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OFFENSIV/078: Ausgabe März-April 2009 2/09


offen-siv 2/2009
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe März-April 2009


INHALT

Redaktionsnotiz

Wedwedew lobt Gorbatschow

Der politische Islam
Interview mit Mohamed Hassan: Wie kann der Erfolg der Hamas erklärt werden?
Franz Siklosi: Probleme kommunistischen Handelns innerhalb neoliberaler Hegemonie
Appell für die Entfernung der Hamas von der EU-Terrorliste
Nicolas Runge/Falkenhaus Burgdorf: Faschistoid, islamistisch und antisemitisch
Stellungnahme von Hamas zur weltweiten Unterstützung des palästinensischen Widerstandes
The Beirut International Forum for Resistance, Anti-Imperialism, Solidarity between Peoples, and Alternatives: Schlusserklärung
Robert Medernach: Strategische und taktische Schlussfolgerungen aus der Beiruter Konferenz

Israel
Thomas Waldeck: Das Ghetto-Prinzip

Sudan
Interview mit Abubakr Ahmed: Darfur und die Anklage gegen den Präsidenten des Sudan

China
Hermann Jacobs: Ja, auch über China nachdenken

Krise und Krieg
Eva Niemeyer: Thesen zum Charakter der Krise
Matthias Schwarzsee: Können wir in der Krise streiken?
Brigitte Queck: 10. Jahrestag der NATO-Aggression gegen Jugoslawien

Standortbestimmungen (Red. offen-siv)
Patrick Köbele u.a.: Offener Brief an Heinz Stehr
Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu Gerhard Feldbauers Artikel
Gerhard Feldbauer: Zu den Auseinandersetzungen mit dem Opportunismus
des "RotFuchs"-Chefredakteurs Dr. Klaus Steiniger

Dokumente vom Parteitag der KKE
ZK der KKE: Thesen des Zentralkomitees für den 18. Parteitag der KKE, Athen 18.-22. Februar 2009
ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE): Aufruf zu den Wahlen zum Europäischen Parlament

Rechenschaftsbericht für 2008
Frank Flegel: Realisierte Publikationen 2008
Anna C. Heinrich: Finanzen 2008
Frank Flegel: Bericht von der ordentlichen Jahreshauptversammlung des offen-siv-Herausgebergremiums

Abschied
Kurt Gossweiler: Zum Gedenken an Hanfried Müller - 4.1.1925 bis 3.3.2009

Raute

REDAKTIONSNOTIZ

Für das imperialistische Deutschland sind inzwischen 2990 Bundeswehrsoldaten in Ausübung ihres Dienstes getötet worden. Selbst das Leben nahmen sich 3417 Bundeswehrsoldaten. Das ergibt eine Strecke von 6407 Toten. Dabei produziert die Bundeswehr die meisten Toten selbst, denn bei Auslandseinsätzen wurden bisher 76 Soldaten getötet. Verletzt wurden in Ausübung des Dienstes insgesamt mehr als 1,1 Millionen Soldaten. Im letzten Jahr waren es 6450, in 2007 waren es noch 5130 gewesen. (Quelle: HAZ, 14.3.09) Das sind Zahlen, die es für Jugendliche und/oder junge Erwachsene wenig empfehlenswert machen, der möglichen eigenen Arbeits- oder Perspektivlosigkeit durch eine Dienstverpflichtung bei der Bundeswehr entgehen zu wollen. Vor der Kaserne der hier in Hannover stationierten Panzerdivision hängt ein überdimensionales Werbeplakat, das den Dienst bei der Bundeswehr als spannende Tätigkeit unter guten Kameraden preist - und auch Frauen ansprechen soll, denn den auf dem Plakat abgebildeten Geländewagen steuert eine als Soldatin verkleidete Frau. Daneben der Text: "Wir suchen Zeit- und Berufssoldaten. Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften". Unser guter Rat: Lasst die Finger davon!

Nun aber zu diesem Heft. Wir haben drei Schwerpunkte, die viel miteinander zu tun haben. Den einen könnte man "Aktuelle Fragen des Anti-Imperialismus und das Verhältnis zum politischen Islam" nennen, den zweiten "Zustand der kommunistischen Bewegung, Standortbestimmungen und die Entwicklung der DKP" und den dritten "Die politischen Eckpunkte der Kommunistischen Partei Griechenlands nach ihrem Parteitag vom 18.-22.2.2009". Da uns diese Überschriften aber zu lang erschienen, heißen sie nun "Der politische Islam", "Standortbestimmungen" und "Dokumente zum Parteitag der KKE". Es geht beim ersteren um Materialien, Einschätzungen und Stellungnahmen, die die Bewertung der Organisationen des politischen Islam wie Hisbollah und Hamas erleichtern sollen, beim zweiten um eine Erörterung der jüngsten Entwicklungen in der kommunistischen Bewegung und in der DKP. Auslöser hierfür waren die Diskussionen um das EU-Wahlprogramm der DKP, der Offener Brief an Heinz Stehr und die unterschiedlichen Stellungnahmen aus kommunistischen und linken Kreisen zu Palästina. Wir wünschen uns eine Debatte. Deshalb stellen wir diesem Schwerpunkt einige Thesen voran und bringen danach zwei Dokumente, nämlich den Offenen Brief von Patrick Köbele und weiteren Genossen/innen sowie eine Stellungnahme von Gerhard Feldbauer sowohl zum RotFuchs als auch zur DKP. Ihr werden sehen, dass wir in diesem Schwerpunkt "Standortbestimmungen" Widersprüchliches bringen. Das ist Absicht und soll zur Diskussion reizen. Also: Stellungnahmen, Kritiken, Zustimmungen, Erweiterungen - immer munter hergeschickt! Wir halten für diesen Schwerpunkt in den nächsten Heften jeweils einige Seiten frei. Der dritte Schwerpunkt soll die inhaltliche Ausrichtung der KKE hier bei uns in Deutschland bekannt machen und zum Vergleich mit einheimischen Gruppierungen anregen.

Anfang März erreichte uns eine traurige Nachricht: Hanfried Müller ist gestorben. Er war, gemeinsam mit seiner Frau, Rosemarie Müller-Streisand, der Kopf der "Weißenseer Blätter", einer Zeitschrift, die für viele Kommunisten in der finstersten Zeit der Konterrevolution ein wichtiger Leuchtturm war. Er war uns in Vielem Vorbild. Kurt Gossweilers "Gedenken an Hanfried Müller" drücken dies aus.

Was das im vorigen Heft angesprochene mögliche Hilfsprojekt für Gaza betrifft: Es gibt leider noch immer einige kleine Haken und Ösen. Wir sind aber optimistisch, die Probleme, die im wesentlichen technischer Natur sind, lösen zu können. Deshalb bitten wir Euch weiterhin um Mithilfe: Lagermöglichkeiten im Raum Bremen gesucht! Medikamente gesucht! Geldspenden gesucht!

Nun sind wir beim Thema Finanzen. Es sieht in diesem Jahr nicht sehr gut aus - jedenfalls bisher nicht. Die Spenden fließen zögerlicher als sonst. Pate für die jungen Leute vom Fernstudium werden (um einzelne Auslands-Delegationsreisen zu ermöglichen), indem man sich verpflichtet, drei Monate lang mindestens 10,- € pro Monat zu geben, wollte bisher niemand! Stabil ist einzig unser Freundeskreis. Diese Entwicklung bereitet uns Sorge. Wir bitten Euch um Hilfe.

Spendenkonto Offensiv:
Inland: Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49, Bankidentifikation (BIC): SPKHDE2HXXX; Kennwort: "Offensiv".

Redaktion Offensiv, Hannover

Raute

WEDWEDEW LOBT GORBATSCHOW

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Raute

DER POLITISCHE ISLAM

Interview mit Mohamed Hassan: Wie kann der Erfolg der Hamas erklärt werden?

Interview mit Mohamed Hassan, die Fragen stellten Grégoire Lalieu und Michel Collon(1).

Für viele Medien scheint der Fall klar: die Hamas ist terroristisch, fundamentalistisch und fanatisch. Dennoch hat die Bewegung die letzten Wahlen gewonnen und ihre Popularität unter den Palästinensern wächst. Warum? Wir richteten die Frage an Mohamed Hassan, Mitautor von "Irak - Aug-in-Aug mit der Okkupation", und einer der besten Experten für den Mittleren und Nahen Osten.


Was ist die Hamas wirklich?

Die Hamas ist eine politische Bewegung, die aus der Muslimbruderschaft kommt, einer der ältesten politischen Bewegungen in Ägypten. Das Wort "hamas" bedeutet Erwachen, Ausbruch. Sie ist eine islamisch-nationalistische Bewegung, die man mit der irischen katholisch-nationalistischen Bewegung vergleichen könnte. Im Jahr 1916 hat sich die Irische Republikanische Armee (IRA) gegen die koloniale britische Okkupation entwickelt. Da die Iren Katholiken und die britischen Siedler Protestanten waren, haben die Okkupanten versucht, einen religiösen Konflikt zu konstruieren. Denn die Religion kann instrumentalisiert werden, um Menschen für eine Sache zu mobilisieren.

In welchem historischen Kontext ist der Aufstieg der Hamas zu erklären?

Um dies zu verstehen, müssen wir einen Blick auf mehrere Ereignisse werfen. Das erste ist der Sechs-Tage-Krieg, der den Nasserismus 1967 diskreditiert hat. Nasser war ein ägyptischer Präsident, der eine arabische Revolution für Unabhängigkeit und Entwicklung propagierte. Als Israel ihm eine schwere Niederlage zufügte, ging seiner Ideologie die Luft aus. Nach seinem Tod standen Ägypten und Israel mit dem Krieg im Oktober 1973 abermals in Konflikt. Ägypten und Syrien wollten jene Territorien zurückgewinnen, die unter israelische Okkupation standen. Am Ende unterzeichneten Ägypten und Israel ein Übereinkommen, doch dadurch entstand eine Spaltung in der arabischen Welt, nämlich zwischen den Ländern, welche die israelischen Bedingungen akzeptieren wollten, und jenen, die Widerstand leisten wollten, wie Syrien, Algerien oder der Irak. Natürlich war die Palästinafrage in diesen Konflikten entscheidend und der Widerstand gegen Israel führte zur Formierung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Diese Organisation wurde geschaffen, um die verschiedenen Widerstandsbewegungen zu sammeln und ihre Anstrengungen im Kampf gegen Israel zu verbinden. Bevor den Verhandlungen mit dieser Organisation rund um das Oslo-Abkommen klassifizierte Israel sie als terroristische Organisationen und fügte ihr einige Niederlagen zu, die den Aufstieg der Hamas erklären können.

Die erste wichtige Niederlage war der Schwarze September 1970. Die PLO hatte ihr Hauptquartier in Jordanien, wo König Hussein einen Deal mit Israel machte, um den palästinensischen Aufstand brutal niederzuschlagen. Die PLO war gezwungen, nach Beirut zu fliehen. Die zweite wichtige Niederlage kam 1982. Israel griff den Libanon an, die meisten PLO-Kämpfer mussten weit weg von den palästinensischen Gebieten ziehen und das neue Hauptquartier der Organisation wurde in Tunis eingerichtet.

In diesem engeren Kontext kommt es 1987 zur Ersten Intifada, einem Volksaufstand als Reaktion auf die israelische Okkupation, der in Gaza seinen Ausgang nahm und dann ganz Palästina ergriff. Wie ich sagte, war die PLO sehr weit weg. Die Hamas hingegen befand sich in Palästina und nahm an der Intifada teil. Dies markiert den Aufstieg der Hamas, der in den Gefängnissen begann. Gefängnisse wurden üblicherweise als Orte der Bestrafung angesehen. Aber seit die Kämpfer der Intifada eingesperrt wurden, hat sich das geändert. Denn in den Gefängnissen begann die Hamas mit ihren Rekrutierungen und mit der Organisationsentwicklung. Mit der Intifada rückte die Hamas in das palästinensische, israelische und internationale öffentliche Interesse.

Wie hat die PLO auf die Intifada reagiert?

Mit der Intifada wurde die PLO in zwei Flügel gespalten: in den stärkeren, der den Widerstand fortsetzen wollte, und jenen, der einen Deal aushandeln wollte. Die Letzteren versteckten sich und hatten nicht den Mut, ihre Meinung zu verteidigen, bis zum Oslo-Abkommen, das sie stärker machte. Arafat war ein Taktiker und nach dem Ende der Intifada, um die PLO wieder nach Palästina zu bringen, nützte er die unterschiedlichen Linien in den palästinensischen Reaktionen.

Welche Linien waren dies?

Zunächst hat man diejenigen, die den Kampf gegen Israel ohne Konzessionen fortsetzen wollten. Arafat musste diese marginalisieren, um etwas zu erreichen. Dann hat man diejenigen, die kapitulieren wollten - und diese führen heute die palästinensische Regierung. Und zuletzt gibt es die kleine Bourgeoisie, die für ihre eigenen Profite verhandeln wollte. Arafat benütze sie, um zu erreichen, was er wollte, und das führte uns zum Oslo-Abkommen (1993). Dieses erlaubte der PLO die Rückkehr nach Palästina, aber abgesehen davon, war es eine große Niederlage. Die Palästinenser akzeptierten es, lediglich 22% ihres ganzen Landes zu erhalten. Es gibt in der Geschichte ansonsten kein einziges Verhandlungsergebnis, bei dem jemand nur 22% von dem zugesprochen bekam, was er verlangt hatte. Die PLO wurde nicht mehr als Terrororganisation eingestuft und sie gewann die Anerkennung durch Israel; aber es gelang ihr nicht, die Situation im Gazastreifen und im Westjordanland wirklich zu verbessern. Im Abkommen war nichts erwähnt, was sich auf den Stopp der israelischen Kolonisierung bezog. Diese Tatsache diskreditierte die Palästinenserbehörde in den Augen der Bevölkerung und sie erklärt den Erfolg der Hamas als Widerstandsbewegung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Palästinenserbehörde, die Geld vom Westen erhielt, korrumpiert wurde. Die Hamas hingegen hat dieses Problem nicht. Diese Organisation erhält hauptsächlich durch ein Spendensystem Geld. Und es gibt keine Indizien, dass sie das Geld in ihre eigenen Taschen stecken würden. Wenn sie die Behörde für ihre Korruption kritisieren, behandeln sie dieses Problem sehr umsichtig.

Wie können Sie den Erfolg der Hamas erklären?

Drei Faktoren erklären den Erfolg der Hamas. Zuerst die Beibehaltung des Widerstandes und die Ablehnung der aufgedrängten Lösung, was dem Willen der Bevölkerung entspricht. Der zweite Punkt ist, dass die Hamas möchte, dass die Flüchtlinge von 1948 und 1967 zurückkommen. 1948, nach der Schaffung des Staates Israel, wurden viele Palästinenser vertrieben. 1967, um den Sechs-Tage-Krieg, flohen ca. 300.000 Flüchtlinge nach Jordanien. Heute gibt es mehr als sechs Millionen Flüchtlinge, die nicht das Recht haben, wieder auf bzw. in ihr Land zurückzukehren. Auf der anderen Seite heißt Israel als jüdischer Staat jeden Juden von überall willkommen, sei es aus Spanien, Russland oder Äthiopien - Menschen, die niemals zuvor in Palästina gesehen wurden. Die Frage der Flüchtlinge ist ein wichtiges Element der palästinensischen Bedürfnisse, das die Hamas vertritt.

