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IZ3W/318: Rezension · Denis Goldberg - Freiheitskämpfer und Humanist zum 80. Geburtstag


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe 339 - November/Dezember 2013

Glückwünsche für Denis Goldberg

von Ulrich van der Heyden



Neben Nelson Mandela ist hierzulande Denis Goldberg der bekannteste Anti-Apartheid-Aktivist Südafrikas. Das mag daher rühren, dass Goldbergs zweite Frau aus der DDR kam und er die deutsche Sprache erlernte. So sprach und diskutierte Goldberg nach dem Ende der Apartheid in Deutschland auf zahlreichen Versammlungen, in Schulklassen, vor Studierenden und ehemaligen UnterstützerInnen des Anti-Apartheid-Kampfes.

Über zwanzig Personen, die Denis Goldberg in seinem außergewöhnlichen Leben in der einen oder anderen Weise begegnet sind, haben zum Teil sehr persönliche Erinnerungen an ihn zu Papier gebracht - und daraus ein Buch für den Freiheitskämpfer und Humanisten zum 80. Geburtstag gemacht. Persönlich überreicht wurde das Buch vom südafrikanischen Botschafter in Deutschland, Makhenkesi Stofile, anlässlich einer Geburtstags(nach)feier in Berlin.

Denis Goldberg war einer der wenigen 'Weißen' in der Führungsriege der südafrikanischen Befreiungsorganisation ANC. Er war der einzige Weiße, der im Rivonia-Prozess 1963/64, in dem Mandela und seine Mitkämpfer zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, auf der Anklagebank saß. Nach 22 Jahren kam er 1985 frei und wurde im Exil ANC-Sprecher für Europa, die USA und Kanada. Die Eltern von Denis waren Londoner, die nach Südafrika auswanderten, wo er 1933 geboren wurde. Sie, KommunistInnen, waren entsetzt über die rassistischen Strukturen in ihrer neuen Heimat. Dadurch sensibilisiert, wurde Denis schon als junger Mann politisch aktiv. Als Mitglied des ANC erhielt er die Aufgabe, Waffen zu beschaffen. Als Kämpfer der Untergrundorganisation Umkonto we Sizwe, als Gefangener des Apartheidregimes, als hochrangiger Vertreter des ANC-Exils und später in Regierungsfunktionen war er ein Vorbild. Sein Leben war der Befreiung Südafrikas vom Joch der Apartheid gewidmet.

War sein Ziel mit der Übernahme der Macht durch den ANC, nunmehr eine Partei, erreicht? Konnte er sich zurücklehnen und die Früchte seines und anderer Kampfes genießen? Mitnichten! Bis heute engagiert sich Denis Goldberg für die noch immer sozial stark benachteiligte schwarze Bevölkerungsmehrheit in Südafrika. Als nimmermüder Optimist erinnert er daran, dass es erst knapp zwei Jahrzehnte her sei, dass Südafrika frei ist - in dieser kurzen Zeit könne man nicht eine ganze Gesellschaft umkrempeln. Dabei verschließt er nicht die Augen vor den gegenwärtigen Zuständen im Land am Kap, auf die Autorin Elisabeth Quart eingeht: »Mit Sorge sehen viele Bürger Südafrikas und mit ihnen Freunde des ANC, dass heute eine Reihe gesellschaftlicher Phänomene die erklärten Ziele des ANC torpedieren und den nationalen Frieden gefährden. Dazu zählen Korruption auf allen Ebenen der Gesellschaft, verbreitete Unfähigkeit von Verwaltungen, maßlose Bereicherung durch einige führende Funktionäre, Vetternwirtschaft, Ignoranz oder Beschönigung anhaltender Probleme. Diese und zunehmende Mängel, etwa bei der Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen (Energie, Gesundheitswesen) untergraben die Glaubwürdigkeit des ANC«.

Mit Sicherheit beschäftigen diese und ähnliche Probleme den Jubilar ganz außerordentlich. Als Optimist wird er wissen, dass Optimismus allein nicht reichen wird, um den errungenen Sieg, für den er sein Leben lang gekämpft hat und für den viele Tausende mit dem Leben bezahlt haben, nicht zu verspielen.


Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen (Hg.):
Denis Goldberg - Freiheitskämpfer und Humanist zum 80. Geburtstag.
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2013. 240 Seiten, 19,90 Euro.

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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 339 - November/Dezember 2013


Faschismus hat viele Gesichter
Inter-Nationalismus

Ist Faschismus ein rein europäisches Phänomen, das allenfalls in einige lateinamerikanische Länder und ins südliche Afrika exportiert wurde? Die Unschärfe des Faschismusbegriffes trägt dazu bei, dass diese Frage schwer zu beantworten ist. Was also ist Faschismus und was macht seine anhaltende Relevanz aus? Heute hat sich der Begriff "Neofaschismus" durchgesetzt, weil er darauf verweist, dass hier etwas Altbekanntes im neuen Gewand auftaucht. Ultra-Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Führerkult und Männerbündelei sind wesentliche Merkmale nicht nur der alten, sondern auch der Neuen Rechten weltweit.

Wer im faschistischen Weltbild außerhalb steht oder gestellt wird, wird als minderwertig betrachtet. Zu diesem Überlegenheitsgefühl kommt die Propaganda der Tat: Alles 'Fremde' wird gewaltsam verdrängt. Faschisten dulden kein Anderssein und keine andere Weltanschauung als die eigene. In diesem Themenschwerpunkt plädieren wir für genaues Hinschauen und für historisch wie aktuell gut informierte Analysen. Sie ermöglichen zielgenaueres Vorgehen gegen faschistische und neonazistische Umtriebe als das bewusstlose Hantieren mit Begriffen.


SCHWERPUNKT: FASCHISMUS

Editorial zum Themenschwerpunkt

Der Kampfbegriff.
Wozu braucht es heute noch Theorien über Faschismus?
von Mathias Wörsching

Bannflüche helfen nicht.
Islamismus lässt sich nicht mit Faschismusvergleichen bekämpfen
von Bernhard Schmid

Die Drohung des Ummasozialismus.
Islamismus in der globalen postnazistischen Konstellation
von Stephan Grigat

Wölfe im Wolfspelz.
Die Hegemonie des türkischen Neofaschismus
von Emre Arslan

Ihr Kampf.
Wie faschistisch ist der indische Hindu-Nationalismus?
von Tobias Delfs

»Russland für Russen«
Rechtsextreme Denkmuster im Osten
von Ute Weinmann

Extrem erfolgreich.
Bulgariens rechte Parteien sind europaweit vernetzt
von Reiko Pinkert und Uwe Stegemann

Rezensionen zu Faschismus


POLITIK UND ÖKONOMIE

Hefteditorial

Bewegung: Mehr als Zivilgesellschaft
Soziale Bewegungen in Afrika südlich der Sahara
von Bettina Engels und Nikolai Brandes

Nigeria: Gewalt gegen Gewalt
Die Dschihadisten von Boko Haram kämpfen gegen den Staat
von Norbert Rusch

Ostafrika: Primat der Ökonomie
In der Region der Großen Seen wecken Öl und Methan Begehrlichkeiten
von Sarah Luisa Brand und Ilona Auer-Frege

Gender: Ein Kommen, Nehmen und Gehen
Wie Landnahmen in Tansania die Geschlechterkluft vertiefen
von Janna Aljets

Erster Weltkrieg: »Der größte aller Jihade«
Wie das Deutsche Reich Muslime zu instrumentalisieren versuchte
von Tilman Lüdke


KULTUR UND DEBATTE

Rassismusdebatte: Jenseits des Eindeutigen
Die Geschichte der Kapverden unterläuft gängige Rassismustheorien
von Felix Schürmann

Film: Griots auf der Leinwand
Die orale Erzähltradition Afrikas wird auch im Kino bewahrt
von Karl Rössel

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Quelle:
iz3w Nr. 339 - November/Dezember 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2013