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WISSENSDURST/016: Himmelsleiter Wissenschaft - Auf den Spuren der Erfinder (SB)


Himmelsleiter Wissenschaft - Auf den Spuren der Erfinder


Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick

Grafik: © 2012 by Schattenblick

Stefan und Ben waren ziemlich aufgebracht über das Ergebnis ihrer Nachforschungen, die sie über das Fracking-Verfahren und dessen Folgen für Mensch und Umwelt angestellt hatten. Sie wollten am liebsten selbst etwas erfinden. Sie wussten noch nicht genau was, vielleicht einen Energieerzeuger oder ein Gerät, das möglichst lange hält, keine Giftstoffe enthält und zu dessen Herstellung nicht in verschwenderischer Weise Rohstoffe verbraucht werden. Ben hatte eine Idee.

Ben: "Weißt du was, Stefan, lass uns mal meinen Onkel besuchen ..."

Stefan: "Doch nicht diesen merkwürdigen Onkel Alex, oder?"

Ben: "Den ganz sicher nicht. Nein, den Bruder meines Vaters, der arbeitet jetzt nicht mehr in seinem Beruf, weil er krank geworden ist. Aber er ist auf jeden Fall so eine Art Erfinder gewesen, bei einer Firma, die Elektrogeräte herstellt."

Stefan: "Und du meinst, der kann uns weiterhelfen?"

Ben: "Ich bin mir sogar ganz sicher. Er kann wunderbar erzählen und er hat eine ganze Menge Ideen dazu, wie es zu Beginn der Menschheit gewesen sein könnte, was damals aus welchen Gründen schon erfunden wurde und so etwas ..."

Stefan: "Na dann, ich bin dabei. Frag ihn doch, ob wir kommen dürfen."

*

Zwei Tage später besuchten die beiden Herrn Dirk Jonson, Bens Onkel. Nachdem er sie herzlich empfangen und mit Keksen, Kakao oder Kaffee versorgt hatte, setzten sie sich ins Studierzimmer. Ein großer Globus thronte auf einem Beistelltisch, daneben ruhten zwei schwergewichtige Sessel. Ben und Stefan machten es sich darin gemütlich. Herr Jonson stopfte sich eine Pfeife.

Herr Jonson: "Na, dann schießt mal los. Was wollt ihr denn gerne wissen?"

Ben: "Du weißt ja sicher von Papa, dass wir uns ziemlich viel mit Umweltzerstörung, dem Tierschutz, dem Regenwald, der Energiegewinnung und so Sachen beschäftigen. Zuletzt sind wir darauf gestoßen, dass bei der Energieerzeugung ziemlich viel im Voraus zerstört wird ..."

Stefan: "... ja, wissen Sie, beim Fracking zum Beispiel, oder bei den Kohlekraftwerken, eigentlich muss überall erst unglaublich viel Energie verbraucht werden, bevor welche erzeugt werden kann. Da stimmt doch was nicht!"

Herr Jonson: "Und nun wollt ihr wissen, warum das so ist und ob ihr etwas daran ändern könnt?"

Stefan/Ben: "Genau!"

Herr Jonson: "Nun gut, aber ich muss euch warnen. Ich habe eine umfassende Vorstellung davon, wie es zu dieser Entwicklung gekommen sein könnte. Aber wenn ich sie euch nun erläutere, dann vergesst nicht, das ist meine persönliche Ansicht. Zwar habe ich die aus den vielen Erfahrungen aus meinem Arbeitsleben und aus meinem Interesse an der Menschheitsgeschichte heraus entworfen, aber wie gesagt, es handelt sich dabei um keine wissenschaftlich anerkannte Theorie."

Ben lacht: "Mach dir keine Sorgen, wir werden dich nirgends
zitieren."

Herr Jonson: "Also gut, sitzt ihr bequem?"

Stefan/Ben: "Ja, prima, danke."

Herr Jonson: "Eine Frage gleich zu Beginn: Warum wurden und werden Erfindungen gemacht?"

Dann zündete er seine Pfeife an, lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl mit den Armlehnen entspannt zurück und blies sanft den Rauch in die Luft. Ben liebte diesen Geruch. Nun sprach sein Onkel weiter:

"Der Mensch - nichts ist ihm gegeben - kein Fell, das ihn wärmt, kein Panzer, der ihn schützt, kein Gebiss und keine Klauen, die ihn wehrhaft machen, nur zwei Beine mit denen er hinlänglich schnell davon oder hinterher laufen kann. Da scheint es kein Wunder zu sein, wenn dieses nackte Wesen seit jeher versucht, diese Mängel auszugleichen. Was liegt näher, als sich Hilfsmittel zu schaffen."

Ben: "Hmmm, ja, stimmt ..."

Herr Jonson: "Das Erlegen von Tieren und der Raub ihrer Felle gehörte vermutlich zu den anfänglichen 'Erfindungen', um damit den eigenen Körper warm zu halten. Die Benutzung der Knochen als Schneidegeräte erwies sich als praktisch. Steine eigneten sich als Waffen. Entweder wurden sie als Wurfgeschosse eingesetzt oder zu scharfen Speerspitzen geschlagen. Der Mensch hatte ein starkes Streben, sich all das, was ihm fehlte, was er zum Überleben brauchte, aus seiner Umgebung zu nehmen. Seine Neigung, Erfindungen zu machen, wird somit verständlicher."

Stefan: "Sie meinen, dass, nee, Moment mal, das heißt, der Mensch hat von Anfang an geraubt, weil ihm selbst alles fehlte - wenn ich das mal so sagen darf?"

