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GLEICHHEIT/5489: Südkorea schließt sich der chinesisch geführten Asiatischen Investitionsbank an


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Südkorea schließt sich der chinesisch geführten Asiatischen Investitionsbank an

Von Ben McGrath
2. April 2015


Am Donnerstag gab Südkorea bekannt, dass es Chinas Asiatischer Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) beitritt, und war damit der letzte Verbündete der USA, der diesen Schritt in den letzten Wochen unternahm. Die Debatte über den Beitritt zur AIIB ist ein Hinweis auf die Streitigkeiten in der südkoreanischen herrschenden Klasse darüber, ob Südkorea näher an China heranrücken oder seine traditionellen Bindungen an die Vereinigten Staaten stärken solle.

Wichtige wirtschaftliche Überlegungen standen im Mittelpunkt von Souls Entscheidung, zusammen mit mehr als vierzig anderen Ländern Gründungsmitglied der AIIB zu werden. Am Samstag kündigten auch Australien, Russland und die Niederlande an, sich der von den Chinesen geführten Bank anzuschließen. Die Frist, als Gründungsmitglied zu unterzeichnen, lief am Dienstag ab. Der andere große US-Verbündete in Nordostasien, Japan, hat sich noch nicht entschieden, beizutreten. Chinas Finanzministerium veröffentlichte ein kurzes Statement, das besagte: "Die chinesische Seite begrüßt die Entscheidung Südkoreas."

In den nächsten Jahren wird der Asian Development Bank zufolge, die Nachfrage auf dem asiatischen Infrastruktur-Markt 730 Milliarden Dollar pro Jahr betragen. Seouls stellvertretender Minister für internationale Angelegenheiten im Finanzministerium, Choi Hui-nam, sagte am Freitag: "Sobald die AIIB ihren Betrieb aufnimmt, wird uns mit Asien der größte Infrastrukturmarkt offen stehen. Für koreanische Unternehmen mit langjähriger Erfahrung in der Bau-, Transport- und Informations- und Kommunikationsbranche erwarten wir neue Geschäftsmöglickeiten."

Südkorea versucht nun, sich eine Beteiligung und Stimmrechte in der AIIB zu sichern, die seiner wirtschaftlichen Größe entsprechen. Die Grundregeln der Bank weisen diese Anteile auf Basis des Bruttoinlandsprodukts eines Landes (BIP) zu. China ausgenommen, rangiert Südkorea unter den asiatischen Nationen, die ihre Beitrittsabsichten bekannt gegeben haben, beim BIP derzeit an dritter Stelle hinter Indien und Australien.

Beteiligungen werden ebenfalls zwischen regionalen und nicht-regionalen Ländern unterschiedlich aufgeteilt. Seoul hofft, dass Faktoren wie das Bruttonationaleinkommen, die Höhe der Währungsreserven und das Handelsvolumen sich für Südkorea günstig auswirken.

Ein Beamter des Finanzministeriums sagte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Yonhap in der vergangenen Woche: "Der Beitritt zur Organisation ist nur der Anfang. Die eigentliche Herausforderung kommt noch, wenn das Land sich Stimmrechte sichern muss, die direkt Einfluss auf seine Rolle in der Bank haben."

Südkoreas Entscheidung, der AIIB beizutreten, erfolgte gegen den Willen der Vereinigten Staaten, die fürchten, dass Seoul näher an China heranrücken könnte. Tatsächlich hat Seoul erst unterzeichnet, nachdem das Vereinigte Königreich am 12. März, angekündigt hatte, der Bank beizutreten gefolgt von anderen europäischen Mächten. Zuvor hatte Washington sehr viel Druck auf Südkorea, Japan und Australien ausgeübt, nicht Mitglied der AIIB zu werden.

Washington war von Südkoreas Schritt offensichtlich beunruhigt. US-Außenamtssprecher Jeff Rathke sagte am Donnerstag: "Ich werde mich zu seiner (Südkoreas) Entscheidung nicht äußern. Allgemein würde ich sagen, es gibt eine Reihe von Ländern die entschieden haben, der Bank beizutreten. Das ist ihre Entscheidung."

Er fuhr fort: "Wir hoffen natürlich, dass es auch Stimmen geben wird, die sich für die gleichen Werte einsetzen, wenn wir die Bedeutung von internationalen Standards und Transparenz unterstreichen." Mit anderen Worten, von Verbündeten der USA wie Südkorea wird nun erwartet, dass sie innerhalb der AIIB im Interesse Washingtons handeln.

Es ist ein leicht durchschaubarer Schwindel, wenn Washington von Transparenz und "hohen Standards" der internationalen Finanzinstitutionen, und von Arbeitnehmerrechten und der Umwelt spricht - seine vorgeblichen Gründe, gegen die AIIB zu sein. Die USA haben lange Zeit Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank fest im Griff gehabt. Die Obama-Regierung war die Speerspitze beim Abbau der Löhne und Arbeitsbedingungen der amerikanischen Arbeiter. In Wirklichkeit befürchten die Vereinigten Staaten, dass die AIIB ihren Interessen in Asien in die Quere kommt und zur Ausweitung von Chinas Einfluss führt.

Um Washingtons Besorgnis zu zerstreuen, diskutiert das südkoreanische politische Establishment, ob es den Vereinigten Staaten die Errichtung des ballistischen Raketen-Systems Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) in Südkorea erlauben soll. Bis jetzt hat Seoul eine Stationierung des THAAD abgelehnt, was als "strategische Zweideutigkeit" bekannt wurde - weder unterstützte es das System, noch lehnte die Regierung es ab.

Peking ist zu Recht besorgt, dass das Raketensystem im Falle eines Krieges zwischen den USA und China verwendet würde, China anzugreifen. Falls Washington einen Erstschlag gegen China inszenieren würde, würde das THAAD benutzt, um jeden möglichen Gegenschlag auszuschalten. Mit 28.500 in Südkorea stationierten US-Soldaten würde das Land schnell in einen solchen Konflikt hineingezogen werden.

Das THAAD System wird fälschlicherweise als Abwehrmaßnahme gegen einen möglichen Angriff Nordkoreas ausgewiesen. Der amtierende Vorsitzende der Saenuri-Partei, Kim Mu-seong, sorgte letzte Woche für Aufsehen, als er in einem Gespräch mit Studenten in Busan, der zweitgrößten Stadt Südkoreas, Nordkorea als Atommacht bezeichnete. Das verstieß sowohl gegen die Politik der USA als auch Südkoreas, den Norden nicht als solche anzuerkennen.

Kim äußerte sich in dieser Weise, um die Aufstellung einer THAAD Batterie in Südkorea zu unterstützen. Damit änderte er seine bisherige Haltung sich in dieser Frage nicht festzulegen. Seit dem Angriff eines einzelnen Angreifers auf den US-Botschafter in Seoul, Mark Lippert, in diesem Monat hat die Saenuri-Partei sich hinter das Raketensystem gestellt und eine anti-nordkoreanische Atmosphäre angeheizt.

President Park Geun-hyes Regierung versucht, den Beitritt zur AIIB und das THAAD System als zwei getrennte und unterschiedliche Probleme zu behandeln, aber es ist ganz klar, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden gibt. Der Fraktionschef der Saenuri-Partei, Yu Seung-Min, erklärte am 9. März unverblümt, dass die Stationierung des THAAD Systems im Süden bedeutete, sich zwischen den USA und China zu entscheiden.

Auf der anderen Seite hat sich die größte Oppositionspartei, die New Politics Alliance for Democracy (NPAD), gegen das THAAD ausgesprochen, weil sie besorgt darüber ist, es könnte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und den südkoreanischen Unternehmen, die die NPAD repräsentiert, beschädigen.

Bis Südkorea eine Entscheidung über das Raketensystem trifft, werden die USA weiterhin Druck in dieser Angelegenheit ausüben. Der amerikanische Generalstabsvorsitzende Martin Dempsey war in der vergangenen Woche auf einer dreitägigen Reise in Seoul und traf sich mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Admiral Choi Yu'n-hui und Verteidigungsminister Han Min-gu.

Es wurden öffentlich keine Gespräche über die THAAD bekannt, aber das Pentagon erklärte im Februar, dass beide Seiten "regelmäßige Diskussionen" über die Angelegenheit führen. US-Verteidigungsminister Ashton Carter plant für Anfang April ebenfalls eine Reise nach Seoul. Als Reaktion auf seinen diplomatischen, strategischen und wirtschaftlichen Rückschritt in der Frage der AIIB, verstärkt Washington seinen Kurs, China militärisch einzukreisen.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 02.04.2015
Südkorea schließt sich der chinesisch geführten Asiatischen Investitionsbank an
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2015

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