Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


FUNGI/002: Pilze - Nahrungsträger ... (SB)


Brot, Bier, Käse und Schokolade - lecker dank Hefepilzen


Heute finden sich in den Bäckereien und Supermärkten ungeheure Mengen an Broten in ebenso unglaublicher Vielfalt. Neben den klassischen Brotsorten wie Schwarz-, Weiß- und Graubrot entstanden durch immer neue Backmischungen und -zutaten, durch wieder entdeckte Getreidesorten und zahlreiche Gewürze eine ganze Reihe neuer Brotrezepturen. Aber wie hat es eigentlich mit dem Brot angefangen?


Das geheimnisvolle Brot

Natürlich kann man heute nicht sagen, wer das Brot erfunden hat. Aber vielleicht hilft es, sich vorzustellen, wie die Situation vor Tausenden von Jahren für Menschen gewesen ist. Ganz allgemein wird davon ausgegangen, dass die Jäger und Sammler, die als Nomaden durch die Lande zogen, irgendwann sesshaft wurden. Das heißt, sie bauten sich Unterkünfte, Hütten oder große Zelte und blieben an einem Ort. Sie hielten sich Vieh und pflanzten Getreide an, das sie vielleicht schon aus ihrer Sammlerzeit kannten. Die Getreidekörner wurden gemahlen oder zerrieben und mit Wasser vermengt zu einem Brei gerührt, der so auch gegessen wurde.

Vielleicht wurden die Reste vom Brei auf die heißen Steine der Feuerstelle gelegt. Der dann hart und trocken gewordene Brei ließ sich in dieser Form gut mitnehmen oder lagern. Blieb nun ein Getreidekornbrei aber für einige Zeit an der Luft stehen, so veränderte er zusehends seine Beschaffenheit, er wurde größer, blähte sich förmlich auf - ein Hefeteig war entstanden. Wurde ein solcher Teig gebacken, so wurde daraus ein lockeres, weiches und wenn man Glück hatte auch schmackhaftes Etwas, das den Namen Brot erhielt.

Doch was rief diese Veränderung hervor? Hier kamen die Pilze wieder ins Spiel. Es sind die Hefepilze, die sich zahlreich und verschiedenartig in der Luft befinden, die sich auf dem Getreidebrei niedergelassen hatten und sofort mit großem Appetit ihre Zersetzungsarbeit begannen. Als Folge davon wird Kohlendioxid frei, das das Aufgehen des Teigs bewirkt.

Doch war das Gelingen eines solchen Teigs noch Glücksache, denn damals wusste man noch nichts über die Hefepilze. Da viele verschiedenartige durch die Luft getragen wurden, die alle etwas unterschiedliche Stoffwechselprodukte lieferten und somit auch entsprechend abweichende Reaktionen hervorriefen, war es um so erfreulicher, wenn ein wohlschmeckender Teig entstand. Bald wusste man sich zu helfen. Vor dem Backen wurde ein Stückchen von dem Teig abgenommen und für die nächste Getreidebreimischung aufbewahrt. So erhielt man einen gleich schmeckenden Teig. Das konnte so fortgesetzt werden.

Natürlich spielte bei der Entwicklung der Brotbackkunst auch die Erfindung von Backöfen eine Rolle, die erheblich zum Gelingen eines Brotes beitrug. Die Getreide Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Dinkel lieferten die Körner, aus denen das Mehl gemahlen wurde. Mit den wachsenden Fertigkeiten des Müllers und der Verbesserung der Mühlen gelang es, immer feineres Mehl herzustellen. Dem Weizenmehl wurde bald schon Bierhefe zugesetzt, mit deren Hilfe die wohlschmeckenden hellen Backwaren und Weißbrote hergestellt werden konnten.


Auf einem Holzbrett liegen Schwarz-, Misch- und Weißbrot, Camembert, Schokolade, daneben steht ein Glas Bier und Glas Kefir - Foto: © 2017 by Schattenblick

Schwarz-, Misch- und Weißbrot, Camembert, Bier, Schokolade und Kefir - diese Lebensmittel sind mit Hilfe von Hefepilzen entstanden
Foto: © 2017 by Schattenblick


Die Bierhefe und das Brot

Bier wurde im Mittelalter auch als "flüssiges Brot" bezeichnet, denn es war sehr nahrhaft und konnte gut in Fässern und Krügen aufbewahrt werden. Doch wie kam man auf diese Flüssigkeit? Noch einmal zurück zu unserem Getreidebrei, der an der Luft stehengelassen wurde. Hatte man diesen Brei zu sehr mit Wasser verdünnt, so bildete sich kein Hefeteig, sondern die Hefen sorgten für eine Gärung und man erhielt ein vergorenes Getränk, das eine leicht alkoholische Wirkung zeigte. Doch so konnte man natürlich noch kein Bier in großen Mengen brauen. Dazu brauchte man bestimmte Getreidesorten, beispielsweise Gerste oder Weizen. Später verwendete man fast nur noch Hopfen, da er auch noch eine keimtötende Wirkung mitbrachte. Außerdem benötigte man ein Mittel, das die Getreidestärke in Zucker umwandelte, ausreichend Wärme und eben genau die Hefen, die eine alkohlbildende Gärung auslösen, und zuguterletzt noch stabile Gefäße, um das Bier darin zu lagern.

