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KALENDERGESCHICHTEN/098: 02-2019   Der kleine Elefant - vergessen, spielen und verstecken ... (SB)



Der kleine Elefant steht dem auf einem Baum sitzenden Affen gegenüber. Im Hintergrund der Dschungel, auf den Bäumen lugen ebenfalls Äffchen hervor - BuntstiftzeichnungBuntstiftzeichnung © 2019 by Schattenblick © 2019 by Schattenblick

Der kleine Elefant startete seine Reise nach Afrika in dem Privatjet der Gräfin. Leider musste er den langen Flug in einem Transportbehälter verbringen, der zwar geräumig war, ihm aber trotzdem missfiel. Vor lauter Langeweile war er eingeschlafen. Doch dann wurde er von einem heftigen Gerumpel geweckt, seine Transportbox wurde hin und her geworfen, kippte mal in die eine, mal in die andere Richtung. Er wusste nicht wie ihm geschah!

Der kleine Elefant Roland schrie vor lauter Angst so laut er konnte und plötzlich hörte er auch die ängstliche Stimme der Gräfin, die rief: "Werden wir abstürzen? Was passiert hier, ist die Maschine beschädigt? So sagen Sie doch etwas!" Der Pilot meldete sich über Sprechfunk, dass sie sich keine Sorgen machen sollte, er hätte alles unter Kontrolle und das Flugzeug würde nicht abstürzen, dann fügte er noch hinzu:

"So etwas habe ich auch noch nicht erlebt. Der Wind ist so heftig und ganz plötzlich zu einem gewaltigen Sturm ausgewachsen, der hat so starke Böen entwickelt, als wolle er mit dem Flugzeug Ball spielen. Ich muss schon sagen, dass es mir nicht gerade ein Leichtes ist, es ruhig zu steuern. Aber seien Sie unbesorgt, ich schaffe das!" - "Das ist gut, ich hatte bereits die ärgsten Befürchtungen", bedankte sie sich beim Piloten.

Endlich hatte die Gräfin auch ein Ohr für den kleinen Elefanten. Das jämmerliche, ängstliche Geheul rührte sie. Johann, der Diener ergriff die Transportbox, als sie gerade vor seinen Sitz trudelte und hielt sie fest. Er sprach beruhigende Worte zum kleinen Elefanten und hatte alle Mühe den Behälter nicht wieder loszulassen. Eine Weile noch wurde der Flieger durchgeschüttelt, dann endlich beruhigte sich der Sturm. Der Pilot konnte nun bald landen.

Das erste Mal in seinem Leben betrat der Elefant fremden Boden. Und er staunte nicht schlecht. Hier sah alles ganz, also wirklich ganz anders aus als in seiner Stadt. Der Flughafen war gar keiner. Zwar gab es eine Landebahn, aber eben nur eine und die war nicht einmal besonders breit. Am Ende der Bahn kam das Flugzeug zum Stehen und eine gewaltige grüne Wand erhob sich vor ihnen. Bäume voller riesiger Blätter, Büsche und hohe Gräser schienen ineinander verwoben, so als wollten sie niemanden hindurch lassen. Johann packte den Transportbehälter mit samt Elefanten und trug ihn die Treppe hinunter, öffnete ihn und sofort tapste Roland, noch etwas wackelig auf den Beinen, hinaus.

Er streckte seinen Rüssel in die Luft. Hier roch alles ganz seltsam und es war viel wärmer als Zuhause. Auch sah er nirgends Autos und keine großen, hohen Gebäude. Am Rande in einiger Entfernung konnte er nur ein kleines Haus erkennen, das war schon alles. Rund um den Platz wuchsen Bäume und hier wurde die Erde auch nicht mit Straßen oder Beton zugedeckt, vielmehr war alles voller Gras, wo er auch hinsah. Sein kleines Herz machte einen Hüpfer vor lauter Freude. Das alles gefiel ihm sehr. Nie hätte er sich träumen lassen, dass es so etwas überhaupt gab. Wie angewurzelt blieb er auf der Stelle stehen und horchte auf die vielen verschiedenen Stimmen. Darunter waren die von Vögeln, doch andere hörten sich überhaupt so fremd an, dass Roland nicht wußte, wer denn derartig merkwürdige Laute von sich gab. Ja, er wusste nicht einmal, ob er sich fürchten sollte.

