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GEGENWIND/369: Neues Schulgesetz in Schleswig-Holstein - Bestandsaufnahme, Teil 2


Gegenwind Nr. 247 - April 2009
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

Neues Schulgesetz in Schleswig-Holstein
Bestandsaufnahme, Teil 2

Von Jan Nissen


Schulentwicklung in Rendsburg-Eckernförde

"Neues Schulgesetz gescheitert?" lautete eine Überschrift im Gegenwind 236 (Mai 2008). Seit mehr als einem Jahr ist die Schullandschaft Schleswig-Holsteins im Umbruch. Die Hauptschule wird abgeschafft, danach die Gesamtschulen. Neu entstehen sollen Regionalschulen und Gemeinschaftsschulen, intern "CDU-Schulen" und "SPD-Schulen" genannt. Zwar konnte die CDU als größerer Koalitionspartner durchsetzen, dass die Regionalschule die Regelschule wird, während die Gemeinschaftsschule "nur" Angebotsschule sein soll - vielerorts konnten die Eltern aber durchsetzen, dass es nur Gemeinschaftsschulen gibt. Eine kleine Übersicht zur Lage in einzelnen Kreisen haben wir im Februar-Gegenwind begonnen, wir setzen sie hier mit einem Beitrag aus Rendsburg-Eckernförde fort.

Die Redaktion


[Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
Der erste Teil des Artikels ist im Schattenblick zu finden unter:
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GEGENWIND/360: Neues Schulgesetz in Schleswig-Holstein - Bestandsaufnahme]


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Umbruch

Die Schulentwicklung in Rendsburg-Eckernförde hat seit der Einführung des neuen Schulgesetzes in 2007 eine dynamische Entwicklung durchgemacht. Die Ausgangslage vor dem neuen Schulgesetz war dadurch geprägt, dass im allgemeinbildenden Bereich insgesamt 102 öffentliche Schulen von 60 Schulträgern geführt wurden. Neben 46 Grundschulen, gab es 18 Grund- und Hauptschulen, 3 reine Hauptschulen, 13 Förderzentren, 14 Realschulen (davon 4 mit Grund- und Hauptschulteil), 7 Gymnasien und 1 integrierte Gesamtschule. Neben den öffentliche Schulen gibt es 9 Schulen in freier Trägerschaft. Im Berufsbildenden Bereich gab es drei Berufsbildende Schulen in Trägerschaft des Kreises und die Berufsschule Gewerbe, Technik und Landwirtschaft in Rendsburg hat neben dem Kreis noch die Landwirtschaftskammer und den Trägerverband Landesberufsschulen Rendsburg als Träger.


Entwicklung seit 2007

Das neue Schulgesetz in 2007 eröffnete neue Optionen für die Schulen und zwang die Träger zu einem massiven Umsteuerungsprozess. Insgesamt haben die Schulen, das Schulamt und die Schulträger im Kreis zügig an der Umsetzung des Gesetzes gearbeitet und sind damit gut aufgestellt für die Gelder des Konjunkturpaketes II.

Seit 2007 sind landesweit 96 Gemeinschaftsschulen entstanden, davon sind 7 bis 2009/2010 in Kreis Rendsburg-Eckernförde zusätzlich zur integrierten Gesamtschule in Eckernförde entstanden. Von den 56 Regionalschulen sind 8 in Rendsburg-Eckernförde bis 2009/2010 angesiedelt. Die Anzahl der Schulträger hat sich deutlich auf ca. 40 reduziert.

Bemerkenswert sind auch die beiden Gymnasien mit Regionalschulteil in Hohenwestedt und Gettorf. Der Bildungswissenschaftler Klaus Klemm hat für die Gymnasien in Rendsburg und Büdelsdorf jeweils eine Vierzügigkeit vorgeschlagen und erhebliche Investitionen für den Ausbau der drei Gymnasien befürwortet. Berücksichtigt werden muss bei der Entwicklung der Gymnasien die zusätzlichen Gymnasien in Hohenwestedt und Gettorf, sowie die Bildung einer gymnasialen Oberstufe in den Gemeinschaftsschulen der Umgebung. Sinnvoll wird zumindest die Bildung einer gymnasialen Oberstufe in der Heinrich-Heine Schule in Büdelsdorf. Die Beruflichen Gymnasien in Rendsburg sind ebenfalls mit in die Planung einzubeziehen, da sie wichtige beruflich Profile anbieten.

Die drei Beruflichen Schulen streben derzeit eine Umwandlung in Regionale Berufsbildungszentren an. Das RBZ Rendsburg-Eckernförde mit dem alleinigen Träger Kreis wird wohl zum 1. August 2009 umgewandelt werden. Bei der Berufsschule Gewerbe, Technik und Landwirtschaft ist noch die Frage der Übertragung der Trägerschaft auf den Verwaltungsrat zu klären. Die Grünen fordern ein Stimmrecht in den Verwaltungsräten der RBZ, da vom Kreis in die Verwaltungsräte wichtige Entscheidungen der regionalen Ausbildungs- und Jugendpolitik verlagert werden. Hinzu kommt der Antrag einer privaten Schule (Nord-Ostsee Schule) in Rendsburg.


