gerechnet werden kann. Das bedeutet, dass die Staatseinnahmen um 25 Milliarden Dollar sinken werden. Zudem ist wegen der bestehenden Sanktionen nicht sicher, ob Iran selbst auf die tatsächlichen Einnahmen Zugriff haben wird. Die vor zwei Jahren beschlossenen Boykottmaßnahmen der EU gegen den iranischen Ölexport hatten die Ölausfuhren Irans von mehr als zwei Millionen Barrel pro Tag auf weniger als eine Million Barrel reduziert. Auf der anderen Seite hatten Strafmaßnahmen gegen iranische Banken den Devisentransfer aus und nach Iran erheblich erschwert.

2011 lagen die iranischen Öleinnahmen bei 119 Milliarden Dollar. Ein Jahr später fielen sie auf 68 Milliarden Dollar. Das war ein schwerer Schock für die iranische Wirtschaft, die entsprechend ein Negativwachstum von sechs Prozent aufwies. Für das kommende Jahr würden die Einnahmen bei einem Ölpreis von 70 Dollar pro Barrel bei 26 Milliarden Dollar liegen. Für die Regierung Rohani, die eine rasche Überwindung der Wirtschaftskrise versprochen hat, gleicht diese Entwicklung einem Albtraum.


WENIGER ABHÄNGIG VOM ÖL

Die Konsequenz, die die iranische Regierung aus der gegenwärtigen Lage zu ziehen versucht, ist die Verringerung der Abhängigkeit vom Öl. So betonte Präsident Hassan Rohani bei der Vorstellung des neuen Haushaltsplans im Parlament, der Plan stütze sich statt bisher zu 50 Prozent, nur noch zu 33 Prozent auf Öleinnahmen. In Übereinstimmung mit dieser Zielsetzung habe bereits der Export von Produkten, die vom Öl unabhängig seien, im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 19,7 Prozent zugenommen und liege nun bei einem Wert von 31,5 Milliarden Dollar. "Wir hoffen diesen Trend fortzusetzen und einen Wert von 50 Milliarden erreichen zu können", sagte der Präsident.

Der neue Haushaltsplan solle auch zu einer besseren Kontrolle der Inflation führen, sagte Rohani. Die Reduzierung der Geldmenge werde die Inflation senken. Bereits im vergangenen Sommer habe die iranische Wirtschaft ein positives Wachstum erreicht. "Uns bleibt kein anderer Weg, als das Wachstum der Wirtschaft zu forcieren." Denn die bisherigen Ergebnisse seien noch nicht zufriedenstellend.


IRAN WIRBT UM AUSLÄNDISCHE INVESTITIONEN

Der stellvertretende Leiter der Planungsabteilung der iranischen Ölgesellschaft, Moschlaghali Gohari, sagte am 8. Dezember dem "Informationsnetz für Öl und Energie", Schana, das vom iranischen Ölministerium betrieben wird, Iran werde mehr als vierzig Aufbauprojekte im Wert von 40 Milliarden Dollar in London präsentieren. Diesen Projekten lägen neue Vertragsmodelle zugrunde. Einige Projekte betreffen den weiteren Ausbau der Ölfelder von Pars Süd, andere sollen zur Ausbeutung neuer Felder dienen.

Irans Ölindustrie ist auf weitreichende Investitionen und Technologietransfer angewiesen, was aufgrund der bestehenden Sanktionen in den vergangenen Jahren allerdings nicht möglich war. Nun hofft Iran durch Verhandlungen im Atomkonflikt, zumindest eine Teilaufhebung der Sanktionen zu erreichen und damit den Weg für neue Investitionen ebnen zu können.

Den Angaben des Ölministeriums zufolge soll die Präsentation in London Ende des auslaufenden Jahres oder zu Beginn des neuen Jahres erfolgen. Die Präsentation war ursprünglich für den Herbst, vor dem erhofften Abschluss der Atomverhandlungen geplant. Doch nachdem sich eine Verlängerung der Verhandlungen abzeichnete, wurde die Präsentation verschoben.

Die neuen Verträge sollen nach Angaben des Ölministeriums weit günstiger sein als die bisherigen. Demnach sollen die bisher für die verschiedenen Etappen der Ölförderung, Bohrungen und Produktion getrennt vergebenen Projekte in Zukunft als ein Projekt vergeben werden.


ISRAEL MUSS AN IRAN ENTSCHÄDIGUNG ZAHLEN

Ein Gericht in der Schweiz hat Israel verpflichtet, aufgrund des iranischen Anteils an einem gemeinsamen Unternehmen, dem Land eine Entschädigung in Millionen-Höhe zu zahlen. Das Urteil wurde nach mehr als zwanzig Jahren Streit zwischen beiden Ländern ausgesprochen. Bei dem Unternehmen handelte es sich um die Eilat Ashkelon Pipeline Company, die den Plan verfolgte, eine Ölpipeline vom Roten Meer zum Mittelmeer zu bauen. Es wird vermutet, dass Israel gegen das Urteil Berufung einlegen wird.

Die Jewish Business News schrieb am 11. Dezember, im Falle eines endgültigen Urteils könnte Israel zur Zahlung von bis zu 50 Millionen Dollar an Iran verpflichtet werden. Die Zeitung Haaretz schätzt sogar, dass die Entschädigung zwischen 50 und 100 Millionen Dollar liegen werde.

Haaretz schrieb weiter, das Gerichtsurteil sei bereits vor einem Jahr gefällt, aber nie der Öffentlichkeit mitgeteilt worden. Israel sei von Anbeginn an dagegen gewesen, dass der Streit von einem Gericht behandelt wird, habe jedoch am Ende zustimmen müssen.