Der letzte Punkt, der zum Erfolg der Hamas beiträgt, ist die Beseitigung jener Elemente, korrupte Menschen, in der palästinensischen Gemeinschaft, die durch Israel benutzt wurden, um Informationen zu liefern. Einige wenige davon wurden physisch eliminiert, aber die meisten von ihnen - kriminelle Leute, Alkoholiker oder Drogendealer - wurden durch das Sozialprogramm der Hamas wieder integriert. Die Informationen zirkulieren daher nicht mehr, was sehr wichtig ist. Israel hatte eine korrupte Gesellschaft geschaffen, in der jeder gegen jeden war, und sie nutzten dies aus, um ein Informationsnetzwerk aufzubauen und die Kontrolle über den palästinensischen Widerstand auszuüben. Dies ist eine typisch koloniale Mentalität, wie sie auch die Briten in Nordirland angewendet haben. Nichts Neues. Aber die Hamas hat dieses Netzwerk zerschlagen und das ist ein großer Erfolg gegen Israel.

Manche Menschen sagen, Israel hätte absichtlich den Aufstieg der Hamas begünstigt. Stimmt das?

Absolut nicht. Es gibt keinen Hinweis darauf. Israel tolerierte die Hamas, in der Hoffnung auf innerpalästinensische Konflikte. Sie wollten die PLO und die Fatah schwächen. Aber sie haben nicht erwartet, dass sich die Qualität, die Fähigkeit und die Organisation der Hamas in dieser Weise entwickeln würden. Jede Kolonialmacht vermutet in ihren Subjekten naive Kinder.

Wie konnte eine islamistische Bewegung so populär werden in Palästina?

Unter den Bedingungen der Okkupation im Gazastreifen und der palästinensischen Gebiete existiert keine Möglichkeit für die Palästinenser, offen zu diskutieren oder eine Vision über ihre Zukunft zu erlangen - außer in der Moschee oder an der Universität. Am ersten Ort war die Hamas natürlich schon aktiv. Aber sie begann dann, wie jede politische Gruppierung, auch in den Studierendenorganisationen aktiv zu sein und dominant zu werden. Der Markt ist offen für jede Partei. Hamas rekrutierte brillante junge Studenten, die aufgrund ihres Tätigkeitsbereiches und ihrer Ehrlichkeit in der Gesellschaft hoch angesehen waren. Es war für die Gruppierung leicht, sie zu überzeugen, denn beide Seiten wollten den Widerstand. Das ist kein großes Geheimnis. Die Hamas sprach aus, was aus dem Herzen der Bevölkerung kam. Mit den kämpferischsten, intelligentesten und höchstgebildeten Elementen der Gesellschaft wurde die Hamas eine große Organisation.

Wie reagierte die Palästinenserbehörde auf die Entwicklung der Hamas?

Die Behörden waren in Korruption und viele Skandale involviert. Sogar palästinensische Journalisten haben das beklagt. Arafat war eine Art Vermittler zwischen den verschiedenen Fraktionen und als er starb, wurde der Gegensatz zwischen der Hamas und der Fatah ein antagonistischer. Israel schlug aus diesen Unstimmigkeiten Kapital und schaffte es, die Fatah zu nützen, um die Popularität der Hamas in politischer Hinsicht zu beschneiden. Sie glaubten, die Hamas würde es ablehnen, an den Wahlen teilzunehmen, weshalb diese rasch organisiert wurden. Alle waren überrascht, dass die Hamas teilnahm, aber niemandem bereitete dies wirkliche Sorgen, denn man dachte, die Hamas würde mit sehr limitierten, dogmatischen Denkmodellen antreten und daher der Mehrheitspartei unterliegen. Entgegen diesen Erwartungen schuf die Hamas ein Bündnis und präsentierte ein flexibles Selbstbild, das weit entfernt von einer fundamentalistischen Organisation war. Tatsächlich wünschen sie sich einen islamischen Staat, aber die Realität ist anders.

Wird die Hamas in Palästina ein islamisches Regime errichten oder nicht?

Nun, ein islamisches Regime ist das Maximalprogramm der Hamas, aber sie konnte es nicht anwenden, denn in der Basis ist die Organisation auf einer patriotischen Bewegung aufgebaut. Wir müssen die Tatsache bedenken, dass während dem brutalen israelischen Krieg im Gazastreifen nicht nur die Hamas kämpfte, sondern alle patriotischen Kräfte des Gebietes, inklusive der Fatah. Diese Aggression hat das palästinensische Volk geeint.

Kann sich die Hamas in eine progressivere Bewegung verwandeln, im Bündnis mit anderen Bewegungen?

Ja, das kann sie, nämlich aufgrund der israelischen Aggression. Die Idee, dass die Hamas eine Gesellschaft auf Basis eines islamischen Produktionsmusters erschaffen wird, ist eine Illusion. In vielen Dingen wirkt die Hamas wie die Hisbollah, die sagt: "Der Libanon ist ein Land mit großer Diversität. Wir repräsentieren nur einen Teil davon und unser Ziel ist es, mit allen libanesischen Progressiven eine unabhängige Nationalökonomie aufzubauen." Schließlich würde ich die Aufmerksamkeit auch darauf lenken, dass niemand die Frage des islamischen Staates bezüglich anderer Länder wie z.B. Saudi-Arabien stellt.

Wie ist das sozialökonomische Programm der Hamas beschaffen?

Ihr Projekt ist eine kapitalistische Ökonomie mit bedeutender Staatsintervention. Lassen Sie mich anmerken, dass heutzutage selbst europäische Konservative Staatsinterventionen wollen. Wenn Sie sich den Iran ansehen, dann ist das ein islamischer Staat, wo Sie Staatsinterventionen haben. Aber dort lehnt man die Dominierung von außen ab und möchte den durch das Öl begründeten Wohlstand verteilen. Über die Hamas muss man wissen, dass es keineswegs vorrangig ihr Sozialprogramm ist, das die Palästinenser verführt hat, sondern es ist die Tatsache, dass diese Bewegung den Widerstand verkörpert. Und gegenwärtig ist der Widerstand für die Palästinenser das Wichtigste.

Wie sieht nach der Vorstellung der Hamas die Rolle der Frau aus?

Die Vorstellung der Frau ist seitens der Hamas am Papier einerseits und in der Realität andererseits unterschiedlich. Lassen Sie mich das erklären. In Palästina ist die Situation äußerst schwierig. Die Frauen müssen arbeiten, um ihr eigenes Brot zu verdienen und ihre Kinder aufzuziehen. Die Hamas könnte den Frauen niemals verbieten, arbeiten zu gehen, und sie zwingen, zu Hause zu bleiben. Abgesehen von wenigen reichen Ölstaaten denkt niemand so in der arabischen Welt. Wie könnte die Hamas mehr als 50% der aktivsten Teile der palästinensischen Gemeinschaft außerhalb der Gesellschaft stellen? Tatsächlich ist es so, dass einige Leute im Westen glauben, dass die Frauen als passive Subjekte kontrolliert werden könnten, und denken, sie hätten kein eigenes Gehirn. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede zwischen der arabischen Welt und dem Westen. Diese Unterschiede werden aufgrund einiger Klischees nicht gut verstanden. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. In westlichen Buchgeschäften gibt es hunderte von Magazinen mit nackten Frauen, blond und mit großen Brüsten... - niemand sagt, dass dies empörend ist und dass die Titelseiten nicht mit derartigen Überlegungen geplant werden sollten. Aber wenn jemand eine Frau mit Kopftuch sieht, dann spricht er über Unterdrückung. Es gibt eine gewisse Art von Doppelmoral im Westen. In Indonesien zum Beispiel regiert ein Regime, das 1965 nach einem Putsch installiert wurde, der durch ein Massaker an einer Million Kommunisten gekennzeichnet war. Die meisten Frauen tragen nun Kopftücher. Doch niemand spricht darüber, denn dieses Land produziert Öl und ist mit dem Westen verbündet.

Warum wird die Hamas in Europa abgelehnt?

Der Islam wird nicht gut aufgenommen in Europa, das sich selbst mit dem Christentum identifiziert. Es gibt eine regelrechte Ablehnung des islamischen Beitrages zur Entwicklung der westlichen Zivilisation. Daher wird die Hamas, als eine islamische Gruppe, nicht geachtet. Aber warum hat jemand, der gegen den Zionismus ist, ein Problem mit der Hamas? Und warum hat dieselbe Person, die die irische Sache unterstützt, kein Problem mit einer katholischen Organisation? Der kulturelle Unterschied erklärt das und wir können dieses Phänomen beobachten. Ich bin gerade zurück aus Ägypten und ich konnte feststellen, dass man, wenn man das Mittelmeer überquert, die Welt und ihre Sichtweisen wechselt. Ich mache dafür nicht die Europäer verantwortlich. Sie sind durch ihre Erziehung und ihre Medienpropaganda geprägt. Wir befinden uns in einem System, wo wir immer einige Feinde identifizieren müssen, um unsere Existenz zu rechtfertigen. Ich denke, wir müssen die Dinge immer in der jeweiligen Perspektive sehen.

Für mich als Marxist, der in einem westlichen Land lebt, bestehen natürlich einige Widersprüche gegenüber der Hamas und der Hisbollah. Ich bedauere es, dass der Widerstand durch eine Bewegung geführt wird, die ihre Inspiration aus dem Islam nimmt, aber das ist eben so. Und für den Moment sind diese Widersprüche zweitrangig. Auf der anderen Seite stehe ich in vollem Gegensatz zu Leuten wie Abbas oder Mubarak, die Laizisten sind, aber den USA dienen. Ich lese die Nachrichten in arabischer Sprache, ich kenne die Situation dort und ich sehe die Widersprüche von einem anderen Blickpunkt aus als die europäische Linke.

Warum unterstützt die europäische Linke nicht (offen) den palästinensischen Widerstand?

Das Problem mit der europäischen Linke ist, dass sie es ablehnt eine breite Allianz gegen den Imperialismus zu schaffen, wegen der Hamas, wegen der Frauen mit Kopftuch und aufgrund aller möglichen Vorwände. In Wirklichkeit akzeptieren sie es damit, in die große Allianz des Christentums gegen den Islam involviert zu werden. Sie geraten in den "Zivilisationskrieg", den nordamerikanische Ideologen in Bewegung gesetzt haben. Sie sind mehr beeinflusst, als sie glauben. Warum ist die europäische Linke nicht aufgestanden, als die christlichen Falangisten im Libanon gewütet haben? Ich für meinen Teil, als Laizist, habe den irischen Widerstand gegen die britische Okkupation unterstützt und wenn diese Iren Katholiken sind, dann stört es mich nicht. Tatsächlich ist das Problem mit den Europäern, dass sie in einer Zivilisation erzogen wurden, die Vorurteile gegen die Juden und die Muslime hat.

Warum ist die palästinensische Frage so bedeutend für die USA?

Palästina nimmt bloß sehr wenig Raum ein und wurde doch zu einem der am meisten umkämpften Teile der Welt - aus zwei Gründen. Zunächst muss der Siedlerstaat, der geschaffen wurde, durch imperialistische Mächte, die USA und Großbritannien, verteidigt werden, auf dass er das dominierende Element im Nahen und Mittleren Osten darstellt. Dies ist eine Methode, die revolutionär-demokratische Bewegung in der Region niederzuhalten. Wenn man den Kampf der Palästinenser für ihre Sache niederschlägt, so verhindert man ein Bündnis der arabischen Welt mit allen Widerstandslinien im Irak, im Libanon etc. - Zur Zeit des Schah-Regimes hatte der Iran diese Rolle als regionale Polizei ausgeübt. Die USA hatten eine Militärdiktatur installiert, das ihren Interessen in der Region dienen sollte. Nach dem Iran ist es nun Israel. Eines der anschaulichsten Beispiele dieser Praxis ist die Revolution im Nordjemen in den 60er Jahren. Einige Funktionsträger, die mit der Unterstützung Ägyptens eine demokratische Republik im Nordjemen errichten sollten, führten einen Staatsstreich. Der Scheich, der den Jemen regierte, floh nach Saudi-Arabien. Die Briten organisierten Truppen gegen die Republik, um die arabisch-nationalistische Bewegung niederzuschlagen, und Soldaten, ausgebildet durch Israel, wurden in den Kampf gegen die Befreiungskräfte geschickt. Israel war oder ist ebenso involviert in Militäroperationen in El Salvador, Sri Lanka, Kolumbien etc. - Tatsächlich ist so, dass überall, wo die USA involviert sind, auch Israel involviert ist.

Der zweite Grund ist die Bedeutung Jerusalems als heilige Stadt. Es handelt sich um den zweitwichtigsten Ort für den Islam. Daher hat dieser Punkt alle Muslime der Welt mobilisiert. Jerusalem ist auch für die christlichen Palästinenser wichtig. Israel wird die Stadt nicht aufgeben, dies würde als ein Sieg für die Palästinenser und den Islam aufgefasst werden. Und natürlich ist Jerusalem ein strategischer Punkt, an der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland. Daher ist die Frage dieser Stadt ein bedeutendes Element bezüglich der fortlaufenden Expansion Israels. Faktum ist, dass dieser Staat keine definierten Grenzen hat. Er hat auch nicht einmal eine Verfassung, weshalb es die Möglichkeit gibt, mit der Expansion fortzufahren.

Was war die Botschaft, die Israel durch das Massaker im Gazastreifen vermitteln wollte?

Die Botschaft lautet: "Israel wird für immer hier sein, auch mit Nuklearwaffen. Wir können euch aufzwingen, was wir wollen."

Wird das funktionieren?

Nein, denn auf der anderen Seite gibt es Kämpfer mit der Fähigkeit zur Aufopferung - etwas, das die Israelis verloren haben. Mit diesem Angriff hat Israel keines seiner Ziele erreicht. Und die Hamas geht aus dem Konflikt gestärkt hervor. Selbst im Westjordanland sagen die Menschen, dass, wenn jetzt Wahlen wären, sie für die Hamas stimmen würden. Tatsache ist, dass derjenige, der Widerstand leistet, immer gewinnt.

Die Hamas wird als terroristische und fundamentalistische Bewegung gezeigt, aber soziologisch betrachtet: welcher Typ von politischen Führern und Aktivisten bildet die Hamas?

M.H. Was man zum Verständnis voraussetzen muss, ist, dass Gaza ein normales Gebiet ist, bewohnt von normalen Menschen... Aber in einer neuen Spielart des Kolonialismus erlaubt Israel der Palästinensischen Wirtschaft keine Entwicklung, weil diese eine echte Gefahr für Israel bedeuten würde. In Gaza gibt es z. B. eine solide Grundlage für traditionelles Handwerk, Arafat hat deshalb dem Europäischen Parlament vorhalten können: "Wenn ihr uns Hilfe gebt, können wir unser Land zu einem neuen Singapur entwickeln, wenn nicht werden wir auf dem Niveau von Somalia sein." Israel hat Angst vor der Entwicklung, deshalb unterdrücken sie die Palästinensische Wirtschaft, um das eigenen Monopol halten zu können. Gaza ist eine städtische Gesellschaft mit sehr engagierten Menschen: Intellektuellen, Angestellten, Kleinbürgern, Frauenverbänden, Geschäftsleuten tätig im Import/Export and so on... Es gibt auch Bauern, aber nur in sehr geringer Anzahl. Gaza ist eines der am dichtest besiedelten Gebiete in der Welt, so dass es nicht sehr viel Land zur Nutzung gibt. Alle diese bilden die Hamas als patriotische islamische Bewegung.

