KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 368, September 2019
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!
Notizen zur Krise 2019
Seit nunmehr vier Quartalen, beginnend mit dem 3. Vierteljahr 2018 (genauer ab August 2018), sinkt die Industrieproduktion in Deutschland im Vorjahresvergleich, ähnlich die Auftragseingänge für das "Produzierende Gewerbe". Inzwischen sind auch die Auftragseingänge aus dem Ausland (ein Indikator für den künftigen Export) rückläufig. Der genannte Zeitpunkt ist von Bedeutung, wenn es darum geht, sich durch die verschleiernde Sprache (Rezession, Konjunktur- oder Wachstumsschwäche ...) und die üppig sprießenden Deutungen der Krisenursachen durch die bürgerlichen Konjunkturastrologen hindurch zu finden.
Der Produktions-Höchststand vor der letzten Krise aus den Jahren 2007/8 wurde im Verlauf des aktuellen Konjunkturzyklus nur knapp überschritten.
Jahr |
Produktion |
Auftragseingang |
2015 2016 2017 2018 I 2018 II 2018 III 2018 IV 2019 I 2019 II |
100,0 101,4 104,4 106,5 107,2 105,7 104,4 103,6 101,8 |
100,0 101,0 107,7 111,3 110,3 109,7 110,4 106,2 105,5 (April) 103,2 (Mai) |
Quelle: Bundesbank lfd.
Auch wenn Kurzarbeit und Erwerbslosigkeit noch nicht dramatisch angestiegen sind: Keine Woche vergeht, ohne dass neue Entlassungen angekündigt und Abbaupläne verkündet werden. VW arbeitet seit 2016 (im Einvernehmen mit dem BR) an einem Stellenstreichungsprogramm von 30.000 weltweit. In der BRD sollen in den nächsten Jahren ca. 20.000 Stellen gestrichen werden. Auch in anderen Branchen sind Streichungen angekündigt: Thyssen-Krupp 6.000 - BASF 6.000, davon 3.000 in der BRD - Andritz/Schuler 500 von 4.200 in D - Eisenmann (Konkurs) 3.000 Mitarbeiter - Deutsche Bank streicht 18.000, 1/5 der Belegschaft.
Siemens strukturiert um, seit 2017, dabei wird auch von bisherigen Prinzipien abgewichen, Massenentlassungen sind kein Tabu mehr.
Eine Meldung aus der Wirtschaftswoche (vom 5.8.2019), die auch ganz nebenbei noch die angeblich Schuldigen China, USA, Großbritannien dingfest macht (s. dazu weiter unten): "Daimler und BMW haben bereits ihre Gewinnziele kassiert. Viele Zulieferer wie Bosch, Schaeffler, Conti, Mann+Hummel oder Marquardt wollen Jobs abbauen oder verlagern, schließen Standorte. Einige andere, etwa der Kupferleiterhersteller KMD Connectors, der Innenausrüster IAC in Niederbayern oder auch Gestamp aus Bielefeld, denken über Kurzarbeit nach. China fällt als Konjunkturmotor aus. Der Brexit steht vor der Tür. Die USA drohen der Wirtschaftswelt mit Zöllen - 'die Boomzeiten sind erst einmal vorbei', schreibt das ifo Institut im jüngsten Beschäftigungsbarometer. Und das gilt nicht nur für Autobauer, sondern für das produzierende Gewerbe insgesamt ... Der Maschinenbauerverband rechnet mit mehr Kurzarbeit. In der Chemiebranche gehen sieben Prozent der Unternehmen an die Arbeitszeitkonten ihrer Mitarbeiter ran. Die BASF reduziert ihre Gewinnziele."
Auch in den anderen großen imperialistischen Ländern wie USA, Japan, Großbritannien und Frankreich zeigen die wichtigsten Indikatoren nach unten.
Dies werten wir als deutliche Zeichen, dass die fällige zyklische Krise eingetreten ist - rd. 12 Jahre nach der letzten zyklischen Krise von 2007/2009 (Lehmann-Krise) mit ihren verheerenden Folgen für die Arbeiter und Werktätigen der ganzen Welt.
