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VORSICHT/010: Dünner Boden, schwere Lasten ... (SB)


Die ausgehöhlte und durchlöcherte Erdkruste


Gemessen an der Größe der Erde bleibt den Menschen, Tieren und Pflanzen nur ein sehr kleiner Bereich mit geeigneten Lebensbedingungen zum Besiedeln. Die Angaben über die Dicke der Erdkruste sind unterschiedlich und werden mit ca. 35 km oder 60 km angegeben, wobei es natürlich stellenweise starke Abweichungen gibt. Die Gebirge, die bis über 8000 Meter in die Höhe ragen, oder die Meerestiefen, die sogar bis zu 10.000 Meter Tiefe erreichen, verleihen dieser dünnen Erdschicht eine recht unregelmäßige Beschaffenheit. Der unter der Erdkruste liegende obere Erdmantel bringt es schon auf eine Dicke von 400 km. Die Zahlen mögen groß erscheinen, sind aber, wenn man sich das auf einer Graphik anschaut, eher klein.


Darstellung der Erdkugel, die aufgeschnitten die einzelnen Erdschichten in ihren unterschiedlichen Ausdehnungen zeigt - Zeichnung: © 2017 by Schattenblick

Zeichnung: © 2017 by Schattenblick

Deutlich zu erkennen ist, dass die Erdkruste, also unser Lebensraum, die mit Abstand dünnste Schicht ist. Lange Zeiten hat man sich kaum Gedanken darüber gemacht, ob die Eingriffe des Menschen - durch den Abbau der Bodenschätze, wie Steinkohle, Braunkohle oder Salzbergbau - Auswirkungen auf die Stabilität der Erdkruste haben. Auch bei der Errichtung von unzähligen Stollen, die weit in die Tiefe gebaut wurden, um Erze, Edelmetalle oder Edelsteine aus dem Inneren der Erde an die Oberfläche zu fördern, wurde eher nicht an die Folgen gedacht.

Die vielen Bohrungen nach Erdöl und Erdgas hinterlassen ihre Spuren in der Erdkruste. Tiefe Bohrlöcher bleiben zurück, wenn die Öl- oder Gasvorkommen an einer Stelle versiegt sind. Immer öfter werden sie allerdings wieder mit Abwässern, die beispielsweise bei der Schiefergasförderung (Fracking) entstehen, gefüllt. Das bedeutet, sie werden mit enorm hohem Druck dort hinein gepresst. Das Verfahren nennt sich auch "Verpressen von Abwässern", wobei Abwasser hier nicht einfach nur gebrauchtes Wasser ist, sondern angereichert wurde mit Chemikalien und radioaktiven Teilchen. Der hohe Druck und die Menge des Wassers, das dort unten nicht hingehört, hat Auswirkungen auf die Stabilität der Erdschichten in der Erdkruste.[1]

Der Zusammenhang zwischen dem Verpressen von giftigen Abwässern in ausgediente Bohrlöcher und dem Entstehen von Erdbeben wird von den meisten Wissenschaftlern nicht bestritten. In einigen Staaten Amerikas, die bisher als wenig erdbebengefährdet galten, in denen aber sowohl das Fracking als auch das Verpressen inzwischen üblich sind, hat die Zahl der spürbaren Erdbeben der Stärken 3,0 und mehr stark zugenommen. Mittlerweile bebt die Erde dort öfter als in Kalifornien, das als besonders erdbebengefährdetes Land bekannt ist. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass solche künstlich hervorgerufenen Erdbeben, sie werden "getriggerte" Beben genannt, die Reaktion auf menschliche Eingriffe in das Spannungsfeld der Gesteinsschicht der Erde (Lithosphäre) sind. Das bedeutet also, dass ein direkter Zusammenhang zwischen diesen immer häufiger ausgelösten Beben und dem Verpressen von Flüssigkeiten bis in mehrere Kilometer Tiefe besteht. In Amerika herrscht ein regelrechter Fracking-Boom. Selbst in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten und Kinderspielplätzen wird gefrackt. Die Bohrstellen werden immer dichter nebeneinander errichtet, was unweigerlich Auswirkungen auf die Stabilität der Gesteinsschichten hat.


Vom Erdboden verschluckt ...

Seit einigen Jahren tritt weltweit ein Phänomen auf, dass viele Fragen aufwirft. Immer häufiger werden Berichte über sogenannte Senklöcher bekannt. Ein geologisches Phänomen, das in vielen Fällen vom Menschen verursacht worden ist.