So, die Hamas ist aus allen Klassen und Gruppen der palästinensischen Gesellschaft zusammengesetzt. Führt das nicht zu Gegensätzen innerhalb der Bewegung?

Natürlich ist die Hamas nicht perfekt homogen, aber gegenwärtig vereint die Hamas alle Bevölkerungsgruppen im Widerstand. Und der wichtigste Widerspruch innerhalb der Bewegung ist der, ob man mehr oder weniger radikal im Kampf sein soll. Ich weiß natürlich, dass einige Europäer sich wünschen, dass der Widerstandskampf von einer fortschrittlicheren Bewegung geleitet werden sollte, aber die Geschichte ist keine exakte Wissenschaft: Lassen sie mich als Vergleich Indonesien heranziehen. Die erste antikoloniale Bewegung war "Sarakat al Islam", eine islamische nationalistische Bewegung, die 1920 gegründet wurde um gegen die Holländische Besetzung zu kämpfen. In diese Situation wurde ein holländischer Kommunist, Henk Sneevliet von Lenin nach Indonesien entsandt. Dieser fand eine junge islamische Bewegung vor und musste nun entscheiden, was zu tun sei. Er entschied sich mit ihnen gemeinsam zu arbeiten, machte dies sehr klug und geduldig und brachte die Bewegung auf den Weg zu einer Kommunistischen Bewegung, die schließlich die Kommunistische Partei Indonesiens, die zweitgrößte Partei in Asien wurde. Geduld ist unerlässlich in der Politik.

Gibt es Kommunisten in Palästina und wäre ein Bündnis, wie es die Hisbollah mit den Kommunisten im Libanon 2006 eingegangen ist, denkbar?

In Palästina und in anderen muslimischen Ländern brauchst du Kommunisten wie den erwähnten Holländer mit unendlicher Geduld, mit Zukunftsvorstellungen und Eigenständigkeit, die die Ideen taktisch an Hand der vorhandenen Gegebenheiten entwickeln. Es braucht keine - wie ich sie nenne - FAX-Kommunisten, die ihre Weisungen von außen geben. Alle erfolgreichen Revolutionen waren bisher hausgemacht. Aber manche arabische Kommunisten sind wie Radieschen: rot außen, weiß innen. Jeder arabische Kommunist muss seine Aufgabe auf der Grundlage der Eigenheiten seines Landes bewältigen. In Palästina muss man die demokratischsten Teile der Gesellschaft, die gegen die Besatzung kämpfen wollen, finden. Wenn es die Hamas ist, dann muss man eng mit ihr zusammenarbeiten. Wissen Sie ich kann in meiner Familie in Widersprüche mit meiner Frau, meiner Tochter, meinem Sohn, meinem Hund und meiner Katze verwickelt sein, aber alle diese Gegensätze sind innerhalb der Familie und die Probleme müssen durch Diskussionen und Verhandlungen bereinigt werden. Wenn aber jemand eine Schusswaffe gegen mich richtet, das würde doch der Hauptwiderspruch sein! Palästinensische Kommunisten müssen zuerst klären, wer ihre Verbündeten und wer ihre Feinde sind. Sie haben Widersprüche zur Hamas und anderen Parteien und Vereinigungen. Sie haben das innerhalb der "Familie" zu klären, denn das ist zweitrangig, wenn man die Probleme, die sie mit Israel haben, vergleicht.

Sie haben die Ähnlichkeit zwischen Hamas und IRA, die Irische Republikanische Armee, die für die totale Unabhängigkeit Irlands kämpft, erwähnt Allerdings hat die IRA nie versucht einen religiösen Staat zu errichten. Kann das nicht der Punkt sein, der die fortschrittlichen Kräfte in Europa daran hindert die Hamas zu unterstützen?

Ich hab von der islamischen Bewegung in Indonesien erzählt, deren Maximalprogramm es war, die Holländer aus dem Land zu werfen und einen islamischen Staat zu errichten, aber die Bewegung änderte sich selbst und wurde später zur Kommunistischen Partei Indonesiens. Wie wird sich die Hamas entwickeln? Es gibt keine Kristallkugel, die uns das voraussagen kann und auch die Geschichtswissenschaft ist - wie ich schon sagte - keine exakte Wissenschaft. Die Hamas hat ein Maximalprogramm, aber heute ist ihr Hauptanliegen der Widerstand gegen den zionistischen Staat. In Zukunft ist eine Kombination von Faktoren wie der Einfluss neuer Ideen und eine neue Führung möglich, die die Hamas auf den Weg des demokratisch-revolutionären Weg bringen. Tatsache ist halt, dass die fortschrittlichen Kräfte in Europa, die den Kampf der Palästinenser unterstützen wollen, vollständige Garantien haben wollen, dass alles in Butter sein wird. Aber nie gibt es vollständige Garantien. Wer hätte die Degeneration der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), die die erste sozialistische Revolution in einem Land zum Erfolg brachte und alle antikolonialen Bewegungen auf der Welt unterstützte, vorausgesagt? Es hat auch niemand erwartet, dass Arafat die Osloer Verträge auf diese spezielle Art aushandeln würde. Nun, da sind wir: Hamas ist der Widerstand. Ich unterstütze die Hamas nicht in ihrer Frauenpolitik, in ihrem sozialökonomischen Programm oder in ihren fatalistischen Ideen. Ich unterstütze sie für ihren Hauptprogrammpunkt: den patriotischen Widerstandskampf in diesem Gebiet. Und wer kann sagen, was in naher Zukunft sein wird? Es gibt selbst islamische Bewegungen, die pro-imperialistische Agenten wurden wie in Afghanistan oder Saudiarabien. Warum stets nur nach der Hamas fragen?

Amnesty International verurteilte die Hamas für die Eliminierung von Gegnern innerhalb der Palästinensischen Gesellschaft nach dem Krieg. Was können sie uns darüber sagen?

Sicher, in jedem Krieg gibt es Unfälle und Exzesse. Aber es gibt auch ein großes Problem: das Einschleusen von Spionen. Israel greift die Palästinenser nicht nur von außen mit Waffengewalt an, mit Bomben und so weiter, sondern sie bekämpfen auch von innen indem sie innere Feinde hervorbringen. Gemeinsam mit Ägypten und Jordanien hat Israel ein sehr ausgeklügeltes System eines Geheimdienstes aufgebaut. Mit dessen Hilfe soll der Palästinensische Widerstand und die Hamas gebrochen werden. Mit all dem zur Verfügung stehendem Geld können natürlich auch Verräter gekauft werden. Die telefonieren mit Handys mit Stellen in Ägypten oder Jordanien, von wo die Informationen dann weiter nach Israel geleitet werden. Israel will die Führung der Hamas vernichten um die gesamte Bewegung zu zerschlagen, daher muss das israelische Militär Informationen darüber haben, welche Gebäude es bombardieren muss. Etwas wichtiges, was zum Verständnis dieser Dinge dient: Der erste Angriff Israels war der auf die Polizeistation Gazas zu einem ganz speziellen Zeitpunkt - zur Mannschaftsablöse, also wenn die meisten Polizisten auf der Station sind. Wie konnte das Israel wissen? Durch seine Spione. Das ist ein Krieg, keine Party! Die Hamas muss sich verteidigen.

Warum hat die Hamas seit kurzem die Verteilung der UNO-Hilfsgüter übernommen?

Ich glaube das war sehr klug von der Hamas das zu tun. Durch die UNRWA und nur durch sie konnten Lebensmittel und andere Hilfsgüter nach Gaza gebracht werden und Israel konnte aus diesen Lieferungen taktisch notwendige Informationen ziehen. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass der Krieg durch Israel am 27. Dezember begonnen wurde - auf der Information des Geheimdienstes basierend, dass nicht viel Lebensmittel in Gaza vorhanden waren. So ging Israel vor: Zuerst wurden die Übergänge geschlossen, so dass gesichert war, dass keine Lebensmittel und andere Hilfsgüter mehr nach Gaza gelangen können, dann griff die Armee an, weil sie wusste, dass die Palästinenser nur Vorräte für zehn Tage hatten und erwartet werden konnte, dass sie nicht länger durchhalten würden. Tsahal, die israelischen Streitkräfte, ließen die UN-Depots bombardieren aus der Erwägung, dass die Bevölkerung sich ohne Nahrungsmittel gegen die Hamas wenden würde. Aber auch nach dem zwölftem Tag dauerte der Widerstandskampf an und Israel stoppte die Bombardierung der UN-Depots. Ich glaube das die Hamas in Zukunft es nicht mehr zulassen wird, dass Nahrungsmittel durch israelische Bombardierungen verbrennen. Deshalb wurde die Verteilung der Hilfsgüter nun von der Hamas selbst übernommen.

Warum feuert die Hamas noch immer Raketen, obwohl Israel das für seine Kriegspropaganda nutzt und es zur weiteren Unterdrückung der Palästinensischen Bevölkerung führt? Sind die Kassamraketen sinnvoll?

Für eine Ratte ist das gefährlichste Tier die Katze - sie schert sich nicht um Löwe oder Flusspferd. Und für die Katze ist das delikateste Futter die Ratte. Das ist das Niveau auf der die Logik der Kassamraketen sich befindet. Die Kassamraketen sind Verletzungen des Embargos und Zeichen der Ablehnung der Ghettosituation der Palästinensischen Bevölkerung. Es ist eine Botschaft die diese unterdrückten Menschen schicken: "Wir sind immer noch am Leben und wir werden unseren Widerstand fortsetzen." Und es ist auch ein Bescheid an die Israelischen Bürger, die glauben das die Armee und die Regierung ihre Sicherheit garantieren können. Nach 60 Jahren die Sicherheit ihres Staates ist nicht garantiert. Eine immer größere Anzahl von Bürgern verlassen den Staat Israel, so dass die Regierung eine demografische Krise absehen kann. Deshalb auch die großen Kriegsattacken gegen die Hamas. Um genügend jüdische Bewohner Israels zu haben und diese angedrohte Krise lösen zu können, wird um Ansiedler geworben, sogar in den Bergen Perus. Die Peruaner werden zum Judentum "bekehrt" und bilden schließlich in Israel an den Grenzen als Neue Siedler mit Haus und Waffen die Frontlinie gegen den Feind. Tatsache ist, dass nahezu jeder in Israel leben darf - es sei denn er sei Palästinenser!

Mohamed Hassan, die Fragen stellten Grégoire Lalieu und Michel Collon, Übersetzung: Kommunistische Initiative Österreich


Anmerkung
(1)Quelle: www.michelcollon.info, Brüssel, 10. Februar 2009; Übersetzung und deutschsprachliche Erstveröffentlichung: Kommunistische Initiative Österreich, Wien, 24. Februar 2009; wir danken für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks

Raute

Franz Siklosi: Probleme kommunistischen Handelns innerhalb neoliberaler Hegemonie

Praktisches kommunistisches Handeln setzt die absolute Aneignung marxistischer Theorie voraus. Nur durch die nicht trennbare Einheit von Theorie und Praxis wird kommunistische Politik erst machbar. Dieser allgemeine Grundsatz ist nach 1989 in der Versenkung verschwunden. Heutzutage gilt es als verdächtigt, sich zum "orthodoxen" Marxismus zu bekennen. Man wird schnell in als jemand hingestellt, der nicht einsehen will, dass der Sozialismus schlimmer als das so genannte 3. Reich war. Marx als Theoretiker ohne praktischen Wert wird noch als Diskurs akzeptiert, aber Lenin ist schon ein Verbrecher und Stalin.... Jedenfalls besteht die Hauptaufgabe für jeden "Orthodoxen" darin, das marxistische Erbe nicht zu verwässern und diesen Schatz durch alle Stürme des Imperialismus als unbeirrbaren Kompass zu benutzen, der uns in eine bessere Welt lotsen wird.

Innerhalb des Offensiv wird entschieden für die "Orthodoxie" Partei ergriffen. Aus den vielen Beiträgen ergibt sich ein genaues Bild, um welche marxistischen Bausteine gestritten wird. Und es zeigt sich genau, das die richtige Einsicht die Trennlinie zwischen Marxisten und "Modernisierer" ausmacht. Folgende Probleme können ausgemacht werden:

Die politische Ökonomie. Hier gibt es eine klare Trennlinie zwischen den Beibehaltern eines Marktes, der abstrakten Arbeit, der Ausbeutung, des Geldes, des Privateigentums an den Produktionsmittel und der Ausbeuterklassen und den Personen, die wenigstens in Ansätzen das Ziel Kommunismus mit den tageswirtschaftlichen Gegebenheiten im Sozialismus verbinden. Die Lösung ist einfach - weg von der abstrakten Arbeit - aber schon das theoretische Erfassen dieses Weges scheint unsagbar schwer.

Ein weiteres Problem ist der Verlust der Hegemonie des marxistischen Diskurses. Seit beginn der Siebziger hat sich die bürgerliche politische Begrifflichkeit als hegemoniale Denkweise in den Köpfen der Menschen ideologisiert. Wer sich nicht artikulieren kann, wehrt sich nicht! Den bürgerlichen Denkfabriken ist es gelungen, die konkreten Begriffe von ihrem Gegenstand zu entkoppeln und durch Scheinbegriffe zu ersetzen, aus denen sich kein praktisch politisches Handeln ableiten lässt. Alles wurde psychologisiert. Auch in der Offensiv wird der Kampf um die richtigen Begriffe ausgefochten. Zuletzt in der Einschätzung des Parteiprogramms des DKP, wo bürgerliche Kampfbegriffe neben klaren marxistischen Positionen stehen. Ein Gemischtwarenladen, der das Fleisch Imperialismus mit der Soße Globalisierung ungenießbar macht.

Über das dritte Problem möchte ich mich etwas ausführlicher einlassen. Es geht um konkretes Handeln - sprich: mit welchen Bündnispartnern sollten Kommunisten gegen die Imperialisten kämpfen. Zur Wahrheitsfindung ist erst einmal ein Diskurs über den dialektischen und historischen Materialismus angesagt, damit die Schlussfolgerungen logisch abgeleitet werden können.

Das Bürgertum setzte seine Emanzipation gegen den Feudaladel und die Kirche durch. Zu dieser Zeit war das Bürgertum fortschrittlich in Denken und Handeln. Mit der Etablierung seiner politischen und ökonomischen Macht entstand das Proletariat als Gegensatz. Die ehemalige feudale Ausbeutung verwandelte sich in ein neues gesellschaftliches Verhältnis - Kapitalismus. Die Folgen für das Fortschreiten der Emanzipation wurden katastrophal - bis heute! Die Parolen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wurden nicht zu praktischen sozialen Werten, nach denen sich das Gemeinwesen zu richten hat, sondern zu einem abstrakten moralischen Diskurs eines nicht einlösbaren Schlaraffenlandes. Da der Kapitalismus wieder nur Ungleichheit hervorbringt, kann dieser Zustand nur durch die sozialistische Revolution beendet werden. Automatisch werden die Marxisten auch die Besitzer der fortschrittlichten Wissenschaften und setzen damit dort an, wo das Bürgertum aufhören musste, um seine Macht zu festigen. Als der Marxismus politisch an die Macht kam - durch die Oktoberrevolution - musste das Bürgertum seine ideologisch reaktionärsten Möglichkeiten gegen den Sozialismus in den Kampf werfen. Der beste Verbündete des Kapitalismus ist das Lumpenproletariat in seinen faschistischen Ausprägungen. Das Kapital holte einen weiteren Verbündeten aus seiner eigenen Vergangenheit - nämlich die Religionen aller Art. Nur so ist es erklärbar, dass einige Idioten der herrschenden Klasse 1989 mit 1789 verglichen, obwohl 1989 mehr mit 1933 oder 1815 vergleichbar ist.

Der kapitalistische Hauptwiderspruch besteht im Gegensatz von Arbeit und Kapital. Aus diesem Gegensatz leiten sich weitere Widersprüche ab, die das gesellschaftliche Leben untereinander sowohl in der Arbeitswelt als auch im Privatleben bestimmen. Das Ausbeutungsverhältnis zwischen Arbeiter und Kapitalisten transformiert sich in die Familie und schafft dort ein neues Ausbeutungsverhältnis - das zwischen Mann und Frau. Die hierarchischen Verhältnisse in der Produktion werden auf die Ehe übertragen, da über die bürgerliche Hegemonie vermittelt, eine soziale Gleichstellung beider Geschlechter unmöglich ist. Es besteht allerdings die formale Gleichberechtung vor dem Gesetz, was dazu führt, dass die Frauen im Kapitalismus "freier" sind als in den Despotien.

Seitdem sich der Kapitalismus historisch durchgesetzt hat, wird dieser von Links und Rechts bekämpft. Die Kommunisten erkennen seine dialektische Entwicklung und wollen die positiven Errungenschaften übernehmen, um zum Sozialismus voranzuschreiten. Und es gibt die Gegenaufklärung. Sie besteht aus Feinden des Lebens. Sie wollen die Uhr bis zum Mittelalter zurückdrehen.

Die Geschichte ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Die menschliche Gesellschaft hat sich objektiv immer weiter zum Sozialismus entwickelt. Aber diese Entwicklung bedingt sich nicht monokausal, sondern in dialektischen Schüben. Es ist nicht zwangsläufig gegeben, dass sich alles zum Guten wendet. Jede positive gesellschaftliche Entwicklung hat die Möglichkeit ihrer Negation. Der soziale Fortschritt, ob er nun besteht oder die Möglichkeit ihrer Realisierung machbar wird, bringt es mit sich, dass sich vorhergehende Gesellschaftsstrukturen als reaktionär und rückständig erweisen. Verbündet man sich mit ihnen, wird man selbst zum Reaktionär und verliert alles emanzipatorische Handeln.

Der Imperialismus hat sich weltweit mit den reaktionärsten Elementen gegen den Sozialismus verbündet. Nun, da die Sowjetunion nicht mehr existiert, wenden sich diese Elemente gegen ihre ehemaligen Förderer.

Es mag sich für einige die Ansicht durchsetzten als hätte der Islam den Platz der Sowjetunion gegen den Imperialismus eingenommen. Aber diese Ansicht ist falsch. Die islamischen Terroristen sind einfach nur Terroristen und keine Antiimperialisten. Die Kommunisten sind für diese Nichterkenntnis von ihnen abgeschlachtet worden. Wenn der Staat Israel bis zur letzten Monade als imperialistische Macht seziert wird, so kann man dieses Vorgehen auch gegen die Hamas oder Hisbollah verlangen. Von ihren Unterstützer bekommt man aber keine Infos über deren Aufbau. Als Kommunisten kann man sich nicht mit Rackets solidarisieren, die zurück in das Mittelalter wollen. Aus Gaza ist jeder aufgeklärte Mensch nach dem Wahlsieg der Hamas geflüchtet. Und wer sich Mühe machte alle Nachrichten anzuschauen, sah auch die Frauen in Gaza, die berichteten, das die Raketen der Hamas mitten in die Wohngebiete der Zivilisten gesetzt wurden - ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konvention. Es gibt Menschen, die meinen, dass mit dem Sieg der Terroristen der Hauptwiderspruch gelöst wäre und dann sich alles weitere von selbst ergäbe. Eine absolute Fehleinschätzung der Situation! Gegen den Imperialismus kann man in der heutigen Zeit, nach all den historischen Erfahrungen, nur mit gesellschaftlich fortschrittlichen Kräften kämpfen. Es wird ausgeblendet, dass sich diese Kräfte schon lange nicht mehr in den betreffenden Länder befinden. Die fortschrittlichen Afghanen sind schon vor dem Abzug der Sowjetunion nach Europa emigriert.

Die Trennlinie zwischen Terror und Aufklärung verläuft schon lange mitten in Europa. Zwischen Emanzipation und Rückschritt wird erbittert gekämpft. Antiimperialistische Politik kann nur darin bestehen, für die Verfolgten ein Duldungsrecht in Europa durchzusetzen, bis sich die Lage geändert hat, und sich gleichzeitig für die Ausweisung der hier lebenden Terroristen einzusetzen. Es kann nicht hingenommen werden, dass Frauen in Deutschland abgeschlachtet werden, nur weil sie normal leben möchten. Das Asylrecht für religiös Verfolgte sollte man auf die Tagesordnung setzten.

Der Kampf gegen den Terrorismus ist natürlich eine Farce, weil keine imperialistische Macht auf diese verzichten kann. So bedienen sie sich der Terroristen, indem sie diese gegen die Hegemoniebestrebungen ihrer Konkurrenten einsetzen. Die bittere Erfahrung des Jugoslawienkrieges zeigt auf, dass die Kriege des 21. Jahrhunderts mit Hilfe von Banditen geführt werden. Analogien zum 2. Weltkrieg und den Verbündeten der Achsenmächte tun sich da auf.

In den Siebzigern war die Erkenntnis unter den Kommunisten noch vorhanden, dass die Moscheen in Deutschland von den Klerikal- und anderen Faschisten finanziert wurde. Die neoliberalen Doktrin vom Rückzug des Staates aus der Gesellschaft, die mit dem Verlust der Durchsetzung von bürgerlichen Normen und Werten einhergeht, schafft auch bei uns einen idealen Nährboden für die Etablierung faschistischer Rackets.

Zum Abschluss möchte ich aus dem Buch von Luciano Canfora - Die Freiheit exportieren - zitieren: "Heute, wo der Plan (Arabischer Sozialismus) ganz und gar gescheitert ist, liegt die "antiimperialistische" Sache in den Händen der jeglichen Vernunft baren und vorpolitischen "Gottespartei" bzw. der iranischen Priesterkaste und ihren militärischen Arm." "Seit die UDSSR nicht mehr den gegen den Weltreichtum gerichteten Druck von unten kontrolliert", hat ein ernüchterter Kritiker geschrieben, "und der Islam sich an dessen Spitze gesetzt hat, ist das Überleben der reichen Welt in Gefahr." Einst sagte und schrieb man, dass die Alternative zum Sozialismus "die Barbarei" sei. Möglicherweise stehen wir gerade davor.

Franz Siklosi, Heppenheim

Raute

Appell für die Entfernung der Hamas von der EU-Terrorliste

Wir richten einen dringenden Appell an alle Kandidaten die bei den Wahlen für einen der 736 Sitze im Europaparlament antreten. Wir rufen die Kandidaten und Kandidatinnen dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Hamas und alle anderen palästinensischen Widerstandsorganisationen sofort und bedingungslos von der EU-Terrorliste heruntergenommen werden.

Außerdem fordern wir von ihnen, dass sie das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung anerkennt. Dies beinhaltet auch die Hamas als legitime Stimme des Strebens des palästinensischen Volkes nach nationaler Befreiung anzuerkennen.

Diese Initiative wurde von Nadine Rosa-Rosso, Lehrerin und unabhängige kommunistische Aktivistin aus Brüssel, ins Leben gerufen. Sie ist ein Ergebnis des Beirut Resistance Forum vom 16. - 18. Januar 2009.

Sie wollen die Petition unterstützen?

Schicken Sie uns Name, Vorname, Organisation/Beruf, Land und email an: irish-solidarity@gmx.net.

Bisherige Unterstützer: Jose Saramago (writer, Portugal) Ruairí O Brádaigh (Präsident von RSF seit 1969, Oberbefehlshaber der IRA 1956-62) Des Dalton (Vize-Präsident von RSF, SIPTU-Betriebsrat) Richard Walsh (PRO RSF, Republican Prisoners Action Group) Josephine Hayden (ehem. politische Gefangene, Sekretärin von RSF) Mairead Maguire (peace nobel price laureate, Ireland) Ronnie Kasrils (former South African minister) Giulietto Chiesa (European MP, Italy) Lucio Manisco (former European MP) Gianni Vattimo (philosopher and former European MP) Domenico Losurdo (director of the institute for philosophy, University Urbino, Italy) Augusto Boal (theatre director, Brazil) Gretta Duisenberg (chair Foundation Stop the Occupation, Netherlands) François Houtart (professor emeritus Catholic University Louvain, Belgium) Tariq Ramadan (professor, Oxford/Erasmus Universities) Tariq Ali (writer, filmmaker and editor of New Left Review, Britain) Jan Myrdal (writer, Sweden) James Petras (Bartle professor emeritus Binghamton University, USA) Franco Cavalli (oncologist and president of the International Union of Cancer (IUCC), Switzerland) Daniel Vischer (MP of the Green Party, Switzerland) Alima Boumediene Thiery (senator, France) Jürgen Elsässer (journalist, Berlin, Germany) Klaus von Raussendorff, (Referent für internationale Fragen beim Bundesvorstand des Deutschen Freidenker-Verbands, Deutschland) Klaus Hartmann, (Offenbach am Main, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes), Leo Gabriel (journalist and social anthropologist, member of the council of the World Social Forum, Austria) Werner Pirker (journalist) Hannes Hofbauer (publisher and publicist) Peter Melvyn (Jewish voices for a just peace in the Middle East)

Raute

Nicolas Runge/Falkenhaus Burgdorf: Faschistoid, islamistisch und antisemitisch

Lieber Frank, hiermit bestelle ich für das Falkenhaus Burgdorf die "offen-siv" ab. Ich möchte Dich bitten, uns nicht mehr zu beliefern.

Grund für die Abbestellung ist die Ausgabe 1/09. Ich habe überhaupt kein Problem mit unterschiedlichen Einschätzungen zum Nahost-Konflikt. Doch jedem vernunftbegabten und rationalen Menschen muss ein von Euch unkommentiert abgedruckter Artikel von Chaled Meschaal übel aufstoßen. Wie bitte kann die Hamas in auch nur irgendeiner Weise in Zusammenhang gebracht werden mit den Zielen der Emanzipation, der Freiheit und des Humanismus, die jedem Linken, egal welcher Denkrichtung oder Schattierung, wichtig sein müssen? Es scheint in der Redaktion die Vorstellung zu herrschen, dass eine Organisation, die nach einer Auseinandersetzung mit ihren Zielen nur als faschistoid, islamistisch und antisemitisch bezeichnet werden kann, Unterstützung verdient hat. Mit einer solchen Einschätzung verlasst Ihr jedoch jeden Kontext von "Sozialismus und Frieden", in den Ihr Euch selbst stellen wollt.

Was glaubt Ihr denn sind die Ziele der Hamas? Ein friedliches Zusammenleben von Juden und Arabern? Sozialismus? Auf den Nachweis einer solchen These Eurerseits wäre ich sehr gespannt. Garniert wird die Ausgabe dann noch von einem Pamphlet der (bedeutungslosen) PFLP und einem Artikel der Sinn Féin. Auch bezüglich der irischen Nationalisten scheint mir der Zusammenhang mit "Sozialismus und Frieden" arg konstruiert. Ich habe im Rahmen meiner Tätigkeit sowohl Nordirland als auch den Nahen Osten (diesen mehrfach) besucht und frage mich, warum Ihr nicht in der Lage und Willens seid, Euch mit progressiven arabischen Kräften oder den Hintergründen israelischer und palästinensischer Politik auseinanderzusetzen.

Einen (bisher schon spärlich gesäten) sinnvollen Beitrag zu der Bildungsarbeit im Falkenhaus kann ich in der "Offensiv" nicht entdecken.

Mit sozialistischen Grüßen, Nicolas Runge

Raute

Stellungnahme von Hamas zur weltweiten Unterstützung des palästinensischen Widerstandes (2)

Folgende Stellungnahme der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas wurde bei einer Veranstaltung von Republican Sinn Féin Ende Januar 2009 im Co. Kildare verlesen:

Wir, die islamische Widerstandbewegung Hamas, wollen zusammen mit den anderen palästinensischen Widerstandsfraktionen unsere Solidarität mit allen unseren Genossinnen und Genossen weltweit ausdrücken. Eure Unterstützung während der letzten zionistischen Mordkampagne in Gaza blieb nicht unbemerkt. Es ist im Interesse weltweit aller Palästinenserinnen und Palästinenser den Widerstand um jeden Preis fortzusetzen. Wir wollen eine klare Botschaft an alle schicken, die gegen den Imperialismuskämpfen: Gebt niemals auf!

Die palästinensischen Widerstandsorganisationen verneigen sich vor unseren Genossinnen und Genossen und danken für eure Unterstützten.

Lang lebe Irland! Lang lebe Palästina!

Islamische Widerstandsbewegung Hamas, Ende Januar 2009


Original-Wortlaut der Botschaft
(2) We, the Islamic Resistance Movement Hamas, in conjunction with other Palestinian resistance factions, would like to send our solidarity greeting to all our comrades worldwide. Your support during the recent Zionist murder campaign in Gaza has not gone unnoticed. It is for the will of the Palestinians worldwide that we will continue to resist at all costs. We would like to send you a clear message to those fighting against imperialism: Don't give up!

Palestine resistance groups salute you, our comrades. We thank you for your support.

Long live Ireland! Long live Palestine!

Islamic Resistance Movement Hamas, Late January 2009

Raute

The Beirut International Forum for Resistance, Anti-Imperialism, Solidarity between Peoples, and Alternatives: Schlusserklärung

Auf Initiative des "Consultative Center for Studies and Documentation" in Beirut und in Kooperation mit dem "National Gathering to Support the Choice of Resistance in Lebanon, der "International Campaign against American and Zionist Occupation (Kairo-Konferenz), des "International Anti-Imperialist and People's Solidarity Forum (Calcutta-Konferenz) und der "Stop War Campaign" (London) fand das "Beirut International Forum for Resistance, Anti-Imperialism, Solidarity between Peoples, and Alternatives" im UNESCO-Palast in Beirut am 16., 17. und 18. Januar 2009 statt. Es waren etwa 450 Teilnehmer/innen aus 66 Ländern anwesend.

Dieses Forum fiel zeitlich zusammen mit der kriminellen und terroristischen Aggression Israels gegen die Palästinenser in Gaza, parallel zu einer finanziellen, ökonomischen und politischen Krise, die die ganze Welt ergriffen hat und die im wesentlichen aus der Kriegs- und Hegemonialpolitik resultiert. Das Forum zielte darauf, die Möglichkeiten zum Aufbau einer anderen Welt zu vergrößern, die auf dem Prinzip des Respekts vor der Menschlichkeit basiert und die Schwachen und Unterdrückten dieser Welt verteidigt.

