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GLEICHHEIT/3657: Massaker an Israels Grenze und Obamas Heuchelei über Menschenrechte


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Massaker an Israels Grenze und Obamas Heuchelei über Menschenrechte

Von Bill Van Auken
18. Mai 2011


Die Reaktion der Obama-Regierung auf das Massaker, das Israel am Sonntag an unbewaffneten palästinensischen Demonstranten an der Landesgrenze verübt hat, zeigt die Scheinheiligkeit der Behauptung, Washingtons Aggressionspolitik in der Region sei von "humanitären Gründen" motiviert.

Israelische Truppen schossen mit scharfer Munition, und in einem Fall sogar mit Panzern, auf Palästinenser, die an den israelischen Grenzen zu Syrien, dem Libanon, der Westbank und Gaza demonstrierten. Zehntausende beteiligten sich an den Protesten, zu denen aufgerufen wurde. um des 63. Jahrestages der Nakba (arabisch für "Katastrophe") zu gedenken. So bezeichnen die Palästinenser die israelische Unabhängigkeitserklärung und die umfassende ethnische Säuberung, bei der im Jahr 1948 eine Dreiviertelmillion Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

Seit damals ist die Zahl der palästinensischen Flüchtlinge und der im Inland Umgesiedelten auf 7,1 Millionen gestiegen. Sie leben ohne Rechte oder Staatsbürgerschaft in den arabischen Nachbarstaaten, unter israelischer Besatzung in Gaza und der Westbank, oder in Israel selbst, wo sie nicht einmal als Menschen zweiter Klasse gelten.

Die Demonstranten machten von ihrem "Recht auf Rückkehr" in ihre Heimat und ihre Herkunftsländer Gebrauch. Dieses Recht hat ihnen Israel, mit Rückendeckung von Washington, kategorisch verweigert, und die bürgerliche Führung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) hat deutlich gemacht, dass sie keine Skrupel hat, es zu verschachern.

Am Sonntag eröffneten israelische Truppen am Grenzzaun nahe Maroun al-Ras im Libanon das Feuer und töteten 10 palästinensische Flüchtlinge, weitere 80 wurden verwundet. In dem syrischen Grenzdorf Majdal Shams, das in den von Israel besetzten Golanhöhen liegt, wurden weitere fünf Palästinenser getötet und mindestens 30 verwundet.

In Beit Hannon, im Norden des Gazastreifens, gab es ebenfalls einen Toten und mindestens 86 verwundete palästinensische Zivilisten, nachdem israelische Truppen mit Handfeuerwaffen und Panzern das Feuer eröffneten. Auch in Ramallah, Bethlehem und Hebron griffen Polizisten und Soldaten Demonstranten an. Insgesamt wurden 16 Menschen getötet und über 400 verwundet, einige davon lebensgefährlich.

Auf Anfragen, wie Barack Obama zu dieser brutalen Unterdrückung stehe, gab der führende Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, eine formelle Erklärung ab, in der er "den Verlust von Menschenleben bedauerte" und verteidigte in vollem Umfang das israelische Massaker.

Carney sagte, "Israel hat, genau wie jedes Land, das Recht, sich gegen unberechtigte Grenzüberquerungen zu wehren". "Seine Nachbarländer sind dafür mitverantwortlich, solche Aktivitäten zu unterbinden".

Jeder Satz, in dem "Israel, genau wie jedes Land" und das Wort "Grenzen" vorkommt, ist von Vornherein eine Lüge. Im Gegensatz zu anderen Ländern verändern sich Israels Grenzen andauernd in Folge militärischer Aggression einerseits und der bösartigen Ausbreitung zionistischer Siedlungen andererseits. Die am Sonntag Getöteten befanden sich jedenfalls auf dem Territorium des Libanons, Syriens, der Westbank und des Gazastreifens.

Carney fuhr fort, indem er die Hauptverantwortung für das Blutvergießen am Sonntag nicht der israelischen Regierung oder deren Armee anlastete, sondern Syrien.

"Wir protestieren auch gegen die Beteiligung der syrischen Regierung als Anstifterin der gestrigen Proteste in den Golanhöhen", sagte Carney und fügte hinzu "so ein Verhalten ist inakzeptabel und wird nicht von der syrischen Unterdrückung der Proteste im eigenen Land ablenken".

Diese Argumentation wiederholt die üblen Rechtfertigungen der israelischen Regierung für das Töten und Verwunden unbewaffneter Demonstranten, von den die Mehrheit nicht an der Grenze nach Syrien starb, sondern an der zum Libanon.

Für die Ereignisse vom Sonntag ist es kaum relevant, ob die von Bashar al-Assad geführte Regierung den Zugang palästinensischer Flüchtlinge zu den militarisierten Golanhöhen erleichtert hat, um davon abzulenken, dass sie im eigenen Land den Widerstand mit Gewalt niederschlagen lässt.

Der Mut und die Entschlossenheit, mit der sich junge Palästinenser Panzern und schießenden Soldaten entgegenwerfen, um ihre Rechte einzufordern, können auf eine Stufe gestellt werden mit den jüngsten revolutionären Erhebungen in Tunesien, Ägypten, Bahrain und überall anders in der arabischen Welt. Wenn sie sich gegen Israel stellen, stellen sie sich gleichzeitig gegen all jene bürgerlichen Regimes der arabischen Welt, die die Palästinenser immer wieder unterdrückt und verraten haben.

Im Libanon eröffneten am Sonntag libanesische Truppen das Feuer auf palästinensische Demonstranten um sie von der Grenze zu vertreiben. In Ägypten schickte das vom Militär dominierte Regime Truppen und Polizei gegen die Tausenden, die sich vor der israelischen Botschaft in Kairo zu einer Solidaritätsdemonstration für die Palästinenser versammelt hatten. Die Sicherheitstruppen setzten Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition ein, wobei Hunderte verletzt wurden.

Washington unterstützt in der Tat die Unterdrückung reaktionärer arabischer Regimes und deckt vor allem die systematische Gewalt und die Unterdrückung Israels gegen das palästinensische Volk.

Die schamlose Doppelzüngigkeit und Heuchelei der US-Nahostpolitik wird sich in der kommenden Woche in vollem Ausmaß zeigen. Am Donnerstag wird Obama eine Rede halten. Dabei wird er seine Sympathie gegenüber dem "Arabischen Frühling" bekunden - und zweifellos die Regimes von Gaddafi in Libyen und von Assad in Syrien wegen ihrer Unterdrückungsmaßnahmen verurteilen.

Danach wird er am Freitag den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu im Weißen Haus empfangen, und eine Rede vor dem American Israeli Political Action Committee (AIPAC) halten, der größten zionistischen Lobbyorganisation in den Vereinigten Staaten, in der er sicherlich keine Kritik daran üben wird, dass mit vollautomatischen Waffen und Panzern auf unbewaffnete Flüchtlinge geschossen wurde, die sich der israelischen Grenze näherten.

Wie es der Pressesprecher des Weißen Hauses formulierte, wird das Thema der Rede beim AIPAC "die unerschütterlichen Bande zwischen Israel und Amerika sein, und die Bedeutung dieser Beziehung."

Es versteht sich von selbst, dass Washington immer, wenn es sich um die "Menschenrechte" besorgt gibt, nicht von irgendwelchen allgemeingültigen moralischen Prinzipien geleitet ist, sondern von eindeutig imperialistischen Interessen.

Wenn ein Land, dessen Politik den geostrategischen Zielen des US-Imperialismus im Wege steht, sein Volk unterdrückt - wie es in Libyen der Fall ist -, wird das zum Anlass genommen für eine imperialistische Intervention mit dem Ziel, ein willfährigeres Regime einzusetzen, was eine direktere Kontrolle über dessen Ölvorkommen durch die Amerikaner erlaubt.

Wenn aber ein anderes Land, eines, das mit den USA verbündet ist, unbewaffnete Zivilisten gewaltsam unterdrückt, wie im Falle von Bahrain, oder Israel, wird es von Washington insgeheim oder sogar offen unterstützt.

Obwohl "Menschenrechte" seit Langem als scheinheiligste und betrügerischste Rechtfertigung für imperialistische Kriege dienen, haben sich mit genau dieser Begründung eine ganze Schicht von selbsternannten "Liberalen" und "Linken" hinter die Intervention der USA und der NATO- in Libyen gestellt.

Eine herausragende Persönlichkeit unter ihnen ist Juan Cole, Professor der Universität von Michigan, der auf seinem Blog Informed Comment Propaganda für die sogenannten "Rebellen" betreibt und die Militäraktionen ihrer Geldgeber feiert - des Pentagons und der NATO.

Am Montag veröffentlichte Cole einen Kommentar mit dem Titel "Der Arabische Frühling kommt nach Israel", in dem er die Morde an den Grenzen beschrieb, eine Übersicht über die historischen Verbrechen von 1948 abgab und die derzeitige Politik der israelischen Regierung verurteilte. Was aber mit keinem Wort erwähnt wurde, war die massive Militärhilfe und finanzielle Unterstützung durch die USA, die Israels Verbrechen gegen die Palästinenser erst möglich macht.

Genausowenig erklärte er, wie es zusammenpasst, dass die USA in Libyen "die Menschenrechte" verteidigen, aber die israelische Massenmorde und Unterdrückung decken.

Nachdem sie eifrig die imperialistische Intervention der NATO und der USA in Libyen verteidigt haben, haben Cole und der Rest seiner Art weder die Glaubwürdigkeit noch die Absicht, Washingtons Vorgehen in der Region zu kritisieren.

Die palästinensischen Arbeiter und Jugendlichen befinden sich in einer entscheidenden neuen Phase ihres langen und bitteren Kampfes. Sie werden keine Verbündeten unter diesen sogenannten Linken und Liberalen finden, die ihre Vergangenheit als Kriegsgegner hinter sich gelassen haben, um den Imperialismus zu unterstützen, sondern unter den Arbeitern, die im Nahen Osten - und auch in Israel selbst - den Kampf aufnehmen, sowie in der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 18.05.2011
Massaker an Israels Grenze und Obamas Heuchelei über Menschenrechte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2011