Besonders betroffen waren die vom Imperialismus abhängigen Ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika, aber auch die meisten Länder Ost- und Südeuropas wie Serbien, Ungarn, Rumänien oder Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, aber auch Irland. Ein Damm nach dem anderen zerbrach damals beim Fortschreiten der Krise. Erst die Großbanken, die die mit ihnen verquickten Industriemonopole stützten, die Großbanken, die selbst ihre waghalsigen Geschäfte durch internationale Wertpapiergeschäfte abzusichern versuchten im Vertrauen auf den scheinbar immerwährenden Stabilitätsanker: steigende Immobilienpreise, steigende Grundrente. Als das internationale Netz mit der herbeigeführten Lehmann-Pleite riss, kamen die Staaten mit Nothilfen von hunderten Milliarden Euro an die Reihe, um das System zu retten. Schließlich standen in den USA nicht nur Lehmann, sondern fast alle Investmentbanken und schließlich die größte Versicherung der Welt, die AIG, vor dem Ruin. In Deutschland musste die Commerzbank, die HypoVereinsbank und so scheinbar solide Landesbanken wie die BayernLB oder die in Baden-Württemberg, die NordLB oder die WestLB mit Steuergeld gerettet werden, um den Offenbarungseid der Deutschland AG abzuwenden. Selbst die scheinbar übermächtige Deutsche Bank ist seitdem angeschlagen und steht mit beiden Beinen heute noch im Sumpf der letzten Krise. Ein Untersuchungsausschuss des US-Senats beurteilte 2011 die Deutsche Bank neben den Ratingagenturen und Goldman Sachs als führend verantwortlich für die Krise. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hielt fest, "dass diese Institutionen Kunden und Öffentlichkeit bewusst getäuscht haben und dabei von ehrenwerten Regulierern und Ratingagenturen unterstützt wurden".(1) Für ihre kriminellen Aktivitäten im Zuge der Finanzkrise wurde die Deutsche Bank (ebenso wie Goldman Sachs) nur in den USA belangt und mit Strafzahlungen von insgesamt etwa 20 Mrd. Euro belegt.(2) Letztlich hielten die Zentralbanken der imperialistischen Länder soweit zusammen, dass durch schier unbegrenzte Geldvermehrung die Pleite von "systemrelevanten" Banken und Ländern verhindert wurden. Was nach der Einschätzung der Imperialisten nicht diesen Status hatte, wie etwa Griechenland, wurde gnadenlos durch die sog. Troika aus EZB, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission geprügelt. Die Troika wiederum fungierte als Handlanger des deutschen und französischen Imperialismus.
Dieses seit mehreren Jahren anhaltende, verschleiernd Nullzins-Politik genannte, Vorgehen von EZB (gedeckt durch die Bundesbank) und der US-amerikanischen Fed führte zu negativen Realzinsen, damit zur schleichenden Enteignung der Sparer und zum Verlust eines wichtigen Maßstabs für die Anlage von Kapital. Die negativen Zinsen führen (ebenso wie steigende Preise) zur "Flucht in die Sachwerte" und haben so in großem Maß dazu beigetragen (durch Erhöhung der Nachfrage), den Bodenpreis, die Baupreise und damit die Mieten in die Höhe zu treiben und so die Wohnungskrise zu verschärfen.(3) Dass sich diesmal die Abwälzung der Krisenlasten auf "die Sparer"(4) konzentrierte und nicht über die Inflation abspielte, hatte verschiedene Ursachen. Zum einen haben billige Importe aus der VR China und anderen Ländern auf die Preise gedrückt, die chronische Agrarkrise hat dazu beigetragen, dass landwirtschaftliche Produkte teilweise unter Gestehungskosten (vor allem der kleineren Bauern) verkauft wurden. Die monopolistische Konkurrenz unter den Discountern hat ihrerseits dazu geführt, dass diese gesunkenen Preise teilweise an die Konsumenten weitergegeben wurden. Damit wurde es dem Monopolkapital ermöglicht und erleichtert, sein Interesse an einer Senkung des Werts der Arbeitskraft und damit dem Festhalten am relativ niedrigen deutschen Lohnniveau und dem Hartz-Verarmungsprogramm durchzusetzen, ohne das Elend allzu offen werden zu lassen. Untrennbar damit verbunden war die enorme Zunahme der Vermögen in der Hand der Finanzoligarchie, generell der Reichen, und die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm.