Prinzipien und Rechte:

Das Forum bekräftigt die Wichtigkeit, die folgenden Rechte in den Aufbau einer anderen Welt einzubeziehen:

- Das Recht der Völker auf Widerstand als ein unveräußerliches Recht, die Möglichkeit, die eigene Politik zu wählen und die eigene Kultur zu entwickeln als Grundbedingungen für die Freiheit der Völker und die Zurückweisung der aufgezwungenen Politik durch die neue Weltordnung sind der einzige Weg, soziale Errungenschaften zu bewahren.

- Widerstand gegen Okkupationen ist wesentlicher Bestandteil der Kämpfe der weltweiten Volksbefreiungs- und revolutionären Bewegungen gegen Imperialismus und Neoliberalismus, Hegemonialstreben, militärische Aggressionen und die Zerstörung der sozialen Errungenschaften, die durch gerechtfertigte Kämpfe während der letzten 200 Jahre erreicht wurden.

- Das Recht der Völker auf Souveränität bezüglich ihrer eigenen natürlichen Ressourcen, auf Selbstbestimmung über ihre eigenen Angelegenheiten, basierend auf dem Prinzip der Solidarität zwischen den Völkern, um sie in die Lage zu versetzen, sich gegen die Diktatur des Marktes und die durch eine gewaltsame Politik einigen internationalen Finanzorganisationen zuerkannten Rechte zu wehren.

- Das Recht der Völker auf Nahrung, Gesundheit und Erziehung; diese Rechte müssen über allen Marktbedingungen stehen, dazu die ökonomische Achse von demokratischen Gremien umgeben sein.

- Die Zurückweisung von intellektuellen und kulturellen Stereotypen; stattdessen das Festhalten des Rechts auf intellektuelle und religiöse Unterschiede.

- Entwicklung des Kampfes gegen die neoliberale Globalisierung und Arbeit für eine Welt mit mehr Solidarität und Menschlichkeit. Das erfordert das Zurückdrängen der Hegemonie der großen Industrieländer und den Aufbau einer anderen Achse zwischen Nord und Süd (Südamerika, die arabisch-islamische Region, Asien und Afrika) mit dem Ziel, gleichberechtigte politische und ökonomische Beziehungen aufzubauen.

Entscheidungen und Forderungen

Die Teilnehmer/innen des Forums verbeugen sich vor dem palästinensischen Widerstand und der Geduld der Einwohner von Gaza, verurteilen Israel für seinen fortgesetzten Terror, seine schrecklichen Verbrechen und die Gewaltanwendung gegen unschuldige Menschen und stellen folgende Forderungen auf:

1. Strikte Sanktionen gegen den Staat Israel, die einschließen müssen: Abbruch diplomatischer Beziehungen, Kündigung von Handelsverträgen und die Durchsetzung eines Waffenembargos über die gesamte Region.

2. Schluss mit der ökonomischen, politischen und kulturellen Kooperation der EU mit dem Staat Israel und Kündigung aller Abkommen.

3. Unterstützung für den Präsidenten Venezuelas, Cháves, und den Präsidenten Boliviens, Morales, für ihre demonstrative Entscheidung zugunsten des Rechtes des palästinensischen Volkes auf Widerstand.

4. Befolgung der UNO-Resolution 3379, die feststellt, dass der Zionismus eine Form des Rassismus ist; Ausschluss des Staates Israel aus der UNO.

5. Organisation einer internationalen Konferenz, die die israelischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit; individuelle und kollektive Verfolgung der Schuldigen, insbesondere für die Verbrechen in Gaza und in Südlibanon.

6. Unterstützung des libanesischen und palästinensischen Widerstandes in ihrem Kampf gegen die zionistische Okkupation - ebenso wie Unterstützung des irakischen Widerstandes im Kampf gegen die Amerikanische Besetzung.

7. Stärkung und Durchsetzung der vom internationalen Gerichtshof geäußerten Meinung über die Apartheid-Trennungsmauer durch die palästinensischen Gebiete.

8. Verfolgung der Schuldigen für die von europäischen Ländern gewährte kriminelle Unterstützung der israelischen Kriegsverbrechen durch den internationalen Gerichtshof.

9. Bildung einer globalen parlamentarischen Initiative zur Verteidigung des Rechtes der Völker auf Widerstand, Selbstbestimmung und Abwehr von Aggressionen. Aktivierung der bisherigen Initiativen und personelle Verstärkung.

10. Bildung eines Mediennetzwerkes für die Wahrheit, das so viele Nachrichten wie möglich über den Staat Israel und seine Verbrechen sammelt und in so viele Sprachen wie möglich übersetzt.

11. Ächtung von Ländern und Konzernen, die Waffen an den Staat Israel verkaufen, Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen solcher Waffenverkäufe und Verbot derselben.

12. Beginn einer internationalen Kampagne zum Wiederaufbau Gazas, Aufhebung der Belagerung Gazas und Befreiung aller Gefangener.

Die Teilnehmer der Konferenz sind sich grundsätzlich über folgendes einig:

1. Wir wollen Widerstand entwickeln gegen eine internationale Politik und gegen internationale Abkommen, die den Großkonzernen die Kontrolle der Lebensmittelmärkte ermöglichen.

2. Wir erkennen die Tatsache an, dass Armut und Hunger eine politische Frage sind, die nicht gelöst werden kann, ohne dass neue Prinzipien des Umgangs mit natürlichen Ressourcen sowie sozialen, kulturellen und religiösen Werten gefunden werden, die unabhängig sind von den Zwängen des Marktes.

3. Wir wollen eine stärkere Entwicklung des fairen Handels zwischen den Ländern des Trikont und eine umfassende Kooperation untereinander.

4. Wir wollen ein internationales System globaler Koordination zwischen den lokalen Staatschefs und Führern, um die Entwicklung zu fördern und eine gegenseitige Unterstützung im Falle von Krisen und/oder Aggressionen sicher zu stellen.

5. Wir weisen alle us-amerikanischen und zionistischen Versuche zurück, die Menschenrechte und die diesbezüglichen internationalen Abkommen auszuhöhlen, zurück, insbesondere im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und wir weisen die Einstufung von Widerstandsbewegungen als "Terroristen" zurück.

6. Wir unterstützen das recht des Iran auf friedliche Nutzung der Atomenergie im Rahmen der internationalen Standards.

7. Wir weisen die us-amerikanische Politik der Kriegdrohungen zurück, insbesondere gegen den Iran, sowie die ökonomischen und militärischen Erpressungsversuche gegen Syrien und Sudan.

8. Wir betonen unsere Unterstützung für den Widerstand im Irak, für den Kampf gegen die Okkupation und für das Ziel des Widerstandes, das Land zu befreien und zu einen. Wir fordern die Freilassung aller Gefangenen.

9. Wir verteidigen das Recht des afghanischen Volkes auf Selbstverteidigung und den Kampf gegen die US- und NATO-Okkupation; für das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung.

10. Wir fordern die Aufhebung der Blockade gegen Cuba und die Freilassung der "Cuban Five", die in us-amerikanischen Gefängnissen sitzen. Hände weg von Venezuela und von den Befreiungsbewegungen in Amerika.

11. Wir fordern auf zu einer größtmöglichen Beteiligung an der Durgan-II-Konferenz, die im April in Genf stattfinden wird und an der Kairo-Konferenz Ende März 2009.

12. Wir sind uns darüber einig, die Beirut-Konferenz (Beirut International Forum) zu einer periodisch wiederkehrenden, regelmäßigen Institution zu machen.

Beirut International Forum, Unesco-Palast, Beirut, 16., 17. und 18. Januar 2009

Raute

Robert Medernach: Strategische und taktische Schlussfolgerungen aus der Beiruter Konferenz

Die "Beiruter Konferenz" war in jeder Hinsicht ein politischer Erfolg beim Zusammenschluss aller Anti-Imperialisten in einer gemeinsamen Front gegen den US- wie EU-Imperialismus und den Zionismus. In der Tat wurde auf dieser Konferenz nicht nur der Grundstein gelegt für eine dauerhafte Zusammenarbeit der genuinen Anti-Imperialisten (fast) aller weltanschaulichen Richtungen, philosophischer Überzeugungen und religiöser Bekenntnisse, sondern es wurde durch die Beteiligung von Delegierten aller Kontinente auch der Grundstein gelegt für einen weltweiten, auch organisatorischen Zusammenschluss aller anti-imperialistischen Kräfte in einer gemeinsamen Front des antagonistischen Widerstands.

Dass diese Konferenz von den gleichgeschalteten bürgerlichen Medien als "wahre Katastrophe" ("Le Monde") und "neue weltweite Bedrohung, die sich in Beirut abzeichnet" ("NZZ") bezeichnet wurde, darf als Indiz dafür angesehen werden, dass diese Konferenz eine neue Qualität des anti-imperialistischen Kampfes weltweit eingeläutet hat und zeigt an, dass der Klassenfeind die politische Bedeutung schon richtig einschätzt. Um so bemerkenswerter ist der geradezu hysterische Eifer, mit dem ein Teil der Linken, vor allem in der BRD nun daran geht, vor einer "gefährlichen neuen Querfront" zu warnen und den Anti-Imperialisten weltweit nun Lektionen zu erteilen versucht, mit wem sie sich zusammenzuschließen haben und wen es gilt, auszuschließen und fern zu halten.

Dass große Teile der Linken die taktische und strategische Tragweite der Beiruter Konferenz nicht begriffen haben und an der neuen Qualität des anti-imperialistischen Kampfes vorbei schwafeln und die alten Irrtümer eines "Bekenntnis-Anti-Imperialismus" nachbeten, liegt sicherlich daran, dass sie Lenins Imperialismustheorie nie verstanden haben und in der Bündnisfrage ihnen eine marxistisch-leninistische Position nicht zu eigen ist.

EINIGE STRATEGISCHE UND TAKTISCHE GRUNDZÜGE DES ANTI-IMPERIALISTISCHEN KAMPFES.

Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus zeichnet sich auch und vor allem dadurch aus, dass er alle nichtkapitalistischen und vorbürgerlichen, wie nicht gänzlich durchkapitalisierten Länder und Staaten unter seine allseitige politische, ökonomische und ideologische Herrschaft zu zwingen versucht, die alten ökonomischen, gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, sozialen und religiösen Strukturen dabei zerstören und durch die Hegemonie des imperialistischen und bürgerlichen Überbaus ersetzen muss.

Dadurch gerät der Imperialismus selbstverständlich in einen antagonistischen Widerspruch nicht nur zu den ehemals herrschenden Klassen der zu unterwerfenden Einheiten, sondern auch zur zivilen Gesellschaft dieser Gebiete, wie zur gewachsenen Lebensweise, Kultur usw. der zu unterwerfenden Staaten und Länder.

Der Antagonismus zwischen Imperialismus und jenen Länder und Staaten, deren Strukturen und Lebensweisen mit Gewalt zerstört werden soll, ist also ein quasi automatisch sich vollziehender Prozess überall dort in der Welt, wo der Imperialismus tätig ist und mit extremistischer Energie die "alte Welt" zerstört.

Die Frage des Bündnisses der anti-imperialistischen Kräfte der Metropolen, wie der Linken mit allen Kräften, die sich gegen die Angriffe die imperialistischen Mächte wehren, stellt sich also sozusagen automatisch, die Bündnispartner, die sich den Anti-Imperialisten in den imperialistischen Metropolen anbieten sind zu einem objektiven Faktor geworden: dies ist, nach Marx und vor allem nach Lenin die absolute Seite der Fragestellung und damit der Hauptcharakter des Problems, die relative Seite der Fragestellung ist dabei der subjektive Faktor dieser anti-imperialistischen Kräfte in den Ländern der vom Imperialismus zu unterwerfenden Gebiete: Philosophische, ideologische, religiöse, kulturelle Überzeugungen so wie die Klassenpositionen der anti-imperialistischen Kräfte.

Bereits Marx und intensiver noch Lenin haben am Beispiel Afghanistans seinerzeit aufgezeigt, dass nicht der britische Imperialismus, etwa wegen Einführung bürgerlich-demokratischer Rechte in Afghanistan zu unterstützen ist, sondern die anti-imperialistischen Kräfte, auch wenn diese feudalistischen Grundpositionen und Klasseninteressen verpflichtet sind.

KOMMUNISTEN KÖNNEN SCH IHRE BÜNDNISPARTNER NICHT AUSWÄHLEN, ABER VERÄNDERN.

Weltweite anti-imperialistische Bündnispolitik kann nicht auf Basis ideologischer, politischer und klassenmäßiger Vereinheitlichung betrieben werden, ansonsten es keine Bündnispolitik ist: Bündnisse schließt man bekanntlich nicht mit sich selbst, sondern auch, wenn es notwendig ist, mit dem Klassenfeind: zum Bespiel im anti-faschistischen Kampf.

Wie unehrlich manche Linke sind in der Frage der anti-imperialistischen Bündnisse, zeigt sich auffallend stringent in der Frage des anti-faschistischen Kampfes: welcher Linke würde es wagen, ein anti-faschistisches Bündnis mit dem Klassengegner auszuschließen, (außer den Trotzkisten, was tief blicken lässt hinsichtlich des konterrevolutionären Charakters dieser scheinbaren Linksradikalen), im anti-imperialistischen Kampf aber ist man nur mit einem "politisch korrekten" Partner einverstanden.

Das Bündnis zwischen den linken Anti-Imperialisten und den Kräften des politischen Islam, wie es in Beirut vertieft wurde, ist für Genossen/innen, die sich als Marxisten-Leninisten verstehen, das Natürlichste der Welt.

Über die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Vorstellungen der Kräfte des Politischen Islam wird an anderer Stelle dieses Heftes hinreichend berichtet: die Beiruter Konferenz hat jedoch eine höhere Stufe des anti-imperialistischen weltweiten Bündnisses vorbereitet. Auf gleicher Augenhöhe haben alle Komponenten der Konferenz miteinander diskutiert und dabei den politisch-organisatorischen Rahmen der weiteren Zusammenarbeit abgesteckt.

Klar ist jedenfalls, dass die Linke und der politische Islam in Beirut ein neues Kapitel der Zusammenarbeit wie der Diskussion eröffnet haben.

Vom Grundkonsens ausgehend - und der wurde vom stellvertretenden Sekretär der Hisbollah, Scheich Nam Kassem korrekt als Bündnis aller antagonistisch-anti-imperialistischen Kräfte umrissen - müssen sich alle Kräfte, die den anti-imperialistischen Kampf real und nicht bloß im frommen Bekenntnisdiskurs führen, zusammenschließen, koordinieren und gemeinsam handeln.

Dabei dürfen die Unterschiede nicht verwischt, sondern müssen unter Bündnispartnern ausdiskutiert werden.

Kommunisten haben nie Scheu vor Auseinandersetzungen, auch vor grundsätzlichen nicht, im Gegenteil. Wir sind überzeugt, dass durch gemeinsames Handeln und Diskussion wir jene Kräfte des politischen Islams unterstützen, deren gesellschaftliche und politische wie soziokulturelle Vorstellungen von den Grundüberzeugungen der Linken nicht allzu weit entfernt sind.

Kommunisten und Linke sollten sich deshalb von dieser unqualifizierten Kritik nicht abhalten lassen, der strategischen und taktischen Einsichten der Beiruter Konferenz Taten folgen zu lassen und weiterhin gemeinsam mit den Kräften des politischen Islam (selbstverständlich auch mit den religiösen anti-imperialistischen Kräften Mittel- und Südamerikas) eng zusammen zu arbeiten, den Schulterschluss in der Praxis und der Diskussion zu suchen.