Die Eilat Ashkelon Pipeline Company war eine iranisch-israelische Gesellschaft, die 1968 gegründet wurde. Das Projekt sollte den Export iranischen Öls nach Europa erleichtern. Damals war der Suez-Kanal wegen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Ägypten geschlossen. Eine Pipeline zwischen Eilat im Norden des Roten Meeres zum israelischen Hafen Ashkelon am Mittelmeer bot eine günstige Alternative für den iranischen Öl-Export nach Europa.

Zurzeit der iranischen Revolution (1979) befanden sich rund 800.000 Tonnen iranischen Rohöls in der Pipeline und den dazugehörigen Reservelagern, deren damaliger Wert nach Angabe von Haarez bei 120 Millionen Dollar lag. Die Hälfte davon gehörte Iran. Doch die neu gegründete Islamische Republik kümmerte sich bis Mitte 1980 nicht darum. In den Jahren danach wurden die Forderungen Irans von Israel abgewiesen. Schließlich wandte sich Iran an die Gerichte in Genf und Paris.

Laut Vertrag sollen sich im Falle eines Streits zwischen den Teilhaberstaaten zunächst Mitglieder des Obersten Gerichtshofs Irans und Israels um eine Einigung bemühen. Im Fall des Scheiterns soll die Internationale Handelskammer eine gerichtliche Instanz benennen, die von beiden Teilhaberstaaten akzeptiert werden muss.

Haarez zufolge hatte Israel, nachdem Iran eine Klage eingereicht hatte, vorgeschlagen, ein Mitglied des Obersten Gerichtshofs zur Verhandlung nach Teheran zu schicken. Doch Iran lehnte den Vorschlag mit Blick auf die neu entbrannte Feindschaft zwischen den beiden Staaten ab. Im Gegenzug lehnte Israel Irans Vorschlag ab, die Verhandlungen in einem dritten Staat zu führen. Schließlich konnte Iran durch ein Gerichtsurteil in Paris erreichen, dass beide Staaten den Fall vor einem Gericht in Genf behandeln lassen.


FBI WARNT VOR IRANISCHEN HACKERANGRIFFEN

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 13. Dezember zufolge hat das FBI Rüstungsunternehmen, Energieeinrichtungen sowie Lehreinrichtungen vor möglichen Hackerangriffen aus Iran gewarnt. Die Agentur beruft sich auf vertrauliche Dokumente, die sie einsehen konnte.

Bereits Anfang Dezember hatte die US-Firma für Internetsicherheit, Cylance, vor breit angelegte Hackerangriffe aus Iran gewarnt. Iranische Angriffe hätten 50 Opfer in 16 Ländern betroffen, darunter Personen in den USA und in Deutschland, hieß es in einer Studie. Cylance-Chef Stuart McClure meinte der Agentur gegenüber, die von FBI ausgesprochene Warnung könne ein Hinweis darauf sein, dass das Ausmaß der vermuteten Angriffe noch größer sei als die, die die Recherchen von Cylance ergeben hätten.


VERSAMMLUNG VON KRANKENPFLEGERN VOR PRÄSIDENTEN-AMTSSITZ

Rund 700 Krankenpfleger aus staatlichen und privaten Krankenhäusern haben sich am 14. Dezember aus Protest gegen das Missverhältnis zwischen den Einkommen von Ärzten und denen von Krankenpflegern sowie die Inaktivität der Regierung, die Höhe der Gehälter von Pflegern festzulegen, vor dem Amtssitz des Präsidenten in Teheran versammelt. Ähnliche Protestversammlungen gab es auch in anderen Städten.

Die Demonstranten machten zudem auf den Personalmangel in den Krankenhäusern aufmerksam. Der Geschäftsführer des "Hauses der Pfleger", Mohammad Schrifi Moghaddam, sagte: "Die Pfleger haben auf verschiedenen Wegen versucht, ihre Forderungen durchzusetzen. Wir haben u.a. Protestbriefe geschrieben und Versammlungen durchgeführt. Die zuständigen Herren behaupten immer wieder, zu Verhandlungen bereit zu sein. Doch bisher hat niemand mit uns verhandelt."

Einige Demonstranten kritisierten, dass die Weigerung der Verantwortlichen, auf die Forderungen der Pfleger einzugehen, dazu geführt habe, dass zahlreiche Pfleger ins Ausland ausgewandert seien oder ihren Beruf aufgegeben hätten.

Die Pfleger drohten mit Arbeitsniederlegung, sollten ihre Forderungen nicht akzeptiert werden. Die Demonstration endete, nachdem Gesandte des Präsidenten den Pflegern versprachen, ihre Forderungen ernsthaft zu prüfen.


VERSEUCHTES WASSER IN TEHERAN

Der Leiter des Teheraner Amtes für Umweltschutz, Mohammad Hadi Heidarsadeh, sagte der Agentur "Mehr" vom 9. Dezember zufolge, das Grundwasser sei in manchen Bezirken Teherans sicherlich verseucht, weil die Kläranlagen und die Kanalisation nicht vollständig funktionierten. Es bestehe kein Zweifel darüber, dass der Nitratgehalt des Teheraner Grundwassers höher sei als der Standard. Sein Amt sei jedoch nicht in der Lage, hiergegen etwas zu unternehmen. Für die vorhandenen Kläranlagen sei das Gesundheitsministerium zuständig, sagte Heidarsadeh.

