Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


TIERE/138: Der Falke - ein Lufträuber mit Weltruhm ... (SB)




Der Gerfalke (Falco rusticolus)

Die meisten Vögel bauen Nester. Nicht alle fertigen Prunkbauten an, aber viele der Vogelquartiere sind sehr geschickt konstruierte Bauwerke. Geflochten aus Halmen, "gemauert" aus Lehm und Spucke, aus Stöcken und Gräsern gewebt, mit Moos und Blattwerk gepolstert, um nur ein paar Bauweisen zu nennen. Doch die Falken gehören nicht zu den Baumeistern und dennoch brüten auch sie ihre Eier in Nestern aus.


Die Zeichnung zeigt einen großen Gerfalken mit sehr dunklem Federkleid, der auf einem Felsvorsprung hockt - Grafik: John Gerrard Keulemans / Public domain, via Wikimedia Commons

Gerfalken gibt es in drei Farbvarianten: weiß, braun, dunkelbraun
Grafik: John Gerrard Keulemans / Public domain, via Wikimedia Commons


Der Gerfalke beispielsweise erweist sich als Nestbesetzer. Er baut keine eigenen Horste, sondern vertreibt die eigentlichen Bewohner wie Steinadler, Seeadler, Raufußbussarde oder sogar Kolkraben aus ihren Nestern. Haben sie einen fremden Horst erobert, so nutzen sie ihn immer wieder, auch über viele Jahre hinweg. Sind keine geeigneten Nester in der näheren Umgebung, so sucht er geschützte Plätze unter Felsvorsprüngen auf, meist an steilen Felswänden, wo das Weibchen seine Eier in Bodenmulden legt, die manchmal mit dort vorhandenem Moos oder Flechten ausgepolstert sind. Der Gerfalke ist der größte unter den Falkenvögeln, von denen es viele verschiedene Arten gibt und auch derjenige, der am weitesten im Norden brütet. In Ländern wie Island, Russland, Norwegen, Schweden, Finnland, aber auch in Alaska, Kanada und Grönland ist er anzutreffen.

Die Weibchen der Gerfalken sind viel größer und schwerer als die Männchen, aber kaum an ihrem Gefieder zu unterscheiden. Der Gerfalke ist als Greifvogel, der gelegentlich auch als Raubvogel bezeichnet wird, bestens ausgestattet. Auffällig sind sein hakenförmiger, spitzer Schnabel und seine mächtigen krallenbewährten Fänge.


Der Falkenzahn

Der Falkenschnabel weist eine Besonderheit auf. An dem Oberschnabel an beiden Schneidekanten befindet sich eine zahnartige Hornausstülpung, die entsprechend an dem Unterschnabel eine passende Ausbuchtung zeigt. Zusammen mit dem spitzen, stark gebogenen Haken an der Schnabelspitze verfügt der Falke damit über ein tödliches Werkzeug. Er schlägt seiner Beute mit dem Schnabel in den Hinterkopf oder ins Genick, was zum raschen Tod des Beutetiers führt. Seine Fänge dienen zum Ergreifen und Festhalten der Beute. In der Luft kann er hohe Geschwindigkeiten erreichen und wendige Flugmanöver absolvieren. Schneehühner zählen zu seiner Lieblingsbeute, doch er macht auch Jagd auf Schneehasen, Lemminge, Raufußhühner oder andere Kleinvogelarten.


Darstellung eines Falkenschnabels mit dem typischen Falkenzahn kurz hinter der gebogenen Spitze des Schnabels - Grafik: © 2020 by Schattenblick

Grafik: © 2020 by Schattenblick

Gerfalken sind nur schwer in freier Wildbahn zu beobachten. Nach neueren Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass diese Vogelart unter dem Klimawandel zu leiden hat. Die gewohnten kalten Lebensräume werden kleiner und es ist anzunehmen, dass auch der Beutetierbestand abnimmt. Als schwierig erweist sich die genaue Bestimmung des Bestandes dieser Vögel. Schätzungen besagen, dass es weltweit ca. 11.000 Brutpaare geben soll. Die größte Anzahl soll es in Kanada und Russland geben. Andere Quellen nennen Zahlen zwischen 50.000 und 60.000 Brutpaaren.

Durch Wilderei werden die Gerfalken ebenfalls bedroht. Entweder werden Eier und Jungvögel aus den Nestern geraubt oder die erwachsenen Gerfalken gefangen, um sie teuer zu verkaufen. Dass es dafür einen Markt gibt, liegt daran, dass dieses Tier als Jagdgehilfe des Menschen eingesetzt wird und zudem eine hohe kulturelle Bedeutung erlangt hat. Seit vielen Jahrhunderten wird der Gerfalke als Geschenk an die verschiedenen einflussreichen Herrscherhäuser weitergereicht, selbst in südlichere Länder, in denen sich der an kalte Witterung gewöhnte Vogel überhaupt nicht wohl fühlt.


