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AUFBAU/417: NATO - Kriegsvorbereitung gegen Russland


aufbau Nr. 81, mai / juni 2015
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

NATO - Kriegsvorbereitung gegen Russland


IMPERIALISMUS Hybrider Krieg als Kampfbegriff in der Kriegsvorbereitung gegen Russland. Deutsche Wirtschaft erleidet schwere Einbussen. Widerstand gegen den US-Imperialismus von der falschen Seite.


(rabs) Hybrider Krieg ist der neue Terminus für eine Mischung zwischen militärischer, paramilitärischer und ziviler Kriegsführung. Portiert wird die Begrifflichkeit in erster Linie vom militärischen Thinktank IISS (Internationales Institut für Strategische Studien) in London und der deutschen Stiftung für Politik und Wissenschaft SPW. Als "neue" hybride Kriegsformen werden die angeblich für Europa völlig fremde "Aufhetzung von Minderheiten" genannt, wie sie von Russland in der Ukraine praktiziert würden. Geflissentlich werden dabei die von den westlichen imperialistischen Mächten in Osteuropa inszenierten bunten Revolutionen mit immer stärkeren Brauntönen ausgeblendet. Ebenso verschwiegen wird die Unterstützung und Finanzierung der Terrortruppe UCK im Kosovo. Dass die moderne Kriegsführung militärische, zivile und mediale Elemente enthält, ist im Grunde nichts Neues.

Die Begrifflichkeit der hybriden Kriegsführung zielt denn im Grunde auch in erster Linie gegen Russland und seine Rolle im Bürgerkrieg in der Ukraine. Das IISS fordert daher die Anpassung der NATO an die hybride Kriegsführung und die Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Truppen. Mit der im Februar beschlossenen Vergrösserung der schnellen Eingreiftruppe und der Schaffung einer superschnellen Speerspitze dieser Struktur für weltweite Einsätze (NRF) ist die NATO dieser Forderung auch umgehend nachgekommen. Bereits im vergangenen März hat diese Truppe ein offen gegen Russland gerichtetes, grösseres Manöver durchgeführt, weitere Grossmanöver sind im September geplant.


Nur die Waffenindustrie boomt

Die Kriegsbegeisterung der NATO und die US-Sanktionspolitik gegen Russland treffen Teile der europäischen Wirtschaft, insbesondere Deutschland und Frankreich. Während die Waffenindustrie jubiliert, bleiben die Folgen für andere nicht aus. VW fährt die Produktion in Russland zurück, Opel will sich ganz aus dem dortigen Geschäft zurückziehen. Dies ist nicht nur ein Schlag gegen die ArbeiterInnen in Russland. Davon betroffen sind auch laut Eckehard Cordes vom "Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft" im schlimmsten Fall bis zu 60.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Um 17% oder 1.3 Milliarden Euro eingebrochen sind auch die Exporte der deutschen Maschinenindustrie nach Russland. Der Ausfall wird sich noch vergrössern, da Russland weiterhin Maschinen benötigt und diese nun bei der Konkurrenz in China und Südkorea bestellt.


Widerstand von der falschen Seite

Das agressive Auftreten des US-Imperialismus verschärft auch die Widersprüche innerhalb der Bourgeoisie, was vor allem in Deutschland, Frankreich und der Schweiz konstatiert werden kann. Auf der einen Seite finden sich die Atlantiker, die sich auch zum Preis des eigenen Untergangs bedingungslos den Interessen des US-Imperialismus unterordnen. Auf der anderen Seite die eher national operierende Bourgeoisie, die die Unvereinbarkeit der eigenen Interessen mit der US-Politik erkennt und sich mehr und mehr antiamerikanisch gibt. Durchaus richtig stellt z.B. die schweizerische Militärzeitschrift ASMZ fest, dass ein Staat keine Freunde, sondern Interessen hat und fragt sich, warum die Schweiz sich denn eigentlich entgegen den eigenen Interessen an den Sanktionen gegen Russland beteilige. Im Unterschied zu den 70er-Jahren formiert sich allerdings heute die Kritik und der Widerstand gegen den US-Imperialismus oder die EU von rechts mit entsprechend nationalistischen und, was meist dazu gehört, fremdenfeindlichen und rassistischen Tönen. Mit dieser Politik wird innenpolitisch ein reaktionäres Klima geschaffen, das wiederum durchaus den Interessen der imperialistischen Bourgeoisie dient, deren Politik mit beängstigender Geschwindigkeit auf die Entfesselung eines dritten Weltkrieges hinarbeitet.