DABEI MUSS EINE GEMEINSAME WELTWEITE ANTI-IMPERIALISTISCHE FRONT UNSER ZIEL SEIN.

Auf die linke Kritik, besonders des Genossen Robert Steigerwald, vor allem die seltsamen Auffassungen über Bündnischarakter und die quere Vorstellung von Dialektik wird in einem nächsten Artikel zurück zu kommen sein.

Robert Medernach, Luxemburg

Raute

ISRAEL

Thomas Waldeck: Das Ghetto-Prinzip

"Holocaust"-Hintertür nach 1990 weit aufgestoßen In seinem Aufsatz "Zur Judenfrage" hat Marx zwei Fragen komprimiert: Die Frage der Emanzipation der Juden, die er in die religiöse Frage und als politische alle Religionen betreffend, auflöste und die des "Judentums", die er in die ökonomische Frage und damit als Klassenfrage auflöste, deren historische Lösung die Emanzipation aller Menschen bringt.

Das in der Menschheitsgeschichte einmalige Verbrechen der deutschen Faschisten, als sie in industrieller Weise Menschenleben vernichteten, rief einen entsprechend unvergleichlichen Abscheu der Völker der Welt hervor. Die Ehre des deutschen Volkes und die Menschenwürde so zu beschmutzen wie keine Macht vor ihnen - das war die historische Tat der "Meine Ehre heißt Treue"-Verführten. Sie waren angetreten im Namen dieses Volkes, aber im Auftrag der deutschen Konzernherren, die sich ihrerseits nicht das Geringste vergaben, mit den "gegnerischen" westlichen Konzernherren während des Krieges Geschäfte zu vollziehen, während das deutsche Proletariat und das sowjetische gemeinsam, und nicht nur diese, verbluteten. Die namenlosen Verbrechen in den Gaskammern und Konzentrationslagern sind in erster Linie Verbrechen der deutschen Imperialisten. Deren Interessen trugen Hitler und er trug diese, nicht obwohl, sondern weil man wusste, was man voneinander zu halten hatte.(3) Durch deren Macht, in deren Sinn, übernahm Hitlers Clique die Regie des Massenmords. Deshalb ist dies Verbrechen nicht in erster Linie ein deutsches, sondern ein imperialistisches. Es ist bei weitem nicht in erster Linie ein Verbrechen gegen die Juden, so wie diese bei weitem nicht die einzigen Opfer waren, sondern es ist zuerst ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit, die sich zu Recht betroffen sieht. So wie die deutschen Faschisten nur stellvertretend für die Imperialisten Angst und Schrecken verbreiteten, so begaben sich auch die Juden nur stellvertretend für die missbrauchte und unterdrückte Menschheit auf die "Opferbank".

Allein 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben als Opfer der deutschen Faschisten - sie werden heute der Erwähnung in den offiziellen Reden nicht wert befunden. Insgesamt 20 Millionen sowjetische Opfer des deutschen Faschismus, Männer, Frauen, Kinder, die in Dörfern lebendig verbrannt, in selbst ausgehobenen Gräben erschossen wurden, werden in den offiziellen Gedenkreden NICHT genannt, wiewohl andere Opfergruppen ausdrücklich genannt werden.(4) Bundespräsident Horst Köhler reduziert die Verbrechen besonders drastisch und gezielt auf die antijüdischen.(5) In seiner Rede ging Köhler sogar weiter und nannte den deutsch-faschistischen Terror in einem Atemzug mit einem anderen, aktuellen, den er unzweideutig als palästinensischen markierte. Das lässt tief blicken.

Auf verschiedenen Wegen suchte das deutsche Kapital 1945 sein Bestehen zu sichern, aber das sieghafte amerikanische diktierte die Bedingungen. Beide hatten dabei das gemeinsame Interesse gegen eine Ausbreitung des ebenfalls äußerst sieghaften Sozialismus zu beachten. Sie installierten den eisernen Vorhang gegen Osteuropa. Bis hierher und nicht weiter! - so US-Knecht Adenauer ("Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb", wobei mit "halb"; halb so militaristisch und halb so antikommunistisch bedeutete). In diesem Kampf der verbündeten internationalen Reaktion gegen den Sozialismus öffnete sich das erste Loch für das deutsche Kapital, um der Hauptverantwortung für die einmaligen Verbrechen der Hitler-Clique zu entkommen. Es wurde durch die Klassengefährten aus Übersee flugs von der Anklagebank der Völker entfernt - von der es im Osten nicht entkam.

Die eigentliche "Holocaust"-Hintertür, durch die nicht nur der konkreten Verantwortung von IG Farben bis Dresdner Bank zu entkommen, sondern völlige Reputation zu erlangen war, konnte erst nach der Konterrevolution von 1990 voll aufgestoßen werden. Der Internationalismus der Tat, die Solidarität der sozialistischen Staaten, auch der für ihre Verhältnisse hervorzuhebenden DDR, mit allen vom Imperialismus Unterdrückten, schloss eine einseitige Deutung des "Holocaust" aus.(6) Folglich konnte der "Holocaust" im imperialistischen Sinne erst nach 1990 durch die Medien erschlossen werden. Noch 1990 spricht der notorische Antikommunist Joachim Gauck in einer Gedenkrede zweimal ausdrücklich von den sowjetischen Opfern, einmal sogar an erster Stelle.(7)


Der "Holocaust-Gedenktag" wurde erst 1996 eingerichtet.

Unter großem öffentlichen Widerhall bereitete man das "Holocaust"-Denkmal des US-Amerikaners Eisermann in Berlin jahrelang vor und weihte es 2005 ein - sechzig Jahre nach den Verbrechen. Es tritt vor allem durch seine räumlichen Maße, also mechanisch, hervor.

Auch die Begriffsklärung verdeutlicht: Es gab bis Anfang der neunziger Jahre für die Judenvernichtung keinen festen Begriff. Das Fremdwort "Holokaust" war lange Zeit ungebräuchlich, in wichtigen Wörterbüchern ist es nicht verzeichnet. In den Achtzigern benutzte die Friedensbewegung das Wort vom nuklearen oder atomaren Holocaust. So sprach der spätere Bundesinnenminister Schily (damals Sprecher der Grünen) vom "atomaren Holocaust". Ludger Volmer, seinerzeit Staatsminister im Auswärtigen Amt, benutzte diesen Ausdruck noch 2002 in einem Aufsatz. Der Begriff traf in seiner Anwendung auf den Massenmord an den Juden wegen seiner sakralen Konnotationen immer wieder auf Kritik. Er wurde keineswegs ausschließlich auf die Judenvernichtung angewandt. Auch im angelsächsischen Sprachraum (woher der neuartige Begriffsinhalt stammt) lag die Bedeutung anderswo. Der amerikanische Kommandeur des Angriffs auf Tokio am 9. März 1945, Brigadegeneral Powers, schrieb 1965 in seinen Erinnerungen: "Ich sah Häuserblock auf Häuserblock in Flammen aufgehen, bis der Holocaust sich zu einem kochenden, wirbelnden Feuerozean ausgebreitet hatte..." In Israel wurde "Holocaust" zunächst nicht als zentraler Terminus verwandt; dort stand und steht bis heute der eher säkulare hebräische Ausdruck "Schoa" im Vordergrund.(8)

Die jetzige Zelebration des "Holocaust"-Gedenkens hat von etwa 80 Millionen Opfern des deutschen Faschismus nur 6 Millionen(9) im Blick UND sie weist die Opfer in nationalistische und in rassistische Schranken. Aus gutem Grund sollen die Opfer im Gedächtnis der Völker verschwimmen und übrig bleiben soll eine quasi Opfer-Nation, während doch die Opfer in Wirklichkeit international waren, während die Faschisten russische Bauern mit derselben Schonungslosigkeit wie jugoslawische (serbische) verfolgten und die jüdisch-stämmigen Kommunisten, die vergast wurden, sich zuerst als Kommunisten sahen und nicht als Juden.


Das Fort Israel

Warum ist der Zionismus grundsätzlich reaktionär? Weil er nichts als ein Keil des herrschenden Kapitals gegen die Emanzipation der Menschheit ist. An die Stelle der wirklichen Trennlinie zwischen dem Besitz an Produktionsmitteln und den davon Abhängigen, zwischen internationalen Finanzschiebern und den von diesen Abhängigen, setzt er rassistische Trennung. Von einer "israelischen Nation" kann man erst sprechen, seit es den Staat Israel gibt, was aber von den mächtigen Medien nicht getan wird, denn dazu zählten auch die eindeutig nichtjüdischen Staatsangehörigen.

Die Reduktion der Verbrechen des deutsche Faschismus auf Judenvernichtung erfüllt den konkreten Zweck, im Namen einer angeblich möglichen "Absolution" durch die Juden, ungestraft jederart Verbrechen durch die Speerspitze des internationalen Kapitals im Nahen Osten akzeptieren zu lassen. Für eine strategisch günstige Basis in ölreicher Region beim Kampf um die fortwährende Neuaufteilung der Welt fordern die Imperialisten Schuldtilgung für die gesamte Menschheit ein(10), während doch im Gegenteil die Menschheit von ihnen Schuldtilgung zu fordern hat. Die aggressive Speerspitze namens Israel bedarf des namenlosen Verbrechens der deutschen Faschisten als Voraussetzung. Auf dem Abscheu, den deren Verbrechen international erregten, basiert die Unterdrückung des Abscheus gegen die heutige skrupellose imperialistische Unterdrückung der Nationen in Nahost.

Die zweite Grundvoraussetzung ist die stillschweigende Gleichsetzung des Staates Israel mit den Juden. Indes leben in Israel etwa nur ein viertel bis höchstens ein drittel aller religiös Jüdischen in der Welt. In Israel leben zugleich keineswegs nur solche. Jude ist auch nach israelischem Verständnis keine Bezeichnung einer Nationalität, weil alle Juden der Welt - nach offizieller Lesart - unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft zum jüdischen Volk gehörten. Nach israelischer Bekanntgabe gibt es 7,2 Millionen Einwohner, wovon 80,1 Prozent Juden seien. Von diesen aber gelten wiederum nur 94,6 Prozent als "religiöse Juden". Als religiöser Jude gilt, wer als jüdisch-religiös ins Bevölkerungsregister eingetragen ist oder in Israel wohnt und einen religiös eingetragenen Vater hat. Marx stellte fest: "Der Staat, welcher die Religion voraussetzt, ist noch kein wahrer, kein wirklicher Staat."(11)

An der letzten Knesset-Wahl (zu der die Beteiligung verhältnismäßig hoch war), nahmen etwa 65,2 Prozent der registrierten Wahlberechtigten teil, das heißt 3,1 Millionen von 4,8 Millionen Einwohnern. Was ist doch ein israelischer Staatsbürger, ein Bürger des sogenannten "Staates der Juden", für ein unbestimmtes Wesen! Und was ist ein Jude?

Diese Frage drängt sich dem Konsumenten der herrschenden Meinungsindustrie in diesen Wochen der zugespitzten Aggressionen im Nahen Osten immer aufs neue auf, da stets aufs Neue der Staat Israel mit den Juden identifiziert wird. Zugegebenermaßen fällt es schwerer, diese Frage zu klären als die nach dem Franzosen. Aber das ist durchaus nicht der Grund für das Zögern, dieser Frage nachzugehen - die jene Meinungsindustrie selbst aufs Tapet zerrt. Da uns die herrschenden Kommentatoren täglich mit der Frage heimsuchen, müssen sie sich fragen lassen, warum sie uns die Antwort schuldig bleiben. Die Fragestellung taucht in den Medien, ob in Übersee oder Europa nicht auf, weil sie nur eine Antwort zulässt: Ein Jude ist, wen wir so nennen. Sonst wäre VOR der Frage; wer ein Jude sei, zu klären: Was ist Judentum? Wissenschaftlich passt der Begriff Nation noch weniger als der Volksbegriff(12), weshalb nur religiöse Kriterien einen Ausschlag geben können, sieht man vom umfassenden polemischen Begriff "Judentum" im marxschen Sinne ab, der alle Religionen und Nationen gleichermaßen einbezieht. Die heutige Diskussion kennt nur die Antwort: Das ist nicht feststellbar, das heißt: Wir, die Meinungsmacher, legen es fest. Diese Lösung setzt den faschistischen Rassenwahn der "Endlösung" nahtlos fort. Der Name stellt ein Etikett dar, welches die Imperialisten nach eignem Gutdünken verkleben.

Die Blutmystifikation des deutschen Faschismus ist ebenso unwissenschaftlich wie die Blutmystifikation des heutigen Staates Israel, welcher einen Juden nicht nur daran misst, ob er die jüdische Religion bekennt, sondern ob er eine jüdische Mutter hat. Die Fragestellung: Wer hat wieviel jüdisches Blut? - ist ebenso unwissenschaftlich wie die Fragestellung: Wer hat wieviel deutsches Blut? Denn es ist nicht möglich, solches festzustellen, ohne zunächst festzustellen; was jüdisches oder deutsches Blut überhaupt ist, was seinerseits unmöglich ist. Alle Maßstäbe, ob die bis zur dritten Generation zu belegende Ahnentafel oder die jüdische Mutter entbehren des Ausschließlichkeitsnachweises.(13) Jede gesellschaftliche Gruppe, auch die Nation, bildet einen Schmelztiegel. Der Unterschied ist, ob man dreißig oder dreitausend Jahre zurück blickt. Weil nun die Blut-Mystifikation unmöglich konkretisierbar ist und man doch nicht gern auf diese verzichtet, können in der (von den Imperialisten geleiteten) Diskussion keine Versuche auftauchen, zu belegen, dass Israel ein Staat der Juden sei. Ohne nun den heißen Brei berühren zu dürfen, schleichen sie um dessen Rand unaufhörlich im Kreis. Der "heiße" Rassismus wich dem "kalten". Den ersten haben ihnen die deutschen Nazis verdorben, was sich aber, wie man sehen kann, kompensieren lässt.


Die Überlebenden im Fort

Wie verfährt das Fort selbst mit den Überlebenden der Nazi-Tötungsmaschine, des "Holocaust", in dessen Namen es um sich schlägt? Die Süddeutsche schreibt:(14)

"Die für Israel peinliche Recherche der beiden Filmemacher Orli Vilnai Federbusch und Guy Meroz veranlasste Sozialminister Isaak Herzog zu dem Satz: 'Ich schäme mich, wie wir mit den Holocaust-Überlebenden umgehen.' In Israel leben noch etwa 250.000 Menschen, die der Mordmaschinerie der Nationalsozialisten entkommen sind. Doch ausgerechnet der Staat, der wegen des Holocaust überhaupt erst gegründet worden ist, von Juden für Juden, vernachlässigt die Überlebenden. Einer Studie des israelischen Holocaust-Dachverbands zufolge, ... erhalten von den in Israel wohnenden Schoah-Überlebenden nur 30.000 eine monatliche Rente - von gerade einmal etwa 250 Euro. Insgesamt 80.000 Holocaust-Opfer leben laut Film und Studie unterhalb der Armutsgrenze. In der Dokumentation kommen hochbetagte Holocaust-Überlebende zu Wort, die im Winter in ihren Wohnungen frieren, die kein Geld für Lebensmittel haben und hungern, die mitunter ein Jahr auf ein Brillengestell oder ein Hörgerät von der Krankenkasse warten. Sie weinen vor der Kamera und sagen, nie hätten sie geglaubt, dass sie ausgerechnet von Israel ignoriert würden. ... Es sei 'sehr leicht, diese Opfer zu vergessen, denn sie machen keinen Lärm'. Diese Aufgabe hat aber nun der Film übernommen: In ihm wird Israel als "der schlechteste Ort für Holocaust-Überlebende" bezeichnet. ... Manche in Israel lebende Schoah-Opfer sehen den einzigen Ausweg im Auszug aus dem gelobten Land."

"Was wie eine riesige Hinterziehung anmutet, ist die Folge vorschneller Entscheidungen der israelischen Unterhändler, die in den 50er-Jahren mit der Bundesregierung verhandelten, sagt der Autor Raul Teitelbaum.(15) Der 77-jährige Wirtschaftsjournalist ist selbst ein Überlebender. ... Auch Teitelbaum kritisiert die Vernachlässigung der individuellen Entschädigung durch die Regierungen Israels und Deutschlands. ... In Israel wurden die individuellen Ansprüche häufig als Beeinträchtigung der Allgemeinansprüche Israels und des jüdischen Volkes gesehen. In den Verhandlungen der 50er, so Teitelbaum, kam es zu vorschnellem Verzicht der jüdischen Vertreter auf Individualansprüche. ...

In seinem Buch 'Die biologische Lösung' stellt Teitelbaum einen Vergleich der Entschädigungen für Naziopfer mit den Renten an, die Angehörige bekannter Nazimörder erhalten. Liegen diese im vierstelligen Bereich, kommen die Zahlungen an Opfer nicht über drei Stellen hinaus. Der Autor versteht auch nicht, warum das Gesetz 'Angehörigen des deutschen Kulturkreises' unter den Opfern mehr zuspricht als anderen Überlebenden."

Die 1951 gegründete Conference on Jewish Material Claims Against Germany (JCC) "sollte nach den Worten von Teitelbaum 'das jüdische Volk' außerhalb Israels vertreten, d.h. die individuellen Entschädigungen für Überlebende aushandeln und verteilen. 'Die JCC war zu Beginn eine recht willkürliche Konstruktion, in die zwar Interessenvertreter verschiedener jüdischer Gemeinschaften aufgenommen wurden, aber keine Holocaustüberlebenden. Elie Wiesel, Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger, beklagte noch 1987 in seinem «Plädoyer für die Überlebenden», dass kein einziger Überlebender in der Kommission vertreten war, die die finanzielle Wiedergutmachung mit der BRD aushandelte. Auch das Verhältnis zwischen JCC und Israel sei, so Teitelbaum, von Anfang an problematisch gewesen. 'Die israelische Regierung hat sich lange Jahre gar nicht in die Verhandlungen um individuelle Entschädigungen eingemischt, sondern dieses Thema allein der JCC überlassen.'"

Die Konstruktion lief auf einen durchaus üblichen Deal zwischen den Vertretern des Kapitals hinaus: Die deutschen Kapitalisten kaufen sich mit wenigen Milliarden frei (vom Proletariat bezahlt) und die Klassengefährten aus Übersee stecken sich das Ganze ein: "Die Forderungen der jüdischen Vertreter in allen drei Entschädigungskategorien waren von Anfang an zu gering und entsprachen in keiner Weise dem geläufigen Grundsatz für Schadenersatz", kritisiert Teitelbaum."


Widerstand im Fort fast überall

Israel trägt deutliche Apartheid-Züge der rassistischen Trennung; Diskriminierung und Unterdrückung im Innern, was sich zuerst gegen die Arabischstämmigen richtet. Sie haben extreme Schwierigkeiten, die israelische Staatsangehörigkeit und damit die normalen Bürgerrechte zu erhalten. Der Staat darf deren Boden und Haus beschlagnahmen bzw. zerstören. Da arabische Bauern Felder nicht frei erwerben dürfen, kommt es zu dichten Ballungen. Viele Berufe sind für Araber ebenso verboten wie Ehen mit Juden. Die Schulen der arabischen Kinder sind überfüllt und sie erhalten nur wenige Mittel. Sie haben zu wenige Lehrer und die Klassenstärken sind zu groß.

In einem junge Welt-Interview sagt Hanin Zuabi (eine der Spitzenkandidaten der arabisch-israelischen Partei Tajammo/Balad): "Die internationale Gemeinschaft muß so schnell wie möglich begreifen, daß in Israel der Rassismus grassiert (...) Wir werden uns nicht aufhalten lassen, weil wir als Minderheit das Recht haben, einen Staat zu verlangen, der endlich alle seine Bürger in gleicher Weise repräsentiert, und die Anerkennung der arabischen Israelis als nationale Minderheit zu fordern. (...) Wir von Tajammo/Balad wünschen uns, daß die Kommunistische Partei und ihr Wahlbündnis Hadash endlich begreifen, daß die seit 60 Jahren erhobene Forderung von zwei Staaten für zwei Völker nicht mehr der Realität vor Ort und einem sich immer weiter verschärfenden politischen Klima entspricht. Heute genügt es nicht mehr, für »zwei Staaten für zwei Völker« einzutreten, sondern es ist notwendig, auch von Rechten, von Gleichheit und vom Zugang zu den Ressourcen für all jene zu sprechen, die auf diesem Boden leben - in Israel und in den besetzten Gebieten."

Anlässlich einer Kundgebung wurde folgende Erklärung von ultra-orthodoxen Juden veröffentlicht(16): "Gerade weil wir Torah-gläubige Juden sind, kamen wir heute hier her, um gegen die Zerstörung und Enteignung von Wohnhäusern von Menschen im historischen Palästina zu protestieren. Tragischerweise ist dies kein Einzelfall. Im Laufe der Jahre hat die NaZionistische Regierung sich immer tiefer in den Abgrund moralischer Blindheit versenkt und begeht Akte sinnloser Gewalt, die nur die Feuer des Hasses im Nahen Osten entfacht haben. Welch andere Welt würde es sein, wenn alle Juden der Welt danach strebten, die Wesenszüge unseres Vorvaters Abraham nachzuahmen. Dann würde Respekt, Respekt zeugen und Liebe würde Liebe hervorbringen und die Menschen würden wieder als wahre Nachbarn leben, wie wir es in den Jahrzehnten taten, bevor der Zionismus die Enteignung von Menschen erstrebte. Das Torah-Judentum verurteilt die illegitime Besatzung palästinensischen Landes und die Unterjochung von Palästinensern überall im Heiligen Land. Wir ersuchen internationale Menschenrechtsorganisationen sofort zu intervenieren, um unsere palästinensischen Brüder aus der zionistischen Gefangenschaft zu befreien. Wir alle hoffen und beten, dass der Tag kommen möge, an dem wir alle in Frieden im Land unserer gemeinsamen Vorväter und unter den moralischen Gesetzen des Allmächtigen leben können.

... Viele Nationen glauben, die Unterstützung des Zionismus zeuge von Freundschaft gegenüber dem jüdischen Volk. Dies ist falsch! Freundschaft kann stattdessen demonstriert werden, indem man alle Menschen des Nahen Ostens, inklusive der Juden, vor den blutdürstigen Machenschaften des gefährlichen Staates 'Israel' schützt."

In einer ISM(17)-Erklärung heißt es:

"Besatzung kann nicht mit Worten allein entgegengetreten werden. Um Besatzung, Unterdrückung und Erniedrigungen zu beenden, bedurfte es immer couragierter Menschen, die dem Unrecht so entgegentraten, wie es entstand - durch Taten. (...) Im April 2002 gelang es internationalen Aktivisten mit der Unterstützung von Palästinensern, die israelische Armee während zweier ihre größten Militäraktionen auszumanövrieren. ISM-Aktivisten war es möglich, in den belagerten Präsidentensitz in Ramallah und die Geburtskirche Jesu in Bethlehem einzudringen und den dort Eingeschlossenen Hilfe zu leisten. ...

Im israelisch besetzten Teil Hebrons leben 40.000 Palästinenser unter der Willkür von 500 israelischen Siedlern und 2.500 Soldaten. Zusammen mit anderen Menschenrechtsgruppen hat es ISM durch eine dauerhafte Präsenz erreichen können, dass erstmals seit Jahren, Kinder wieder auf der Straße spielen können, ohne Angst haben zu müssen, von bewaffneten Siedlern gedemütigt, verletzt oder gar getötet zu werden.  ...

Das Ziel von ausländischen ISM Aktivisten ist es nicht, Palästinenser in gewaltlosem Widerstand zu unterrichten. Palästinenser leisten gewaltlos Widerstand - jeden Tag. ISM will Palästinenser bei ihrem Widerstand gegen die Besatzung und ihrem Verlangen nach Freiheit unterstützen. Folgende Aktionen wenden wir dazu an: 'Direct Action': - Präsenz zeigen an Checkpoints und während Ausgangssperren // Panzern, Bulldozern und anderem Militär-Equipment entgegentreten // Straßensperren entfernen und Teilnahme an gewaltlosen Demonstrationen // Begleitung von Bauern auf ihren Feldern und Schutz von Familien, deren Häuser zerstört werden sollen,

Notfallmaßnahmen:

Eskortierungen von Krankenwagen durch Checkpoints // Familien mit Wasser und Nahrung während Ausgangssperren versorgen // - Hilfe für Verletzte, Schwache und Behinderte beim Zugang zu medizinischer Versorgung // - Begleitung von Kindern auf dem Schulweg,

Dokumentation:

Dokumentation und Reportage über das tägliche Leben unter Besatzung und die zahllosen Menschen- und Völkerrechtsverstöße durch die israelische Armee für lokale und internationale Medien.

Mach mit! ISM bietet verschiedene Möglichkeiten, wie du den Menschen Palästinas bei ihrem Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung beistehen kannst. Auf welche Weise auch immer du dich einsetzen möchtest, wir heißen dich willkommen!"


Der Antisemitismus-Kobold

Eine Verbindung mit imperialen Gelüsten bedarf der Staatsbürgerschaft nicht mehr. Die Imperialisten aller Länder haben sich längst vereinigt - soweit es gegen die gemeinsamen Klassenfeinde notwendig ist.

In ihrer stets fortgesetzten Konkurrenz üben sie keine Rücksicht, schon gar nicht auf nationale Kriterien (wenngleich sie sich gern von nationalen Regierungen vertreten lassen). Aber die nationale Phrase ekelt das fortschrittliche Publikum fast so schlimm an aus allen Winkeln der Meinungslandschaft wie zu Kaisers Zeiten. Man zähle nur, wie oft das Wort Deutschland uns täglich in die Augen sticht.

Nationaler Taumel empfiehlt sich den Imperialisten nicht nur als eine der Mauern gegen den Kommunismus, er ist heut wie ehedem in klingende Münze zu verwandeln. Der deutsche Lohnempfänger lässt sich täglich gegen den rumänischen ausspielen, der deutsche Kleinbürger gegen den Flüchtling und Einwanderer.

Die Imperialisten haben die letzten Jahrzehnte nicht geschlafen, sondern ihre Waffen und Strategien veränderten Bedingungen angepasst. Das international agierende Finanzkapital hält zwar die überkommene nationale Phrase wach, denn der nationale Faschismus ist geeignet, soziale Bewegungen zu spalten, indes wird die europäische Bevölkerung auf den Eurochauvinismus eingeschworen. Wer nicht mitmacht, ist "gegen Europa", wie auch die "linken" abgewählten Euro-Parlamentarier André Brie und Sylvia-Yvonne Kaufmann verkünden. Dabei ist die Waffenkumpanei mit Übersee möglich, wenn nur verwandte strategische Interessen bestehen. Es handelt sich um die Waffenkumpanei der Imperialisten, die gemeinsam 1918 als Entente den ersten sozialistischen Staat der Weltgeschichte überfielen und 2009 in Vorbereitung neuer Kämpfe um die Aufteilung der Welt gegen das afghanische Volk verbündet sind - nicht um gemeinsam die Welt zu erobern, sondern da keiner auf einen möglichen Happen verzichten will.

Damals wie heute stiftet die nationale Phrase Zwietracht, worauf auch immer angewandt; ob auf Deutschland oder Europa oder die "westlichen Werte". Was tun Bundeswehrsoldaten ihrem eigenen Verständnis nach anderes in Afghanistan als "am deutschen (respektive westlichen) Wesen die Welt genesen" lassen?

Der Zionismus bedarf als Keil zwischen den Ausgebeuteten des Antisemitismus-Vorwurfs. Um den Zionismus zu rechtfertigen und zu stützen, um die politische Frage in eine rassistische zu verwandeln, hat die Reaktion den Antisemitismus zu einem Generalvorwurf entwickelt. Voraussetzung ist die unzulässige - und deshalb stillschweigende - Gleichsetzung des Staates Israel mit den Juden. Die Verbrechen des Staates Israel sind aber nicht Verbrechen der Juden und auch nicht Verbrechen der Amerikaner, sie sind Verbrechen des herrschenden Kapitals, das in diesem Fall vornehmlich in den USA sitzt. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Frau Süsskind, sagt: "Ich habe nichts dagegen, dass Israel kritisiert wird. Aber dann muss man auch die Hamas kritisieren. Einseitige Schuldzuweisungen grenzen an Antisemitismus." Sie schließt damit die Realität schon als Möglichkeit aus, dass man es mit einem Aggressor, Massenmörder und Besatzerregime zu tun hat. Mit exakt dieser Logik und demselben Unrecht könnte Frau Süsskind sagen: 'Ich habe nichts dagegen, dass der jugendliche Mörder des Schulmassakers von Winnenden kritisiert wird, aber man muss auch die per Kopfschuss getöteten Schüler kritisieren.'

Die rassistische Propaganda betont, es sei ein uraltes antisemitisches Paradigma, dass die Juden selbst am Antisemitismus schuld seien. Natürlich stärkt Frau Süsskind bei denen, die sich auf das nationalistisch - rassistische Rollenspiel einlassen, antijüdische Vorbehalte. Dies geschieht aber nicht weil sie eine religiöse Jüdin ist, sondern erstens, weil sie den nationalistischen Staat Israel mit den Juden gleichsetzt, indem sie ihre Funktion unkommentiert lässt (zumindest in der veröffentlichten Stellungnahme) und zweitens, indem sie selbst unkritisch der israelischen Politik gegenübersteht, womit sie als Werkzeug der Imperialisten fungiert.

Die "Linke" handelt deshalb selbigerweise reaktionär, wenn sie den Zionismus der Bourgeoisie aufnimmt und praktiziert wie Gysi, aber auch indem sie ihn aufnimmt und die Vorzeichen vertauscht wie Klaus Steiniger: "Antisemit Sharon".(18) Für uns kann nicht die erste Frage sein, wer Antisemit ist und wer nicht, sondern, wer Antiimperialist ist und wer nicht. Wer gleich Steiniger den Antisemitismus-Vorwurf aufnimmt und umkehrt, trägt Verwirrung in den Klassenkampf. Nicht der Antisemit ist der Hauptgegner, sondern die Kapitalisten-Klasse, welche den Antisemitismus UND den Antisemitismusvorwurf, den deutschen Faschismus UND den Zionismus gleichermaßen zu nutzen versteht. Die Kontra-Antisemitismus-Attacke hat mit Marxismus nichts zu tun, obwohl sich die RotFuchs-Leitsätze "marxistisch" geben. Gegen wen auch immer national oder rassisch begründete Vorwürfe gleich einem Ball geschleudert und von wem auch immer aufgenommen und zurückgeschleudert werden; stets erweisen sie sich als Keil der Imperialisten im gemeinsamen Widerstand der leidtragenden Völker.

