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GUTE-NACHT/3170: Stibitzte Eier (SB)


Gute Nacht Geschichten

Wie meine Oma früher Ostereier färbte

Auf dem alten Holzkohleherd erhitzte sie Wasser in einem großen Topf, um darin die Eier zu kochen. Die hartgekochten Eier sollten dann gefärbt und noch besonders hübsch verziert werden. Während Oma aufpaßte, wann das Wasser zu kochen begann, breitete ich altes Zeitungspapier auf dem Tisch aus. Darauf stellte ich die Gläser zum Färben der Eier. In einer Tüte mit den Eierfarben fand ich fünf Färbetabletten - gelb, orange, rot, blau und grün. Jede Tablette legte ich in eines der Gläser. Dazu gab ich zwei Eßlöffel Essig, und Oma goß je 1/4 Liter kochendes Wasser darüber. Mit einem Stöckchen rührte ich in den Farben herum, bis sich die Färbetabletten aufgelöst hatten. Inzwischen waren auch die Eier hartgekocht. Zehn Minuten hatte Oma sie kochen lassen. Dann hatte sie die Eier noch kurz mit kaltem Wasser abgeschreckt, damit sich die Eierschale später besser pellen ließ.

Nun konnten die Eier endlich gefärbt werden. Mit einem Eßlöffel legte ich immer nur ein Ei in ein jedes Glas. Die übrigen Eier wurden mit einem Tuch warm gehalten. Fünf Minuten brauchte jedes Ei, um eine tiefe Färbung anzunehmen. Manche Eier ließ ich eine kürzere Zeit drin, denn nicht alle Eier sollten gleich aussehen.

Jetzt kam Omas Spezialbehandlung. Um einige Eier band sie Blätter herum. Diese kamen dann auch in die Farben. Nach dem Herausnehmen und dem Abwickeln der Blätter hatte sich auf den Eiern eine schöne Struktur gebildet. Auf einigen Eiern ließen wir auch mit einer Kerze Wachs tropfen. Dann kamen auch diese Eier in die flüssige Farbe. Nach dem Färben wurde das Wachs wieder heruntergeschabt. Jetzt hatte das farbige Ei schöne weiße Punkte.

Nachdem die Eier gefärbt und getrocknet waren, wurden sie alle mit einer Speckschwarte abgerieben, damit sie besonders schön glänzten. Einmal hatte Oma keinen Speck im Haus. Da nahm sie einfach ein bißchen Margarine. Auch damit glänzten die Eier und die Farbe sah ganz intensiv aus.

An ein Jahr erinnere ich mich noch, da hatte Oma besondere Farbe gekauft. Damit sollten die Eier so aussehen, als seien sie aus Marmor. Hierzu wurden die Eier ebenfalls vorgekocht. Doch diesmal blieben sie noch im heißen Wasser. Meine Oma zog sich Plastikhandschuhe an, denn ihre Hände sollten später nicht auch wie die Ostereier aussehen. Die Farbe war wie fester Wackelpudding. Doch wenn sie das heiße Ei berührte, löste sie sich auf und blieb an dem Ei hängen. Nun nahm Oma eine zweite Farbe und gab auch etwas von dieser Farbe auf das Ei. Dann verrieb sie die beiden Farben ineinander, indem sie das Ei in ihren Händen drehte und es vorsichtig drückte. Diese Eier gefielen mir am besten.

Es war immer der Ostersamstag, an dem wir die Eier bemalten. Am Sonntagmorgen allerdings war von den Eiern keines mehr zu entdecken. Die hatte sich wohl der Osterhase stibitzt, denn sie waren einfach nicht aufzufinden. Das war schade. Doch anstelle der selbstbemalten Ostereier fand ich im Garten jede Menge noch schöner verzierte Eier. Ob der Osterhase nicht mehr genug Eier hatte, um auch anderen Kindern welche zu bringen und deshalb unsere bemalten mitgenommen hatte?

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30. März 2010

Gute Nacht