Unterdessen telefonierte die Gräfin bereits wieder: "Ja, ja, wir sind wohlbehalten angekommen und begeben uns jetzt auf den Weg zu meinem Haus. Nein, wir werden mit einem Jeep abgeholt und morgen treffe ich mich mit den Wissenschaftlern, um die weiteren Schritte zu überlegen. Nein, der Kleine hat noch keine anderen Tiere gesehen. Er scheint ganz ruhig zu sein ...", in dieser Art verlief das Gespräch und forderte ihre gesamte Aufmerksamkeit.

Der kleine Elefant aber schaute sich weiter um und entdeckte auf einem der Äste eines dicken Baumes eine große schwarze Gestalt. Ihr ganzer Körper war mit langen Haaren bedeckt, nur das Gesicht nicht. Dieses Wesen, das aussah wie ein Mensch mit Fell, hockte bequem auf dem Ast, ließ seine Beine baumeln und hielt sich mit einem Arm an einem Zweig darüber fest.

Es beugte sich etwas vor, öffnete seinen Mund und gab unverständliche Laute von sich, sah aber aus als ob es lachen würde. Neugierig bewegte der kleine Elefant sich auf den seltsamen Fremden zu, der nun anfing mit seinen langen Armen zu winken, jedenfalls glaubte Roland, dass das muntere Fuchteln ein Herbeiwinken sein würde. Mutig eilte er voran und stand nun direkt vor dem dicken Baum. Der große schwarze Fellmensch kletterte geschwind hinab und baute sich in voller Größe vor ihm auf.

"Wer bist denn du?", lachte er laut, "siehst aus wie ein richtiger Elefant, bist aber klein wie ein Baby!" Roland war gekränkt, schließlich war er ein richtiger Elefant und schon ziemlich erwachsen und immerhin auch ganz schön alt - jedenfalls war er davon überzeugt. So gab er leicht verärgert zur Antwort: "Na, du siehst aber auch verkehrt aus, bist gar kein richtiger Mensch!"

"Pah, hui, ha, ha, ha, hui, nein wie lustig, ich ein Mensch, oh je, nur das nicht", brüllte dieser merkwürdige Fremde vor Lachen und hielt sich den Bauch. Er hockte sich hin und ließ sich auf seinen Hintern plumpsen, war dann aber immer noch so groß, dass er Roland bequem in die Augen sehen konnte.

"Also los, nun sag' schon, wie heißt du? Was willst du hier? Und überhaupt, wo kommst du her? So einen wie dich haben wir noch nie gesehen!", rief er aus. Prompt erschienen hinter ihm im Gebüsch und auf den Bäumen ebensolche dunklen Wesen wie er. Und auch sie lachten, nur nicht ganz so laut.

"Ich heiße Roland, oder Ronny, ganz wie du willst und nun bist du an der Reihe, sag' wie heißt du und wer bist du?", forderte der kleine Elefant trotzig sein Gegenüber auf.

"Man nennt mich einfach nur Boss und das bin ich, ich bin hier der Boss", prahlte er und warf sich in die Brust.

"Aber wenn du kein Mensch bist, nur beinahe so aussiehst wie einer, was bist du dann?", beharrte Roland auf seiner Frage.

Die Menschen nennen uns Affen, sie sind allerdings ganz stolz darauf selbst keine zu sein. Sie halten sich für was Besseres und behaupten, sie seien die Könige der Welt und könnten tun und lassen was immer sie wollten", erklärte er dem keinen Elefanten nun schon etwas freundlicher und fügte noch hinzu, "die sind ziemlich gefährlich!"

Das verstand Roland nicht, kannte er doch nur die Gräfin und Johann und die waren meistens sehr nett zu ihm und kümmerten sich um sein Wohlbefinden. Andere Menschen sah er nur von Ferne ohne sie zu kennen. Doch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, war er bereits von der Affenhorde umzingelt. Viele neugierige Hände griffen nach ihm, tätschelten seinen Rücken, zogen an seinen Ohren, ganz so als wollten sie prüfen, ob er echt oder ein Trugbild sei. Aber er war echt und so brüllte er empört: "Hey, was soll das!" Doch die Affen lachten, aber nicht böse, sondern freundlich und so streckte er vorsichtig und doch neugierig seinen Rüssel nach ihnen aus, um sie zu beschnuppern. Tausend Fragen flogen durch die Luft, gemischt mit Staunen und Lachen. Allmählich fühlte sich Roland ganz wohl unter ihnen und ob der vielen Neuigkeiten, die sie austauschten.

Bei all dem Betasten, Tätscheln und dem Durcheinander der vielen Fragen bemerkte er nicht, wie sich die gesamte Affenbande mit ihm in der Mitte, immer tiefer in den Dschungel hinein bewegte ...

Fortsetzung folgt ...


zum 1. Februar 2019


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