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GLEICHHEIT/3220: Obama unterzeichnet Gesetz zur Militarisierung der Grenze mit Mexiko


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama unterzeichnet Gesetz zur Militarisierung der Grenze mit Mexiko

Von Bill Van Auken
20. August 2010


Präsident Barack Obama unterschieb vergangenen Freitag ein Gesetz, das die US-mexikanische Grenze weiter militarisieren wird. Es beinhaltet die Entsendung von Predator-Drohnen, ähnlich denen, die in Afghanistan und Pakistan eingesetzt werden, um Immigranten zu überwachen, die die Grenze überqueren.

Obama unterzeichnete das 600 Millionen Dollar teure Gesetz kommentarlos. Zuvor hatten die Administration und ihre Anhänger behauptet, dass ein scharfes Durchgreifen an der Grenze eine notwendige Vorstufe für eine umfangreiche Einwanderungsreform darstelle, um Arbeitern ohne Papiere den Weg in die Legalität zu bahnen.

Das Schweigen des Präsidenten über jeglichen Weg in die Legalität unterstreicht nur, dass die Grenzgesetzgebung Teil eines Rechtsrucks vor den Zwischenwahlen 2010 ist. Die Demokratische Partei bereitet sich auf einen Wettstreit mit den Republikanern vor, indem sie versucht, die Immigranten zu Sündenböcken zu machen, und brüstet sich mit ihrer Bilanz polizeistaatlicher Verfolgung eines der am meisten ausgebeuteten Teile der amerikanischen Arbeiterklasse.

In einer Erklärung des Weißen Hauses hieß es, dass man für das "Grenzsicherheitsgesetz Südwest" 600 Millionen Dollar bereitstellen werde, um "die Technologie an der Grenze zu verbessern, Informationen auszutauschen und staatliche, örtliche sowie Stammesgesetzgebung zu unterstützen. Außerdem wolle man die Präsenz (des Bundes) und die Durchsetzung des Rechts an der Grenze verstärken."

Dazu hieß es, das Gesetz werde den Einsatz von "mehr Agenten, Ermittlern und Staatsanwälten ermöglichen, und zwar als Teil einer breitgefächerten Anstrengung, um illegale Netzwerke ins Visier zu nehmen, die Menschen, Drogen, illegale Waffen und Geld schmuggeln.

Mit dem Gesetz wird die Einstellung von mehr als 1.000 Grenzschutzbeamten finanziert, die entlang der Südwestgrenze stationiert werden sollen. Mit 20.000 solchen Grenzschützern hat sich die Zahl der Grenzwächter seit 2005 verdoppelt. Die Regierung wird zusätzlich 250 neue Zoll- und Grenzschutzbeamte und 250 Einwanderungs- und Vollstreckungsbeamte einstellen.

Das Gesetz sieht 32 Millionen Dollar für die Stationierung weiterer Predator-Drohnen für Ausspähungsflüge an der Grenze vor. Zusätzliches Geld wird in militärartige Lager entlang der Grenze gesteckt und an die Unterstützung lokaler Polizeistationen gehen.

Die Obama-Administration hatte bereits den Einsatz von 1.500 Nationalgardisten an der amerikanisch-mexikanischen Grenze befohlen. Diese Einheiten sollen innerhalb der kommenden Wochen eintreffen.

Nachdem der Senat das Gesetz in einer außerordentlichen Sitzung verabschiedet hatte, wurde am Donnerstag in Obamas Namen eine schriftliche Erklärung veröffentlicht. In ihr wird das harte Durchgreifen an der Grenze betont, aber kein Wort über die Normalisierung des Status von etwa zwölf Millionen ausländischen Arbeitern ohne Papiere verloren, die in den USA schärfster Ausbeutung und schwerer Unterdrückung ausgesetzt sind.

Anfang dieser Woche bestritt John Morton, Einwanderungs- und Zolldirektor der Administration, Berichte über Pläne für eine weitreichende Amnestie von Immigranten ohne Papiere. Rechte Gruppen prangerten die Regierung an, nachdem durchgesickert war, dass ein internes Memorandum mögliche Zugeständnisse bei der Gewährung von Deportationsaufschüben an begrenzte Kontingente von Immigranten vorsah.

Der Präsident unterstützt keine Amnestie, der Minister für Heimatschutz unterstützt keine Amnestie und ich unterstütze keine Amnestie", sagte Morton gegenüber Fox News. Er gelobte, dass seine Behörde ihre Anstrengungen, die Zahl der Deportationen zu erhöhen, verdoppeln werde. "Es gibt in der Geschichte dieses Landes keine Regierung, die mehr Menschen aus den Vereinigten Staaten abgeschoben hat", sagte er.

