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TIERE/102: Alles für die Biene - kunstwilder Lebensraum ... (SB)


Wildbienen - unscheinbar, klein und wenig bekannt



Was einem gleich zu Honigbienen einfällt ...

Die Honigbienen, die bei uns in den vorgefertigten Bienenkörben, -kästen oder neuerdings auch in Bienenkugeln ihre Nester bauen, sind den meisten bekannt. Von ihnen nehmen wir den Honig, den sie in ihrem Bienenstock sammeln. Ein Bienenvolk umfasst scheinbar unzählige Tiere (30 bis 40 000 oder mehr). Wenn man sie bedrängt, können sie stechen, was ziemlich schmerzhaft sein kann. Aber sie wollen ihre Brut und ihre Vorräte, den Honig, verteidigen und ihr Stachel ist ihre einzige Waffe. Aus Angst vor einem Bienenstich wollen sich die meisten Menschen nicht gern in direkter Nähe eines Bienennestes aufhalten.


Ihre wilden Verwandten

Doch außer diesen Honigbienen leben auch noch viele andere Arten, allerdings ziemlich unauffällig, in unserer Umgebung. Sie werden Wildbienen genannt. Nicht weil sie besonders wild und gefährlich sind, denn das sind sie gerade nicht, sondern sogar sehr friedlich, und ihr Stachel ist zu zart, um die Haut des Menschen zu durchdringen. Wildbienen sind im allgemeinen etwas kleiner (ca. 5 mm bis 16 mm) als die Honigbiene. Sie werden "wild" genannt, weil sie für den Menschen vermeintlich keinen Nutzen haben, denn sie lagern in ihrem Nest keine Honigvorräte ein, die er ernten könnte. Dennoch sind sie wichtig, denn auch sie bestäuben die Pflanzen. Besonders gern besuchen sie zum Beispiel Obstblüten oder die Blüten von Gemüsepflanzen. Andere fliegen auf Glockenblumen, Heide- oder Fingerkraut und auf viele andere Blüten. Wildbienen sind ebenso bedeutsam für die Vermehrung von Blumen wie auch für das Wachsen der Nahrungspflanzen, die der Mensch erntet.

Eine Sandbiene mit hellbraun-getreiftem Pelz sitzt auf einer weißen Blüte - Foto: 2007 by Fritz Geller-Grimm (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

Foto: 2007 by Fritz Geller-Grimm (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

Es gibt allein in Deutschland weit über 500 Wildbienenarten, doch viele von ihnen sind vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet und stehen auf der sogenannten Roten Liste für bedrohte Tiere. Eine bestimmte Verhaltensweise macht ihnen das Leben schwer: viele von ihnen sammeln nur Pollen von einer einzigen Pflanzenart. Wildbienenforscher gehen davon aus, dass ungefähr 175 Arten jeweils nur ganz bestimmte Blüten aufsuchen. Werden diese durch Eingriffe des Menschen vernichtet, durch Straßenbau, Häuserbau oder das Anlegen von Parkplätzen, so sterben auch die Bienen, die genau auf diese Blüten angewiesen sind. Wie den Honigbienen machen auch ihren wildlebendenen Artgenossen die Pflanzenschutzmittel zu schaffen. Und noch etwas kommt hinzu, was ihren Fortbestand gefährdet: ihre Nistplätze gehen verloren. Einige Arten nutzen gern totes Holz, also heruntergefallene Äste oder umgekippte Bäume, um dort in den Ritzen und Spalten ihre Nistgänge anzulegen. Aber genau dieses Holz wird oft von Menschen fortgeschafft. Auch Lehmboden wird von einigen Erdbienen als Brutplatz bevorzugt. Andere Arten mögen lieber sandigen, lockeren und trockenen Boden, der möglichst viel von der Sonne beschienen wird. Deshalb werden sie auch Sandbienen genannt. Aber der Mensch beansprucht immer mehr Grünflächen und Boden für seine Bauwerke. In Städten finden Wildbienen kaum noch geeignete Nistplätze.


Wildbienen leben allein

Wildbienen im allgemeinen, und hier beispielhaft die Sandbienen, leben allein (solitär). Sie bilden keinen Staat und keine Gemeinschaften. Zwar ist es möglich, dass sie ihre Nester dicht nebeneinander bauen, aber sie benutzen sie nicht zusammen. Sobald die jungen Bienen im neuen Jahr ihr altes Nest, in dem sie den Winter verbrachten, verlassen, beginnen sie mit dem Nestneubau. Manchmal nutzen sie auch alte Nester. Sie graben ca. 60 cm tiefe Gänge in die Erde, beziehungsweise in den Sand. So entsteht ein Hauptgang, von dem mehrere Brutzellen abzweigen. Die abgegrabene Erde rollen sie zum Eingang und nach einiger Zeit befindet sich dort ein kleiner Haufen Erdkügelchen. Daran kann man gut erkennen, wo ein Sandbienennest angelegt ist.