Das bedeutet: Die Folgen der damaligen Krise sind keineswegs beseitigt. Nicht abgeschriebene aber uneinbringliche Kredite, Wertpapiere ohne Wert; Länder mit immensen Schulden, die aus den laufenden Staatseinnahmen niemals wieder bezahlt werden können, einem insgesamt äußerst labilen Finanzsystem also. Dazu Industriemonopole mit riesigen Überkapazitäten, die nur durch das außerordentliche Wachstum der VR China verdeckt sind. Nicht zu vergessen: die chronische Massenerwerbslosigkeit und die damit sich ausdehnende und verfestigende Lazarus-Schicht der industriellen Reservearmee, heute eher verharmlosend "Prekariat" genannt. Damit - mit diesen typischen Ausprägungen der Allgemeinen Krise - geht die BRD und vermutlich das imperialistische Weltsystem nun in die nächste zyklische Krise.
Sie kommt nicht von Kriegsdrohungen der USA, nicht von dem Handelskrieg (im Übrigen eine Bankrotterklärung der Apostel des Neoliberalismus, die doch so gerne das "freie Spiel der Märkte" predigen) zwischen den Imperialisten und dem der Imperialisten gegen das sozialistische China und gegen Russland; die Krise kommt auch nicht wegen des Brexits und des drohenden Zerfalls der EU; die Krise kommt auch nicht wegen des Klimawandels und der Umweltzerstörung oder wegen der Flüchtlinge. All diese Erscheinungsformen sind selbst Ausdruck der Allgemeinen Krise des Kapitalismus. Die mit dem Kapitalismus unlösbar verbundene Grundlage, mehr aus den Quellen des Reichtums, aus den Arbeitern und der Erde, herausholen zu müssen als man in sie hineingibt, ist verantwortlich für die Krise. Sie führt nicht nur Kapitalist gegen Arbeiter, sondern auch Kapitalist gegen Kapitalist, Nation gegen Nation, Imperialisten gegen Entwicklungsländer, imperialistische Großmacht gegen imperialistische Großmacht und natürlich alle Imperialisten gegen das einzige Land, das dem maroden System die Stirn bieten kann - die sozialistische VR China in der Allianz mit Russland.
Vor dem Hintergrund der seit 2008 keineswegs bereinigten Ausprägungen der Allgemeinen Krise des Kapitalismus droht die jetzt sich entwickelnde zyklische Krise des Kapitalismus alle Widersprüche im Imperialismus noch weiter zu verschärfen: das Ringen um Absatzmärkte, Rohstoffquellen, Kapitalanlage- und Einflusssphären zwischen den imperialistischen Großmächten; die Widersprüche zwischen dem Imperialismus und den unterdrückten Völkern sowie der Klassenwiderspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat.
Die Rolle des deutschen Imperialismus droht wegen seiner starken Abhängigkeit von Exporten und von der Zufuhr von Rohstoffen, aber auch wegen seines angeschlagenen Bankensystems besonders prekär zu werden. Darüber kann auch die derzeit dominante Stellung der BRD in der EU nicht hinwegtäuschen.
Die zyklische Krise geht in der BRD vor allem von der Automobilindustrie aus. Ihre Produktion ging im bisherigen Verlauf um über 10% zurück. Die berühmte deutsche Automobilindustrie, an der nach Schätzungen jeder 6. Arbeitsplatz der deutschen Industrie hängt, hat über Jahre ihre Kunden in übler Weise betrogen, sie hat sich gegen die Einführung neuer Antriebssysteme gestellt.
