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KALENDERGESCHICHTEN/115: 07/08-2020   Spuk und Tränen - belehrt und zurechtgewiesen ... (SB)


Das Mammut steht auf dem Sessel und lugt zwischen zwei dicken, flauschigen Kissen hervor - Buntstiftzeichnung: © 2020 by Schattenblick

Rumtrum hatte die Bekanntschaft mit einer Trollfrau, die ihn aufforderte das Land der Trolle zu verlassen, denn Menschen oder Menschen-Mädchen sind dort unerwünscht. Nachdem sie verschwunden war, verwandelte sich Rumtrum in ein Mammut. Dabei wurde er heimlich von eben dieser Trollfrau beobachtet, die auf diese Weise erfuhr, dass Rumtrum kein Mensch, sondern ein Hausgeist ist, der bei dem Troll Trovje dem Garstigen lernen wollte. Nun durfte er bleiben und wurde sogar von der etwas unheimlichen Trollfrau zu einem Gespräch aufgefordert - der kleine Hausgeist traute sich nicht, die Einladung abzulehnen.

Trollfrau Helga nickte Rumtrum in Mammutgestalt zu und winkte ihm, ihr zu folgen. Dem kleinen Hausgeist war nicht ganz wohl bei der Sache, doch fühlte er sich irgendwie in einen Bann gezogen, so dass ihm gar keine Wahl blieb, als sich in Bewegung zu setzen und ihr nachzugehen. "Du liebe Güte, die macht aber gewaltige Schritte, da komme ich mit meinen vier Füßen kaum hinterher", schimpfte Rumtrum im Stillen. Beinahe im Galopp ging es über Hügel und durch Täler, einmal quer durch einen breiten Fluss und dann einen ziemlich steilen Berghang hinauf. Endlich zeigte sich an dessen Gipfel ein Haus, das heißt, eigentlich war es mehr eine riesige Kugel mit Fenstern und einem mächtigen Tor. Nach einem etwas holprigen Anstieg erreichten sie endlich dieses seltsame Gebäude. Das Tor sah von Nahem noch viel eindrucksvoller aus und unversehens öffnete es sich, ohne dass die Trollfrau die Klinke bedient hätte.

Beide durchschritten den Eingang und wie von Geisterhand verschloss das Tor sich sofort wieder. Rumtrum sah sich erschrocken um. Wo war er hier gelandet? Vor ihnen lag ein Innenhof, wenn man geneigt ist, dieses Wirrwarr an Gegenständen als solchen zu beschreiben und nicht unhöflich sein wollte, es als Schrottplatz zu bezeichnen. Rumtrum staunte und äußerte sich lieber nicht. Als sie den Hof durchquert hatten, nahmen sie zwei Stufen und betraten einen Wohnraum. "Wow, Wahnsinn", raunte der kleine Hausgeist wohl etwas zu laut, "das ist hier aber gemütlich!"

Am liebsten hätte er sich sofort in einen der plüschigen Sessel mit den flauschigen Kissen gesetzt. Doch als Mammut dürfte das etwas schwierig werden, obwohl die Möbel eigentlich ziemlich riesig waren. Also blieb er lieber stehen und wartete, was die Trollfrau mit ihm zu besprechen beabsichtigte. Sie setzte sich in einen solchen Sessel und machte es sich bequem. Sofort öffnete sich eine Tür hinter ihrem Platz und ein Flatterling huschte hinein. Im ersten Moment meinte Rumtrum, Kalle darin zu erkennen, aber dieses Wesen war von leuchtend grüner Farbe - das war nicht Kalle! Das Wesen fragte die Trollfrau nach ihren Wünschen und diese bestellte sich einen Topf voll Wurzelmus mit Honig und für ihren Gast einen großen Haufen Gras. Beides wurde in Windeseile serviert.

Rumtrum knabberte lustlos und enttäuscht an ein paar Grashalmen. Viel lieber hätte er von dem Wurzelmus probiert, traute sich aber nicht, etwas zu sagen. Nachdem sie den Topf leer gegessen hatte, sich genüsslich den Mund mit ihrem Ärmel abwischte, begann sie zu reden. "Nun, kleiner Hausgeist, nenne mir deinen Namen!", forderte sie.

"Ich werde Rumtrum genannt. Schon seit Ewigkeiten", fügte er hinzu, um etwas älter und erwachsener zu wirken. "Nun denn, Rumtrum, ich verrate dir etwas, allerdings erst, wenn wir einen unverbrüchlichen Pakt geschlossen haben", begann sie mit ernster Stimme. "Einen Pakt? Was ist das, ich meine warum sollte ich mit dir einen Pakt schließen und worüber?", wunderte sich Rumtrum.