In seiner Erklärung rühmte sich Obama, "die Sicherung unserer Südwest-Grenze seit meinem Amtsantritt zur Top-Priorität gemacht zu haben". Er versicherte, das neue Gesetz werde "auf unseren erfolgreichen Anstrengungen aufbauen, die Gemeinden entlang der südwestlichen Grenze und im Land zu schützen."

Die Erklärung versprach, "mit dem Kongress auf eine parteiübergreifende umfassende Einwanderungsreform hinzuarbeiten." Weiterhin hieß es, der Zweck eines solchen Gesetzes sei es, "unsere Grenzen zu sichern und das Vertrauen in die Verlässlichkeit unseres zerbrochenen Einwanderungssystems wieder herzustellen."

Nicht die Spur eines Hinweises auf die Strafmaßnahmen, die in einem Entwurf zur Legalisierung des Wohnrechtes für Immigranten ohne Papiere enthalten waren, der Anfang des Jahres lanciert worden war! Dieser parteiübergreifende Vorschlag würde von Immigranten verlangen, sich der illegalen Einwanderung schuldig zu bekennen, eine Strafe zu zahlen und sich am Ende der Schlange derer einzureihen, die sich um einen legalen Status bewerben.

Obamas Ministerin für Heimatschutz, Janet Napolitano, erschien am Freitag im Weißen Haus, um das neue Grenzschutzgesetz dafür zu loben, dass es "dauerhafte Mittel" für Vollstreckungsmaßnahmen garantiere und nannte die Sache "eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit."

Während Napolitano die "Einwanderungsreform" kurz erwähnte, gab sie keinen Zeitplan für ihre Inkraftsetzung bekannt, sondern verwies darauf, dass sich das Problem "in den Händen des Kongresses" befinde. In anderen Worten: Nachdem das Weiße Haus sein Wahlversprechen, im ersten Amtsjahr auf eine Einwanderungsreform zu pochen, gebrochen hat, stellt es nun klar, dass es nichts tun wird, um auf die Normalisierung des Status der Immigranten ohne Papiere zu drängen. Stattdessen übt es den Schulterschluss mit den Republikanern und versucht, Anti-Immigranten-Chauvinismus anzuheizen - mit einer Kampagne, die die Öffentlichkeit überzeugen soll, dass Immigranten für steigende Kriminalität, schwindende Arbeitsplätze und die Bedrohung der "nationalen Sicherheit" verantwortlich sind.

Das Gesetz wurde unter außergewöhnlichen Bedingungen verabschiedet. Sowohl das Repräsentantenhaus, als auch der Senat wurden zu Sondersitzungen einberufen. Für den Senat war es erst das zweite Mal, dass eine solche Sitzung in den 1970 eingeführten August-Ferien abgehalten wurde. Das andere Mal war während Hurrikan Kathrina 2005. Nachdem sich sowohl Demokraten, als auch Republikaner einstimmig dafür ausgesprochen hatten, wurden die Förmlichkeiten der Abstimmung von nur zwei Senatoren erledigt.

Die Darstellung der Einwanderungsprobleme als eine Art nationaler Krise geht voll und ganz auf rechtsgerichtete Anti-Einwanderungs-Propaganda zurück, die von der Republikanischen Partei geschürt und von den Demokraten begünstigt wird.

Der kürzlichen Verabschiedung eines Anti-Immigrations-Gesetzes in Arizona - das letzten Monat von einem Bundesgericht für nicht verfassungskonform erklärt wurde - ist diese Woche in Florida die Lancierung eines noch reaktionäreren Staatsgesetzes gefolgt. Wie in Arizona weist das Gesetz in Florida die Vollzugsbehörden des Staates an, den Einwanderungsstatus von Bürgern zu überprüfen, wo immer ein "vernünftiger Verdacht" besteht.

Das vom Generalstaatsanwalt Floridas, Bill McCollum, vorgeschlagene Gesetz ist ein Versuch, den noch weiter rechts stehenden Rivalen für die Nominierung zum Gouverneur zu übertrumpfen. Nach dem neuen Gesetz würden selbst Ausländer, die sich legal im Staat aufhalten, mit einer 20-tägigen Haftstrafe bedroht, wenn sie ohne Papiere angetroffen würden. Es würde den Richtern auch gestatten, Ausländer härter zu bestrafen als US-Bürger.

Die Behauptung, solche Maßnahmen seien wegen der durch Immigranten erhöhten Verbrechensquote gerechtfertigt - das Glaubensbekenntnis republikanischer Politiker wie Jan Brewer, Gouverneur von Arizona - entbehren jeder sachlichen Grundlage. Arizonas Kriminalitätsrate ist im letzten Jahr um 12 Prozent gefallen; von 2004 bis 2008 fiel sie um 23 Prozent, während die Immigration von Ausländern ohne Papiere zunahm.

