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VORSICHT/015: Trinkwasser - der flüssige Unterschied ... (SB)



Kann es sein, dass die anwachsende Weltbevölkerung die Wasserknappheit verursacht, oder anders ausgedrückt, gibt es bald nicht mehr genug Wasser für alle Menschen auf der Erde? Diese Frage wollen wir im folgenden untersuchen. In einer Analyse aus dem Jahr 2011 wurde festgestellt, dass theoretisch die Süßwassermenge auf der Erde für die damals 6,9 Milliarden Menschen ausreichen würde, um sie mit Trinkwasser und Wasser für die Lebensmittelproduktion zu versorgen. Doch wäre es eine zu einfache Rechnung, wenn man die Zahl der Erdbewohner der Menge an vorhandenem Trinkwasser gegenüberstellt, um dann die jedem Einzelnen zustehende Wassermenge festzulegen. Nehmen wir an, dass jedem Menschen pro Tag 80 Liter Wasser zum Verbrauchen zur Verfügung stehen sollten, so ist eine gleichmäßige Versorgung nur theoretisch denkbar, weil das Süßwasservorkommen der Erde sehr ungleich verteilt ist. Ohne Wasser aber ist Leben unmöglich. Keine Pflanze, kein Tier und kein Mensch kann ohne Wasser überleben.


Die Grafik zeigt die geschätzte Bevölkerungsentwicklung von Ozeanien, Australien, Europa, Nordamerika, Afrika und geht von einer Gesamtzahl im Jahr 2050 von ca. 11 Milliarden Menschen aus - Grafik: 2007, by Schnee [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Schätzung der Bevölkerungsentwicklung
Grafik: 2007, by Schnee [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Die ungleiche Verteilung von Süßwasser auf der Erde

Für die unterschiedliche Süßwasserverteilung auf der Erde sind zunächst einmal geologische und geophysikalische Faktoren verantwortlich. In Wüsten, Steppen, Savannen oder Halbwüsten fällt weniger bis kaum Niederschlag und doch kann es sein, dass gerade dort ein hoher Anteil der gesamten Weltbevölkerung lebt. Insbesondere trifft dies für den Nahen Osten, Nordafrika und für große Teile Asiens zu, wo die Menschen gebietsweise extremem Wassermangel ausgesetzt sind. In Asien beispielsweise leben ungefähr 60% der Weltbevölkerung, während hier nur ca. 36% des weltweiten Süßwassers vorkommen. In anderen Regionen der Erde dagegen siedeln weit weniger Menschen, doch fließt dort Wasser in Hülle und Fülle. Ein paar Beispiele mögen das verdeutlichen:

In Australien, Ozeanien, wie auch in Südamerika lebt jeweils nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Weltbevölkerung, der allerdings über reichlich Süßwasser verfügen kann. In Europa sieht das schon anders aus. Es wird von anteilsmäßig mehr Menschen bevölkert, aber für nur etwas über zwei Drittel steht Trinkwasser zur Nutzung frei. Wohl gemerkt, diese Beispiele beruhen auf statistischen Erhebungen, die nicht direkt auf die realen Bedingungen übertragbar sind, jedoch einen Eindruck über die ungleiche Verteilung von Süßwasservorkommen und Bevölkerungszahlen auf der Erde vermitteln können.


Die Karte zeigt deutlich die trockenen Regionen der Erde (Wüsten, Halbwüsten, Steppen, Savannen) in Indien, China, Nordafrika, Südafrika, an der Westküste Amerikas und in Südamerika und Australien - Grafik: 2007, by LordToran [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Klimazonen der Erde
Grafik: 2007, by LordToran [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Wir haben es also mit unausgewogenen Verhältnissen zwischen Süßwasservorkommen und Bevölkerungsdichte zu tun. Das führt dazu, dass weltweit etwa 1,1 Milliarden Menschen mit weniger als 20 Litern Wasser pro Tag auskommen müssen und ungefähr 2 Milliarden überhaupt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Ihnen bleibt nur, sich Wasser aus Tümpeln, Bächen oder brackigen Wasseransammlungen zu schöpfen.