Wir wissen nicht, was sie in der Hinterhand haben, um die Umstellung auf Elektro-, Wasserstoff- oder Hybridantriebe zu bewältigen oder auf "autonomes Fahren". Dort und in den mit dem Schlagwort "Digitalisierung" verbundenen Möglichkeiten liegt natürlich Potenzial, um - wie immer in Deutschland unter massiver Subvention durch den Staat - antizyklisch zu investieren. In die gleiche Richtung gehen verschiedene angekündigte Projekte in der EU zu Digitalisierung und ganz "systemkonform" und forciert mit der EU-Armee und der weiteren Militarisierung. Dies alles setzt aber eine Einigung mindestens mit den französischen Monopolen und dem französischen Imperialismus voraus, die keineswegs gesichert ist.
Diese Unwägbarkeiten und Risiken sind bei der zu erwartenden Verschärfung der Krise zu berücksichtigen. Sie sind auch die Grundlage für die Aufstachelung von Nationalismus und Rassismus und die Hätschelung von Ultrarechten und Faschisten durch die herrschende Klasse. Auch das gehört zu den Ingredienzien für den Cocktail namens Krieg, der auf mittlere Sicht gegen die Allianz China/Russland zielt.
Für die Arbeiterklasse und ihre Organisationen heißt das, Kurs zu nehmen gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Werktätigen, auf die Verteidigung der demokratischen und sozialen Rechte, auf den Kampf gegen Faschismus und Krieg! Gegen die Abwärtsspirale aus Kapital, Konkurrenz, Nationalismus, Chauvinismus und Krieg gilt es den proletarischen Internationalismus zu stärken für Völkerverständigung, Frieden, Sozialismus!
AG Krise (Corell, Flo, Müller, O'Nest, u.a.), Stand August 2019
Anfang Texteinschub
"Der Widerspruch der kapitalistischen Produktionsweise besteht aber
gerade in ihrer Tendenz zur absoluten Entwicklung der Produktivkräfte,
die beständig in Konflikt gerät mit den spezifischen
Produktionsbedingungen, worin sich das Kapital bewegt und allein
bewegen kann.
Es werden nicht zuviel Lebensmittel produziert im Verhältnis zur
vorhandnen Bevölkerung. Umgekehrt. Es werden zuwenig produziert, um
der Masse der Bevölkerung anständig und menschlich zu genügen.
Es werden nicht zuviel Produktionsmittel produziert, um den
arbeitsfähigen Teil der Bevölkerung zu beschäftigen. Umgekehrt. Es
wird erstens ein zu großer Teil der Bevölkerung produziert, der
tatsächlich nicht arbeitsfähig, der durch seine Umstände auf
Ausbeutung der Arbeit andrer angewiesen ist oder auf Arbeiten, die nur
innerhalb einer miserablen Produktionsweise als solche gelten können.
Es werden zweitens nicht genug Produktionsmittel produziert, damit die
ganze arbeitsfähige Bevölkerung unter den produktivsten Umständen
arbeite, also ihre absolute Arbeitszeit verkürzt würde durch die Masse
und Effektivität des während der Arbeitszeit angewandten konstanten
Kapitals.
Aber es werden periodisch zuviel Arbeitsmittel und Lebensmittel
produziert, um sie als Exploitationsmittel der Arbeiter zu einer
gewissen Rate des Profits fungieren zu lassen. Es werden zuviel Waren
produziert, um den in ihnen enthaltnen Wert und darin eingeschlossnen
Mehrwert unter den durch die kapitalistische Produktion gegebnen
Verteilungsbedingungen und Konsumtionsverhältnissen realisieren und in
neues Kapital rückverwandeln zu können, d.h. um diesen Prozess ohne
beständig wiederkehrende Explosionen auszuführen.
Es wird nicht zuviel Reichtum produziert. Aber es wird periodisch
zuviel Reichtum in seinen kapitalistischen, gegensätzlichen Formen
produziert.
Die Schranke der kapitalistischen Produktionsweise tritt hervor:
1. Darin, dass die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall
der Profitrate ein Gesetz erzeugt, das ihrer eignen Entwicklung auf
einen gewissen Punkt feindlichst gegenübertritt und daher beständig
durch Krisen überwunden werden muß.
