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GUTE-NACHT/2716: Herausgelockt (SB)


Das Amselkind soll fliegen lernen

"Komm, komm heraus. Es wird Zeit, daß du fliegen lernst", mit meinen Rufen locke ich mein Junges aus dem Nest. Siehe da hebt es das Köpfchen und streckt sich dem Ungewissen entgegen.

"Ja, so ist es recht. Hüpf nur auf den Nestrand. So ist es fein." Jetzt fliege ich in den Holunderbusch, bleibe aber etwas von dem Nest entfernt sitzen, um mein Küken weiter herauszulocken. Das Kleine ist unsicher. Darum komme ich etwas näher, um gleich wieder ein Stück zurück zu weichen. Da hat es sich schon auf einen der Zweige hinauf getraut. Wie es ausschaut, mein Junges. Richtig aufgeplustert und zerzaust ist sein Gefieder.

Nun weiche ich wieder ein Stückchen zurück. Das Kleine soll mir möglichst folgen. Aber es ist noch unsicher und sitzt auch sehr wackelig auf dem Ast. "Kipp bloß nicht nach vorne oder nach hinten über", rufe ich dem Kleinen zu. Der Ast hat doch eine gewisse Höhe. Da würde es sich ganz schön erschrecken, wenn es von oben herunterfällt. Verletzen kann es sich nicht. Denn es würde ja gleich die Flügel ausprobieren. Auch wenn das Fliegen noch nicht wirklich klappt. Ein wenig abbremsen würden sie den Sturz schon.

"So, mein Kleines, das hast du gut gemacht. Jetzt bekommst du gleich eine Belohnung." Ach, jetzt fängt es auch noch an zu regnen. "Ab ins Nest! Das Blätterdach über uns hält ja schon die ersten Tropfen ab. Da werden wir nicht gleich naß - erst wenn der Regen etwas länger andauert. Meist scheint dann schon wieder die Sonne und wir können unter dem Blätterdach herausfliegen. Wenn es aber nicht aufhören will zu regnen, dann schütze ich dich vor der Nässe und der Kälte. Komm nur unter mein Gefieder. Tschiep, tschiep, tschiep!"

22. August 2008

Gute Nacht