Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE


CORREOS/196: Fidel Castro - "Ich traue der Politik der USA nicht"


Correos de las Américas - Nr. 180, 4. Februar 2015

«Ich traue der Politik der USA nicht»

von Fidel Castro


Für meine Genossen der Studentischen Föderation

(26.1.15) Liebe Genossen: 2006 verzichtete ich aus Gesundheitsgründen, die unvereinbar waren mit der Pflichterfüllung, auf meine Ämter. Als ich vor 70 Jahren, am 4. September 1945, in diese Universität eintrat, hatte ich mir die Pflichterfüllung zum Gebot gemacht.

Ich war kein Arbeiterkind, mir mangelte es nicht an materiellen und gesellschaftlichen Ressourcen für eine relativ angenehme Existenz. Ich kann sagen, dass ich wie durch ein Wunder dem Reichtum entkommen bin.

Viele Jahre später erklärte einer Agenturmeldung vom vergangenen 22. Januar zufolge der reichste und sicher sehr fähige US-Amerikaner, Besitzer von fast $ 100 Mrd., dass das System der Produktion und privilegierten Verteilung die Armen von Generation zu Generation zu Reichen mache. Im antiken Hellas haben die Griechen in fast allen Aktivitäten brilliert: Physik, Astronomie, Mathematik, Philosophie, Kunst, Wissenschaft, Architektur und andere Zweige des menschlichen Wissens. Aber Griechenland war ein Territorium der Sklaven, die auf dem Feld und in der Stadt die härtesten Arbeiten verrichteten, während die Oligarchie sich dem Schreiben und dem Philosophieren widmete. Eben sie hat die erste Utopie geschrieben.

Betrachtet die Realitäten dieses bekannten, globalisierten und äusserst schlecht verteilten Planeten Erde, in dem jede vitale Ressource in Funktion anhand historischer Faktoren verteilt wird: Viele haben viel weniger, als sie brauchen, andere wissen nicht, was anfangen mit all diesen Ressourcen. Jetzt herrscht mitten in grossen Bedrohungen und Kriegsgefahren ein Chaos bei der Verteilung der Finanzressourcen und der gesellschaftlichen Produktion.

[...]

Die Präsidenten Kubas und der Vereinigten Staaten grüssten sich persönlich bei der Beerdigung von Nelson Mandela, dem herausragenden und beispielhaften Kämpfer gegen die Apartheid, der mit Obama befreundet war. Es sollte reichen darauf hinzuweisen, dass zu diesem Datum bereits zahlreiche Jahre vergangen waren, seit die kubanischen Truppen in überwältigender Weise die von der reichen Bourgeoisie geführten und mit enormen ökonomischen Mitteln ausgestattete Rassistenarmee Südafrikas besiegten.

Dies ist die Geschichte eines Kampfes, die noch geschrieben werden muss. Südafrika, die Regierung mit den grössten Finanzmitteln dieses Kontinents, besass Kernwaffen, die ihm vom rassistischen Staat Israel geliefert wurden, auf der Grundlage eines Abkommens zwischen diesem und dem Präsidenten Ronald Reagan, der ihre Übergabe autorisierte, damit solche Waffen gegen die kubanischen und angolanischen Kräfte eingesetzt werden konnten, die die Volksrepublik Angola gegen die Besetzung des Landes durch die Rassisten verteidigten. Auf diese Weise wurde jede Friedensverhandlung ausgeschlossen, während Angola von den Kräften der Apartheid mit der am besten trainierten und ausgerüsteten Armee des afrikanischen Kontinents angegriffen wurde.

In dieser Situation gab es keine Möglichkeit für eine friedliche Lösung. Die unermüdlichen Anstrengungen zur Beseitigung der Volksrepublik Angola, sie mit der Macht dieser gut trainierten und ausgerüsteten Armee ausbluten zu lassen, waren es, die die kubanische Entscheidung bedingten, in der ehemaligen NATO-Base Cuito Cuanavale, die Südafrika um jeden Preis besetzen wollte, einen umfassenden Schlag gegen die Rassisten zu führen.

Dieses anmassende Land wurde gezwungen, einen Friedensvertrag auszuhandeln, der die militärische Besatzung Angolas und die Apartheid in Afrika beendete. Der afrikanische Kontinent wurde frei von Atomwaffen. Kuba musste zum zweiten Mal dem Risiko eines Atomangriffs begegnen. Die internationalistischen kubanischen Truppen haben sich ehrenvoll aus Afrika zurückgezogen. Es begann die Besondere Periode in Friedenszeiten, die mehr als 20 Jahre dauerte, ohne dass wir die weisse Fahne gehisst hätten - was wir ohnehin nie taten und niemals tun werden.

Viele Freunde Kubas kennen die beispielhafte Haltung unseres Volkes, und ihnen erkläre ich in wenigen Worten meine zentrale Haltung.

Ich traue der Politik der Vereinigten Staaten nicht und habe mit ihnen auch kein Wort gewechselt. Das bedeutet aber nicht die Ablehnung einer friedlichen Beilegung der Konflikte oder Kriegsgefahren. Den Frieden zu verteidigen ist eine Pflicht aller. Jede friedliche oder Verhandlungslösung der Probleme zwischen den Vereinigten Staaten und den Völkern oder irgendeines Volkes Lateinamerikas muss ohne die Androhung oder den Einsatz von Gewalt entsprechend der internationalen Prinzipien und Normen behandelt werden. Wir werden immer die Zusammenarbeit und die Freundschaft mit allen Völkern der Welt verteidigen, darunter auch mit denen unserer politischen Gegner. Das ist es, was wir für alle fordern.

Der Präsident Kubas hat entsprechend der Vorgaben und Befugnisse, die ihm die Nationalversammlung und die Kommunistische Partei Kubas übertragen haben, die angemessenen Schritte unternommen. Die schweren Gefahren, die heute der Menschheit drohen, sollten Normen weichen, die mit der menschlichen Würde vereinbar sind. Von solchen Rechten ist kein Land ausgeschlossen.

In diesem Geist habe ich gekämpft und werde ich bis zum letzten Atemzug kämpfen.

*

Quelle:
Correos de las Américas, Nr. 180, 4. Februar 2015, S. 9
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
Redaktion: Postfach, 8031 Zürich, Schweiz
Tel.: 0041-(0)44/271 57 30
E-Mail: zas11@sunrise.ch
 
Correos erscheint viermal jährlich.
Abonnement: 45,-- CHF


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang