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GUTE-NACHT/3606: Im Versteck (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Im Versteck

Enna erwacht. Alles ist dunkel umher. "Ist es Nacht?", fragt sie Mausohr, die große Stoffmaus, die in ihren Armen liegt. Mausohr gähnt nur. Je länger Enna in die Dunkelheit starrt, um so deutlicher werden die Dinge um sie herum. Licht fällt herein und scheint heller zu werden. Enna wird klar, wo sie beide sich gerade befinden. Mausohr und sie liegen noch in der Höhle unter dem Wohnzimmertisch. Dort waren sie auf den Kissen eingeschlafen.

Plötzlich ist eine fremde, lachende Stimme zu hören. "Das ist der Nachbarsjunge", stellt Enna fest. Sie weiß nicht recht, ob sie sich über seinen Besuch freuen oder ärgern soll. Opa ist mit ihm in den Garten gegangen, ohne sie und Mausohr mitzunehmen. Er hatte einfach vergessen, daß sie auch noch da waren. Enna verhält sich still und lauscht.

Opa und Paul kommen aus dem Garten herein. "Die Stiefel lassen wir lieber hier an der Tür stehen", hört Enna ihren Opa sagen. Er schlägt vor, daß er ihnen beiden aus der Küche Kekse und Kakao besorgt. "Aber nicht, ohne euch die Hände zu waschen", mit diesem Satz taucht Oma Lucie aus der Küche auf. "Was hab' ich dir gesagt", kommentiert Opa den Befehl, "auch Indianer dürfen hier nicht mit ungewaschenen Fingern an den Tisch." Damit verschwinden die beiden im Badezimmer.

"So, Cowboy und Indianer haben sie gespielt", Enna ist empört. Sie hätte gern als Indianermädchen mitgewirkt, und Mausohr wäre sicher mit Vorliebe eine Bisamratte gewesen.

"Hier euer Kakao und die Kekse. Setzt euch doch in die Stube", schlägt Oma Lucie den beiden vor. Opa nimmt das Tablett und geht voraus.

Paul schaut sich um. Den Tisch mit den Decken, die bis zum Boden reichen, findet er sehr merkwürdig. "Ihr habt aber komische Tischdecken", traut Paul sich zu sagen. Opa Eggi legt einen Finger an seine Lippen, um anzudeuten, daß Paul darüber nicht weiter laut sprechen soll. Dann gibt er merkwürdige Zeichen, die irgendwas mit dem Tisch zu tun haben. Paul versteht sie nicht.

Nun setzt sich Opa erst einmal hin und bietet auch Paul einen Platz an. Sehr laut und deutlich sagt Opa dann: "Nimm einen Schluck, der Kakao ist lecker, hier ist auch noch eine zweite Tasse, wenn du magst. Und die Kekse sind selbstgebacken. Die schmecken lecker. Greif ruhig zu, es sind genug da. Ich stelle sie mal hier an den Rand, dann kann ich uns noch das Schachspiel aufstellen."

Bei diesen Worten wird Enna wütend. Was soll sie machen, aus ihrem Versteck hervorkommen oder weiter hier unten bleiben? Sie hört wie Opa aufsteht und auch Paul scheint mit zum Regal hinüber zu gehen. Blitzartig greift sie mit der Hand nach oben und fährt suchend an der Tischkante entlang. Schnell hat sie den Teller mit den Keksen entdeckt. Schwuppdiwupp hat sie ein paar stibitzt.

Opa und Paul setzen sich wieder hin. Sie trinken schlürfend ihren Kakao, und Enna hört sie schmatzen. Da hält sie es nicht mehr länger aus. "Denen werde ich meine Meinung sagen!", wispert Enna in die großen Ohren ihrer Maus. Und mit dem lautesten Indianergeheul zu dem Enna fähig ist, taucht sie aus ihrem Versteck auf ...

Gute Nacht


7. November 2012