Heidarsadeh schlug vor, das Trinkwasser vom nichttrinkbaren Wasser zu trennen. "Wir können nicht erwarten, dass das Leitungswasser sich immer auch zum Trinken eignet", sagte er. "So ist es überall in der Welt." Über seinen Vorschlag hätten die zuständigen Stellen noch keine Entscheidung gefällt.

Zwei Wochen zuvor hatte bereits ein Berater des Umweltamtes Daten über den Zustand der Teheraner Wasserversorgung vorgelegt. Er sagte, 40 Prozent des Teheraner Trinkwassers stamme aus Brunnen, die von Abwasserkanälen umgeben seien, in denen auch menschliche Exkremente entsorgt würden. Es sei also durchaus denkbar, dass das Trinkwasser dadurch verseucht werde.

Experten sehen das Hauptproblem der Teheraner Wasserversorgung in dem Mangel an zentralisierten Entscheidungskompetenzen. Neben dem Gesundheitsministerium sind auch die Stadtverwaltungen und das Wasseramt für die Wasserversorgung zuständig.


IMPORTE AUS DEUTSCHLAND UM 38 PROZENT ANGESTIEGEN

Von Januar bis Oktober 2014 sind die deutschen Exporte nach Iran im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 38 Prozent angestiegen. In den zehn Monaten wurden 2013 Waren im Wert von 1,663 Milliarden Euro zwischen den beiden Staaten ausgetauscht, 2014 waren es Waren im Wert von 2,232 Milliarden Euro. Die deutschen Exporte nach Iran lagen 2013 bei 1,45 Milliarden Euro, 2014 waren es rund 2 Milliarden Euro. Demgegenüber lagen die iranischen Exporte nach Deutschland 2013 bei 213 Millionen Euro und 2014 bei 232 Millionen Euro. Das ist ein Anstieg von 9 Prozent.

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AUSSENPOLITIK

• Anti-IS-Konferenz in Teheran
• Iran dementiert Luftangriffe auf IS-Stellungen
• Assad bedankt sich für Hilfe aus Iran
• Anschlag auf Irans Botschaft in Jemen
• Iran begrüßt neue US-Kuba-Politik
• Schamkhani: Iran strebt keine diplomatischen Beziehungen mit den USA an
• Iran dementiert Luftangriff Israels auf Raketendepots in Syrien
• Abu Torabifard: Ohne Basidsch-Milizen wäre IS heute in Bagdad
• Iranischer Geiselnehmer in Australien
• Ein Hinweis unserer Leser


ANTI-IS-KONFERENZ IN TEHERAN

Die Regierung Rohani veranstaltete am 9. und 10. Dezember eine internationale Anti-IS-Konferenz in Teheran unter dem Motto "Gemeinsam gegen Gewalt und Extremismus". Vertreter aus mehr als 40 Ländern nahmen an der Tagung teil, darunter die Außenminister Syriens und Iraks. Auch ehemalige Ministerpräsidenten und Außenminister aus Europa und den arabischen Staaten zählten zu den Gästen. Aus den USA kamen den Angaben des Konferenzleiters Mostafa Sahrani zufolge nur Politologen. Im Vorfeld der Konferenz sagte Sahrani, der Kampf gegen den Terrorismus und islamische Extremisten habe den Westen zu einer neuen Sicht auf Iran veranlasst. "Iran wurde in den letzten Jahrzehnten als Teil des Problems angesehen, jetzt gilt es als Teil der Lösung". Der IS stelle ein globales Problem dar und könne daher nur durch internationale Zusammenarbeit bekämpft werden.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem irakischen Außenminister Ibrahim Al-Dschafari am 7. Dezember sagte Irans Außenminister Mohammad Dschwad Sarif Irak seine uneingeschränkte Unterstützung beim Kampf gegen den IS zu. "Bis zum Ende werden wir an der Seite des irakischen Volkes den Terrorismus bekämpfen", sagte er.

Am selben Tag traf sich Sarif mit dem syrischen Außenminister Walid al Muallem. Ihm gegenüber sagte der Minister, IS stelle nicht nur eine Gefahr für die beiden Länder sondern auch für die Region und die ganze Welt dar. Er kritisierte die Syrien-Politik einiger Nachbarländer und des Westens, die die eigentliche Gefahr ignoriert und sich auf den Sturz des Assad-Regimes konzentriert hätten. Er erklärte die uneingeschränkte Solidarität mit der syrischen Regierung und versicherte, sein Land sei stets auf der syrischen Seite gewesen und werde es auch bleiben. Al Muallem warnte namentlich die arabischen Staaten Katar und Saudi-Arabien sowie die Türkei. Diese Länder sollten sich darüber bewusst sein, dass die Wellen des Terrors eines Tages auch die Grenzen ihrer Länder überschreiten werden.

Die beiden Außenminister verurteilten auch die von Israel durchgeführte Bombardierung einiger Ziele in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Solche Aktionen dienten einzig den Interessen der Terroristen, sagte al Muallem. Dem stimmte Sarif ausdrücklich zu. Die Angriffe wurden von Israel nicht bestätigt.

Auf der Konferenz forderte Präsident Rohani die Regionalmächte zur Bildung eines Bündnisses gegen den IS auf. Dies wäre weitaus effektiver als die von den USA geführte internationale Koalition. "Wir müssen in der Region zu einem gemeinsamen Verständnis kommen", sagte Rohani. "Dann können wir auch den IS in kürzester Zeit besiegen." Zudem forderte Rohani eine Reform der theologischen Schulen, "um gegen extremistische und gewalttätige Interpretationen der Religion zu kämpfen und der Welt die milde Natur des Islam zu präsentieren".

