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GLEICHHEIT/5186: Südafrikanische Minenarbeiter nehmen Arbeit wieder auf


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Südafrikanische Minenarbeiter nehmen Arbeit wieder auf

Von Chris Marsden und Barry Mason
2. Juli 2014



Drei südafrikanische Unternehmen, Lonmin, Anglo-American Platinum, und Impala Platinum, haben eine Vereinbarung mit der Association of Miners and Construction Union (AMCU) abgeschlossen, die den fünfmonatigen Streik der Arbeiter in den Platinminen beendet.

Die 70.000 Arbeiter sollten am Mittwoch an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, die Produktion wird aber nicht sofort wiederaufgenommen. Das von der AMCU angenommene Tarifangebot hat eine Laufzeit von drei Jahren. Das monatliche Grundgehalt wird um R1.000 (69,19 EUR) in den ersten beiden Jahren und um R950 (65,73 EUR) im dritten Jahr angehoben. Die Lohnsteigerung für Bergleute, Handwerker und Offizielle beläuft sich auf acht Prozent für zwei Jahre und 7,5 Prozent für das dritte Jahr.

Für die Laufzeit des Tarifvertrages wurde eine Friedenspflicht hinsichtlich der Streitpunkte vereinbart, die Gegenstand des Streiks waren. 235 Arbeiter auf Schlüsselpositionen, die während des Streiks entlassen worden waren, wurden der Vereinbarung entsprechend wiedereingestellt.

Der von der AMCU und Präsident Joseph Mathunjwa unterzeichnete Tarifvertrag stellt lediglich eine marginale Verbesserung gegenüber den von den Unternehmen im März angebotenen Bedingungen dar. Auch die für einige geltende 20%ige Steigerung der Grundgehälter macht nur ein Fünftel dessen aus, was die AMCU ursprünglich gefordert hatte. Die Vereinbarung läuft bis zum 30. Juni 2016. Der absolute Anstieg der Lohnkosten beläuft sich für Amplats auf 8,4 Prozent gegenüber einer Inflationsrate von 6,6 Prozent in Südafrika.

Für die Arbeitgeber ist dies dennoch nur ein schwacher Trost. Zum einen war der Streik mit enormen Kosten verbunden. Die südafrikanische Wirtschaft schrumpfte als Folge des Streiks im ersten Quartal um 0,6 Prozent, den drei Minenunternehmen bescherte der Arbeitskampf Einnahmeverluste von 1,65 Milliarden EUR und Standard & Poor's stufte Südafrikas Kreditrating herab.

Politisch bedeutsamer sind allerdings die Auswirkungen, die die von den Bergleuten bewiesene Entschlossenheit auf die Arbeiterklasse hat. Der Streik war der längste in der Geschichte Südafrikas. Er hatte am 23. Januar begonnenen und dauerte fünf Monate.

Beides macht weitere bittere Konflikte unausweichlich.

Es wírd zum Versuch kommen, die verlorenen Profite über Einsparungen und ein eventuelles Zurückschrauben der Produktion zurückzugewinnen. Viele Arbeiter werden gezwungen, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen und an Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen, bevor sie die Arbeit wiederaufnehmen können. Einige werden gar nicht zurückkehren, wenn sich die Arbeitgeber durchsetzen sollten. Laut dem Christian Science Monitor sagen Analysten, dass die Beschäftigung im Bergbausektor zurückgehen wird. Von 1994 bis 2013 fiel die Beschäftigung im Bergbausektor von 1,4 Millionen auf 550.000, obwohl die Produktion im Bergbau um 20 Prozent gestiegen ist. Adcorp, eine südafrikanische Forschungsgesellschaft, sagt einen Verlust von ca. 225.000 Arbeitsplätzen innerhalb der nächsten drei Jahre voraus."

Neben den Angriffen durch die Unternehmen werden auch die vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) geführte Regierung und ihre Verbündeten, der Congress of South African Trade Unions (COSATU) und die South African Communist Party (SACP) ihre Angriffe auf die Bergleute und die übrige Arbeiterklasse intensivieren.

Der ANC möchte rechtliche Beschränkungen für Streiks einführen und die Möglichkeit einer staatlichen Intervention bei lange dauernden Arbeitskämpfen schaffen.

Am 23. Juni untersagte ein Arbeitsgericht der AMCU, drei der größten Goldminen Südafrikas zu bestreiken. Der ANC erklärte, er beabsichtige einen für den nächsten Monat von der National Union of Metalworkers South Africa (NUMSA), der größten Gewerkschaft mit 200.000 Mitgliedern, vorgesehenen Streik im Bereich Metall und Maschinenbau zu untersagen. Die NUMSA verlangt Lohnerhöhungen von 15 Prozent, während die Arbeitgeber 6,5 Prozent anbieten.

Faith Muthambi, Ministerin für Kommunikation, erklärte am Donnerstag: "Was Numsa anbelangt, ist dies definitiv unser Anspruch, und wir werden alle betroffenen Parteien unterstützen, um sicherzustellen, dass der Streik nicht stattfindet."

"Die Regierung räumt der beschleunigten Umsetzung des National Development Plan Priorität ein, mit Reformen, die darauf abzielen, Südfrikas Wachstumspotential freizusetzen", fügte sie hinzu.

Bergbauminister Ngoako Ramatlhodi möchte ein Gesetz durchdrücken, mit der die Dauer eines Arbeitskampfes in der Industrie begrenzt wird.

Von keiner der Gewerkschaften ist zu erwarten, dass sie einen Kampf gegen den ANC oder die Arbeitgeber aufnimmt. Der Aufstieg der AMCU ist auf den verbreiteten Hass gegen die National Union of Mineworkers (NUM) zurückzuführen, die COSATU angehört und eng mit den Arbeitgebern zusammenarbeitet. Darin ist aber nur ein erstes Anzeichen für eine umfassendere Abwendung von den Organisationen zu sehen, die als Werkzeuge für die Durchsetzung der Forderungen von großen Unternehmen und Banken dienen.

In einem der informierteren Kommentare stellte Stephen Grootes vom Daily Maverick den Streik in eine Reihe mit dem Massaker von Marikana aus dem Jahre 2012, als die Polizei auf Geheiß der Anteilseigner von Lonmin, des frühreren Vorsitzenden der NUM, Cyril Ramaphosa, und der ANC-Regierung 34 streikende Bergleute tötete und Dutzende weitere verletzte. Der Multimillionär Ramaphosa wurde für seine Bemühungen zum stellvertretenden Vorsitzenden des ANC gemacht.

Grootes führt aus, dass "der Konflikt in der Platinregion das bislang deutlichste Zeichen dafür darstellt, dass die politische Vorherrschaft des ANC zu Ende ist".

Unter Hinweis darauf, dass die Reaktion des ANC auf den Streik darin bestehe, rechtliche Beschränkungen zu fordern, warnt er davor, dass "dies ohne Zweifel zu mehr Gewalt führen wird".

Die wichtigste Lehre aus dem Arbeitskampf sei es, dass "unser Land sich in den letzten 20 Jahren einfach nicht verändert hat ... Es ist auch nicht akzeptabel, dass die Gemeinden, aus denen sie kommen, heute möglicherweise ärmer sind als sie es vor 50 Jahren waren. Es wird oft geltend gemacht, dass die Apartheid vorbei ist. Aber nicht für diese Bergleute! Sie erleben sie jeden Tag. Wir müssen sie auch für sie beenden". [Hervorhebung hinzugefügt]

Die Realität ist, dass die Apartheid nur eine besondere Rechtsform war, in der die Diktatur der Banken und Unternehmen über die südafrikanische Arbeiterklasse ausgeübt wurde. Indem sie den Kampf von Millionen auf die Beendigung der "weißen Herrschaft" und die Einführung formeller juristischer Gleichheit beschränkten, zeigten der ANC, COSATU und die SACP nur ihr wahres Gesicht als Verteidiger einer realen und sich weiter vergrößernden sozialen Ungleichheit.

Der Ausbruch des Klassenkampfes außerhalb der Strukturen von ANC und COSATU und gegen sie zeigt, dass Arbeiter nicht länger bereit sind, darauf zu warten, dass jemand anderes ihr Leiden und Elend beendet, und dass sie nach Wegen suchen, ihre Zukunft selbst zu bestimmen.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 02.07.2014
Südafrikanische Minenarbeiter nehmen Arbeit wieder auf
http://www.wsws.org/de/articles/2014/07/02/amcu-j02.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2014