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AUFBAU/218: USA - Auch mit Barack Obama auf Kriegskurs


aufbau Nr. 57, Mai/Juni 2009
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

USA - Auch mit Barack Obama auf Kriegskurs


USA - Die Obama-Euphorie war schnell verflogen. Auch unter Präsident Obama wird die Krise ungeniert auf die Werktätigen abgewälzt. Aussenpolitisch setzt der neue Präsident die Kriegspolitik seines Vorgängers Bush fort.


(rabs) Fliegen findet bekanntlich in der Luft und die Politik unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen statt, die durch eine abgrundtiefe Krise des kapitalistischen Systems geprägt sind. Weder das Gesetz der Schwerkraft noch die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung können durch einen Messias aufgehoben werden. Eine Feststellung, die sich während des Wahlkampfes von Barack Obama geradezu aufdrängte. Mit seinen Auftritten begeisterte er auch grosse Teile der proletarischen Massen und liess sie zumindest kurzfristig vergessen, dass eine gesellschaftliche Veränderung nicht eines vermeintlichen Heilbringers bedarf, sondern nur durch das Handeln der unterdrückten Klassen selber möglich wird.


Die ArbeiterInnenklasse geht leer aus

Nach seinem Amtsantritt machte Barack Obama auch den letzten ZweiflerInnen klar, für welche Klasse er angetreten ist. Mit rund 2 Billionen (das sind 2000 Milliarden!) Dollar soll der angeschlagene Banken- und Finanzsektor hochgepäppelt werden. Weitere 789 Milliarden fliessen in ein Konjunkturprogramm, mit dem die Wirtschaft angekurbelt werden soll. 36% davon werden als Steuererleichterungen des gehobenen Mittelstandes aufgewendet. Praktisch leer aus geht die von der Krise am meisten gebeutelte Arbeiterinnenklasse, die allein in den letzten 3 Monaten weitere 12 Millionen Arbeitslose in ihren Reihen zählt. Schlimmer noch, um diese Rettungspakete für das Kapital finanzieren zu können, werden die Renten und Gesundheitsprogramme wie Medicare und Medicaid gekürzt.

Die von Barack Obama neue geschaffene Kostenkontrollstelle für das Weisse Hause erscheint angesichts der billionenschweren Ausgaben der "Konjunkturprogramme" als schlechter Witz. Um was es dort geht, zeigt die Nominierung von Nancy Killefer, einer ehemaligen Direktorin der für Stellen- und Sozialabbau berüchtigten Unternehmensberaterfirma McKinsey & Co als Chefin dieser Kontrollstelle. Wie schon bei McKinsey sollte sie dafür sorgen, das die Budgets eingehalten resp. reduziert werden. Schwierigkeiten mit der Kontrolle des eigenen Budgets, sprich Steuerschulden, zwangen allerdings Frau Killefer zum umgehenden Rücktritt.

Ob Barack Obama eines seiner zentralen Wahlversprechen, die Reform des Gesundheitswesen, einlösen kann, ist mehr als ungewiss. Eine Selbstverständlichkeit hierzulande, die obligatorische Grundversicherung, lehnt er übrigens dezidiert ab. Derzeit versucht er, diese Reform dem Kapital als Wirtschaftsankurbelung schmackhaft zu machen. Die mächtige Pharmalobby, die ihre Profite durch die Reform gefährdet sieht, wird er damit aber kaum überzeugen können. In den USA sind heute 46 Millionen Menschen nicht krankenversichert, allein in den letzten acht Jahren ist diese Zahl um 10 Millionen angestiegen. Und je mehr Menschen in den nächsten Monaten arbeitslos werden, umso höher wird die Zahl derer sein, die keinerlei Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung haben. Wahrlich, weit hat es die kapitalistische "Zivilisation" in den USA gebracht!


Eine reaktionäre Crew

In der Aussenpolitik setzt Barack Obama die Politik der Bush-Administration nahtlos fort. Um die Kontinuität der militärischen Aggressionspolitik zu untermalen, übernahm der neue US-Präsident den republikanischen Verteidigungsminister Robert Gates seines Vorgängers. Auch der neuen Aussenministerin Hillary Clinton geht der Ruf als Falkin voran. Sie gilt, genauso wie der Vizepräsident Joe Biden, als bedingungslose Unterstützerin des NATO-Überfalles auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Dem Iran drohte sie im Falle eines Angriffs auf Israel die "totale Auslöschung" an.

Dem CIA und seinen reaktionärste Exponenten scheint Obama besonders zugetan zu sein. Zu seinem Chefberater für Terrorfragen ernennt er den ehemaligen CIA-Mann John Brennan, der als Propagandist der Folter gilt und deshalb als neuer CIA-Direktor aus dem Rennen scheiden musste. Nach seinem Austritt aus dem CIA im Jahre 2005 leitete Brennan die Analysis Corporation, eine Tochterfirma der Global Strategies, die ihr Geld mit Beratung in der Terrorabwehr und dem Söldnerunwesen macht.

Die Schliessung von Guantanamo war daher schlicht ein propagandistischer Akt, der nicht mit der grundsätzlichen Abkehr von der barbarischen Folter verwechselt werden darf. Künftig wird die US-Regierung die völkerrechtswidrige Haft und die Folter einfach im weniger bekannten Internierungslager auf dem US-Stützpunkt Bagram in Afghanistan weiterführen. Über 650 Gefangene sind derzeit dort interniert, keineswegs nur in Afghanistan festgenommene Menschen. Diesen Folterknast will auch Barack Obama unter allen Umständen weiterführen, und wie in Guantanamo verweigert er den Inhaftierten jegliches rechtliche Gehör.


Die Kriegsfront wird ausgebaut

Die Kritik von Barack Obama am Irakkrieg war immer nur strategischer Natur, er hielt diesen Krieg schädlich für die Interessen des US-Imperialismus. Den Truppenabzug aus dem Irak hat bereits die Bush-Regierung beschlossen. Neu hingegen ist Obamas wilde Entschlossenheit, den Krieg in Afghanistan und Pakistan massiv auszuweiten.

Genauso wie sein Vorgänger Bush denkt auch Präsident Obama nicht daran, diese Strategie vorgängig mit den europäischen Mächten zu diskutieren. 17.000 weitere US-SoldatInnen und 4.000 militärische BeraterInnen sollen in den nächsten Monaten in den Hindukusch verlegt werden. Bevor diese Aufstockung angelaufen ist, fordert der US-General David Petraeus bei einer Kongressanhörung weitere 10.000 SoldatInnen an. Die Eskalation der Kriegspolitik des US-Imperialismus verschärft sieh zusehends, da kann auch das charmante Lächeln des Präsidenten nicht darüber hinwegtäuschen.

Auch die von der Bush-Administration begonnenen Angriffe auf das pakistanische Grenzgebiet will Obama verstärkt fortsetzen. Unverhohlen setzt er damit Präsident Asif Ali Zardari das Messer auf die Brust, der sich zwischen der im Lande verhassten US-Hörigkeit und dem Entzug von Liebesdiensten, sprich Dollarsegen entscheiden muss. Ein gefährliches Spiel, das ihn seinen Kopf kosten könnte. Doch Mister 10 Prozent, so sein Spitzname als hohlhändiger Ehemann der damaligen Präsidentin Benazir Bhutto, gehört zu jener Sorte Politiker, die selbst den eigenen Strick noch verscherbeln.

Eher bizarr mutet die Strategie Obamas an, in Afghanistan mit "moderaten Taliban" ins Gespräch zu kommen. Wer so spricht, verkannt völlig die Realitäten dieses von zahlreichen Stammesfürsten beherrschten Landes. Die Taliban sind in den letzten Jahren vor allem deshalb wieder erstarkt, weil sie es verstanden haben, einen Teil dieser Stammesfürsten, die zuvor die USA unterstützt haben, wieder auf ihre Seite zu ziehen. Und mit diesen Stammesfürsten hat es sich der US-Imperialismus und sein Hofnarr in Kabul, Präsident Karzai, schon lange verscherzt. Das ist auch der Grund, warum der Machtbereich Karzais vor den Toren seines Palastes aufhört.


Obama hält sich den Rücken im Iran frei

Die Grussbotschaft von Präsident Obama anlässlich des Neujahrsfestes anfangs März an die Teheraner Regierung muss auch im Zusammenhang mit dem verschärften Krieg in Afghanistan gesehen werden. Zwar will Präsident Obama eine militärische nukleare Option des Iran nach wie vor militärisch zerschlagen. Nur kann er sich einen Vielfrontenkrieg genauso wenig leisten wie sein Vorgänger Bush. Und er weiss auch, dass der Iran - genauso wie übrigens der Irak unter Saddam Hussein - nicht das geringste Interesse an den Taliban resp. an einem immer tiefer ins Chaos versinkende Afghanistan hat. So drängte die US-Regierung bereits Ende März auf die Teilnahme des Iran an der Afghanistan-Konferenz in Den Haag, wo sich der ehemalige Kosovo-Krieger und heutige US-Afghanistan-Beauftragte Richard Holbrooke mit dem iranischen Aussenminister Mehdi Achundsadeh traf. Der Iraner zeigte allerdings deutlich mehr Realitätssinn als sein amerikanischer Kollege. In seiner Konferenz-Rede bezweifelte er, dass mit mehr ausländischen Besatzertruppen Afghanistan sicherer würde.


Lockerung der Embargo-Politik gegen Kuba

Offenbar steht eine Veränderung der US-Embargo-Politik kurz vor der Türe. Ausschlaggebend dafür ist aber nicht eine veränderte Haltung der Obama-Administration gegenüber fortschrittlichen Ländern wie zum Beispiel Kuba. Der Grund liegt vielmehr in der vom notabene republikanischen Vorsitzenden des Foreign Relations Committee, Richard Lugar, in einem Bericht dargelegten Auffassung, wonach die seit 47 Jahren betriebene Aushungerungspolitik gescheitert sei [1]. Ein weiterer Grund für eine veränderte US-Politik gegenüber Kuba dürfte auch die Wiederaufnahme der politischen Beziehungen Havannas zu Russland und Frankreich sein. Beides notorische Konkurrenten des US-Imperialismus, die die Hand nach seinem Hinterhof ausstrecken, was nicht nur dem texanischen Rowdy, sondern auch dem smarten Barack Obama missfällt.


[1] NZZ 14.3.09, Warten auf einen Wandel in Kuba


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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Kulturredaktion (kur)


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Quelle:
aufbau Nr. 57, Mai/Juni 2009, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2009