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GEGENWIND/544: Deutscher Freidenkerbund - Aufklärung statt Irrationalismus


Gegenwind Nr. 294 - März 2013
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

Deutscher Freidenkerverband
Aufklärung statt Irrationalismus

von Klaus Peters



Der wegen seiner an der Aufklärung ausgerichteten Ziele nicht ohne Grund von den Massenmedien ignorierte Deutsche Freidenkerverband e.V. (DFV) existiert bereits seit 1881, nachdem 1880 in Brüssel der Internationale Freidenkerverband gegründet worden war. Ende der zwanziger Jahre kam es zur Spaltung. Der neu gegründete, proletarische Freidenkerverband wurde 1932, noch bevor sich der Faschismus vollständig etabliert hatte, verboten. Kurz danach folgte das völlige Verbot des Freidenkerverbandes, der damalige Vorsitzende ist schließlich hingerichtet worden.


In Hamburg kam es 1945 die Neugründung des Freidenkerverbandes, der Sitz des Verbandes ist jetzt Dortmund. In der DDR war eine Neugründung nicht möglich. In den meisten Bundesländern sind zwischenzeitlich Landesverbände gegründet worden. Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bilden den Landesverband Nord.

Mit einem eindringlichen offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten hatte der Deutsche Freidenkerverband zuletzt vor einer militärischen Einmischung in Syrien und die Stationierung des Patriot-Raketensystems in der Türkei gewarnt, nachdem er bereits die militärische Intervention von NATO-Mitgliedstaaten in Libyen verurteilt hatte. Im Dezember hatte der Verband dann ein Sonderheft herausgegeben, in dem die grundlegenden Dokumente mit den Zielen des Verbandes versammelt sind.


Analysen, Ziele und Arbeitsfelder

Die weltanschauliche Aufklärungsarbeit sieht der DFV als wichtigste und dauerhafte Aufgabe. Ziel dieser Aufklärung ist nach Immanuel Kant "der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit", der Mensch soll sich als Subjekt begreifen, der seine Verhältnisse nach seinem Maß bewusst gestalten kann und muss. Entgegen steht der Irrationalismus wie Glaube an Wunderheilung und die brutal-banale Unterhaltungsindustrie, die zu Verwirrung, Denk- und Handlungsblockaden führt.

Arme sollen somit an ihrer Situation selbst schuld sein oder Kriege werden zu Friedenseinsätzen. In mehreren Beiträgen im Sonderheft werden Auswege aus der "Volksverdummung" aufgezeigt. In einem einleitenden Beitrag wird die Bedeutung der richtigen Verwendung der Begriffe herausgearbeitet. Interessengeleiteter Dogmatismus wird mithilfe einer milliardenschweren Bewusstseinsindustrie in die Köpfe der Menschen gehämmert. Der selbst als Publizist tätige Paul Sethe stellte schon vor vielen Jahren fest: "Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten".

Begriffe wie Internationalismus, Menschenrecht, Völkerrecht, Demokratie, Zivilgesellschaft und sozialistisches Erbe beinhalten hohe zivilisatorische Standards. Diese Begriffe sind aber zunehmend den Interessen internationaler Konzerne unterworfen worden. Eine weitere wesentliche Erkenntnis ist, dass Imperialismus mit dem Krieg schwanger geht, Krieg ist "seine Methode" (Rosa Luxemburg). Die Schande der militärischen Aktionen der damaligen NATO-Staaten gegen Jugoslawien ist sehr schnell verdrängt worden.

In der EU zeichnet sich eine Unterordnung ihrer Länder unter Kerneuropa ab. Es ist deutlich geworden, dass sich die Nationen maßgeblich in zwei Klassen zusammensetzen, die Klasse der Herrschenden und die Klasse der Unterworfenen. Die Menschen müssen, wie Marx und Engels bereits im Kommunistischen Manifest erklärten, mit der "eigenen Bourgeoisie fertig werden". Der Begriff "Menschenrechte" ist zu einem Propagandaslogan heruntergekommen.

Der DFV weist darauf hin, dass durch die Verweigerung des politischen Streiks eklatant gegen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO sowie gegen die Europäische Menschenrechtscharta und die Sozialcharta verstoßen wird. Durch militärische Einsätze für Menschenrecht wird Völkerrecht ungehemmt gebrochen. Nach der Beteiligung an verfassungswidrigen Angriffskriegen gibt es Bestrebungen, die Bundeswehr auch zur Aufstandsbekämpfung, gegen soziale Proteste, auch im Inland einzusetzen. Es geht, wie der DFV darlegt, darum, die Eigentums- und Machtfrage zu stellen und im Sinne realer Demokratie zu entscheiden.

Der DFV stellt fest, dass der von Antonio Gramsci geprägte Begriff "Zivilgesellschaft" für die Herrschenden nicht viel mehr als ein Modewort ist. Ihre kulturelle Hegemonie verfälscht die Wahrheit und manipuliert die Menschen in ihrem Sinne. Es muss daher eine Gegenkultur aufgebaut werden. Auch im Internet sind dazu Ansätze zu finden. Der DFV tritt für ein ganzheitliches System von Bildung und Erziehung ein, das allerdings auch durchlässig sein muss und damit tatsächlich gleiche Bildungschancen für alle bietet. Das Kulturverständnis soll die fortschrittlichen Überlegungen zur Tradition einschließen.

Auf dem Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft betrachtet der DFV fortschrittliche und kämpferische Bewegungen, die Arbeiterbewegung, die Friedensbewegung, die Frauenbewegung, Bürgerbewegungen für Menschenrechte und Demokratie, die Umweltschutzbewegung und alle antifaschistischen und antirassistischen Organisationen und Initiativen als Verbündete.

Konkrete Arbeitsfelder des DFV sind insbesondere: Bildungsarbeit, Lebenshilfe, Jugendarbeit, weltliche Fest- und Feierkultur, Alternatives Leben (Aufbau demokratischer Solidargemeinschaften). Angehörige von Religionsgemeinschaften können alle Angebote nutzen, haben aber kein Stimmrecht.

www.freidenker.de
www.dfv-nord.de

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Quelle:
Gegenwind Nr. 294 - März 2013, Seite 47-48
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013