Die vier Städte mit Einwohnerzahlen über 500.000, die nach Angaben des FBI die geringsten Raten von Schwerkriminalität aufweisen - San Diego in Kalifornien, Phoenix in Arizona und die in Texas gelegenen Städte El Paso und Austin - liegen allesamt in Grenzstaaten, die jetzt von Washington wie Gegenden behandelt werden, in denen ein nationaler Notstand herrsche.

Dies ist ein von den Medien unterstützter vorsätzlicher Versuch beider Parteien, Immigranten mit Kriminalität, Drogenschmuggel und dem Krieg zwischen mexikanischem Militär und Drogenkartellen in Verbindung zu bringen. Sie leugnen die grundlegende Wahrheit, dass die unzumutbaren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die weltweit Millionen von Menschen aus ihrer Heimat treiben, von den transnationalen Banken und Konzernen geschaffen werden, die alles dem Profit unterordnen.

Was die Brutalität des Durchgreifens der Einwanderungs- und Zollbehörden (ICE) gegen Immigranten ohne Papiere angeht, so übertrifft Obama sogar die Bush-Administration. Kürzlich veröffentlichte Zahlen der ICE belegen, dass die US-Regierung in den ersten neun Monate des derzeitigen Haushaltsjahres 279.035 Menschen deportiert hat. Im Vergleich zur gleichen Periode des vorigen Jahres - des letzten der Bush-Administration - stellt dies einen zehnprozentigen Anstieg dar. Die Anzahl der Menschen, die heute deportiert wird, ist in etwa doppelt so hoch wie vor fünf Jahren.

Während die Obama-Administration behauptet hatte, ihre Deportations-Kampagne richte sich gegen sogenannte "kriminelle Ausländer", zeigen die Zahlen der ICE, dass nur 17 Prozent derer, die deportiert wurden, schwerer Verbrechen beschuldigt wurden. Mehr als die Hälfte - 51 Prozent - hatte kein Strafregister, während der Rest minder schwerer Vergehen beschuldigt wurde.

Führende Republikaner wiesen die von Obama unterstützte neue repressive Gesetzgebung als unzureichend zurück und bestanden darauf, weit mehr Personal und Mittel entlang der Grenze zu stationieren, verbunden mit einer weitaus drakonischeren Verschärfung der Gangart gegen die Millionen Immigranten ohne Papiere, die in den USA leben und arbeiten. Die offizielle Diskussion um die Einwanderung bewegt sich unerbittlich nach rechts.

Viele eingewanderte Arbeiter werden von ihren Familien getrennt, oft von ihren Ehepartnern oder Kindern, die US-Bürger sind. Immigranten ohne Papiere zögern auch, in ihr Heimatland zu reisen, um dort Verwandte zu besuchen, aus Angst, an einem amerikanischen Flughafen verhaftet und anschließend deportiert zu werden. Diese menschlichen Tragödien sind den beiden großen Parteien des Big Business total gleichgültig.

Stattdessen versucht das gesamte politische Establishment, Anti-Immigranten-Chauvinismus zu schüren und auszubeuten, um die breite Wut über die Rekordzahlen der Arbeitslosenstatistik und fallenden Lebensstandard von der eigentlichen Ursache, dem Profitsystem, abzulenken.

Gleichzeitig stellen die gegen Immigranten gerichteten Polizeistaats- und Militarisierungsmaßnahmen eine ernste Bedrohung der demokratischen Rechte aller Teile der Arbeiterklasse dar. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sich die Predator-Drohnen die die Grenzgebiete des amerikanischen Südwestens ausspionieren, nur auf die Überwachung von Immigranten beschränken werden. Sie könnten sehr wohl auch für "gezielte Tötungen" im afghanischen Stil eingesetzt werden. Eine solche Entscheidung ist sehr gut möglich, schließlich hat das Weiße Haus bereits verkündet, es habe das Recht, US-Bürger im Ausland umzubringen.

Der Kampf zur Verteidigung von demokratischen Rechten, Arbeitsplätzen und sozialen Errungenschaften der arbeitenden Menschen kann nur dann erfolgreich geführt werden, wenn alle Teile der Arbeiterklasse - Einheimische wie auch Einwanderer - gegen die reaktionäre pro-kapitalistische Politik sowohl der Demokraten als auch der Republikaner vereint werden. Dieser Kampf muss die Verteidigung von eingewanderten Arbeitern gegen Razzien, Deportationen und gnadenlose Ausbeutung durch die Arbeitgeber umfassen. Die arbeitende Bevölkerung muss sich der Militarisierung der US-Grenzen widersetzen und für das Recht aller Arbeiter in der ganzen Welt eintreten, im Land ihrer Wahl zu leben und zu arbeiten.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 20.08.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2010