2. Darin, dass die Aneignung unbezahlter Arbeit und das Verhältnis
dieser unbezahlten Arbeit zur vergegenständlichten Arbeit überhaupt,
oder, kapitalistisch ausgedrückt, dass der Profit und das Verhältnis
dieses Profits zum angewandten Kapital, also eine gewisse Höhe der
Profitrate über Ausdehnung oder Beschränkung der Produktion
entscheidet, statt des Verhältnisses der Produktion zu den
gesellschaftlichen Bedürfnissen, zu den Bedürfnissen gesellschaftlich
entwickelter Menschen. Es treten daher Schranken für sie ein schon auf
einem Ausdehnungsgrad der Produktion, der umgekehrt unter der andren
Voraussetzung weitaus ungenügend erschiene. Sie kommt zum Stillstand,
nicht wo die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern wo die Produktion
und Realisierung von Profit diesen Stillstand gebietet." (K. Marx, Das
Kapital Bd. 3, MEW 25, S. 268 f.)
"Unvermeidlich werden die Krisen aber erst im Kapitalismus, in
dem die Vergesellschaftung der Produktion voranschreitet, während das
Produkt der vergesellschafteten Arbeit vieler Tausend und Millionen
Arbeiter weiterhin von den Kapitalisten privat angeeignet wird.
Der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der
Produktion und der privatkapitalistischen Form der Aneignung der
Produktionsergebnisse ist der Grundwiderspruch des Kapitalismus.
Dieser Widerspruch bildet die Grundlage der ökonomischen
Überproduktionskrisen. Die Unvermeidlichkeit der Krisen liegt im
System der kapitalistischen Wirtschaft selbst.
Der Grundwiderspruch des Kapitalismus stellt sich dar als Gegensatz
zwischen der Organisation der Produktion in der einzelnen Fabrik und
der Anarchie der Produktion in der ganzen Gesellschaft. In jeder
einzelnen Fabrik ist die Arbeit organisiert und dem einheitlichen
Willen des Unternehmers untergeordnet. Doch in der Gesellschaft als
Ganzem herrscht infolge der Herrschaft des Privateigentums an den
Produktionsmitteln eine Anarchie der Produktion, die jede planmäßige
Entwicklung der Wirtschaft ausschließt. Die Erweiterung der Produktion
geht ungleichmäßig vor sich, so dass die alten Proportionen zwischen
den Produktionszweigen ständig gestört werden, während sich die
Herstellung neuer Proportionen nur elementar, durch Übertragung von
Kapital aus einem Zweig in den anderen vollzieht. Deshalb ist
Proportionalität zwischen den einzelnen Zweigen eine zufällige
Erscheinung, die ständige Störung der Proportionalität aber die
allgemeine Regel der kapitalistischen Reproduktion.
Die Kapitalisten erweitern auf der Jagd nach Maximalprofit die
Produktion, entwickeln die Technik, führen neue Maschinen ein und
werfen riesige Warenmassen auf den Markt. In derselben Richtung wirkt
auch der ständige, durch das Wachstum der organischen Zusammensetzung
des Kapitals hervorgerufene tendenzielle Fall der Profitrate. Die
Unternehmer sind bestrebt, den Fall der Profitrate durch eine Erhöhung
der Profitmasse zu kompensieren, indem sie die Produktion erweitern
und größere Warenmengen erzeugen. Dem Kapitalismus ist somit die
Tendenz eigen, die Produktion zu erweitern, die Produktionskapazitäten
gewaltig zu steigern. Doch durch das Sinken des Reallohns, das Steigen
der Arbeitslosigkeit und den Ruin der Bauernschaft verringert sich
relativ die zahlungsfähige Nachfrage der Werktätigen, deren Anteil an
der Gesamtbevölkerung jedoch stetig zunimmt. Infolgedessen stößt die
Erweiterung der kapitalistischen Produktion unweigerlich auf die engen
Schranken des Konsums der Bevölkerungsmassen.
