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GUTE-NACHT/2726: Das Entenpaar (SB)


Mit einem kleinen Horn auf der Stirn läuft Pumpelchen heute durch den Garten. Pumpelchen ist nicht etwa ein Einhorn. Nein, er hat nur gestern einen großen Apfel auf die Stirn abbekommen. In einer Glasscheibe des Schuppens versucht Pumpelchen sich zu spiegeln. "Das Horn wird sich bestimmt noch grünlich verfärben", denkt Pumpelchen, "wie ich dann nur aussehe. Ich erkenne mich ja schon jetzt nicht mehr."

Rumpelchen hingegen sitzt nicht etwa noch immer auf dem Apfelbaum, sondern ist inzwischen längst wieder herabgestiegen. Zwar ist die Aussicht vom Baum herunter sehr verlockend. Doch Rumpelchen hat Hunger bekommen. Heute gibt es Brombeeren, Birnen und natürlich Äpfel.

Danach zieht sich der Himmel zu und es scheint schon Nacht zu werden. Doch ganz so spät ist es noch nicht. Rumpelchen aber meint, daß es Zeit wird, von außen ans Kinderzimmerfenster zu treten und zu lauschen, ob die allabendliche Geschichte auch heute vorgelesen wird.


*


Es waren einmal zwei Enten, die lebten auf einem Teich. Mitten im Teich schwamm eine Insel. Auf der Insel stand ein Haus. Das Haus war aus Holz gebaut. Die Hölzer waren mit weißer Farbe gestrichen. Aber das Dach war rot angemalt. Aus dem Dach guckte ein kleiner Schornstein auf dem ein Nest plaziert war, in dem ein winziger Plastikstorch stand.

Das kleine weiße Haus mit dem roten Dach und dem Schornstein war für die Enten zum Schutz auf die Insel mitten im Teich gebaut worden. Die Enten besuchten das Haus auch jeden Abend, wenn sie schlafen gingen.

Am ersten Tag auf der Insel trauten sie sich nicht, dem Haus nahe zu kommen, denn der Storch auf dem Dach schreckte sie ab. Am nächsten Abend aber trauten sich die beiden schon näher heran. Doch es war sehr windig, so daß sich der Storch in dem Nest auf dem Schornstein hin und her bewegte. "Er will uns bestimmt warnen, wir sollen ja nicht näher kommen", sagte die eine Ente. Doch die andere Ente, der Erpel, war mutig und trotzte dem Storch. Er schimpfte nach oben zum Schornstein hin und rief: "Du bist ja immer da oben in deinem Nest. Wir wollen nur in das Haus hinein. Aber wenn du uns nicht läßt, dann sollst du uns mal kennenlernen." Eigentlich traute sich der Erpel gar nicht näher an das Haus heran. Doch nur zu drohen, konnte ja nicht angehen. So ging der Erpel mutig vorwärts, direkt auf das Haus zu.

Plötzlich ergriff ihn ein Windstoß von hinten und trieb ihn gleich schneller zum Entenhaus hin. Es war der gleiche Windstoß, der auch den Storch oben in seinem Nest erfaßte und diesen mit sich fortnahm, so weit weg, daß er nie mehr von den Enten gesehen wurde.

"Siehst du!", sprach da der Erpel zu seiner Entendame, "ente muß nur mutig sein, dann nehmen schon alle anderen reißaus." Die Entendame folgte ihrem mutigen Erpel nach, und sie bezogen das Entenhaus, bauten ein Nest hinein, und dann brütete die Entenmama die Kinder aus, während der Erpel den Platz des Storches auf dem Dach einnahm.

Ob er wohl noch heute dort sitzt?

3. September 2008

Gute Nacht