Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → NATURKUNDE

TIERE/084: Tiergenie und Lebenskunst - Verwandtschaften (SB)


Bemerkenswerte Fähigkeiten und Fertigkeiten der Tiere

Teil 3: Affen lernen und erfinden



Wenn Affenbabys auf die Welt kommen, heißt es von Anfang an: lernen. Ihre Mutter ist ihnen dabei behilflich. Was das Kleine allerdings schon gleich sehr gut kann ist, sich an ihr festklammern. In der ersten Zeit sind Affenmutter und Affenkind stets ganz dicht beieinander. Erst später darf sich das Kleine etwas entfernen, allerdings immer unter der Aufsicht der Mutter. Auch die anderen Mitglieder einer Affenhorde geben auf den Nachwuchs acht.



Wie bekommt man ein schönes, sauberes Fell?

Die meisten Affen betreiben eine gründliche Fellpflege. Viele Stunden des Tages sind sie damit beschäftigt. Das dient nicht nur der Reinlichkeit, sondern fördert auch das allgemeine Wohlbefinden. Es scheint, als kümmere sich jeder um das Fell eines anderen. Es wird genau inspiziert und gesäubert, eben auch an Stellen, wo Affe sonst nicht hinreicht. In Costa Rica benutzen sie sogar eine bestimmte Pflanze, um Insekten abzuwehren. Sie beißen einen Zweig der Pflanze ab, zerkauen ihn ein wenig und reiben sich am ganzen Körper mit dem Pflanzensaft ein. Mal schaffen sie es allein, mal hilft ein anderer beim Einreiben.



Die Kunst, sich Leckerbissen zu beschaffen

Auch Schimpansen, ob groß oder klein, lieben Ameisen als Leckerbissen. Doch das Ameisenessen will gelernt sein, denn Ameisen sind viel zu winzig und zu schnell, um sie in die Finger nehmen zu können. Außerdem können sie sich wehren. Sie beißen und es brennt dem Affen dann in der Hand. Also haben die Schimpansen sich etwas einfallen lassen.

Wenn sie einen Ameisenhaufen entdeckt haben, setzen sie sich drumherum wie an einen gedeckten Tisch. Dann brechen sie sich von den herumliegenden Ästen kleine Zweige ab, die sie als "Löffel" benutzen. Und das funktioniert so: Sie halten das Stöckchen in der Hand und lecken es einmal kurz vorher an der Spitze ab. Mit dieser stochern sie ein wenig in dem Ameisenhaufen herum und ziehen ihn wieder heraus. Eine gute Anzahl Ameisen ist auf den Stock geklettert, den die Affen sich nun wieder in den Mund stecken. Die kleinen Schimpansen versuchen es nachzuahmen. Sie ergreifen einen Ast und brechen ein Stückchen ab. Doch nicht immer stimmt die Länge. Oft geraten sie zu kurz. Steckt nun der kleine Affe sein kurzes Stöckchen in den Haufen, gelingt es den Ameisen sofort, auf seine Hand zu krabbeln und ihn zu zwicken, woraufhin er erschrocken seine Hand zurückzieht.

Die Erwachsenen "angeln" unbeirrt weiter und die kleinen Affen müssen herausfinden, was sie besser machen sollten. Aufmerksam schauen sie den Großen zu, wie diese sich ihre Zweige abbrechen, von den Blättern befreien und sie ablecken, bis sie es selber können.

Die Hutaffen auf Sri Lanka beweisen eine besondere Geschicklichkeit darin, sich Leckerbissen zu angeln. Eine bestimmte Raupenart hängt an langen, dünnen Spinnfäden von Zweigen herunter. Der Affe nimmt so einen Faden zwischen seine Finger und holt ihn vorsichtig, gleich einer Angelschnur, ein. Am Ende ist die Raupe befestigt, die er sich schnappt und verspeist.



Schwimmen will gelernt sein?

Nicht alle Affen können schwimmen. Sie müssen es genauso lernen wie die Menschen. Die eben genannten Hutaffen beispielsweise haben schwimmen und tauchen gelernt. Allerdings nur jene, die sich in der Nähe von Wasser aufhalten. Schon die Kleinsten werden von der Mutter mit ins Nass genommen, damit sie so früh wie möglich lernen, sich im und unter Wasser zu bewegen. Denn dort unten finden sie die Wurzeln von Seerosen, ein wahrer Leckerbissen, für den es sich zu tauchen lohnt.

Die Hutaffen haben gelernt, dass sie im Wasser Gefahren oft erst zu spät bemerken. Deswegen stellen sie einen Wächter am Ufer ab, der genau aufpassen soll. Wenn sich ein Waran, eine Schlange oder eine andere Gefahr zeigt, soll er alle durch einen lauten Alarmruf warnen, damit sie sich so schnell wie möglich ans Ufer und auf die Bäume retten können.



Die Affensprache

Affen benutzten eine Art Sprache zur Verständigung untereinander. Natürlich sind das keine Worte, wie wir sie benutzen. Aber wer weiß, vielleicht klingen unsere Worte für den Affen auch nach lautem unverständlichem Gebrabbel? Jedenfalls können sie sich mit diesen Lauten, mit dieser Sprache, zum Beispiel vor Gefahren warnen.