Der Gerfalke als begehrter Beizvogel (Jagdvogel)

Der Gerfalke wurde abgerichtet, um in der Beizjagd - so wird die Jagdmethode des Falkners mit dem Jagdfalken genannt - eingesetzt werden zu können. Das hat sich bis in unsere Zeit nicht geändert. Zwar ist es seit 2002 streng verboten diese Falken aus der freien Natur zu fangen, doch gegen die Züchtung und den Handel mit diesen Vögeln besteht kein Einwand. Da gerade die Gerfalken besonders in den reichen arabischen Ländern und Städten, beispielsweise in Abu Dhabi, sich größter Beliebtheit unter den Scheichen erfreuen, wurden diese Vögel mit Falken aus wärmeren Regionen gekreuzt. Denn die in der Wärme lebenden Tiere sollten durch die Kreuzung bessere Abwehrkräfte gegen Pilze und Bakterien erhalten, die dem Kälte gewohnten reinen Gerfalken nicht eigen sind. Besonders der reinweiße Vogel wird bevorzugt angefordert, er gilt als hohes Statussymbol und ist daher beliebter als die Vögel mit braun-gesprenkeltem oder ganz dunklem Federkleid. Um mit einem Falken jagen zu können und zu dürfen, muss eine Jägerprüfung abgelegt werden und ebenso noch eine Falknerprüfung. Man kann nur hoffen, dass diese Vorbedingungen zum Wohl des Tieres gereichen. Heute steht der Gerfalke in den meisten europäischen Ländern unter strengem Artenschutz.


Der Turmfalke

In Deutschland wird man dem Gerfalken kaum begegnen. Hier sind andere Falkenarten beheimatet wie beispielsweise der Turmfalke, der Wanderfalke oder der Merlin, um nur einige zu nennen. Am weitesten verbreitet ist der Turmfalke, dem nun die Aufmerksamkeit gelten soll. Weite landwirtschaftlich genutzte Flächen zählen zu seinen Lebensräumen wie auch Feuchtgebiete, Moore und ebenso sucht er Brutplätze in Dörfern und Städten auf. Der Name Turmfalke stammt seiner Nistplatzwahl in Kirchtürmen und Domen. Sowohl in Hochhäusern und selbst in Industrieanlagen und Ruinen findet er einen geeigneten Ort zum Brüten.


Links: Falke im Flug mit ausgebreiteten Schwingen. Rechts: Der Falke hat seine Schwingen angewinkelt, kopfüber stürzt er hinunter - Fotos: © 2020 by Schattenblick Links: Falke im Flug mit ausgebreiteten Schwingen. Rechts: Der Falke hat seine Schwingen angewinkelt, kopfüber stürzt er hinunter - Fotos: © 2020 by Schattenblick

Turmfalke am Himmel (links),
der Falke stürzt von einem hohen Ast hinab (rechts)
Fotos: © 2020 by Schattenblick


Für den Turmfalken kommt es bei der Wahl seines Wohngebietes auf zwei Dinge an. Erstens sollten Bäume und/oder Felswände vorhanden sein und zweitens sollte sein Lebensraum ausreichend weite, freie Flächen aufweisen mit einem niedrigen oder lückenhaften Pflanzenbewuchs. Übrigens zählen die Fassaden und Gebäude der Menschen bei den Turmfalken zu den Felswänden.


Die Grafik zeigt eine Landkarte, die von Skandinavien, Nordafrika bis zum Nahen Osten reicht - Grafik: 2005, by Andreas Trepte (own work)/ CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5),via Wikimedia Commons

Verbreitungsgebiet des Turmfalken
grün: ganzjäriger Aufenthalt
gelb: im Sommer ansässig
Grafik: 2005, by Andreas Trepte (own work)/ CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5), via Wikimedia Commons


Der Turmfalke ist kleiner als der Gerfalke. Die Weibchen der Turmfalken sind hingegen größer als die Männchen, die allerdings ein bunteres Gefieder tragen als die braun-dunkel-gesprenkelten weiblichen Vögel. Auch ihr Schnabel weist den charakteristischen "Falkenzahn" auf, der sich auch hier als ein gutes Werkzeug bei der Jagd erweist. Auf dem Speisezettel des Turmfalken steht die Feldmaus, der Maulwurf, die Spitzmaus, sowie die Eidechse, kleine Schlangen, Käfer und Heuschrecken.

Befindet sich der Turmfalke auf Suchflug, also auf Futtersuche, so kann er dabei ähnlich einem Kolibri in der Luft stehenbleiben. Diese Flugtechnik wird Rüttelflug genannt. Der Vogel dreht seine Schwingen etwas und rudert quasi mit ihnen vor und wieder zurück, so dass er nicht von der Stelle kommt. Aus dieser Position kann er seine Beute gut erspähen, sie aufscheuchen und im Stoßflug mit seinen Fängen ergreifen und mit seinem Schnabel töten. Aufgrund dieser Flugtechnik wird der Turmfalke auch "Rüttelfalk" genannt. Schwierig wird die Ernährungssituation für den Vogel, weil durch den starken Pestizideinsatz in der Landwirtschaft viele seiner Beutetiere an diesen Giften sterben und ihre Zahl weiter abnimmt. Der Turmfalke gehört zu den streng geschützten Tieren und darf weder gefangen und schon gar nicht getötet werden. Da er zu den Kulturfolgern gehört, kann man hoffen, dass er selbst in einer ständig veränderten Umgebung gut zurechtkommt und in der Nähe der menschlichen Behausungen noch ausreichend Nahrung finden kann.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://tierdoku.com/index.php?title=Gerfalke

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Gerfalke

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/vogel-des-jahres/2007-turmfalke/wissen.html

https://www.planet-schule.de/wissenspool/lebensraeume-in-haus-und-garten/inhalt/hintergrund/tiere-als-kulturfolger/turmfalke.htm


18. April 2020


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang