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BERICHT/012: Gefesselte Kunst - Im Joch der Verwertung (SB)


Workshop "Evaluation criteria - How to measure art and culture projects"


Bricht man den Terminus "Evaluation" auf seine deutsche Entsprechung "Auswertung" zurück, tritt einem der Wert als weithin unhinterfragtes und doch die kapitalistische Gesellschaftsordnung in ihrer Dynamik konstituierendes Kernstück entgegen. Zog sich das Postulat, daß Kunst nicht zu messen sei, als immer wieder beschworener roter Faden kreativer Freiheit durch den gesamten Kongreß, so droht es doch als bloße Feststellung eines proklamierten Seinszustands künstlerisches Schaffen um so reibungsloser dem Verwertungsregime zu unterwerfen. Solange Kunst per se ein emanzipatorischer Charakter attestiert wird, bleibt völlig offen, worin ihre Wirkmächtigkeit bestehen sollte, den herrschenden Verhältnissen mehr als vermeintliche Fluchträume entgegenzusetzen, die im Zuge zugespitzter Einverleibung verbliebener Sphären relativer Bewegungsoptionen eliminiert oder instrumentalisiert werden. Die Entscheidungsgewalt, welchen Wert Kunst habe und wie dieser zu bemessen sei, obliegt fremden Interessen, die zu analysieren unabdingbar ist, soll die ins Feld geführte soziale Transformation nicht zum Platzhalter beliebiger Verlaufsformen der Anpassung degenerieren. Den Begriff Herrschaft und die Auseinandersetzung mit ihr tunlichst zu vermeiden, wächst sich von einem blinden Fleck unversehens zu einer Nebelwand auf, die den Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse verschleiert und eine Parteinahme für ihre Opfer obsolet macht.

Der Gedankensprung, daß Kunst selbst nicht zu messen sei, wohl aber ihre erfolgreiche Anwendung in sozialen Projekten, vermag den kritischen Einwand nicht aus dem Feld zu schlagen, ob nicht die Auftrags- und Finanzierungskette von der Regierungsorganisation oder Stiftung bis hin zu den Teilnehmern eines Projekts letzten Endes alle beteiligten Akteure in die Fessel erwünschter Konformität legt. Wollte man das Gegenteil beweisen, gälte es entschieden den Nachweis zu führen, wo und wie im Gefüge der Kulturförderung jener Riß zu verorten sei, jenseits dessen die berufsständische Funktion in eine tatsächliche Stärkung der Unterdrückten, Ausgebeuteten und Ausgegrenzten umschlagen könnte. So wenig beste Absichten, unermüdliches Engagement oder weitreichende Hoffnungen vieler Akteure in Abrede zu stellen sind, so beharrlich gilt es doch die eigene Beteiligung an jenen Verhältnissen aus dem Feld zu schlagen, die eben diese Notlagen, die zu beheben man sich anschickt, hervorgerufen haben und zu verewigen trachten.

In der Methodologie der Evaluation tritt dieselbe Fremdbestimmung des Zählens und Messens zum Zweck der Verfügung auf den Plan, die zu bestreiten man allenfalls dann in der Lage sein wird, sofern man die eigene soziale Herkunft nicht leugnet und den Zwiespalt, sich als Wanderer zwischen zwei Welten behaupten zu wollen, nicht leichterdings in eine verwertbare Vorteilslage ummünzt. Wiederum bedarf es der tiefgreifenden und fortgesetzten Klärung zwangsläufiger Widersprüche in der Zielsetzung und Hierarchie internationaler Kulturförderung, um die Frage zuzuspitzen, in welcher Hinsicht die eigene Interessenlage Sand im Getriebe der Maschinerie sein will und kann.

Moderatorin Susanne Bosch mit Teilnehmern - Foto: © 2012 by Schattenblick

Moderatorin Susanne Bosch - Fels in der Brandung des Diskurses
Foto: © 2012 by Schattenblick
Als Moderatorin des Workshops bekannte sich die Künstlerin Susanne Bosch zu der Überzeugung, daß Kunst nicht nur eine Transformation des Individuums, sondern auch der Gesellschaft bewirken könne. Da es sich um einen zumindest in Teilen subventionierten Sektor der Kulturproduktion handle, komme zwangsläufig Evaluation ins Spiel, weil von seiten der Geldgeber hinsichtlich der Resultate harte Daten gefordert würden. Dies verlange mithin den Durchführenden der Projekte ab, Evaluation zu betreiben wie auch meßbare Ergebnisse zu identifizieren und zu präsentieren. Zugleich wollten aber auch die Ausführenden aus ihrem eigenen Interesse heraus wissen, welche Wirkung ihre Arbeit hat. Daher mache Evaluation auch unabhängig von der Finanzierung Sinn, weil man ja Veränderungen herbeiführen wolle.

Tina Lierheimer veranschaulichte anhand eines Beispiels aus dem vielfältigen Programm des Goethe-Instituts, wie dort Evaluation und Qualitätsbemessung definiert werden. Vor Beginn jedes Projekts würden die langfristigen Ziele diskutiert und festgelegt, wozu noch kurz- und mittelfristige kämen. Auf dieser Grundlage würden dann die finanziellen und personellen Ressourcen des jeweiligen Projekts geplant. Wie die Referentin unterstrich, könne man die Qualität der Kunst nicht messen, wohl aber die Auswirkungen eines Projekts, das mit künstlerischen Mitteln arbeite. Entsende man beispielsweise im Rahmen des internationalen Austausches von Kultur und Wissenschaft einen Wissenschaftler ins Ausland, habe man natürlich Parameter zur Bemessung seiner Tätigkeit im Sinn, wie etwa die Anzahl von Meetings, Publikationen, Folgeprojekten und langfristigen Kontakte mit anderen Experten.

Entsprechende Daten könne man auch im Falle eines Künstlers erheben. Während aber einige Faktoren relativ leicht zu messen seien, gelte das für andere nicht, weshalb man derzeit versuche, den Evaluationsprozeß zu standardisieren. Manchmal seien die Ziele eines Projekts klar, in anderen Fällen sei es jedoch schwieriger, sie zu benennen, wobei man gerade bei Kunstprojekten unmöglich alles planen könne. Denke man überdies an unvorhersehbare Entwicklungen wie etwa den arabischen Frühling, werde deutlich, daß der Planung mitunter enge Grenzen gesetzt sind. Hinsichtlich der verwendeten Evaluationsmethoden sei es wichtig, am Anfang und Ende jedes Projekts systematische Fragen zu stellen und zu beantworten. Dabei arbeite man eng mit den Ausführenden zusammen, um zu ermitteln, was ihnen wichtig ist. Auf dieser Grundlage entwickle man geeignete Methoden der Bemessung.

Gregor Barié und Maria Paula Prada, die für die GIZ in Kolumbien tätig sind, beriefen sich hinsichtlich der von ihnen betreuten Projekte auf das Konzept des strukturellen Friedens, wie es der renommierte norwegische Friedensforscher und Mediator Johan Galtung entwickelt hat. Es gehe nicht um Verhandlungen zwischen Regierung und Guerillabewegung, sondern darum, wie die Menschen in der betreffenden Region miteinander auskommen. Ein weiteres wichtiges Konzept sei jenes des kulturellen Friedens: Man unterstütze verschiedene friedensschaffende Organisationen, um die Koexistenz zu stärken.

Die im Auftrag der Bundesregierung tätige GIZ ist mit 17.000 Mitarbeitern eine sehr große Institution und wird mit deutschen Steuergeldern finanziert. Zwangsläufig nehme die Diskussion breiten Raum ein, welche Ziele man erreichen möchte. Dabei verstehe man Evaluation nicht so sehr als ex-post-Auswertung, sondern vielmehr als einen in das Projekt integrierten Prozeß. Man bezeichne Kultur als fünftes Element, das eine wichtige Dimension neben der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimension repräsentiere. Bei dieser Tätigkeit sei interkulturelle Kompetenz sehr wichtig, wobei man auch mit Teilen der Kulturindustrie zusammenarbeite.

Wie Maria Paula Prada erläuterte, stehe die Frage, was man erreichen möchte, nicht nur am Anfang des Projekts, sondern begleite dieses auch auf dem Weg. Dabei arbeite man mit einer Kette von Zielen, wobei es die Aufgabe der Ausführenden sei, Möglichkeiten der Umsetzung zu entwickeln und zu realisieren. Nur bis zur Erstellung eines bestimmten Produkts wie etwa eines Buches zu denken, sei vergleichsweise einfach. Viel schwieriger werde es jedoch, darüber hinauszudenken und zu fragen, was man damit tatsächlich erreicht hat und welche weiteren Folgen daraus resultieren. Was geschieht beispielsweise, nachdem man ein solches Buch verwendet hat? Wenngleich Evaluation und Monitoring sehr nützlich seien, bleibe doch die entscheidende Frage, auf welche Weise man die Resultate verwendet.

Gregor Barié verglich die gemeinsam entwickelte Ergebniskette mit einer Straßenkarte, zu deren Anfertigung die verschiedenen Partner beigetragen haben. Im Fall des vorgestellten Projekts arbeite man mit sieben Künstlergruppen zusammen, die in sozialen Prozessen engagiert sind. Der Input bestehe darin, geeignete Voraussetzungen für die Entwicklung der Fähigkeiten zu schaffen, Veränderungen herbeizuführen. Dabei gebe man den Teilnehmern nicht vor, was sie zu tun haben, sondern unterstütze diese Initiativen in dem Anliegen, einen Beitrag zum Friedensprozeß zu leisten. Wie sie angaben, habe sich das Verständnis ihrer Arbeit vertieft und es sei ihnen gelungen, ihre konstruktiven Beziehungen zu staatlichen Stellen zu verbessern, womit man einen in der Evaluation meßbaren Effekt erzielt habe. Das Ergebnis könnte sein, daß Städte oder Gemeinden die Arbeit dieser Künstler anerkennen, die Sozialarbeit leisten, und sie in ihre Programme integrieren. So sei beispielsweise ein Festival organisiert worden, das inzwischen zu einer festen Einrichtung geworden ist. Die GIZ habe dieses Festival nicht finanziert, sondern vielmehr eine indirekte Wirkung erzielt. Grundsätzlich könne man die Folgen solcher Projekte nicht vorab festlegen, da sie von den Teilnehmern selbst bestimmt würden. Während sich Kunst für sich genommen nicht messen lasse, könne sie doch mit bemerkenswerten und nicht selten überraschenden Erfolgen in die Projektarbeit eingebunden werden. Darüber hinaus sei man der Überzeugung, daß in bestimmten Fällen die kulturelle Herangehensweise die einzig möglich ist, um mit tabuisierten oder traumatischen Themen umzugehen.

Antanas Mockus, der während zweier Amtszeiten Bürgermeister der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá war, trug Fragestellungen der Evaluation aus Perspektive politischen Handelns in sozialen Veränderungsprozessen vor. Er hob eingangs hervor, daß es Institutionen, Unternehmen und Geldgeber nur zu gern sähen, daß einmal erfolgreiche Projekte überall nach demselben Muster funktionieren. Das treffe jedoch nicht zu, da nur dann Aussicht auf Erfolg bestehe, wenn es gelinge, das jeweilige Vorhaben mit einem wirkmächtigen Narrativ zu verbinden. Anhand diverser Tabellen erläuterte Mockus die Bedeutung der Evaluation konkreter Veränderungen während seiner Amtszeiten. Andernfalls sei man dazu verdammt, eine endlose Debatte über den Nutzen dieser und jener Maßnahme zu führen.

Dabei galt es im ersten Schritt, voneinander abweichende Zahlen verschiedener Untersuchungen zu einer einzigen verbindlichen Aussage zusammenzubinden, die dann veröffentlicht werden konnte. So wurden unter anderem die Veränderung der Mordrate, die Reduzierung der Opfer von Verkehrsunfällen, die steigenden Steuereinnahmen oder der verminderte Wasserverbrauch ermittelt, bei denen es sich um recht konkrete Daten handle. Darüber hinaus wurden Untersuchungen in verschiedenen Städten durchgeführt, die sich mit der Einstellung der Bürger etwa zum Waffenbesitz, zum behördlichen Handeln oder auch allgemein zu ihren Zukunftserwartungen befaßten. Mockus warnte zugleich davor, den Ergebnissen solcher Erhebungen ohne weiteres Beweiskraft zu attestieren und übermäßig viel Vertrauen in derartige Indikatoren zu setzen, zumal sich deren Bedeutung oftmals erheblich unterscheide. Auf jeden Fall rate er dazu, beispielsweise Journalisten oder andere Außenstehende heranzuziehen, die solchen Zahlenwerken eher kritisch gegenüberstehen.

Blick auf den Tisch einer Arbeitsgruppe - Foto: © 2012 by Schattenblick

Rauchende Köpfe gegenständlich gemacht
Foto: © 2012 by Schattenblick
An dieser Stelle teilte sich der Workshop in drei Arbeitsgruppen auf, die jeweils 20 Minuten über eine vorgegebene Fragestellung diskutierten und anschließend die Ergebnisse zusammengefaßt im Plenum vorstellten.

Die erste Gruppe beschäftigte sich mit der Frage, was man in dem jeweiligen Arbeitszusammenhang messen wolle. Ein wesentliches Kriterium sei die Relevanz der Akteure, mit denen man arbeite, wie auch der Themen, über die man diskutiere. Wollte man dies auf die Konferenz "radius of art" anwenden, könnte man eine Befragung der Teilnehmer durchführen, was diese für wichtig hielten. Evaluation sei ein Lernprozeß für verschiedene Akteure: Für die Projektleiter, die Teilnehmer, deren Umfeld und auch für die Geldgeber. Evaluation sei sowohl als institutionalisierter, interner Lernprozeß als auch für die Partner sehr wichtig. Messen könne man beispielsweise, wie die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen eingesetzt werden. So sei es durchaus möglich, daß geringe Beträge bei guter Verwendung mehr bewirken als große Summen.

Antanas Mockus, der an dieser Arbeitsgruppe teilgenommen hatte, fügte aus seiner Sicht hinzu, daß er als Bürgermeister mit seinem Team sehr schnell über die Verwendung großer Summen entscheiden mußte. Man habe mit internationalen Experten zusammengearbeitet, um sich zu qualifizieren. Nicht die Gelder seien im Falle Bogotás das Problem gewesen, sondern deren zweckmäßige Verwendung. Dabei stoße man nicht zuletzt auf das verbreitete Phänomen, daß privatwirtschaftliche Gelder sorgsamer als öffentliche Mittel eingesetzt werden. Er könne jedoch aus eigener Erfahrung bestätigen, daß ein besserer Umgang mit den Ressourcen durchaus zu erlernen sei.

Die zweite Arbeitsgruppe ging der Frage nach, was spezifisch an der Evaluation kreativer und künstlerischer Projekte sei. Je nachdem wer diese Frage stelle - die Künstlerin oder der Künstler selbst, die Kulturinstitution oder beispielsweise eine Stiftung - seien recht unterschiedliche Antworten zu erwarten. Des weiteren gelte es auf diesem Feld zu klären, zu welchem Zeitpunkt eine Messung zu erfolgen habe. Manche Prozesse erschließen sich sofort, andere brauchen Jahre, bis sie zum Tragen kommen. Man könne die Künstler befragen, die ihrerseits die Öffentlichkeit befragen, wie auch externe Fachleute hinzuziehen. Für wichtig erachteten die Teilnehmer der Arbeitsgruppe auch Zusammenarbeit und Allianzen mit Leuten, die darauf brennen zu beweisen, daß diese Kunst wichtig ist. Darüber hinaus sei es wünschenswert, nicht so sehr einzelne Projekte für sich genommen zu evaluieren, sondern Prozesse anzustoßen und Strukturen auszubilden, die erst in ihrer Gesamtheit angemessen zu bewerten seien. Kunst ist Avantgarde - was sollten wir da messen?, lautete das den Zwängen jeglicher Einhegung und Funktionalisierung entgegengehaltene Postulat kreativen Schaffens.

Thema der dritten Arbeitsgruppe war die Evaluation sich verändernder Beziehungen des Einzelnen zu seinem Kollektiv, also die Meßbarkeit dessen, was in einem solchen Prozeß mit dem Individuum geschieht hin zu dem, was sich in einer größeren Gruppe verändert. Was spielt sich zwischen Künstlern und Teilnehmern wie auch unter den Teilnehmern ab und was wären dann Indikatoren für qualitativ veränderte Beziehungen? Dem grundsätzlichen Problem, womöglich von den Projektleitern gewünschte Antworten zu produzieren, hofft man mit einem partizipativen Monitoring, als dem Einbezug der Betroffenen zu begegnen. Wie Maria Paula Prada ausführte, gehe man von der These aus, daß fehlendes Vertrauen zwischen Staat und Zivilgesellschaft den Friedensprozeß in Kolumbien verhindere. Deswegen versuche man, Vertrauen zu schaffen. Da die Teilnehmer oftmals nicht sprachlich ausdrücken könnten, was sie meinen, habe man das künstlerische Medium des Zeichnens eingesetzt, um beispielsweise Zukunftserwartungen darstellen zu lassen. Mittels Kontrollgruppen in anderen Gemeinden konnte im nächsten Schritt präzisiert werden, welche Veränderungen auf die Projektarbeit zurückzuführen waren.

Als Vertreterin der GIZ und Kolumbianerin wisse sie, was für die beiden Seiten jeweils wichtig ist. Wesentlich für ihre Herangehensweise seien partizipative Prozesse, bei denen die Evaluation von Anfang an integriert ist. Die Zielgruppe suche die Projekte selbst aus und setze deren Prioritäten. Daher sei die Wahrscheinlichkeit gering, daß etwas nur deswegen gemacht werde, weil dies der Geldgeber so wünscht. In den Projekten der GIZ sei ein gewisser Prozentsatz des Budgets für Monitoring und Evaluation vorgesehen. Letztere finde innerhalb des Programms, durch Berichte über das Projekt sowie unabhängige Evaluierungen statt. Für diese Phase seien alle Indikatoren gemeinsam mit den Partnern entwickelt worden. Wie die Arbeitsgruppe befand, wäre es wünschenswert, daß auch andere Organisationen die Evaluation als ein durchgängiges Prozeßmodul einstufen und finanzieren.

Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden vorgestellt - Foto: © 2012 by Schattenblick

Gebündelte Resultate mit Verve vorgetragen
Foto: © 2012 by Schattenblick

Wie Susanne Bosch abschließend hervorhob, bringe Kunst das Neue, Undenkbare, Kreative gleichsam in eine laufende Maschine ein und könne so deren Kurs ändern. Dabei sei man Teil eines Netzwerks von Beziehungen, das auch jene einschließe, die man als Feinde erachte. Mit ihnen zu sprechen, so schwer es auch falle, sei ein unverzichtbarer Schritt, Sinn zu stiften: "Das ist es, was viele von uns versuchen: Sinn im Hier und Jetzt zu stiften." Evaluation sei ein Werkzeug, das dabei helfe, Sinn in diesem ganzen Arrangement zu schaffen.

Dem möchte man entgegnen, daß sich Kunst, welche die genannten Qualitäten wie selbstverständlich für sich reklamiert, eigenhändig aller Mittel beraubt, diesen Anspruch auf den Prüfstand zu stellen und ihn glaubwürdig zu vertreten. Wird nicht erst ein Schuh daraus, wenn das postulierte Freiheitsstreben, gerade weil man darauf unter keinen Umständen verzichtet, wieder und wieder mit selbstkritischem Zweifel auf seine Tragfähigkeit abgeklopft wird?

(wird fortgesetzt)

16. März 2012