Kleine Erdkügelchen liegen gehäuft um den Eingang - Foto: 2009, by wikime542 (Own work (Eigenes Foto)) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2009, by wikime542 (Own work (Eigenes Foto)) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Jede dieser jungen Bienen ist ihre eigene Königin. Den von ihr gesammelten Pollen bringt sie in ihr Nest und dreht ihn zu einer Kugel. Da oben drauf legt sie ein Ei, aus dem sich die Larve entwickelt. Genau die Menge Pollen, auf der das Ei abgelegt wurde, dient nun der Larve als Nahrung. Sie wächst und gedeiht und verpuppt sich schließlich. Im Spätsommer (August) schlüpfen daraus die jungen Wildbienenweibchen, die männlichen Tiere kamen schon etwas früher hervor. Sobald die Weibchen bereit sind, werden sie begattet. So verbringen sie den Winter unter der Erde im Nest und sorgen im nächsten Jahr für die folgende Generation. Eine einzelne Sandbiene legt natürlich bei weitem nicht so viele Eier wie eine Honigbienenkönigin und entsprechend gering ist die Anzahl der Nachkommen. Auch das ist ein Grund für die starke Gefährdung der verschiedenen Wildbienenarten.


Sandbienen und Erdbienen suchen Zuflucht in Gärten

Da der Lebensraum der Wildbienen weiter und weiter eingeschränkt wird, siedeln sich immer mehr von ihnen in den Gärten, Parks und auf Friedhöfen an. Erst kürzlich wurden sogar einzelne Tiere einer fast ausgestorben geglaubten Sandbienenart auf den dünnen, trockenen Rasenflächen des "Helmut Schmidt"-Flughafens entdeckt. Gern nisten die Sandbienen oder Erdbienen auch an Hängen, denn dort fließt das Regenwasser schnell ab und der Boden trocknet schnell wieder. Wer in seinem Garten Obst oder Gemüse anpflanzt, könnte sich sehr über diese nützlichen und harmlosen Wildbienen freuen, denn sie sind gute Bestäuber. Viele Menschen möchten diese kleinen Insekten aber loswerden, weil sie nichts über sie wissen und glauben, dass sie ebenso in der Lage sind, schmerzhafte Stiche zu setzen. Wildbienen sind nicht aggressiv. Selbst wenn man ihrem Nest zu nahe kommt oder etwa aus Versehen auf einen Eingang tritt, greifen sie nicht an. Vor ihnen braucht man sich nicht zu fürchten.

In Deutschland besteht seit 2005 eine Verordnung[1], die die Bienen und Wildbienen allesamt unter Naturschutz stellt, das heißt, sie dürfen nicht getötet werden.

Eine Baumscheibe mit vielen kleinen Löchern wird von Wildbienen gern als Brutplatz genutzt - Foto: 2006, by Frank Mikley (Own work) [CC BY 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.5)], via Wikimedia Commons

Foto: 2006, by Frank Mikley (Own work) [CC BY 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.5)], via Wikimedia Commons

Um den Wildbienen zu helfen, könnte man im Garten einen kleinen Bereich vom Rasen, auf den viel Sonnenschein fällt, unbearbeitet lassen. Eine andere Möglichkeit wäre es, Bienenhotels aufzuhängen, abgebrochene Äste liegen zu lassen oder eine Holzscheibe mit Löchern zu versehen, die die Wildbienen als Nistplatz nutzen können.


Ein Holzkasten mit vielen unterschiedlich großen Fächern, in die verschieden kleinere und etwas größere Löcher gebohrt wurden - Foto: 2013, by Adrian Michael (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2013, by Adrian Michael (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons



Anmerkung:

[1] Bundesartenschutzverordnung, BartSchV, vom 16.02.2005



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http:www.deutschewildtierstiftung.de/aktuelles/inventur-bei-biene-majas-wilden-verwandten

http://www.gartenmagazin.net/sandbienen/

http://www.tag-des-honigs.de/wildbienen/

http://www.mopo.de/hamburg/forscher-entdecken-fast-ausgestorbene-art-sandbienen-bevoelkern-helmut-schmidt-airport-25467884


14. Januar 2017


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