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GUTE-NACHT/2882: Der Geist in Pantoffeln und Rätsel über Rätsel (SB)


Gute Nacht Geschichten


Nachdem Paddy gestern einen Knochen in der Gartenerde fand, beschloß sie gleich heute weiterzugraben nach weiteren Schätzen dieser Art. Bald nach dem Mittagessen ging sie hinaus und grub an der selben Stelle weiter, an der sie gestern den Knochen fand. Auch heute wurde sie wieder fündig. Ein seltener Stein kam zum Vorschein und zwischen verdorrtem, einst hochgewachsenem Gras lag sogar ein heiles Knochenteil, das von dem Kopf eines Maulwurfs stammen konnte. Es bestand aus zwei länglichen Knochen, die wie zu einem Dreieck angeordnet und an einem Ende miteinander verbunden waren. An der Unterseite beider Knochen befanden sich Zähne. Das war ein herrlicher Fund. Paddy lief gleich hinein ins Haus zu ihrer Großmutter.

"Du hast aber ein Glück", staunte Großmutter, "so etwas findet man nicht alle Tage." Da fiel Paddy der Stein ein, den sie ebenfalls gefunden hatte. Sie griff in ihre Tasche und holte den blauen Stein hervor. Ein seltsames Stück. Es sah aus und fühlte sich auch so an wie ein Stein, war aber nicht so schwer wie ein solcher.

Großmutter kannte diese Art Steine nicht. "Ob es etwas ganz Seltenes ist?", fragte Paddy. "Wer weiß, vielleicht ist es aber auch nur ein Klumpen hartgewordene Farbe, die der Müller einst hier auf dem Land ausgekippt hat? Wir werden dem mal nachgehen. Wenn wir wieder in der Stadt sind, können wir den netten Herrn im Steinladen danach befragen." Paddy wollte gleich weiterbuddeln. Doch es war schon spät und sie hatte noch Hausaufgaben auf. So waren erst einmal die Schularbeiten an der Reihe.


Jetzt nach dem Abendbrot ist Mutter zu ihrer Freundin gefahren und Großmutter soll Paddy ins Bett bringen. Die beiden nutzen die Gelegenheit, um den Knochen von gestern und den winzigen halben Schädel oder wie man das Dreiecksgebilde nennen mag, sowie den blauen Stein von heute in das Museumszimmer zu bringen. Es geht die alte Treppe hinauf und wie gewohnt knarrt sie beim Auftreten an den meisten Stellen. Plötzlich aber vernehmen Großmutter und Paddy ein ganz anderes Geräusch, ein Quietschen eher als ein Knarren. Paddy und Großmutter erschrecken, denn das Quietschen scheint von hinter der Tür, die zum Dachboden führt, zu kommen.

"Sicher hat der Wind etwas bewegt, das dieses Geräusch ausgelöst hat", versucht Großmutter Paddy zu beruhigen. Doch Paddy will lieber nachsehen, auch wenn sie ein klein wenig zittert von dem Schreck. Vorsichtig öffnet Großmutter die Tür. Doch hier ist kein Ton mehr zu hören. Großmutter holt die Taschenlampe aus ihrer Schürzentasche heraus und knipst das Licht an, das spärlich den Raum beleuchtet. Noch immer liegt hier Staub in dicken Schichten übereinander. Paddy schaut auf den Boden und sucht die kleinen Fußspuren, die sie das letzte Mal hier entdeckt hatten. Sie sind noch da.

Doch wie erstaunt ist Paddy. "Da sind ja noch mehr kleine Fußabdrücke." - "Nein, die waren das letzte Mal auch schon da", beruhigt Großmutter ihre Enkelin. Doch Paddy läßt sich nicht beirren: "Nein, die sind neu und hier ist noch ein Abdruck von einer kleinen Hand!" - "Die war bestimmt auch schon das letzte Mal da", meint Großmutter, "wir haben sie sicher nur nicht gesehen." Großmutter zieht Paddy vom Dachboden fort. "Komm, wir wollen doch noch die Knochen wegbringen." Großmutter schließt die Tür. Sie zieht Paddy hinüber zum nächsten Zimmer und öffnet. Schnell legen Großmutter und Paddy die beiden Knochen und den Stein in dem Zimmer des Erhängten in das Regal und verlassen dann genauso schnell wieder den alten Teil des Bauernhauses.

"Puh", macht Paddy, als die beiden wieder im Kinderzimmer angelangt sind. In dem alten Teil ist es ihr einfach nicht geheuer. Paddy denkt an die kleinen Spuren im Staub. "Bestimmt gibt es hier Dinge, von denen keiner etwas weiß", flüstert sie. Großmutter entgegnet: "Mag sein. Schließlich gibt es so viele Dinge zwischen Himmel und Erde von denen wir Menschen keine Ahnung haben und was wir auch niemals erfahren werden." Das klang geheimnisvoll. Paddy würde zu gern wissen, wer hinter den Abdrücken steckt. Hier auf dem abseits gelegenen Bauernhof ist es doch manchmal sehr einsam. Zum Spielen kommt selten eine Freundin heraus. Da wäre es doch nicht schlecht, wenn es hier jemanden gäbe, der immer da wäre, wenn man sich allein fühlt - auch wenn es nur ein Geist wäre. Vielleicht Mamas Geist in Pantoffeln?

15. März 2009

Gute Nacht