Trotz Irans Bemühungen konnten die Differenzen mit einigen Regionalmächten nicht beigelegt werden. Vor allem Saudi-Arabien und Katar sowie die Türkei zählen zu den entschiedenen Gegnern des Assad-Regimes. Sie haben von Anbeginn an die Rebellen finanziell und militärisch unterstützt, während Iran mit denselben Mitteln an der Seite Assads stand.

"Iran, Irak und Syrien hatten von Anbeginn an eine identische Sicht auf den Kampf gegen den Terrorismus und den Extremismus und haben sich (den Terrorgruppen) widersetzt, weshalb ihre Kooperation eine Notwendigkeit ist", sagte Sarif einem Bericht der AFP vom 9. Dezember zufolge. "Wir haben vereinbart, unsere Kooperation fortzusetzen."

Laut einer Meldung der dpa vom 28. Dezember wurde bei einer Schlacht gegen den IS im Irak ein iranischer Kommandeur getötet. Die Revolutionsgarden (Pasdaran) veröffentlichten am 29. Dezember eine Mitteilung, in der es hieß, General Hamid Taghawi, ein Kommandeur der Pasdaran, der als Militärberater tätig gewesen sei, sei bei Gefechten gegen Terroristen in Samara ums Leben gekommen.

Die genaue Funktion des Brigadegenerals wird in der Mitteilung nicht genannt. Er sei im iranisch-irakischen Krieg (1980-1988) aktiv gewesen. Nach dem Krieg habe er "im Rahmen der Verteidigung der islamischen Revolution, des Kampfes gegen die Feinde des Islam sowie an der Front des islamischen Widerstands" verschiedene Funktionen ausgeübt, hieß es in der Mitteilung.

Der Mitteilung zufolge soll der General durch gezielte Schüsse getötet worden sein. Es ist das erste Mal, dass die Pasdaran offiziell den Tod eines ihrer Kommandeure im Irak bekannt geben. Bislang dementiert Iran Berichte über militärische Aktivitäten seiner Streitkräfte im Irak, gesteht jedoch, militärisch beratend im Land präsent zu sein.


IRAN DEMENTIERT LUFTANGRIFFE AUF IS-STELLUNGEN

Der Agentur IRNA vom 6. Dezember zufolge dementierte ein nicht genannter iranischer Diplomat den Bericht der britischen Zeitung The Guardian, IS-Stellungen im Irak bombardiert zu haben.

Bereits am 3. Dezember hatte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, erklärt, es gäbe Beweise für einen Angriff iranischer F4-Kampfjets auf IS-Stellungen im Osten des Irak. Hingegen gäbe es keine Indizien, die diese Beweise widerlegen würden. "Ich habe entsprechende Berichte gesehen, aber um die Angriffe zu bestätigen, müssen Sie sich an die iranische Regierung wenden", sagte John Kirby den Journalisten auf einer Pressekonferenz. Zugleich dementierte er jede Art von Zusammenarbeit zwischen Teheran und Washington beim Kampf gegen den IS.

Am 4. Dezember veröffentlichte das Pentagon weitere Informationen zu den Luftangriffen Irans. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, iranische Kampfjets hätten in der östlichen Provinz Dijala IS-Ziele angegriffen. In dieser Region seien die USA "nicht aktiv". Iran und die USA hätten verschiedene Interventionsgebiete. Die AFP zitierte einen weiteren Vertreter des Pentagons, der anonym bleiben wollte. Dieser sprach von einer "stillschweigenden Vereinbarung" zwischen Iran und den USA. Die beiden Staaten wollten Konfrontationen vermeiden, daher operierten sie in verschiedenen Gebieten.

Ein Kommandeur des irakischen Paramilitärs, die mit iranischer Unterstützung gegen den IS kämpfen, sagte der BBC, iranische Kampfflugzeuge hätten im Tiefflug IS-Stellungen angegriffen. Die schiitischen Paramilitärs seien zuvor über den Angriff informiert worden.

Auch die Los Angeles Times zitierte den konservativen iranischen Politiker Hamid Resa Tarraghi, der über militärische Vorgänge in Iran gut informiert ist. Er bestätigte, dass iranische Kampfflieger IS-Stellungen zur Rückeroberung der Städte Sadieh und Dschalaleh, dreißig Kilometern von der iranischen Grenze entfernt, angegriffen hätten. In diesem Gebiet dulde Iran keine militärische Bedrohung, sagte er und fügte hinzu, die irakische Regierung habe gebeten, nichts über diesen Angriff zu äußern.

Auf einem Video-Film, der zuerst von dem arabischen Sender Al Jazeera ausgestrahlt und über den später auch die britische Militärzeitschrift und die israelische Zeitung Haarez berichteten, sind zwar die Kampfflieger zu sehen, nicht jedoch die iranische Flagge oder das Emblem der iranischen Streitkräfte. Aber da es sich um Kampfflieger des Typs F4 handelt, die nur vom iranischen und türkischen Militär eingesetzt werden, gehen die Berichterstatter davon aus, dass der Angriff nur von Iran aus erfolgt sein kann.