Herr Jonson: "Nun, ja, ich jedenfalls sehe das so. Als unsere Vorfahren dann auch noch lernten, das Feuer zu benutzen, nahm die Zahl der Erfindungen zu. Das Feuer diente zur Abwehr von jenen Tieren, die den Menschen als Futter ansahen. Feuer wurde auch als Jagdhilfe eingesetzt. Die gejagten Tiere wurden durch das mitgeführte Feuer zusammen oder in eine bestimmte Richtung getrieben. Auf diese Weise konnten sie leichter erlegt werden. Nicht zuletzt war das Feuer ein Wärmespender, und schließlich konnten in einer Feuerstelle die erlegten Tiere gekocht oder gebraten werden."

Stefan: "Wie sind sie denn damals an das Feuer gekommen?"

Ben: "Das weiß ich, Stefan. Wenn ein Blitz etwas zum Brennen brachte, dann haben sie sich das Feuer mitgenommen, also einen brennenden Ast oder so ..."

Herr Jonson: "Ja, so ungefähr kann man sich das vorstellen. Das Feuer zu behüten, wurde eine wichtige Aufgabe und es wäre vorstellbar, dass die ersten Hütten in erster Linie dem Schutz der Feuerstelle dienten. Bei starkem Regen wäre es ohne Schutz gelöscht worden, von heftigen Winden vielleicht so wild entfacht worden, dass es die Umgebung verbrannt hätte. Der Mensch, der bis dahin mal als Jäger, mal als Gejagter umher zog, sah sich nun vor einer neuen Situation. Er musste auf das Feuer und auf die Hütte achten, gleichzeitig aber auch Nahrung beschaffen."

Stefan: "Und die Hütten mussten auch erst einmal gebaut werden. Das heißt, sie haben Bäume gefällt. Hatten sie denn schon Äxte?"

Herr Jonson: "Vielleicht sollten wir uns unter Hütten etwas Einfacheres vorstellen, als ein Blockhaus aus dem Wilden Westen. Kann sein, dass nur herumliegende Zweige und Äste gesammelt wurden, aus denen man eine Art Dach und Windschutz errichtete. Dafür hätte es noch keiner Axt bedurft."

Ben: "Wie hat der Mensch das gemacht, gleichzeitig jagen und
aufpassen?"

Herr Jonson: "Üblicherweise lebte er nicht allein, sondern in kleinen überschaubaren Verbänden. Vielleicht 10 bis 15 Leute oder ein paar mehr. Einige konnten also auf die Jagd gehen, andere auf das Feuer aufpassen. Denn wenn das Feuer erlosch, mussten sie auf das nächste Gewitter warten und darauf, dass ein Blitz einschlägt und etwas in Brand setzte. Und das konnte unter Umständen lange dauern."

Stefan: "Dann könnte man die Hütte auch als Erfindung bezeichnen ..."

Ben: "Könnte es dann auch sein, dass die Menschen damals die Tierhaltung erfunden haben. Wenn sie die Tiere gejagt haben, hätten sie die auch in die Nähe ihrer Hütte treiben können und dort einsperren, so als Vorratshaltung ..."

Stefan: "Verflucht, meinst du, das hat schon so früh angefangen mit der Schlachtvieh- und Nutztierhaltung?"

Ben: "Irgendwie finde ich es naheliegend, sich Vorräte aller Art in der Nähe einer Hütte anzulegen."

Stefan: "Dann haben die Menschen von damals bestimmt auch Getreide und Früchte angepflanzt."

Ben: "Halt, Stefan, ich hab' gerade eine gruselige Idee! Wenn nun Menschen an so einer Hütte mit Anpflanzungen und eingepferchten Tieren vorbei kamen, die selbst keine hatten ..."

Stefan: "Ich weiß worauf du hinaus willst. Die könnten auf die Idee kommen, sich das Eine oder Andere mitzunehmen, auf Deutsch: zu stehlen. Also musste der Hüttenbewohner seinen Besitz verteidigen - notfalls mit Gewalt."

Herr Jonson: "Nun, das wäre kein zwingender Schluss. Er könnte auch dem anderen Menschen etwas abgeben. Aber, ihr liegt schon richtig mit eurer Vermutung, der Besitz wurde verteidigt. Und das war die Entscheidung des Menschen, sich und seinen Besitz vor anderen zu schützen. Man könnte auch sagen, er wollte alles für sich behalten. Ebenso wäre es den Menschen möglich gewesen, sich zusammen zu tun. Wo es keinen Besitz gibt, kann auch keiner zum Dieb werden. Aber das ist ein sehr umfassendes Thema."

Stefan: "Hey, Ben, erinnerst du dich an das Graffiti an der Rückwand der Kaufhalle?"

Ben: "Klar, warte mal: 'Eigentum ist Diebstahl', glaube ich, stand da geschrieben."

Herr Jonson: "Wenn man davon ausgeht, dass alles auf der Welt für alle Menschen, eigentlich für alle Lebewesen, da ist ..., der Wald niemanden gehören kann, das Wasser nicht, die Luft nicht und auch der Boden nicht, dann wäre jeder, der sich einen Teil davon absteckt und für sich allein in Anspruch nimmt, ein Räuber."

Ben: "Onkel Dirk, mir raucht der Kopf. Das ist schon viel Stoff zum nachdenken."

Herr Jonson: "Da hast du recht. Ich schlage vor, ihr kommt mich einfach wieder besuchen, wenn ihr Lust und Fragen habt. Immerhin haben wir die nächst wichtige Erfindung noch vor uns: das Rad!"

Stefan: "Guter Vorschlag. Erst einmal vielen Dank für alles und wir kommen bestimmt wieder."

Ben: "Bestimmt. Also, dann bis bald, tschüß!"



6. Februar 2014