Was ist ein Senkloch, auch Erdfall genannt? Ohne Vorwarnung bricht auf einer großen Fläche der Erdboden ein und reißt Häuser, Bäume, Straßen, Menschen und Tiere mit in die Tiefe. Viele Menschen sind dabei schon zu Tode gekommen. Diese Löcher scheint es überall auf der Erde zu geben. Auch in Deutschland, wo sie meist etwas kleiner sind, aber immerhin so groß, dass sich in München (bereits 1994) auf einer Straße ein solches Loch auftat und einen Bus in die Tiefe zog. Ein Zusammenhang mit dem Ausbau der U-Bahn galt als naheliegend. Die Redewendung "wie vom Erdboden verschluckt" erhält eine ganz reale Bedeutung. Im Ruhrgebiet beziehungsweise an Orten, an denen Bergbau betrieben wurde, entstehen immer wieder kleinere und größere Löcher oder Bergsenkungen, weil alte Bergbauschächte einstürzten. Häuser wurden zerstört oder beschädigt. 2010 entstand in Thüringen ein Loch, das etwa 40 Meter breit und 20 Meter tief war. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden.

Gerade in diesem Bundesland taten sich im gleichen Jahr viele kleine und große Löcher auf. Das kann allerdings auch an der Bodenbeschaffenheit liegen. In sogenannten Karstlandschaften, in denen ein gips-, kalk- oder salzhaltiges Grundgestein üblich ist, kann es durch kohlensäurehaltiges Wasser zur Auflösung gebracht werden. Wenn derartige Senklöcher auftreten, spricht man auch von "Erdfall", weil es hier aufgrund natürlicher geologischer Gesteinsveränderungen zu Erdeinbrüchen kommt. Wie dem auch sei, auf diesem Gebiet sind noch viele Fragen offen.


Senklöcher gibt es weltweit - sehr viele in den USA, in China und Russland

In den USA in Florida kommt es besonders häufig zu Erdfällen. Man kann sie nicht vorhersagen. Dort wird die Bevölkerung gebeten, auf Veränderungen im Boden oder Risse in Gebäudeteilen zu achten. Senklöcher können zu einer direkten Umweltgefahr werden. Unter einer Industriemüllhalde öffnete sich 1994 ein solches Loch und zog eine gewaltige Menge an giftigem Phosphorgips in die Tiefe, wodurch das Grundwasser verseucht wurde.

In China zählten die Wissenschaftler bislang 49 Senköcher mit teils beachtlichen Ausmaßen. Das größte entdeckte Loch hat einen Durchmesser von 520 Metern und ist ca. 32O Meter tief. Hier geht man davon aus, dass das Karstgestein für diese Absenkungen verantwortlich ist. Feuchtigkeit im Untergrund soll Kalkstein und Gips auflösen und so das Karstgestein aushöhlen, was dann zum Entstehen der Senklöcher führt.

Man hat bisher weltweit 130 solcher Karstlöcher, wie man sie auch nennt, wenn sie auf eben beschriebene Weise entstehen, untersucht. Zu den größten zählen ein 500 Meter tiefes kreisrundes Loch in Venezuela oder ein ähnlich großes in Mexiko, im Bundesstaat Querétaro. In Sibirien untersuchten Wissenschaftler ein Senkloch mit einem Durchmesser von rund 60 Metern und rätselten über seine Entstehung. Einige vermuten, dass es mit dem Auftauen der Permafrostböden zusammenhängt, wobei sich Methangas angesammelt haben und das Loch verursacht haben könnte. Wie gesagt, das Phänomen Senkloch tritt überall auf der Welt auf und es scheint sich zu häufen.

Selbst wenn noch vieles bezüglich dieser gewaltigen Erdeinbrüche ungeklärt ist, so ist es doch ratsam, bei dem Abbau von Bodenschätzen und der Förderung von Erdöl- und Erdgas besonnen vorzugehen. Erd- und Gesteinsverschiebungen, die durch Veränderungen von Druckverhältnissen in der Erde ausgelöst werden oder zu Aushöhlungen und Einbrüchen führen und damit auch Senklöcher hervorrufen können, sollten vermieden werden. Das heißt, ein Verzicht auf immer tiefer gehende Bohrungen nach Öl und Gas, ein Verzicht auf Fracking und den damit verbundenen Verbrauch von Unmengen von Sand und Wasser und der folgenden Entsorgung von giftigen Abwässern durch Verpressen. Unsere Erde ist dünnhäutig und es gilt entsprechend sorgsam mit ihr umzugehen und sie vorsichtig zu behandeln. Das ist nicht nur für die Erde gut, sondern auch für alle die auf ihr leben.


Anmerkung:

[1] Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE →
VORSICHT/008: Die Erde kotzt und zittert ... (SB)


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/geologie-und-ploetzlich-ist-da-ein-loch-1.1616302

http://www.sueddeutsche.de/wissen/geologie-hoehlenforscher-entdecken-massive-senkloecher-in-china-1.3273990

http://www.rp-online.de/leben/reisen/news/wenn-die-erde-ploetzlich-einstürzt-aid-1.3713459

http://n.tv.de/wissen/Wissenschaftler-raetseln-um-Riesen-Krater-article13358966.html


22. März 2017


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