Der Prozess

Durch das neue Schulgesetz sind die Kreise gemäß Paragraph 51 SchulG verpflichtet zur Sicherung eines gleichmäßigen, wohnortnahen und alle Schularten umfassenden Angebots eine Schulentwicklungsplanung unter Berücksichtigung der Jugendhilfeplanung und der Schulen in freier Trägerschaft aufzustellen und fortzuschreiben. Der Kreis hat Ende 2007 seinen Schulentwicklungsplan 2008 vorgestellt. Mit den Schulträgern wurden in den einzelnen Regionen des Kreises Koordinierungsgespräche mit den Schulräten und den Schulen geführt. Der Umstrukturierungsprozess ist zum Schuljahr 2009/2010 in weiten Teilen abgeschlossen. Bis auf die Region Kronshagen ist der Prozess der Umgestaltung im Kreis abgeschlossen.

Allen Beteiligten wurde durch die Schulentwicklungsplanung schnell deutlich, dass der demographische Umbruch in Rendsburg-Eckernförde in den nächsten Jahren voll durchschlagen wird. Von insgesamt ca. 29.600 SchülerInnen der allgemeinbildenden Schulen in 2006/2007 wird die Schülerzahl in zwanzig Jahren auf 19.500 SchülerInnen (2026/2027) sinken. Dieser Rückgang um 34 % überzeugte die letzten Skeptiker, dass sich die Schullandschaft im Kreis verändern muss. Die Mindestgrößenverordnung des Ministeriums für Bildung und Frauen legt für die allgemein bildenden Schulen und Förderzentren Mindestschülerzahlen fest:

Grundschulen: mindestens 60 Schülerinnen und Schüler,
Regionalschulen: mindestens 240 Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I,
Gymnasien, organisatorische Verbindungen von Gymnasien mit Regionalschulteil sowie Gemeinschaftsschulen: mindestens 300 Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I.

Diese Mindestgrößenverordnung wird bei der Beantragung jeweils zu einem bestimmten Stichtag überprüft und führt in Einzelfällen zu einer befristeten Genehmigung der Schule. In solchen Fällen (z.B. in Hohn) wird die Frage der Genehmigung schnell zu einem Politikum in der Gemeinde. Schulen sind oft der kulturelle Mittelpunkt von kleinen Gemeinden und haben eine idenditätsstiftende Funktion für die Gemeinde.


Zukünftige Entwicklungen

Derzeit ist wieder die Beantragung von zusätzlichen Ressourcen für gebundene Ganztagsschulen möglich. Allerdings werden nur 20 Schulen mit dem Status eines sozialen Brennpunktes von dem Programm zur Schaffung von gebundenen Ganztagsschule profitieren können. Es kommen vor allem die Gemeinden Rendsburg (Altstadt Schule) und Büdelsdorf (Heinrich-Heine Schule) als Antragssteller in Frage, da sie am ehesten die strengen Kriterien für die Genehmigung erfüllen können. Doch die Vergabe der Mittel aus dem Konjunkturpaket II sollte schon für die Bildung von gebundenen Ganztagsschulen genutzt werden. Hier haben die Kommunalpolitiker derzeit eine wichtige Steuerungsfunktion.

Für die Entwicklung der Gemeinschafts- und Regionalschulen ist es auch wichtig, die darin beschäftigten LehrerInnen und Sozialpädagogen mit gerechten Arbeitszeiten und Besoldungen zu versehen. Es ist auf Dauer nicht nachvollziehbar, dass bei gleicher Tätigkeit, diejenigen die die höchste Unterrichtsverpflichtung haben, die geringste Besoldung/Vergütung bekommen. Die Ausbildung der Lehrkräfte muss dringend reformiert werden und die LehrerInnen müssen ein Fortbildungsangebot bekommen, dass ihnen die Weiterentwicklung der Schulen ermöglicht.

Für die Regionalen Berufsbildungszentren wird es wichtig, dass sie für ihre Aufgaben mit genügend finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Angesichts der Wirtschaftskrise haben sie demnächst mit der Aufgabe ein Ausbildungsangebot für alle Jugendlichen zu entwickeln.


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Entwicklung der Gemeinschafts- und Regionalschulen in Schleswig-Holstein seit 2007:

Insgesamt sind 2009/2010 96 Gemeinschaftsschulen genehmigt. Es sind 56 Regionalschulen von 65 beantragten Schulen in den Jahren 2008 bis 2010 genehmigt worden. Die 25 Gesamtschulen werden 2010 zwangsweise in Gemeinschaftsschulen umgewandelt. Im Jahre 2010 besteht letztmalig die Möglichkeit, einen Antrag auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule zu stellen.



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Quelle:
Gegenwind Nr. 247 - April 2009, Seite 28-29
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2009