Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

AUFBAU/327: Widerstand und Streik spanischer MinenarbeiterInnen


aufbau Nr. 70, sept/okt 2012
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Widerstand und Streik spanischer MinenarbeiterInnen



BERGBAU Die militante Speerspitze des protestierenden Proletariats hat erkannt, dass die Herrschenden nicht lange mit einer Antwort auf sich warten lassen, wenn sie oder ihre Exponenten direkt angegriffen werden.


(agw) Seit knapp 3 Monaten tobt im Norden Spaniens ein Streik der Minenarbeiterinnen und Minenarbeiter, der sich wegen seiner Kompromisslosigkeit von den vielen anderen laufenden Arbeitskämpfen in Spanien unterscheidet.


Barrikaden im Kampf um die Existenz

Begonnen wurde dieser unbefristete Streik als Antwort auf die Sparmassnahmen der Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy, welche den Steinkohleabbau empfindlich treffen sollten. 64% der Subventionen würden gestrichen werden, damit wären direkt 8.000 und indirekt 17.000 Arbeitsplätze gefährdet. Seit dem Beginn des Streiks, welcher von der ganzen Branche getragen wird und sehr grosse Solidarität in der Bevölkerung und in anderen Berufsgruppen erfährt, machen die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht mit leeren Worten, sondern mit Handlungen auf sich und ihre missliche Situation aufmerksam. Täglich werden in den Bergbaugebieten Autobahnen, Straßen und Eisenbahnverbindungen mit brennenden Barrikaden blockiert und gegen die anrückenden "Antidisturbios" (Polizeieinheiten der Aufstandsbekämpfung) mit selber gebastelten Raketenwerfern aus Feuerwerkskörpern und Steinen verteidigt. Längst sehen die Kämpfenden nicht mehr nur ihre eigene missliche Situation als Grund für den Widerstand, sondern es geht darum, mit gutem Beispiel im Kampf gegen das Kapital und seine Auswüchse voranzugehen.

Seit den 80er Jahren ist dies der erste militante Streik in Spanien, dessen gewaltsame Formen von einem Grossteil der Bevölkerung als legitime Reaktion angesehen werden. Dies könnte durchaus als Verschiebung des Bewusstseins der Bevölkerung und als Anzeichen für eine fortschrittlichere Haltung im Gewaltdiskurs interpretiert werden.


Die Antwort der Herrschenden

Schon bald hatten sich die grossen Gewerkschaften vom militanten Widerstand distanziert, was aber nichts an der Entschlossenheit der Streikenden änderte, geht es ja bei den Minenarbeiterinnen und Minenarbeitern nicht primär um höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen, sondern ums Überleben, welches mit der Streichung der Stellen nicht mehr gewährleistet wäre. Die Arbeitslosigkeit in den Bergbaugebieten übertrifft sogar noch den nationalen Durchschnitt.

Die Regierung versucht alles, um diese Streikbewegung zu unterbinden, gilt sie wohl vielen anderen als Vorbild und wird sie dann auch insgeheim als Speerspitze des proletarischen Protests in Spanien verstanden. Nach den Worten einer Bergarbeiterin wurde nun neben den Zivilgarden auch noch die Nationalpolizei hinzugezogen, welche mit einem grossen Aufgebot in den Bergbaugebieten Asturiens stationiert ist und nicht davor zurückschreckt die Streikenden sowie die solidarische Bevölkerung zu bekämpfen und zu schikanieren. Dabei gehen sie skrupellos vor und machen auch vor Kindern und älteren Bewohnern keinen Halt.

Ein weiteres Beispiel für den verzweifelten Versuch, den Widerstand der Streikenden zu brechen, geschah am 11. Juli 2012 als 200 Kumpels, die am sogenannten Marcha Negra teilgenommen hatten, in Madrid eintrafen, um der Regierung ihre Forderungen zu überbringen. Solidarische Einwohner sowie streikende Lehrer und Feuerwehrleute schlossen sich ihnen an und zogen ungehindert und ohne Zwischenfälle zum Industrieministerium. Mehrere Zeitungen berichteten, dass der Demozug daraufhin brutal von der Polizei angegriffen wurde. Dabei wurden 76 Menschen verletzt und 16 verhaftet.

Dieses verschärfte Klima der Repression gilt es im internationalen Kontext zu betrachten, wo das Kapital, in diesem Fall vertreten durch die EU, die Europäische Zentralbank und die Banken, immer mehr zu schwächeln beginnt und sich mit umso mehr Gewalt seinen blutigen Weg ins Verderben bahnt.


Ferien für die Gewerkschaft

Für den Monat August hat die Gewerkschaft CCOO den Streik ausgesetzt, da Ferien sind und dies politisch unbrauchbar sei. Im September soll der Kampf aber weitergehen.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter werden sich aber hoffentlich durch diese, von den Gewerkschaften für Verhandlungen mit der Regierung betriebene Zeitschinderei nicht davon abhalten lassen, weiterhin Barrikaden zu errichten und die Staatsmacht direkt und militant anzugreifen.

*

Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Kulturredaktion (kur), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

*

Quelle:
aufbau Nr. 70, sept/okt 2012, Seite 5
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.ch
Redaktion und Vertrieb Schweiz
aufbau, Postfach 8663, 8036 Zürich
E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org
 
aufbau erscheint fünfmal pro Jahr.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
aufbau-Jahresabo: 30 Franken, Förderabo ab 50 Franken


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2012