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GUTE-NACHT/3317: Der einsame Pantoffel kann sich nicht entscheiden (SB)


Gute Nacht Geschichten vom einsamen Pantoffel


Auf einen kurzen Sprung kommt Tochter Annette vorbei. Sie hat kein passendes Rezept für das Fondue für den ersten Weihnachtstag gefunden. Alle Rezepte enthalten als Zutat Wein.

"Das schmeckt doch gar nicht!", sagt Annette, "du hast uns doch auch Fondue ohne Alkohol gemacht. Genau dieses Rezept möchte ich mir von dir holen, um den Käse und die anderen Zutaten einkaufen zu können."

Oma Erna kramt in einer Schublade im Schrank. Dorthinein legt sie immer alle Rezepte, die sie aus irgendwelchen Zeitungen herausschneidet. "Wie findest du dich in der vollen Kiste nur zurecht?", wundert sich Annette, als Oma Erna ihr das gewünschte Rezept in kurzer Zeit aushändigt. "Man muß halt seine eigene Ordnung nur kennen", entgegnet Oma Erna. Schon will sich Annette wieder verabschieden, da läuft ihr Mops Bello um die Füße herum. In seiner Schnauze hält er seinen roten Lieblingspantoffel. Annette fragt: "Darf Bello das? Der zerfetzt den Pantoffel womöglich wie er das mit bestimmt zehn Paaren bei mir gemacht hat."

"Soso", denkt Oma Erna. Davon hatte das Töchterchen nichts erzählt, als sie Bello nur mal für ein paar Tage, aus denen dann ein Daueraufenthalt wurde, vorbei brachte. Stolz verkündet Oma Erna: "Nein sowas macht Bello nicht. Das ist alles Erziehungssache. Der Pantoffel ist sein Lieblingsspielzeug, geradewegs wie ein Kuscheltier."

Annette staunt: "Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder." Das erhaltene Rezept nimmt sie und steckt es in ihre Tasche. "Da fällt mir etwas ein", beginnt sie erneut, "warst du in den letzten Tagen mal in der Stadt? In dem Schuhladen, in dem du alle unsere Kinderschuhe gekauft hast?" - "Warum?", fragt Oma Erna. "Nun, Bellos neues Spielzeug erinnert mich daran. Dort haben sie ein sehr seltsames Krippenspiel aufgebaut. Es besteht nur aus Schuhen. Alle Personen und Tiere sind da als Schuhe vorhanden. Selbst die Krippe ist durch einen Schuh dargestellt und zwar sieht er genauso aus wie der Pantoffel, den Bello gerade im Maul hat. Wenn ich mich nicht irre, ist das doch Papas Pantoffel. Hast du den zweiten auch noch?" - "Irgendwo steckt er", antwortet Oma Erna, ist sich aber nicht sicher, ob er hier im Haus oder vielleicht doch im Schaufenster des Schuhladens gerade zur Schau gestellt wird.


Zur gleichen Zeit im Fenster des Schuhladens denkt ein einsamer Pantoffel über seine Situation nach: "Langsam verliere ich aber die Geduld hier. Ständig werde ich angeklotzt. Ob ich mich lieber auf die Sohle mache, um endlich mein Gegenstück wiederzufinden? Ach nein, ich warte lieber noch bis morgen ab."

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Advent 2010