Übrigens das älteste Verfahren um Getreidestärke in Zucker umzuwandeln war die menschliche Spucke. In einigen abgelegenen Regionen der Welt wird sie auch heute noch verwendet, um beispielsweise Reiswein oder ein alkoholisches Maisgetränk herzustellen. Die Braukunst war viele Jahrhunderte den Frauen vorbehalten, die Herstellungsverfahren wurden weiterentwickelt, um dieses damals wichtige Nahrungsmittel immer im Haushalt vorrätig zu haben. In einigen Teilen Deutschlands gehörte die nahrhafte Biersuppe, eine Art Brot-Bier-Brei, zu den häufigsten Gerichten. Die Hefen brauchten Wärme, um gut zu gedeihen und ihre Arbeit zu tun. Auch das war ein Grund, warum das Backen und Brauen lange Zeit eng miteinander verknüpft war. Manchmal trifft man noch auf eine Erwähnung solchen alltäglichen Tuns wie beispielsweise in dem Märchen "Rumpelstilzchen".

Heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!

Im kühleren Europa hatten die Kelten eine Technologie erfunden, um mit Hilfe des Feuers zu brauen, was auch hier die Entwicklung der Braukunst möglich machte. Erst später nutzen die Brauereien andere Hefekulturen, die weitaus weniger Wärme benötigten, dafür aber eine langsamere Gärung zeigten. Diese Hefen taugten nicht mehr zum Backen. So entfernten sich die Back- und Braukünste allmählich voneinander.


Käse und Kefir - Schimmelpilz und Kefirpilz verfeinern Milchprodukte

Bei der Herstellung von Joghurt, Butter und Käse sind vorrangig Milchsäurebakterien beteiligt. Sie sind noch kleiner als die Hefe- oder Schimmelpilze, bringen aber ganz köstliche und gut haltbare Produkte hervor. Dem Käse wird im letzten Reifevorgang oft noch ein Schimmelpilz hinzugefügt, beispielsweise bei den Sorten Roquefort, Dana Blue oder Gorgonzola. Dabei handelt es sich um sogenannte Edelschimmelkulturen wie penicillium roqueforti. Es werden Blau- und Weißschimmelkulturen verwendet und selbst der leckere Camembert hat seine äußere weiche, weiße Schicht dem Pilz penicillium camemberti zu verdanken.

Mit Hilfe des Kefirpilzes wird ein köstliches Milchgetränk erzeugt. Die Wirkung dieser Hefen und Schimmelpilze wurde vor Jahrtausenden entdeckt, meist zufällig, und wurde dazu benutzt, die Lebensmittel haltbar zu machen. Dort wo sie die Nahrungsmittel durchdrungen hatten, war kein Platz mehr für schädliche Bakterien oder Pilze, die sie hätten verderben lassen können. Jedenfalls galt dies für einen bestimmten Zeitraum. Aus dem gleichen Grund der Verlängerung der Haltbarkeit von Lebensmitteln wurde das Fermentieren entwickelt, das wiederum mit Hilfe von Hefen oder anderen Pilzen ermöglicht wird.


Hefen, Pilze und Bakterien schützen Lebensmittel vor dem Verderben

Für die Menschen war es schon immer wichtig, dass sie Vorräte anlegen konnten, um die langen Winter zu überstehen. Viele Lebensmittel, die im frischen Zustand schnell verderben würden, wurden mit Hilfe von Hefepilzen, Schimmelpilzen und Bakterien so verändert, dass sie viel länger genießbar waren. Auch bei Produkten, bei denen man es gar nicht vermutet, spielen diese winzigen, kleinen Helfer eine entscheidende Rolle. So verdankt auch Schokolade ihr Dasein den Mikroorganismen. Die frischen Kakaobohnen werden fermentiert. Das bedeutet, dass die Bohnen auf Bananenblättern ausgebreitet und auch mit ihnen zugedeckt werden. Durch die Einwirkung der Sonnenwärme beginnt sofort ein Gärungsprozeß. Um eine möglichst gute, saubere Gärung zu erhalten, werden noch bestimmte Hefearten hinzugefügt. Man kann auch Gemüse fermentieren, so wird aus Weißkohl Sauerkraut, dass in Fässern gelagert länger haltbar ist.

Was aber geschieht bei der Fermentation? Dem jeweiligen Lebensmittel werden natürliche Mikroorganismen zugefügt wie Hefen, gute Bakterien oder Schimmelpilze. Dann werden sie gut verschlossen in einem geeigneten Gefäß gelagert. Sie vermehren sich und dabei werden die Kohlenhydrate (Zucker) zu Milchsäure umgewandelt. Diese hat wiederum die gewünschte konservierende Eigenschaft und verhindert, dass ungesunde Keime gedeihen können, die das Nahrungsmittel verderben würden.

Immer wieder treffen wir auf die kleinen, unscheinbaren Helfer, die die Menschen seit Ewigkeiten begleiten und ihnen in vielerlei Hinsicht beim Überleben behilflich waren und sind.

Im nächsten Teil: Wie ein Schimmelpilz Leben retten hilft


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.bier-lexikon.lauftext.de/bier-brauen.htm

http://www.essen-und-trinken.de/fermentieren

http://www.smarticular.net/anleitung-zur-fermentierung-von-gemuese/

http://www.kefirpilze.de/milchkefir-herstellung


15. März 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang