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IMI/273: Honduras - Neoliberaler Putsch mit FDP-Unterstützung


IMI - Informationsstelle Militarisierung e.V.
Ausdruck - IMI-Magazin - Oktober 2009

Honduras: Neoliberaler Putsch mit FDP-Unterstützung

Von Jürgen Wagner


Am 28. Juni 2009 putschte in Honduras das Militär gegen den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya, der außer Landes gebracht wurde. Vorwand war ein angeblicher Rechtsbruch Zelayas, der parallel zur nächsten Wahl eine Volksbefragung über die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung abhalten wollte. Eine aus Vertretern zahlreicher Nichtregierungsorganisationen zusammengesetzte "Internationale Mission zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Honduras" kam jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Anschuldigung haltlos ist.[1]


Putsch der Machtelite

Hintergrund für den Putsch dürfte sein, dass Zelaya, ursprünglich voll auf neoliberalem Kurs und dabei zunächst maßgeblich von der FDP-nahen Friedrich Naumann-Stiftung (FNS) unterstützt, zunehmend auf eine pro-chavistische Linie umgeschwenkt ist. Zuletzt erntete er für die Forderung, eine Erhöhung des Mindestlohns um 60% durchsetzen zu wollen, scharfe Kritik, u.a. von Chiquita (Ex United Fruit) und Dole Food. Honduras gilt seit Langem als Armenhaus Lateinamerikas und setzt insofern auch die Standards für Löhne auf dem Subkontinent - eine derartige Erhöhung des Mindestlohns, so die Befürchtung der Konzerne, hätte Auswirkungen auf das (Billig-)Lohngefüge in ganz Lateinamerika gehabt.[2] Wirtschaftliche Interessen sind also vorhanden, dennoch gibt es aber bislang noch keine schlüssigen Beweise für eine direkte Involvierung. Ideelle Unterstützung leistet aber u.a. die Naumann-Stiftung, die den Putsch beschönigend als "Amtsenthebungsverfahren" bezeichnet, das "völlig verfassungskonform" verlaufen sei.[3] Der FNS-Vertreter in Honduras, Christian Lüth, lobte den Putsch gar als eine "Rückkehr zu Rechtsstaat und zu Verfassungsmäßigkeit."[4]

Die von Zelaya angestrebte Verfassungsgebende Versammlung hätte voraussichtlich das Machtgefüge in Honduras zu Ungunsten der herrschenden Elite nachhaltig verändert, die nicht bereit war, dies hinzunehmen und deshalb das Militär mobilisierte: "Die Mission kommt zu dem Schluss, dass viel mehr auf dem Spiel steht, als ein einfacher politischer Kampf zur Wiederherstellung der Rechtsordnung und zur Ermöglichung der Rückkehr eines rechtmäßigen Präsidenten an die Macht. Es handelt sich hier um ungelöste soziale Konflikte zwischen einer Wirtschaftselite, die in Zusammenarbeit mit der Armee und auf undemokratische Weise die Macht an sich gerissen hat, und verschiedenen Teilen der Gesellschaft mit ihrer Forderung einer neuen institutionellen und sozialen Ordnung."[5]

Unmittelbar nach dem Putsch wurden die demokratischen Grundrechte extrem eingeschränkt: Ausgangssperre, Verfolgung Oppositioneller, etc. - systematisch, wie die Menschenrechtskommission unterstreicht: "Sämtliche von der Mission gesammelten Beweise deuten darauf hin, dass die Aussetzung von Grundrechten der de-facto-Regierung als Mittel diente, um die öffentliche Präsenz der Gruppen, die sich dem Staatsstreich entgegenstellen, zu kontrollieren und zu unterdrücken."[6]


Aussitzstrategie der Putschisten

Richtig ist zwar, dass der Putsch unisono verurteilt wurde, das reicht aber nicht. Die Strategie der Putschisten scheint zu sein, das Ganze jetzt einfach "auszusitzen": Zelayas Amtszeit würde ohnehin mit den auf 29. November angesetzten Wahlen enden. Gut möglich, dass man einfach versuchen wird, bis dahin über die Runden zu kommen, der Opposition möglichst wenig Raum im Wahlkampf zu bieten und dafür zu sorgen, dass auf "demokratische" Weise ein genehmer Kandidat gewählt wird.[7] So könnte eine "geordnete" Re-Transferierung in die Hände neoliberaler Kräfte vonstatten gehen, wofür sich die Naumann-Stiftung lautstark einsetzt: "Der entmachtete Präsident Zelaya ruft seit Wochen zu einem 'Volksaufstand' gegen die de facto Regierung seines Gegenspielers Micheletti auf. Daraufhin kam es immer wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen in Honduras. Statt Aufruhr und Gewalt könnten baldige Wahlen unter internationaler Beobachtung die Krise beenden."[8] Deshalb kann die Forderung nur lauten: keine Anerkennung von Wahlergebnissen, bevor Zelaya nicht wieder ins Amt gesetzt wurde.

Obwohl der Putsch zwar von Europäischer Union und auch den USA verurteilt wurde, wurden darüber hinaus kaum Sanktionen ergriffen, um Druck auszuüben. Denkbar wäre hier die Aussetzung sämtlicher diplomatischer Beziehungen und die Ausweisung aller Diplomaten, die den Putsch befürworten. Auch sollten alle Programme, die eine Finanzierung von Institutionen beinhalten, die in den Putsch verwickelt waren, sofort auf Eis gelegt werden.


Anmerkungen:

[1] De-Facto-Regierung verletzt Menschenrechte in Honduras, Abschlussbericht der Internationalen Mission zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Honduras, Washington, August 2009,
http://www.fian.de/fian/downloads/pdf/aktuell+presse/Abschlussbericht_Internationale_ Menschenrechtsmission_Honduras.pdf

[2] John Perkins: Honduras: Military Coup Engineered by Two US Companies? Globalresearch. ca, 21.08.2009.

[3] Die Naumann-Fraktion, German-Foreign-Policy.com, 20.6.09.

[4] Politische Verfolgung nach Putsch in Honduras, Telepolis, 29.09.2009.

[5] Abschlussbericht der Internationalen Mission, S. 29f.

[6] Ebd., S. 15.

[7] Michael Shifter: Obama's Honduras Problem. The United States and Latin America After the Coup, Foreign Affairs, 24.08.2009.

[8] Christian Lüth/Harald Klein: Honduras: Baldige Wahlen sind nützlicher als ein Volksaufstand, Bericht aus aktuellem Anlass N° 60/09, 19. August 2009.


Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
Dieser Text kann direkt heruntergeladen werden unter:
http://imi-online.de/download/JW-AusdruckOktober2009.pdf


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Quelle:
IMI-Standpunkt 2009/057 vom 12.10.2009 - in:
Ausdruck - IMI-Magazin - Oktober 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2009