Kirby betonte: "Ob iranischen Fliegern erlaubt werde, den irakischen Luftraum zu überfliegen, sei Sache des irakischen Staates." Auch die US-Flieger seien auf die Erlaubnis der irakischen Regierung angewiesen gewesen. Auf die Frage, ob die USA zuvor über den Angriff informiert gewesen seien, sagte Kirby: "Unsere Politik bezüglich einer Kooperation mit Iran im Kampf gegen den IS hat sich nicht geändert. Wir kooperieren nicht mit Iran. Unser Appell an Iran ist der gleiche wie die früheren Appelle. Wir fordern alle Nachbarstaaten Iraks auf, alle Aktivitäten zu unterlassen, die religiöse und ethnische Auseinandersetzungen im Irak fördern könnten."

Die Agentur Fars zitierte den Vizekommandeur der iranischen Streitkräfte, Masud Dschasajeri, der jede Art von Kooperation mit der von den USA geführten internationalen Koalition entschieden ablehnte. Jetzt kämpfte das irakische Volk an der Seite der irakischen Regierung, der irakischen Armee und spontan gebildeten Organisationen gegen Fremde und Terroristen. Das habe bereits Erfolge erzielt. "Das Schicksal Iraks wird von dieser Solidarität bestimmt. Es ist sicher, dass es in Zukunft im Irak keinen Platz für die USA geben wird", sagte Dschasajeri.

Fernab aller offiziellen Stellungnahmen scheint zumindest aus der Sicht der USA der militärische Einsatz Irans gegen den IS willkommen zu sein. Bei einer Tagung der Allianz gegen die Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat in Brüssel am 3. Dezember sagte

US-Außenminister John Kerry laut AFP, wenn Iran tatsächlich gegen den IS vorgehe, "wäre das unter dem Strich positiv". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte zu möglichen iranischen Angriffen: "Völlig überraschen würde es mich allerdings nicht."


ASSAD BEDANKT SICH FÜR HILFE AUS IRAN

Bei einem Treffen mit Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani am 21. Dezember in Damaskus bedankte sich Syriens Präsident Assad für die Unterstützung aus Iran. Er sagte, Iran und Syrien sei es gelungen, die Pläne der Feinde und Terroristen zum Scheitern zu bringen.

Am Vortag hatten sich der Agentur Reuters zufolge syrische Unternehmer besorgt gezeigt, dass der starke Verfall der Ölpreise auf dem Weltmarkt zu einer ebenso drastischen Abnahme der finanziellen Unterstützung aus Iran führen könnte.

Assad sagte bei dem Treffen mit Laridschani, sein Land sei bereit, die bilateralen Beziehungen zu Iran bis hin zu einer "gemeinsamen Strategie" zu intensivieren. In Anbetracht der bereits bestehenden weitreichenden militärischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten ist nicht ganz klar, was Assad mit der "gemeinsamen Strategie" gemeint haben könnte.

Syrien sei stolz auf die "brüderliche und historische Beziehung" zu Iran in den vergangenen Jahrzehnten, sagte Assad weiter. Seine Regierung werde sich neben dem Kampf gegen den Terrorismus auch um die "nationale Versöhnung" in Syrien bemühen.

Laridschani begrüßte den russischen Vorschlag zu einem "syrischen Dialog". Moskau strebe nach einem ernsthaften Dialog, an dem sowohl die Vertreter der Regierung als auch die der Opposition beteiligt sein sollen. Selbstverständlich unterstütze auch Teheran dieses Bestreben.

Der Agentur Reuters zufolge hat Iran Syrien im Juli vergangenen Jahres einen Kredit in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar zum Kauf von Ölprodukten und sowie eine weitere Milliarde zum Kauf von anderen Gütern zur Verfügung gestellt. Doch angesichts des niedrigen Ölpreises ist es fraglich, ob Iran weiterhin solche Hilfen leisten kann. Irans Vizepräsident Edhagh Dschahangiri versicherte dem syrischen Ministerpräsidenten Wael Nader al-Halghi: "Die Wirtschaftshilfen an Syrien werden ohne Unterbrechung weitergehen."

Bei einem Treffen mit dem syrischen Parlamentspräsidenten kam Laridschani auch auf den Verfall der Ölpreise zu sprechen. "Wir haben in diesem Punkt eine ähnliche Auffassung wie die Führung in Syrien. Es ist ein Fehler, wenn sie (die westlichen Staaten) glauben, mit dem Ölpreis ihre Interessen in der Region durchsetzen zu können. Wir haben schwerere Zeiten als diese erlebt. Während des 'erzwungenen Kriegs' (gemeint ist der iranisch-irakische Krieg von 1980 bis 1988) waren alle Staaten des Ost- und Westblocks sowie die arabischen Staaten in der Region gegen uns. Wir mussten damals unser Öl zu einem Preis von sieben, acht Dollar pro Barrel verkaufen. Trotzdem konnten wir sowohl den Krieg als auch unser Land finanzieren."

Iran habe nun zur Bewältigung der Probleme verschiedene Szenarien vorgesehen, sagte Laridschani. "Wir werden aber nicht vergessen, welche Länder an der gegenwärtigen Verschwörung gegen uns beteiligt sind."

Laridschani besuchte auch den Libanon und den Irak. Im irakischen Soleimani sagte er: "Im irakischen Kurdistan sind unsere Freunde versammelt. Wir haben eine gemeinsame Geschichte. Wir haben die Kurden in der Zeit von Saddam Hussein unterstützt und tun es auch heute. Wir sind immer den Kurden zur Hilfe geeilt, wenn sie uns brauchten." Iran werde alles daran setzen, um die brutalen Angriffe des IS zurückzuschlagen und die Bedrohung der Kurden abzuwehren.