In westafrikanischen Urwäldern leben verschiedene Affenarten zusammen, sozusagen in verschiedenen "Stockwerken" des Dschungels. Am Waldboden leben die Grünen Stummelaffen, darüber die Roten Stummelaffen, ein Stück weiter oben die Weißnasenmeerkatzen. Noch weiter oben sind die Mantelaffen zu finden und ganz oben fühlen sich die Diana-Meerkatzen am wohlsten, wo sich auch gern die Campbell-Meerkatzen aufhalten. Die Affen dieser unterschiedlichen Affenbande passen gegenseitig aufeinander auf. Für die vielen verschiedenen Gefahren, die im Urwald lauern, haben sie jeweils einen bestimmten Warnruf. Jede Art hat einen für Leoparden, einen für Schlangen und so weiter. Das können bis zu 15 verschiedene Laute pro Affenart sein. Das Besondere ist nun, dass die Affen auch die Warnrufe der anderen verstehen - man könnte sagen, jede Art spricht auch noch mehrere Fremdsprachen.



Manchmal muss man schwindeln ...

Es gibt sogar Beobachtungen von Forschern, die Affen beim Lügen erwischten. Kapuzineraffen im Wald von Costa Rica haben eine strenge Ordnung in ihren Horden. Die Rangniedrigsten haben bei der Nahrungsbeschaffung oft das Nachsehen. Diese Affen müssen sich etwas einfallen lassen. Die Forscher beobachteten, wie ein solcher rangniedriger Affe ein Vogelei fand. Wäre er mit seinem Fund von den anderen entdeckt worden, hätte sich ein anderer das Ei genommen. Also stieß er einen lauten Alarmruf aus. Sofort flüchteten seine Artgenossen auf die Bäume und er konnte in Ruhe das Ei verspeisen.

Ein Kapuzineraffe schaut aus einem Gebüsch - Foto: 2005 by David M. Jensen (Storkk) (Own work)

Ein Kapuzineraffe
Foto: 2005 by David M. Jensen (Storkk)
(Own work) [CC-BY-SA-3.0
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Common Capuchin Costa Rica



Die Erfinder unter den Affen

Affen können auch zu richtigen Erfindern werden. In den Wäldern Brasiliens leben Rückenstreifenkapuzineraffen. Vor noch nicht allzu langer Zeit fanden sie dort auch ihre Nahrung, Pflanzen und Früchte. Inzwischen wurde viel Wald abgeholzt oder abgebrannt, um dort Palmöl-Plantagen anzupflanzen. Die Affen stellten ihre Ernährung auf Palmnüsse um. Doch die sind nicht leicht zu knacken.

Zunächst prüfen die Affen, ob eine Nuss schon reif genug ist, indem sie die Nuss abklopfen. Wenn es sich gut anhört, werden die Pflanzenfasern entfernt und die Nüsse zum Trocknen ausgelegt. Nach ungefähr drei Tagen holen sie die getrockneten Nüsse zur Weiterverarbeitung ab. Die Affen haben sich eine Art Nussknacker gebaut. Die dort herumliegenden großen Felssteine, die oft Mulden aufweisen, dienen dabei als Amboss. Auf so einen Stein, möglichst in eine Mulde, legen sie eine getrocknete Nuss hinein. Aus einem Fluss in der Nähe haben die Affen sich geeignete, rundliche Steine geholt, die sie als Hammer benutzen. Mit diesem "Hammer"-Stein hauen sie auf die Nuss. Mit viel Geduld schaffen sie es, die Nuss zu zertrümmern und können den Kern, also die Nuss, dann essen. Auch hier sind die Kleinen schon eifrig dabei, dieses Handwerk zu erlernen. Auf diese Weise haben die Affen sich eine neue Nahrungsquelle geschaffen. Palmnüsse gibt es ja nun genug.


Es gibt bestimmt noch viele Beispiele, die zeigen, dass Affen in der Lage sind, eigenständige Überlegungen anzustellen. Sie benutzen nicht nur Werkzeuge, sondern stellen sie selbst her oder suchen sich auch noch geeignetes Material dafür. Sie lernen durch Nachahmen, können aber durchaus auch eigene Ideen entwickeln. Sie verständigen sich in ihrer "Sprache" untereinander und manchmal sogar in einer "Fremdsprache" mit anderen Affenarten. Das hilft ihnen, ihr Zusammenleben zu organisieren und sich vor Feinden zu schützen. Wer weiß, was sie noch alles können - vieles wurde vielleicht noch nicht erkannt. Auf jeden Fall sind sie ziemlich schlau. Außerdem gibt es noch verschiedene Beobachtungen, die nahe legen, dass die Affen nicht nur alle Gefühle haben wie wir, sondern dass sie auch um verstorbene Hordenmitglieder trauern. Bisher gilt verbreitet die Ansicht, dass dazu nur Menschen befähigt sind. Tierfilmer beobachteten allerdings, dass eine Affenbande, die ihren toten Anführer gefunden hatte, von ihm Abschied nahm. Einige berührten den Toten, andere strichen ihm Haare glatt, wieder andere zupften sein Fell zurecht und vertrieben Ameisen und andere Insekten. Dann verließen sie ihn gemeinsam. Bei so einer Beobachtung kann man schon ins Nachdenken geraten. Warum will der Mensch nicht wahrhaben, dass Tiere ebenso oder ähnlich empfinden, wie er selbst?

Ein Weißstirnkapuzineraffe kaut am Stöckchen - Foto: by Whaldener Endo

Ein Weißstirnkapuzineraffe
Foto: by Whaldener Endo (Edit: Noise reduction and sharpening by User:Diliff. (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or CC-BY-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.5)], via Wikimedia Common


Quellen:

TV-Sendung:
"Affen - einfach genial!"
BBC-Produktion. Großbritannien, 2009
Film von Mark Fletcher
45 Min.

TV-Sendung:
"Tierisch clever"
Aufgepaßt und schnell erfaßt -
Entdecker und Erfinder im Reich der Tiere
Dokumentation von Volker Arzt, 2002
(in der Reihe: "Wunderbare Welt", ZDF, 30.11.2002)
45 Min.


24.06.2014