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GLEICHHEIT/4693: Meinungsverschiedenheiten zwischen Großmächten dominieren G-7-Treffen


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Meinungsverschiedenheiten zwischen Großmächten dominieren G-7-Treffen

Von Nick Beams
14. Mai 2013



Ein am Wochenende bei London abgehaltenes Treffen der G-7-Finanzminister wurde von zunehmenden Differenzen in Fragen der Wirtschaftspolitik und von Sorgen angesichts der Folgen der Politik der "quantitativen Lockerung" durch die größten Zentralbanken der Welt beherrscht.

Die Meinungsverschiedenheiten in der Wirtschaftspolitik werden durch die Tatsache angefacht, dass die Weltwirtschaft fast fünf Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise weit davon entfernt ist, Anzeichen der Erholung aufzuweisen, sondern immer stärkere Rezessionstendenzen zeigt.

Dies hat dazu geführt, dass jede einzelne der G-7-Mächte - Großbritannien, die USA, Frankreich, Italien, Kanada, Deutschland und Japan - immer offener auf eine Agenda nationaler Eigeninteressen zurückgreift.

Das Treffen wurde von dem derzeitigen G-7-Vorsitzenden Großbritannien überraschender Weise nur einen Monat, nachdem die G-20 sich in Washington getroffen hatten, einberufen. Das Treffen von diesem Wochenende wurde als weniger formelle Zusammenkunft betrachtet.

Aber der halb-informelle Charakter des Treffens, das ohne ein offizielles Kommuniqué endete, ermöglichte, dass die Meinungsverschiedenheiten stärker hervortreten konnten, als es unter anderen Umständen der Fall gewesen wäre.

Vor dem Beginn des Treffens kritisierte US-Finanzminister Jacob Lew die Europäer, weil sie nicht genug für die Belebung der Eurozonen-Wirtschaft täten und wiederholte amerikanische Forderungen, die Haushaltskürzungen nicht zu übertreiben.

"Wir sind ganz entschieden der Meinung, dass es einer Ausgeglichenheit zwischen Austerität und Wachstum bedarf", sagte er in einem Fernseh-Interview. Europa muss sich auf allen Ebenen besser entwickeln. Es gibt Raum für Fortschritt."

Dies führte zu einer kritischen Bemerkung des kanadischen Finanzministers Jim Flaherty, "einige" innerhalb der G 7 verträten "zweideutige Positionen". Er fügte hinzu: "Die Amerikaner müssen ihren Standpunkt in dieser Frage klarer machen. Sie scheinen Wachstum mehr ermutigen zu wollen als fiskalische Verantwortung."

Die USA jedoch sind kein Befürworter höherer Haushaltsausgaben. Die Regierung Obama hat die Einschnitte bei solchen Ausgaben verschärft, die immer größere Teile der amerikanischen Bevölkerung hart treffen. Aber sie sehen europäische Austeritäts-Maßnahmen und die daraus folgende Rezession auf dem Kontinent als Nachteil für US-Exporte und Wachstumsaussichten.

Amerikas Hauptkonkurrent in Europa ist Deutschland. Die Zerwürfnisse zwischen den beiden Mächten auf dem Frühlingstreffen im vergangenen Monat sind weitgehend als "erhitzt" beschrieben worden. Deutschland besteht darauf, dass früher vereinbarte Haushaltsbegrenzungsprogramme eingehalten werden müssen.

Trotz einiger Gerüchte vor dem Treffen, dass Deutschland nachgeben könnte, wies Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble Forderungen zurück, dass sogenannte Überschussländer, zu denen Deutschland gehört, ihre Haushaltsdisziplin lockern sollten. Schäuble bestand darauf, dass eine solche politische Wende das Vertrauen untergraben würde. "Um Wachstum in Deutschland zu fördern, muss man Vertrauen zurückgewinnen", sagte er.

Die deutsche Haltung wird weitgehend als irrational dargestellt. Martin Wolf, Kommentator der Financial Times, hat zahlreiche Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Darin heißt es, es sei für alle Länder in Europa und in Übersee kontraproduktiv, die Ausgaben zu kürzen und gleichzeitig die Exporte zu erhöhen.

Solche Kritik übersieht jedoch die Tatsache, dass Schäubles Programm die Interessen von Schlüsselbereichen des deutschen Finanzkapitals ausdrückt. Das von Berlin für ganz Europa verlangte Austeritäts-Programm hält den Wert des Euro niedrig - zum großen Vorteil deutscher Exporteure - und fördert den Kapitalfluss in deutsche Banken und das Finanzsystem.

Großbritannien, dessen Wirtschaftsagenda darauf abzielt, London als Zentrum des internationalen Finanzkapitals zu erhalten, wird von den gleichen nationalen Interessen angetrieben.

Der britische Finanzminister John Osborne sagte, das G-7-Treffen biete die Möglichkeit zu überlegen, "welche monetären Aktivitäten die Wirtschaftserholung unterstützen könnten". Während die Regierung aus Tories und Liberaldemokraten ein scharfes Austeritäts-Programm über das Land verhängt hat, verfolgt die Bank von England eine Politik der "quantitativen Lockerung", die ultra-billiges Geld in die Tresore der Banken schwemmt.

Seit seiner Einführung durch die US-Zentralbank Federal Reserve vor vier Jahren ist das Programm der "quantitativen Lockerung" dafür kritisiert worden, dass es zu Währungskriegen führt, weil es zur Abwertung der Währung des Landes, in dem es vorgenommen wird, führt. Dieses Problem rückte bei den jüngsten G-7- und G-20-Treffen ins Rampenlicht. Anlass war die Entscheidung der japanischen Zentralbank, die Kapitalversorgung des Landes auf Geheiß der Regierung Abe zu verdoppeln, um die Deflation zu stoppen und die Wirtschaft anzukurbeln.

Auf ihrem Februartreffen betonten die G-7, eine solche Politik müsse inländische Wirtschaftsprobleme widerspiegeln und dürfe nicht als Werkzeug zur Manipulation des Wechselkurses eingesetzt werden. Diese Maßgabe wurde am Wochenende wiederholt. Die japanischen Behörden sind der Aufforderung gern nachgekommen und haben erklärt, ihre Maßnahmen zielten nicht auf den Yen ab. Japans Finanzminister Taro Aso erklärte den Journalisten, die G-7 hätten an Japan keinerlei Kritik wegen seiner monetären Politik geübt.

Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Seit Jahresbeginn ist der Kurs des Yen um 15 Prozent gegen den US-Dollar und um 13 Prozent gegen den Euro gefallen. Am Vorabend des G-7-Treffens fiel der Wert des Yen auf 101,7 zum Dollar, den niedrigsten Wert seit vier Jahren.

Während sich die Finanzbehörden in den USA zumindest bisher in ihrer Kritik zurückhalten, weil die Federal Reserve genau dieselbe Politik betreibt, hieß es von Seiten des US-Finanzministers Lew, dass die USA die Situation genau im Blick hätten.

"Ich verweise ganz einfach noch mal auf die Grundregeln und die Tatsache, dass wir klar gestellt haben, dass wir die Sache im Auge behalten", sagte er.

Nach dem Treffen sagte der kanadische Finanzminister Flaherty, ohne Japan beim Namen zu nennen, dass die Wechselkurse "Sorgen bereiteten, obwohl sich alle Länder in den G 7 dem Freihandel verpflichtet hätten".

Der Wirtschafts- und Währungskommissar der Europäischen Union, Olli Rehn, sagte Reportern am Vorabend des Gipfels, dass es wichtig sei, in Übereinstimmung mit den auf dem G-20-Gipfel und dem IWF-Treffen getroffenen Entscheidungen "nicht über Währungskriege zu sprechen".

Nichtsdestoweniger ist dieser Krieg in vollem Gang. Nach Berechnungen der Bank von Amerika hat es seit Juni 2007 fast 520 Zinssenkungen durch Zentralbanken in aller Welt gegeben. Eine der bedeutendsten in letzter Zeit war die in der vergangenen Woche erfolgte Zinssenkung durch die australische Zentralbank, die bei der Verkündung der Maßnahme auf den hohen Wert des australischen Dollar verwies.

Neben der Frage der Währungskriege gab es auch Sorgen, dass die historisch nie dagewesenen Geldspritzen der Zentralbanken in Höhe von hunderten von Milliarden Dollar in die internationalen Finanzmärkte neue Finanzblasen schaffen und zu einem Zusammenbruch führen könnten.

Am Freitag sagte der Vorsitzende der Federal Reserve, Ben Bernanke, er halte "genaue Ausschau" nach "dem exzessiven Eingehen von Risiken" das durch sinkende Gewinne auf riskantere Anlagen gekennzeichnet sei. Die Politik der Federal Reserve beflügelt allerdings derartige Aktivitäten. Wie die Financial Times am vergangenen Freitag schrieb: "Der Durchschnittsertrag auf niedrig eingestufte Konzernanleihen, auch Ramschanleihen genannt, ist in dieser Woche unter 5 Prozent auf ein Rekordniveau gefallen, das unter dem der US-Staatsanleihen von 2007 liegt."

Mit dem weiteren Fluten der Finanzmärkte mit billigem Geld versuchen die Banken und großen Finanzinstitutionen nichts anderes, als nach den Prinzipien "Schmiede das Eisen, solange es heiß ist!" und "Nach uns die Sintflut!" zu handeln. In einem kürzlich veröffentlichten Interview bezeichnete Mohamed el-Arian, Chef des weltgrößten Anleihenhändlers PIMCO, die Zentralbanken in enthüllender Weise als "unsere besten Freunde."

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Quelle:
World Socialist Web Site, 14.05.2013
Meinungsverschiedenheiten zwischen Großmächten dominieren G-7-Treffen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2013