In Soleimani traf sich Laridschani mit dem früheren irakischen Präsidenten Dschalal Talabani und in Erbil mit dem Kurdenführer Masud Baresani. Auf die Frage, was er von der Gründung einer autonomen Region der Sunniten im Irak halte, sagte Laridschani, die gegenwärtige Bevölkerungsstruktur Iraks müsse erhalten bleiben. Man sollte solche abwegigen Spekulationen vermeiden und sich auf einem gemeinsamen Kampf gegen den IS konzentrieren.


ANSCHLAG AUF IRANS BOTSCHAFT IN JEMEN

Die Terrororganisation Al-Qaida hat die Verantwortung für den Anschlag auf die iranische Botschaftsresidenz in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa übernommen. Dies ging aus einem von der AFP zitierten Bekennerschreiben der Organisation hervor, das auf Twitter veröffentlicht wurde.

Der Anschlag, der durch die Detonation einer Bombe in einem vor dem Botschaftsgebäude geparkten Personenwagen erfolgte, ereignete sich am frühen Morgen des 3. Dezember. Der Botschafter befand sich zu der Zeit außerhalb der Residenz. Einige Quellen berichteten von zwei Todesopfern. Der Teheraner Rundfunk sprach von drei Opfern, unter denen sich auch ein Beamter des Sicherheitsdienstes der Botschaft befunden haben soll. Die Residenz wurde schwer beschädigt, ein Teil des Gebäudes liegt in Trümmern.

Seit September, nachdem die paramilitärische Organisation Ansaralllah einen Teil der Hauptstadt besetzt hatte, befindet sich die Stadt in einem gefährlichen Zustand. Zudem gehört der Jemen zu den Staaten, in denen Al-Qaida-Terroristen besonders aktiv sind. Darüber hinaus gibt es auch Kämpfe zwischen Al-Qaida und Ansarallah. Ansarallah steht der schiitischen Minderheit im Jemen nah und gilt als der militärische Arm der Huthi-Bewegung. Die jemenitische Regierung bezichtigt Iran der Unterstützung dieser Gruppe. Iran bestreitet dies entschieden. Das Verhältnis zwischen den beiden Staaten ist durch diese Vorgänge getrübt.

Im Juli vergangenen Jahres verschwand Nurahmad Nikbakht, ein Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Sanaa. Er sei von Unbekannten entführt worden, hieß es in offiziellen Verlautbarungen. Die iranische Regierung wirft Sanaa vor, sich nicht um die Befreiung von Nikbakht bemüht zu haben.

Laut einem Bericht der Agentur ISNA hat Teheran die Nachricht über den Anschlag gelassen zur Kenntnis genommen. Die Sprecherin des Außenministeriums in Teheran, Marsieh Afkham, erklärte, alle Mitarbeiter der Botschaft seien unversehrt. Die Details des Vorfalls würden untersucht. Weiter sagte sie, der neue Botschafter Irans im Jemen, Hossein Niknam, sei erst eine Woche zuvor in Sanaa eingetroffen. Die Entsendung eines neuen Botschafters habe sich aufgrund der "besonderen Umstände" in die Länge gezogen. Sie hoffe, dass es dem neuen Botschafter gelingen werde, die Beziehung der beiden Staaten zu verbessern und weiter auszubauen.


IRAN BEGRÜßT NEUE US-KUBA-POLITIK

Die Sprecherin des Außenministeriums, Marsieh Afkham, begrüßte am 20. Dezember mit vorsichtigen Worten die neue Annäherung zwischen den USA und Kuba. "Die jüngste Entwicklung in der Beziehung der beiden Staaten (Kuba und USA) wird als ein Schritt zur Schlichtung der Konflikte in der Region gedeutet. Die Fortsetzung dieser Entwicklung kann für die Beziehungen der lateinamerikanischen Staaten sowie darüber hinaus für die internationalen Beziehungen vom Nutzen sein", sagte Afkham. "Die aufgezwungene Politik zur Isolierung von Staaten sowie Boykottmaßnahmen zur Bestrafung von Staaten, die ihre Unabhängigkeit verteidigen und gegen die Unterdrückung Widerstand leisten, ist nutzlos." Dies hätten selbst die USA eingestehen müssen.


SCHAMKHANI: IRAN STREBT KEINE DIPLOMATISCHEN BEZIEHUNGEN MIT DEN USA AN

Der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Irans, Ali Schamkhani, sagte in einem Interview mit der britischen Zeitung Financial Times, selbst wenn es gelingen sollte, den Konflikt über das iranische Atomprogramm beizulegen, strebe Iran keine diplomatischen Beziehungen mit den USA an.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und den USA wurden 1979 infolge der Besetzung der US-Botschaft in Teheran und der Geiselnahme der Botschaftsmitarbeiter abgebrochen. Erst seit einem Jahr zeichnet sich eine Annäherung zwischen Teheran und Washington ab. Es hat ein Telefonat zwischen den Präsidenten Barack Obama und Hassan Rohani und mehrere Treffen der beiden Außenminister Mohammad Dschawad Sarif und John Kerry gegeben.

Während die Regierung Rohani offenbar bestrebt ist, die Beziehungen zu Washington zu normalisieren und neben dem Atomkonflikt auch andere Konflikte mit den USA zu lösen, wollen die Konservativen die Verhandlungen auf den Atomkonflikt beschränken. Sie scheinen zu befürchten, dass eine Normalisierung der Beziehungen zu den USA einen größeren Einfluss des Westens in Iran zufolge haben könnte, was wiederum die Fundamente der Islamischen Republik gefährden könnte.

