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GUTE-NACHT/3475: Der kleine Nachtwächter gruselt sich (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Der kleine Nachtwächter gruselt sich



Der kleine Nachtwächter und sein Hund Rebell wohnen seit einigen Tagen in einer Burg - ganz allein. Doch es ist nicht nur ihr neues Zuhause, es ist auch ihre Arbeitsstätte. Besonders in der Nacht sollen die beiden darauf aufpassen, daß niemand, der etwas Böses im Schilde führt, sich in die Burg einschleicht.

"Es wird Zeit, unsere Runden zu drehen, komm Rebell!", fordert der kleine Nachtwächter seinen Hund auf. Dann nimmt er die Laterne sowie die Taschenlampe und steigt die Stufen des Turmes hinab. Am Fuße der Treppe betritt er den Rundgang, der auf der Mauer entlang, um die ganze Burg führt.

"Kalt ist es geworden", fröstelt der kleine Nachtwächter. Am Nachmittag war es noch so schön warm. Die Sonne zeigte sich von ihrer besten herbstlichen Seite. Doch nun, wo sie untergegangen ist, spürt der kleine Nachtwächter genau, daß die warmen Tage gezählt sind und der Winter ebenfalls nicht mehr weit ist.

"Wir haben heute gar kein Holz gesammelt und auch die Kamine nicht angezündet. Da wird uns wohl unsere gute, alte Laterne wieder einmal nützlich sein", bei diesen Worten zündet der kleine Nachtwächter die Kerze in seiner Laterne an. Dann schreiten sie den Gang auf der Mauer entlang. Von hier aus haben sie einen freien Blick in die Ferne, und die Lichter des Dorfes scheinen zu ihnen herüber.

Den Rundgang haben die beiden nun hinter sich gelassen. Jetzt durchqueren sie den Burghof, die Laterne vor sich haltend. Die Laterne wirft ihr Licht voraus und Schatten zeigen sich an den Wänden des alten Gemäuers. Denn Licht und Schatten gehören zueinander wie die zwei Seiten einer Münze.

"Sieh mal Rebell, da sind unsere Schatten an der Mauer, ein Schattenhund und ein Schattennachtwächter mit einer Laterne", flüstert der kleine Nachtwächter, als könnte er mit lauter Stimme die Schatten verjagen. Dann bückt sich der kleine Nachtwächter und zieht seinen Hut, um den Schatten zu begrüßen. Dieser ist genauso höflich und ahmt den kleinen Nachtwächter nach.

"Ist es wirklich nur ein Schatten dort an der Wand?", fragt sich der kleine Nachtwächter insgeheim und überlegt, "können Schatten gar ein Eigenleben führen?" Bei diesen Gedanken erinnert er sich an eine Geschichte, in der ein Mädchen einen Schatten gefangen hatte und ihn in eine Schublade sperrte ...

Achtung! Kleiner Nachtwächter paß auf!

Plötzlich stolpert der kleine Nachtwächter und wäre fast gefallen. Über was war er gestolpert? Er leuchtet mit seiner Laterne, entdeckt aber nichts, keinen Stock, keinen Stein, keine erhöhte Steinplatte. "Merkwürdig", denkt er, "mir war, als hätte mir jemand ein Bein gestellt. Aber das kann doch nicht sein oder?"

Indess schnüffelt Rebell die besagte Stelle ab und scheint eine Spur wahrgenommen zu haben. Dieser folgt er nun. "Halt! Warte, du kannst mich doch hier nicht allein lassen!", ruft der kleine Nachtwächter hinter ihm her. Seine Schritte werden sogleich schneller und schneller. Während seines Laufes streift ihn ein Busch. Doch ihm ist, als griffen Hände nach ihm. "Warte doch Rebell, warte!"

Ein wenig außer Puste bleibt der kleine Nachtwächter stehen. Plötzlich ist ihm, als ob ihn jemand beobachtet. Und Rebell ist noch immer vorneweg. Der kleine Nachtwächter mag ihn gar nicht rufen. Dann aber nimmt er all seinen Mut zusammen und pfeift. Rebell kehrt um. "Komm, laß uns in die Burg zurückgehen. Es ist ja doch alles ruhig."

So kehren die beiden in den Turm zurück, aber nicht ohne sich noch des öfteren umzudrehen und sich zu vergewissern, daß ihnen auch wirklich niemand folgt.

Laterne leuchtet im Turmfenster - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 29. September 2011

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