Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/3273: Der kleine Nachtwächter hilft der Katzenmama (SB)


Gute Nacht Geschichten

Den Hut tief ins Gesicht gezogen, die Laterne in der einen, die Taschenlampe in der anderen Hand geht der kleine Nachtwächter durch die Straßen der Stadt. Es regnet und zwar nicht zu knapp. Da stellt sich der kleine Nachtwächter für eine Weile in der Toreinfahrt einer Scheune unter. Es macht ihm nicht viel Spaß, wenn das Regenwasser ihm den Rücken hinunterläuft.

Er lauscht auf die Geräusche um ihn her. Wie vielfältig sich der Regen äußern kann, wenn das Wasser durch das Dachrinnenrohr hinabstürzt oder der Regen auf das Blechdach prasselt, wenn der Wind die Regentropfen gegen das Fenster peitscht oder die Tropfen auf dem Boden in Pfützen landen. Jedes hat seine Sprache.

"Nun könnte es doch endlich aufhören zu regnen", wünscht der kleine Nachtwächter, "oder zumindest nur noch nieseln!" In dieses Warten und Wünschen hinein dringt ein Geräusch, das hier so gar nicht hin gehört. Es ist ein Maunzen und gleich noch eins. "Höre ich da nicht eine Katze weinen?", fragt sich der kleine Nachtwächter, "ja, es ist eine Katze. Aber wo kommt das Klagen bloß her? Von drinnen oder von draußen?"

Der kleine Nachtwächter steckt seinen Kopf hinaus in den Regen. Doch von dort kommt das Maunzen nicht. So betritt er denn die Scheune und ruft: "Wer da?" Im selben Augenblick denkt er bei sich: "Bin ich dumm? Jetzt wird die Katze doch sicher still sein, um nicht entdeckt zu werden."

Aber da hat sich der kleine Nachtwächter getäuscht. Denn die Katze möchte gerade gefunden werden. Deshalb miaut sie gleich um so lauter. "Das klingt doch sehr traurig", überlegt der kleine Nachtwächter und ahmt den Ruf der Katze nach. "Vielleicht antwortet sie mir und ich kann sie auf diese Weise finden", überlegt er. Er wundert sich bloß, warum die Katze nicht einfach aus ihrem Versteck herauskommt. "Sie wird wohl sehr scheu sein?", ist seine Erklärung. Aber das Mauzen und Miauen paßt gar nicht dazu, daß die Katze sich nicht blicken läßt. "Vielleicht sitzt sie irgendwo in der Klemme", überlegt der kleine Nachtwächter und kommt dem Maunzen immer näher. Er bückt sich und sucht den Boden ab. Da entdeckt er die Katze. Unter einem Stuhl hockt sie und versucht etwas durchzubeißen. Beim Näherkommen sieht der kleine Nachtwächter, daß die Katze ein Halsband trägt, an dem auch eine Leine befestigt ist. Diese Leine hat sich verfangen und kommt nicht wieder los.

"Warte Kätzchen, ich helfe dir." Die Katze zuckt erst zurück und faucht. Dann aber sieht sie ihre Chance, Hilfe zu erhalten und sie wird ruhiger. Der kleine Nachtwächter versucht nicht sie anzufassen, sondern kümmert sich sogleich um die verfangene Leine. "Warte, gleich bist du frei." Und wirklich. Der kleine Nachtwächter bekommt die verfangene Leine los. Die Schlaufe am Ende hatte sich in dem Riß an einem Brett eingeklemmt.

"Warte, ich nehme dir die Leine ab!" Doch die Katze, sobald sie befreit, läuft zum offenen Scheunentor. "Meine Kätzchen haben Hunger, meine Kätzchen brauchen mich", glaubt der kleine Nachtwächter zu hören. Der Regen draußen hält die Katzenmama nicht davon ab, nach Hause zu laufen.

"Na, dann werde auch ich trotz des Regens meine Runden drehen und hoffe, daß die Katze schnell und sicher nach Hause kommt und vor allem nicht wieder an irgendeinem Stock oder Holz hängen bleibt." Der kleine Nachtwächter hält die ganze Zeit über die Augen und Ohren offen. Aber die Katze taucht nicht wieder auf. Da ist er sich sicher, daß sie den Weg nach Hause gefunden hat.


15. Oktober 2010

© 2010 by MA-Verlag - Nachtwächter