Aus der Sicht der USA scheint die Normalisierung der Beziehung zu Teheran erwünscht zu sein. Auf die Frage eines Reporters des Hörfunksenders NPR, ob er sich eine Wiedereröffnung der US-Botschaft in Teheran in den verbleibenden Jahre seiner Amtszeit vorstellen könne, antwortete US-Präsident Barack Obama am 29. Dezember: "Ich sage niemals nie." Dies könne allerdings nur schrittweise erreicht werden. Iran sei mit Kuba nicht zu vergleichen. Iran sei im Gegensatz zu Kuba ein großes Land, es unterstütze den Terrorismus und habe die Fähigkeit zum Bau von Nuklearwaffen angestrebt. Er hoffe jedoch auf eine Einigung mit Teheran, die zu einer weiteren Annäherung der beiden Staaten führen würde. Dies wäre ein großer Schritt, der die Aufhebung der Sanktionen zur Folge haben würde.

In Iran gäbe es Kräfte, die die Verhandlungen mit dem Westen begrüßen, aber auch "Extremisten", die sich vor einer Einigung im Atomkonflikt fürchteten. Diese Radikalen hätten für ihre anti-amerikanische und anti-westliche Position viel investiert und hätten nun Angst, durch die Öffnung der Toren des Landes alles zu verlieren.

Auf die Frage, ob er für die iranischen Forderungen Verständnis habe, sagte Obama, er habe Verständnis. Dies hätten auch die Verhandlungen gezeigt. Es gehe nur darum, sicher zu gehen, dass Iran nicht plane Atomwaffen zu bauen.

Das Teheraner Außenministerium reagierte auf die Äußerungen Obamas sehr verhalten. Eine Wiedereröffnung der US-Botschaft in Teheran sei nicht geplant, sagte Sprecherin Marsieh Afkham am 30. Dezember. Gegenstand der Verhandlungen zwischen den beiden Staaten sei einzig und allein der Atomkonflikt.


IRAN DEMENTIERT LUFTANGRIFF ISRAELS AUF RAKETENDEPOTS IN SYRIEN

Irans Verteidigungsminister General Hossein Dehghan dementierte Berichte über einen Luftangriff Israels auf iranische Raketendepots in Damaskus. In einem Interview mit dem arabischsprachigen Programm des staatlichen Fernsehens Al Alam sagte Dehghan am 20. Dezember: "Die Widerstandskräfte in Palästina, Libanon und Syrien haben eine beachtliche industrielle Basis, die es ihnen erlaubt, alle Etappen des Baus von Raketen selbst durchzuführen."

Zwei Wochen zuvor hatte die syrische Regierung die Bombardierung zweier Ziele in Damaskus durch israelische Kampfflieger bekannt gegeben. Danach folgten unbestätigte Berichte, in denen behauptet wurde, die Angriffe hätten sich gegen iranische Waffen gerichtet, die der libanesischen Hisbollah zur Verfügung gestellt werden sollten. Israel hat diese Berichte nicht bestätigt.

Dehghan sagte, die Angriffe seien zur Unterstützung des IS erfolgt. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass Israel nichts unterlässt, um den Widerstand gegen den Terrorismus zu schwächen." Er bestätigte, dass Iran "Widerstandsorganisationen" technisch und technologisch unterstütze. Im Einvernehmen mit Revolutionsführer Chamenei sagte Dehghan, das Westjordanland müsse genauso wie der Gazastreifen militärisch aufgerüstet werden.

Im selben Interview erklärte Dehghan, ein Angriff auf schiitische Heiligtümer im Irak stelle für Iran eine "rote Linie" dar. Sollten der IS oder eine andere Organisation diese Orte bedrohen, werde Iran "einschreiten".


ABU TORABIFARD: OHNE BASIDSCH-MILIZEN WÄRE IS HEUTE IN BAGDAD

Der Vizepräsident des iranischen Parlaments, Mohammad Hassan Abu Torabifard sagte am 11. Dezember vor einer Versammlung von Schülern der Basidsch-Milizen: "Wenn unsere Basidsch-Milizen und deren kluge und fromme Kommandanten nicht gewesen wären, wäre ohne Zweifel heute der Islamische Staat in Bagdad."

Seitdem der IS einige Gebiete im Irak erobert hat, gibt es widersprüchliche Informationen über die militärische Präsenz Irans im Irak. Offiziell bestätigt ist bislang die Anwesenheit iranischer Militärberater an der Seite von paramilitärischen Schiiten-Organisationen und kurdischen Peschmerga. Doch einige Quellen berichten, dass Iran nicht nur beratend unterstützt, sondern auch aktiv an den Kämpfen beteiligt ist. Anfang Dezember berichteten mehrere Agenturen über den Einsatz von F4-Kampfjets gegen den IS im Osten Iraks. Dies wurde auch in einem Interview eines iranischen Diplomaten mit der britischen Zeitung The Guardian bestätigt, auch wenn es später vom Teheraner Außenministerium dementiert wurde.

Die irakische Regierung ist beim Kampf gegen den IS auf paramilitärische Kräfte angewiesen. Zu Beginn dieses Kampfes wurde daher die sogenannte "Organisation zur Volksmobilisierung" gegründet, bei dessen Aufbau Iran eine zentrale Rolle gespielt haben soll.