"Nun, du willst doch bei Trovje lernen. Dieser Trovje, der sich der Garstige nennt und sich für besonders böse hält, ist mein Mann. Ich weiß nicht, was er dich lehren will, aber ich möchte mit deiner Hilfe ihm selbst eine Lehre erteilen. Es soll nicht zu deinem Nachteil sein", schlug sie dem kleinen Hausgeist vor.

"Ah, jetzt verstehe ich, du bist der Grund dafür, dass Trovje keine Mädchen, also keine weiblichen Wesen leiden kann. Du scheinst sehr mächtig zu sein. Ich sah, wie du dich in Nullkommanix von einer Riesin zu normaler Größe verwandelt hast. Aber warum willst du ihm eine Lehre erteilen? Das verstehe ich nicht", platzte Rumtrum neugierig mit seiner Frage heraus.

"Das verrate ich dir erst, wenn du mir dein Wort gegeben hast, wenn wir einen Pakt geschlossen haben, den du niemals brechen darfst", zischte sie ihm in sein Mammutohr. "Gut, ich bin einverstanden. Ab sofort bin ich dein Verbündeter", entschlossen richtete sich die Mammutgestalt auf und stampfte mit dem Vorderfuß auf.

Die Trollfrau nickte, holte einen kleinen Dolch hervor und ritzte einen kleinen Schnitt in Rumtrums Mammutbein. Erschrocken zuckte er zusammen und zog sein Bein zurück. Doch Trollfrau Helga fing einen Blutstropfen in einer kleinen Schale auf. Dann fügte sie sich ebenfalls einen kleinen Schnitt in ihrem Arm zu und ließ einen Tropfen Blut zu dem von Rumtrum fallen, vermischte beides miteinander, tauchte ihren Finger hinein und tupfte der Mammutgestalt ein Zeichen auf ihren mächtigen Zahn. Sich selbst malte sie ein Symbol an der Unterseite ihres Armes. Als sie damit fertig war, verkündete sie den Pakt als beschlossen. Stumm nickte sie Rumtrum zu, der sich irgendwie ganz wichtig und bedeutsam vorkam und nun sehr würdevoll sein Haupt senkte. Plötzlich und mit fröhlich klingender Stimme begann Helga ihren Plan offenzulegen.

"Unter uns, Trovje ist ein riesiger Angeber, der sich für den Größten, den Mächtigsten, den Bösesten und Garstigsten hält, für jemand, der die kniffeligsten Zaubereien zustande bringt. Er kann es nicht ertragen, dass irgendjemand mehr kann als er. Ich habe keine Lust, mich mit ihm zu messen, denn ich weiß, was ich kann und muss es niemandem beweisen. Aber er geht mir auf die Nerven mit seinem Großmaul. Ich finde, es täte ihm gut, wenn er mit jemanden zusammenträfe, der ihm in allem weit voraus ist. Vielleicht kommt er dann zur Besinnung", seufzte die Trollfrau.

"Aber was hast du denn davon, wenn er zur Besinnung kommt?", schnaubte Rumtrum als Mammut. "Tja, das ist ja das Verrückte, ich hab diesen Dussel schrecklich lieb und möchte dass er begreift, dass seine Angeberei völlig überflüssig ist. Dann wäre unser Zusammenleben viel einfacher und angenehmer", lächelte die Trollfrau.

"Hhm, gut", machte der kleine Hausgeist, das hatte er nicht erwartet und es rührte ihn, "aber ich verstehe nicht ganz, wie ich dir dabei behilflich sein kann. Ich kann überhaupt fast gar nichts", räumte Rumtrum kleinlaut ein. "Das trifft sich gut", lachte die Trollfrau. Rumtrum verstand nun überhaupt nichts mehr und musste wohl ziemlich dumm dreingeschaut haben, denn Helga gluckste und kicherte in sich hinein. "Na, überleg' mal, wie schlimm es für ihn sein muss, wenn sein Lehrling von Anfang an alles besser kann als er!", freute sie sich.

"Nun gut, aber wie gesagt, ich weiß nicht, wie das gelingen kann? Ich muss dich wohl doch daran erinnern, dass ich nichts, na, fast nichts kann", wiederholte Rumtrum sein Bedenken.

"Das werde ich dir genau erklären. Doch nun, geschwind, verstecke dich, Trovje kommt nach Hause, hörst du seine polternden Schritte? Er darf dich hier auf keinen Fall sehen!"

"Nichts leichter als das, ein Mammut verstecken ist doch total einfach", ärgerte sich Rumtrum, doch da war er auch schon winzigklein und lag verborgen hinter zwei dicken Kissen. "Nanu, wie hat sie das nun wieder gemacht?", wunderte sich der kleine Hausgeist. Doch verhielt er sich still und wurde Zeuge eines seltsamen Gesprächs.

Weitere Abenteuer mit Rumtrum folgen ...


24. August 2020


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