"Die Basis der Krise liegt in dem Widerspruch zwischen dem
gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der kapitalistischen
Form der Aneignung der Produktionsergebnisse. Ausdruck dieses
Grundwiderspruchs des Kapitalismus ist der Widerspruch zwischen dem
kolossalen Anwachsen der Produktionskapazitäten des Kapitalismus, die
auf die Erzielung eines Maximums kapitalistischen Profits berechnet
sind, und dem relativen Rückgang der zahlungsfähigen Nachfrage seitens
der Millionenmassen der Werktätigen, deren Lebenshaltung die
Kapitalisten ständig in den Schranken des äußersten Minimums zu halten
suchen." (J.W. Stalin, SW 12, S. 214.)
Der Grundwiderspruch des Kapitalismus tritt als Klassenantagonismus
zwischen Proletariat und Bourgeoisie zutage. Kennzeichnend für den
Kapitalismus ist die Trennung der zwei wichtigsten
Produktionsbedingungen: der Produktionsmittel, die in den Händen der
Kapitalisten konzentriert sind, von den unmittelbaren Produzenten, die
nichts besitzen als ihre Arbeitskraft. Diese Trennung tritt in den
Überproduktionskrisen drastisch zutage, wenn ein fehlerhafter
Kreislauf entsteht: einerseits Überfluss von Produktionsmitteln und
Produkten, anderseits Überfluss von Arbeitskräften, Arbeitslosenmassen
ohne Existenzmittel.
Die Krisen sind ein unvermeidlicher Begleiter der kapitalistischen
Produktionsweise. Um die Krisen abzuschaffen, muss man den
Kapitalismus abschaffen.
2. Der zyklische Charakter der kapitalistischen Reproduktion.
Die kapitalistischen Überproduktionskrisen wiederholen sich in
bestimmten Zeitabständen, und zwar alle 8 bis 12 Jahre. Partielle
Überproduktionskrisen, die einzelne Industriezweige trafen, traten in
England bereits um die Wende des 18. Jahrhunderts auf. Die erste
Industriekrise, die die Wirtschaft eines ganzen Landes erfasste, brach
1825 in England aus. ...
Die Zeitspanne vom Beginn einer Krise bis zum Beginn der nächsten
heißt Zyklus. Der Zyklus besteht aus vier Phasen: Krise, Depression,
Belebung und Aufschwung. Die Hauptphase des Zyklus ist die Krise, die
der Ausgangspunkt eines neuen Zyklus ist. ..."
(aus: Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Institut für Ökonomie),
Politische Ökonomie - Lehrbuch I, Berlin 1955 (= Übersetzung der 1.
sowjetischen Auflage von 1954), zitiert nach der westdeutschen
Ausgabe, Frankfurt 1971, S. 242 ff. 08
Ende Texteinschub
(1) vgl. den Gesamtbericht, vor allem S. 318 ff. unter
www.spiegel.de/media/media-25692.pdf
(2) Aber fast 10 Mrd Euro hatte die Bank aus den Rettungsmaßnahmen der US-Regierung erhalten.
(3) vgl. hierzu KAZ 354: Die "Subprime"-Krise und die Marxsche Theorie der Grundrente - "Es folgt daher, dass, die Grundrente als konstante Größe vorausgesetzt, der Bodenpreis steigen oder fallen kann, umgekehrt wie der Zinsfuß steigt oder fällt." Oder anders ausgedrückt: "Der Bodenpreis ist umso höher, je höher die Rente und je niedriger der Zinsfuß sind."
(4) Das sind ja nicht nur Kollegen, die für eine Anschaffung Geld auf die hohe Kante legen, dazu gehören auch die Besitzer von Lebensversicherungen usw. Und selbstverständlich Teile der fetten Vermögen, um die es nicht schade wäre.
*
Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 368, September 2019, S. 22 - 25
Herausgeber und Verlag:
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KAZ erscheint viermal jährlich.
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Normalabo: 10,00 Euro, Sozialabo: 7,70 Euro.
Förderabo: mindestens 20,00 Euro.
veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2019
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