Abu Torabifard verwies bei seinen Äußerungen auf die "politisch-militärische Rolle" Irans im Nahen Osten und sagte: "Wenn die Jünger des Imam Chomeini, die Basidsch-Milizen, nicht gewesen wären, hätte sich der Libanon, der zuvor als Braut des Nahen Ostens bezeichnet wurde, nicht zu einem Bollwerk des Widerstands im Nahen Osten verwandeln können." Die heutigen politischen Führer im Libanon seien aus dieser Schule hervorgegangen und es seien dieselben Milizen, die die Führung im Gazastreifen innenhaben. Die islamische Welt stehe unter dem Einfluss des Gedankenguts der Basidschis, die eine "Einheit zwischen Wissen und Glauben darstellen".


IRANISCHER GEISELNEHMER IN AUSTRALIEN

Das Teheraner Außenministerium verurteilte die Geiselnahme in einem Café der australischen Hauptstadt Sidney durch einen iranischen Flüchtling. Zugleich kritisierte es jedoch auch die "unvollständige" Berichterstattung über den Vorfall. Iran habe die australische Regierung mehrmals über den Geisteszustand des Täters, der sich seit fast zwei Jahrzehnten in dem Land aufhielt, informiert. Damit seien die Verantwortlichen über den Zustand des Geiselnehmers ausreichend informiert gewesen, sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afkham am 15. Dezember vor Journalisten in Teheran. Der Einsatz inhumaner Methoden und die Verbreitung von Angst und Schrecken im Namen des Glaubens seien unter keinen Umständen akzeptabel, sagte Afkham.

Die Geiselnahme in Sidney, die 16 Stunden andauerte, endete mit dem Tod von zwei Zivilisten sowie dem Tod des Täters. Außerdem wurde ein Polizist verletzt. Bei dem Geiselnehmer handelte es sich um den 50-jährigen Iraner Mohammad Hassan Manteghi. Er hatte vorgegeben, als schiitischer Geistlicher aus Iran geflüchtet zu sein. Später trat er zu den Sunniten über und nannte sich "Scheich Harun Munes".

Die Nachrichtenagentur Fars kritisierte, dass die australische Regierung den Täter trotz der vorliegenden Informationen nicht unter Beobachtung gestellt habe. Dem Bericht zufolge war Manteghi 1995 nach einem schweren Betrug aus Furcht vor Verfolgung nach Australien geflüchtet. Dort sei er als Flüchtling anerkannt worden. Iran habe versucht, den Mann mithilfe von Interpol zur Rückkehr in die Heimat zu zwingen. Doch die australische Regierung habe sich geweigert, ihn auszuliefern. Irans Polizeichef Esmail Ahmadi Moghaddam sagte der Agentur ISNA: "Dieser Mann war ein Betrüger." Er habe eine Reiseagentur und mehrere Kunden betrogen. Er sei zunächst nach Malaysia und danach nach Australien geflohen.

Die australische Regierung erklärte, der Mann habe behauptet, in Iran wegen seinen politischen und religiösen Ansichten verfolgt worden zu sein. Deshalb sei er als Flüchtling anerkannt worden.

Manteghi trat nach seiner Anerkennung als Flüchtling als islamischer Geistlicher auf und schloss sich den Protesten gegen die Teilnahme Australiens am Afghanistan- und Irakkrieg an. 2002 schickte er beleidigende Briefe an die Angehörigen der Soldaten, die am Afghanistan-Krieg beteiligt waren und forderte sie auf, ihre Söhne aus dem Krieg zurückzuholen. Dafür wurde er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung behauptete er, im Gefängnis gefoltert worden zu sein. Sein Anwalt erklärte, gerade dieser Gefängnisaufenthalt hätte seinem Mandanten schwere psychische Schäden zugefügt. Der Mann sei krank, er habe keinerlei Verbindung zu terroristischen Organisationen.

Manteghi wird beschuldigt, an dem Mord an seiner Frau beteiligt gewesen zu sein. Die 34-jährige Frau war vor einem Jahr durch mehrere Messerstiche getötet und anschließend verbrannt worden. Die Ehepartner befanden sich in einem Streit über das Sorgerecht für ihre Kinder. Zudem werden ihm rund 40 Vergewaltigungen vorgeworfen. Er hatte sich als Heilpraktiker betätigt und dabei seine Klienten mutmaßlich sexuell missbraucht.

Der Vorfall verstärkte die antiislamische Stimmung in Australien. Islamische Gemeinden verurteilten das Verbrechen und beteten für die Opfer und ihre Angehörigen.

Australiens Premierminister Tony Abbott zeigte sich genauso wie viele Bewohner des Landes erstaunt darüber, dass sich der Geiselnehmer trotz mehrerer Verbrechen frei bewegen konnte. "Ehrliche, unschuldige Leute wurden von den kranken Phantasien dieses zutiefst gestörten Menschen in Mitleidenschaft gezogen", sagte er. "Wie konnte jemand, der solch eine lange und kontroverse Vorgeschichte hatte, nicht auf den entsprechenden Beobachtungslisten stehen, und wie konnte jemand wie er völlig frei in der Gesellschaft unterwegs sein?"


EIN HINWEIS UNSERER LESER

Wir sind von unseren Lesern freundlicherweise auf einen von Revolutionsführer Ali Chamenei am 9. November 2014 auf Twitter vorgeschlagenen Plan zur Auflösung des Staates Israel aufmerksam gemacht worden. Es handelt sich dabei um einen alten Plan, den Chamenei immer wieder zur Sprache bringt. Er schlägt vor, alle Bewohner Israels und Palästinas sollten frei entscheiden, wie und in welchem Staat sie leben möchten. Der Plan ist so realitätsfern, dass er nicht einmal in Iran ernst genommen wurde.

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Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
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14. Jahrgang

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Iran-Report Nr. 1/2015 - Januar 2015 / 14. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2015


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