Rot markiert sind China, Indien und Nordamerika als bevölkerungsreichste Staaten - Neitram [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Bevölkerungsreichste Staaten, erstellt: 2011
Neitram [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Wenig Trinkwasser in den trockenen Regionen der Erde

Besonders schwierig ist die Trinkwassersituation in den ariden (trockenen) Regionen der Erde. Lang anhaltende Dürren und die Ausbreitung von Wüsten erschweren eine Versorgung der dort lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen mit Wasser. Brunnen werden gebohrt, um an das Grundwasser zu gelangen und Pumpen installiert, um es an die Oberfläche zu befördern. Wächst die Bevölkerung, was selbst bei einer knappen aber ausreichenden Wasserversorgung der Fall ist, steigt der Bedarf an Wasser für den direkten Verbrauch als Trinkwasser weiter, wie auch der für den Anbau von Nahrungspflanzen. Doch sind der Nutzung von Grundwasser natürliche Grenzen gesetzt, denn es erneuert sich nur sehr langsam und sollte daher eigentlich nur in bestimmten Mengen entnommen werden, so dass der Grundwasserspiegel auch wieder ansteigen kann. Das hängt jedoch davon ab, wieviel Niederschlag auf die Region fällt und versickern kann, was naturgemäß gerade hier sehr, sehr wenig ist. Das verdeutlicht, wie schwierig das Ringen um genügend Wasser für die Menschen in bestimmten Gebieten sein kann.


Von Menschen gemachter Wassermangel

Als wäre die natürliche regionale Wasserknappheit nicht schon schlimm genug, existiert noch ein weiterer, in seinem Ausmaß nicht zu unterschätzender Grund für entstehenden Wassermangel. In nicht wenigen Staaten der Welt kommt es immer wieder vor, dass bestimmten Bevölkerungsgruppen der Zugang zum Trinkwasser verwehrt wird. Soziale Gruppen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religion oder ihrer Armut ohnehin benachteiligt sind, werden auch bei der Wasserversorgung schlechter gestellt und erhalten seltener Zugang zu sauberem Trinkwasser. Oft wird auch den indigenen Bevölkerungsgruppen (den Ureinwohnern eines Landes) der Zugang zu Trinkwasservorkommen versperrt und sie müssen mit minderwertigem, verschmutzten Wasser vorlieb nehmen. Zudem klaffen zwischen Arm und Reich oder zwischen Land- und Stadtbewohnern erhebliche Unterschiede bei der Wasserversorgung. Slum-Bewohner der Millionenstädte zahlen oft zehn- bis zwanzigmal so viel wie Bewohner der reichen Stadtbezirke und erhalten zudem noch eine schlechtere Wasserqualität, wenn sie es denn überhaupt bezahlen können. Ein Aspekt, der ebenfalls zur Verringerung von Trinkwasser führt, ist die Verschmutzung der Flüsse und Seen durch die Einleitung von Fäkalien. Viele Millionen Menschen verfügen über keine sanitären Anlagen wie Toiletten und Waschgelegenheiten. Aus der Not heraus wird sämtlicher Unrat ins Wasser, das eigentlich zum Trinken verwendet werden sollte, entsorgt. Das wächst sich gerade in Ballungsgebieten zu einem großen Problem aus. Doch auch die generelle Nutzung von Flusswasser birgt erhebliche Schwierigkeiten in sich.

Flüsse verlaufen meist durch mehrere Länder, dort an ihren Ufern siedeln seit jeher Menschen. Aus den Siedlungen entstanden Städte und Großstädte, in denen mehr und mehr Menschen leben. Sie alle verlangen nach Wasser, nicht nur zum Trinken, sondern auch für die Energiegewinnung in Kraftwerken beziehungsweise für den Betrieb verschiedenster Industrieanlagen und für die Landwirtschaft. Entnehmen die Länder in der Nähe der Quelle bereits viel Wasser, bleibt für weiter entfernt liegende Länder weniger Wasser übrig bis für jene in Mündungsnähe kaum noch etwas vorhanden ist. Eigentlich sollte die Wasserentnahme durch sogenannte Wasserrechte geregelt sein, doch kommt es immer wieder zu Streitigkeiten bis zu kriegerischen Auseinandersetzungen ums Wasser. Auch der Bau von Staudämmen und den riesigen Stausseeprojekten, die meistens errichtet werden, um Kraftwerke zu betreiben, führen dazu, dass das Wasser für die dort lebenden Menschen knapp wird, da das im Stausee gesammelte Wasser ihrem Zugriff entzogen wird.

Wasserknappheit ist also ein sehr umfassendes Problem und entsteht auf vielfältige Weise. Einen weiteren Aspekt wollen wir im nächsten Teil beleuchten: Wasser ist ein Menschenrecht - dürfte es dann aber zu einer Handelsware werden, die sich einige leisten können, andere nicht?

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.scinexx.de/news/geowissen/geteilte-suesswasser-welt

https://www.energiesparer.org/wasser/trinkwasser

https://www.unesco.de/presse/pressematerial/un-weltwasserbericht-2019

https://www.domradio.de/themen/soziales/2019-03-19/das-feuchte-nass-als-luxusgut-un-weltwasserbericht-zeigt-weltweite-defizite-auf


5. Mai 2019


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