KASTEN 1
 
Handbuch für den Regimewechsel

Der Thinktank DGAP (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik) präsentierte kürzlich Empfehlungen für die deutsche Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für den Umgang mit Russland. Unverhohlen wird dabei auf einen Regimewechsel hingearbeitet. Was bislang für sogenannte Schurkenstaaten galt, wird heute auf jedes Land angewendet, das den imperialistischen Interessen im Wege steht. Mit Förderprogrammen für die "jungen Eliten, Journalisten und Studenten" und der gleichzeitigen Sanktionen gegen "Teile der russischen Elite und bestimmte Wirtschaftszweige" soll gezielt ein Keil in die russische Bourgeoisie und ihren Nachwuchs getrieben werden. Aufgeschreckt durch den professionellen Auftritt des russischen Senders RT Deutsch empfiehlt der Thinktank gleiches in Russland zu tun, anstatt "deutsche Medien für ihre Berichterstattung zu kritisieren". Als ob es in Deutschland (oder der Schweiz) mehr als einen Hauch von Kritik an der tendenziösen Berichterstattung und Kriegshetze gegen Russland gäbe.
Unverhohlen fordert der Thinktank auch die langfristige NATO-Integration der Ukraine, womit offensichtlich Druck auf die in diesem Punkt eher zurückhaltende deutsche Regierung ausgeübt werden soll. Sozusagen als Einstieg für die aus der Sicht der DGAP mittelfristig aus Ressourcengründen ausgeschlossene NATO-Integration schlägt sie die Ablösung der OSZE durch die NATO vor. Mit dem schlagenden Argument, die NATO könne im Unterschied zur OSZE nicht durch die russische Seite blockiert und die USA so direkt eingebunden werden.
Ein Dorn im Auge ist dem DGAP auch die Koalition Deutschlands mit Frankreich in der Ukraine-Krise. Wie die USA setzt auch der deutsche Thinktank auf Polen, "um die europäische Ostpolitik" voranzubringen. Angesichts der Reduktion der 28 EU-Mitgliedsländer auf deren zwei müsste wohl doch eher von einer deutschen Ostpolitik gesprochen werden.


KASTEN 2
 
Überfall auf den Jemen

Die Polemik des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu vor dem amerikanischen Kongress gegen die Atomverhandlungen mit dem Iran blieb nicht ungehört. Zwar hat die Obama-Regierung die Gespräche mit der iranischen Regierung fortgeführt. Die Entspannung der Beziehungen zum Iran verkommt jedoch zur Farce, da die von Saudi Arabien angeführte Aggression gegen den Jemen durch den US-Imperialismus mit Waffen und Logistik unterstützt wird. Die nunmehr seit Wochen anhaltenden Bombardierungen des Jemen haben bereits Tausende von zivilen Todesopfern gefordert. Die Warnungen des IKRK vor einer weiteren humanitären Katastrophe im arabischen Raum bleiben ungehört. Für die Saudis und ihre Verbündeten handelt es sich erklärtermassen um einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran, dem sie die militärische Unterstützung der Houthi-Rebellen vorwerfen. Unterstützt werden sie in dieser Haltung vom US-Aussenminister John Kerry, der gegenüber dem TV-Sender PBS erklärt: "Iran muss einsehen, dass die Vereinigten Staaten nicht zusehen werden, wie die Region destabilisiert wird oder wie Leute über internationale Grenzen hinweg offen Krieg führen." Tatsache ist, dass die Houthi-Rebellen im Unterschied zu den Truppen des geflüchteten Präsidenten Hadi, einer Marionette der USA und Saudi Arabiens, keinerlei offene militärische Unterstützung von aussen erhalten. Der Angriffskrieg gegen den Jemen ist völkerrechtswidrig und die Erklärung Kerrys stellt die Tatsachen auf den Kopf. Profiteurin dieses widerrechtlichen Überfalls auf den Jemen ist auch die Schweizer Waffenindustrie, die für rund 22 Millionen Franken Waffen an die saudische Diktatur liefert. Das Parlament hat im vergangenen Jahr bestehende Ausfuhrbeschränkungen an Saudi Arabien mit dem Hinweis auf einen Rückgang der Rüstungsexporte gelockert.

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 81, mai / juni 2015, Seite 3
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
Redaktion und Vertrieb Schweiz
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E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org
 
Der aufbau erscheint dreimonatlich.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
aufbau-Jahresabo: 30 Franken, Förderabo ab 50 Franken


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2015

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