Die Unklarheiten des Herrn Amadinedschad, die er äußert, wenn er die einzigartigen Verbrechen der deutschen Faschisten relativiert(19), zeigen nichts als den reaktionären Versuch, die nationalistischen Austriebe zu spiegeln. Man versteht dies aber nur, wenn man die Zusammenhänge wahrnimmt. Das iranische Volk wurde in den letzten Jahren durch die Imperialisten international düpiert, wie auch das irakische, wie das nordkoreanische. Der Kampf der iranischen Nation um Selbstbestimmung ist deshalb ein antiimperialistischer und das Auftreten des Herrn Ahmadinedschad, mag es sein wie es will, ein Ausdruck desselben. Dass derselbe Ahmadinedschad reaktionär genug ist, den Nationalismus- bzw. Rassismusspieß selbst aufzuheben, kommt den Imperialisten recht; er bläst von der einen Seite in dasselbe Feuer wie sie von der anderen.

Auf der politischen Tagesordnung steht die Anerkennung des palästinensischen Staates. Diese Konstellation darf aber weder unter den Vorzeichen einer Zurücksetzung der palästinensischen Interessen (die derzeit elementar sind) zustande kommen, noch zusätzlich okkupiertes Territorium für Israel beanspruchen. Hinzu kommt die Rückführung der 5,2 Millionen palästinensischen Flüchtlinge, der umfassende Aufbau der durch Israel zerstörten Infrastruktur Palästinas sowie die Versorgung der notleidenden Bevölkerung. Der stolze Kampf des palästinensischen Volkes, der unbeugbare Wille, darin nicht nachzulassen, fordert die Bewunderung und bedingungslose Solidarität aller Nationen heraus, nicht weil es sich um nationale Interessen handelt, sondern weil dieser Kampf stellvertretend für deren gemeinsame Interessen steht.

Thomas Waldeck, Cottbus


Anmerkungen

(3) Von den Säulen des Faschismus gehört die heute zuerst genannte, Antisemitismus, nicht zu den politisch dauerhaften, stattdessen Militarismus, Chauvinismus, Antikommunismus.

(4) Siehe u. a. Gedenkstunde des Deutschen Bundestages am 27. Januar 2009 - Ansprache des Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert.

(5) Bundespräsident Horst Köhler, Rede anlässlich des "Holocaust-Gedenktages"

(6) Am Rande angemerkt sei, dass KZ-Überlebende in der DDR ("Opfer des Faschismus") eine besondere, regelmäßige, lebenslange Unterstützung erhielten.

(7) Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Stadtverordnetensaal des Wiesbadener Rathauses 1990.

(8) zitiert u. a. nach: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2005

(9) (Heutige Medien gehen wiederum weiter und senken die Zahlen manchmal auf 1,5 Millionen.)

(10) Denn was hätten in der Tat die Palästinenser mit irgendeiner Schuldtilgung zu tun, sowohl wie die übrigen Nationen, die zum Stillhalten im Namen des "Holocaust" gemahnt werden?

(11) Marx/Engels - Werke Band 1, S. 347-377

(12) Es gibt weder ein gemeinsames Territorium noch gemeinsame Sprache (die Mehrzahl der Juden außerhalb von Israel verstehen kein hebräisch), noch eine gemeinsame Kultur.

(13) ...und Groß- und Urgroßmutter. Zwar sind nicht allein die Kriterien unterschiedlich; die Herleitungen sind es auch, aber sie sind - eine wie die andere - willkürlich.

(14) Südddeutsche.de 19.4 2007

(15) Interview von Philipp Holtmann und Eik Dödtmann, zu Raul Teitelbaum: "Die biologische Lösung: Wie die Schoah «wiedergutgemacht» wurde". Lüneburg: Zu Klampen Verlag 2008

(16) von Rabbi Meir Hirsh, Jerusalem (Meir Hirsh ist ein führender Rabbiner innerhalb der ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde in Jerusalem und Vorsitzender der antizionistischen Fraktion Neturei Karta.)

(17) International Solidarity Movement (ISM) ist eine palästinensisch geführte Bewegung, die, basierend auf gewaltlosen Prinzipien und Aktionen, sich dem Widerstand gegen die israelische Besatzung verpflichtet fühlt. 2004 und 2006 wurde ISM für den Friedensnobelpreis nominiert.

(18) Klaus Steiniger, Leitartikel, RotFuchs, April 2002

(19) (wenn auch im Original nicht der von den Medien zelebrierten Empörung adäquat)

Raute

SUDAN

Interview mit Abubakr Ahmed: Darfur und die Anklage gegen den Präsidenten des Sudan(20)

Auf einer breit angelegten internationalen antiimperialistischen Konferenz im Januar in Beirut hatten wir die Möglichkeit, dieses Interview mit Abubakr Ahmed, dem Chef des Sekretariats für Internationale Beziehung des Sudanesischen Jugendverbandes, zu führen.


Können Sie bitte sich und Ihre Organisation kurz vorstellen?

Mein Nane ist Abubakr Ahmed und ich bin Vertreter der National Federation of Sudanese Youth (NSFY), einer Organisation die mehr als 2 Millionen Jugendliche repräsentiert.

Welchen Beitrag leistet NFSY zum Antiimperialismus?

Meine Organisation vertritt die Interessen des Staates Sudan von dem allgemein bekannt ist, daß er seit 20 Jahren dem Imperialismus mit verschiedensten Mitteln und an unterschiedlichen Fronten entgegentritt. Speziell unserer Jugendorganisation kommt es darauf an, immer auf der Seite der Wahrheit zu stehen, was logischerweise Widerstand gegen imperialistische Politik bedeutet. Es ist unsere Politik, weltweit jeden zu unterstützen, der sich ernsthaft für Frieden, Völkerrecht, Humanitäres und den Stopp imperialistischer Aggessionen einsetzt. Daraus ergeben sich dann unsere Positionen bezüglich den Konflikten in Palästina, Libanon, Irak, Iran und Afghanistan, aber auch zu den USA und Europa.

Welchen Aggressionen war die Republik Sudan in letzter Zeit ausgesetzt?

Sudan ist als ein Entwicklungsland des arabischen und afrikanischen Raums seit jeher ein bevorzugtes Ziel des Imperialismus gewesen. Die Interventionen geschehen auf unterschiedliche Weise und haben sich im Lauf der Zeit geändert. Früher konzentrierten sie sich hauptsächlich auf den 35 Jahre dauernden Krieg im Süden des Landes. Jede sudanesische Regierung hat sich - egal ob es eine gewählte oder eine Militärregierung war - aus nationalen Interessen ernsthaft um eine friedliche Lösung des Konflikts bemüht. Das zu erreichen wurde umso schwerer, je mehr sich die USA und europäische Großmächte in den Konflikt einmischten, indem sie Waffen und Ausrüstungen an einzelne Stämme oder Parteien lieferten. Gott sei Dank konnte dieser Krieg dennoch 2003 nach 35 Jahren beendet werden. Nach Kriegsende musste sich der Imperialismus ein neues Feld zur Einflußnahme suchen. Also haben die USA damit begonnen, die Stammeskonflikte in der Region Darfur anzuheizen, das Thema aufzubauschen und so aus einem relativ kleinen lokalen Konflikt einen großen zu machen, dem alleine in Darfur über 3.000 Sudanesen zum Opfer fielen. Das Anheizen dieses Konfikts geschah abermals über die militärische und finanzielle Unterstützung einzelner Stammes- und Rebellenfüher. Diese Lieferungen von zum Teil sehr modernen Waffen wurden dann gegen die Regierung eingesetzt mit dem Ziel, den Krieg auch in anderen Regionen Sudans wie zum Beispiel Kurdufan und im Zentralsudan zu entzünden. Vor einem Jahr gelang es der Regierung Sudans, mit den Hauptparteien der Rebellen in Darfur einen Waffenstillstand zu vereinbahren. Kurz darauf begannen die Imperialisten dann, andere Gruppen zu unterstützen.

Als sich zeigte, dass sich die Regierung der Republik Sudan von den gesteuerten Rebellengruppen nicht beeinflussen ließ, änderten die Imperialisten ihre Taktik und beschuldigten uns, am Frieden in Darfur nicht interssiert zu sein, obwohl wir alle ernstgemeinten Vorschläge diesbezüglich - egal ob diese etwa von Frankreich oder den Vereinten Nationen kamen - genau geprüft und akzeptiert hatten. Sudan hat sogar dem Einsatz der UNAMID als Friedentruppe zugestimmt, welche nun in ganz Darfur präsent ist. Sie haben mit uns keinerlei Probleme, sondern sind jetzt ironischerweise den Angriffen der von den USA mit aufgebauten Rebellen ausgesetzt.

Das ist eines der Beispiele dafür, wie sich die Einmischung imperialistischer Mächte bei uns auswirkt.

Was hat es mit der Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den Präsidenten al-Baschir auf sich?

Die USA versuchen auch über die UN und den Internationalen Strafgerichtshof der Regierung Sudans ihre imperialistische Politik aufzuzwingen. Um uns unter Druck zu setzten, beschuldigte der Internationale Strafgerichtshof also unseren Präsidenten und einige Regierungsmitglieder des Genozids in Darfur. Das geschieht unserer Ansicht nach einerseits, um das Darfur-Friedensabkommen zu sabotieren und zum anderen mit der Absicht, Sudans Symbolfunktion als Land in der Region, welches sich seine Politik nicht vom Imperialismus diktieren läßt, anzugreifen. Ein weiterer Grund dürfte unsere Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen sein.

Wird die Republik Sudan Ihrer Ansicht nach eher wegen ihrer geostrategischen Bedeutung oder aus ökonomischen Gründen wegen der Ressourcen Opfer der imperialistischen Politik.

Wir sind der Ansicht, dass dies alles stattfindet, weil die Situation Sudans mehr oder weniger einzigartig ist. Einerseits sind wir das größte afrikanische Land und andererseits verfügen wir über zahlreiche wichtige Rohstoffe. Es gibt beispielsweise mehrere Studien, die davon ausgehen, dass Sudan die mit Abstand größten Ölvorräte ganz Afrikas besitzt. Die Region Darfur selbst hat dazu noch die größten Uranvorkommen. Beides wissen die Imperialisten ganz genau. Unsere jetztige Regierung hat, als sie die Macht übernahm, mit Chevron und Mobil die beiden größten US-amerikanischen Unternehmen aus den Land geworfen. Um diese zu ersetzten, kooperieren wir jetzt mit staatlichen chinesischen Ölfirmen. Seitdem schicken die USA jedes Mal, wenn wir ein so genanntes "Problem" mit der internationalen Gemeinschaft haben, eine Delegation hier her, welche uns anbietet, unter bestimmten Bedingugen diese "Probleme" für uns zu lösen. Erst vor wenigen Monaten besuchte uns eine solche Delegation und bot uns an, unsere Probleme mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu beseitigen. Zu den Bedingugen sollte unter anderem gehören, daß wir die Zusammenarbeit mit den Chinesen beenden und stattdessen wieder amerikanische Ölkonzerne ins Land lassen. Außerdem sollten wir außenpolitisch Israel unterstützen und US-amerikanischen "humanitären" Organisationen die Arbeit in Darfur gestatten. Um den Hintergrund dieser Forderung zu verstehen muss man wissen, dass einige der amerikanischen Hilfsorganisationen in Wahrheit Geheindienstorganisationen sind. Wir wissen, um welche es sich dabei handelt, und haben ihnen deswegen die Einreise nicht erlaubt. Nebenbei erwähnt: wir haben schon sehr negative Erfahrungen mit französischen "Hilfsorganisation", die etwa Kinder verschleppten und gegen den Willen ihrer Eltern nach Frankreich ausflogen.

Nachdem wir also dieses Angebot der USA abgelehnt hatten, wurde der Präsident des Völkermords angeklagt. In unseren Augen hat der Internationale Strafgerichtshof keine Legitimation und deswegen werden wir mit ihm auch nicht verhandeln.

Welche Regierungen unterstützen Sudan momentan in dieser Auseinandersetzung?

Es gibt viele Regierungen, die uns in dieser Sache unterstützen. Dazu gehören die Türkei, Rußland, Iran, China, die meisten arabischen Staaten und bis auf sechs alle afrikanischen. In Südamerika unterstützt uns Brasilien und natürlich auch Kuba und Venezuela. Wir werden ebenfalls von einigen asiatischen Ländern unterstützt, was manche offiziell tun, andere hingegen - um ihre Beziehungen zu den USA nicht zu gefährden - inoffiziell. Zwar sind viele dieser Länder zu schwach, um etwas gegen die USA bewirken zu können, aber ihre politische und auch moralische Unterstützung ist dennoch von großem Wert für uns.

Abubakr Ahmed im Interview mit Axel Galler, Übersetzung aus dem Englischen: Axel Galler.


Anmerkung
(20) Das Interview führte Axel Galler, Mitglied des Herausgebergremiums von offen-siv und Mitglied des Organisationskomitees der Kommunistischen Initiative Deutschland. Wir danken für die freundliche Genehmigung des Nachdrucks aus dem Informationsbulletin der Kommunistischen Initiative, Ausgabe 2-09. Die Überschrift stammt von der Redaktion offen-siv.

Raute

CHINA

Hermann Jacobs: Ja, auch über China nachdenken

Den Beitrag von Kurt Gossweiler über China (offen-siv 1/09) begrüße ich sehr. Alle Länder, die bisher einen sozialistischen Weg in ihrer Geschichte eingeschlagen haben, tragen zur gemeinsamen Schatzkammer der marxistischen Wissenschaft und ihrer politischen Bewegung bei. Zu lernen gibt es immer etwas. So, wie die bürgerlich-feudale Vorgeschichte vor dem Sozialismus/Kommunismus sehr bunt, sehr unterschiedlich verlaufen, muß sich dieser Unterschied zunächst im Beginn der sozialistischen fortsetzen, d.h. selbst wieder ein gewisses, mehr oder weniger unterschiedliches, buntes Bild vom Sozialismus erzeugen - auch wenn er in einer fernen Zukunft mal in einer gemeinsamen, übereinstimmenden Sozialgeschichte münden sollte. Das mag mehr für Wege, mehr für eine Politik der Wege zur neuen Gesellschaft gelten, als für den letztlichen Inhalt. Dies vorweg; so sind wir ja auch bisher immer an die Frage von Wegen und Inhalt herangegangen, wir müssen es nur in der Praxis respektieren.

China hat für uns heute eine besondere Bedeutung. Warum? Weil es sich erfolgreich gegen das Schicksal, das die Sowjetunion und andere Länder des Sozialismus in Europa getroffen hat, behaupten konnte. Es sind zwar noch nicht 70 Jahre, wie bei der Sowjetunion, aber immerhin 60 doch schon. Wird China die gleiche Bedeutung gewinnen wie die Sowjetunion sie einst hatte und daher die gleiche Beachtung auf sich ziehen wie die Sowjetunion sie auf sich zog? Ich denke nein. China besitzt nicht (noch nicht) die gleiche gesellschaftliche Qualität wie sie die Sowjetunion einst besaß. Die Sowjetunion war sozialistischer, war tiefer in die gesellschaftlichen Verhältnisse eingedrungen, die den Sozialismus einer Gesellschaft ausmachen, als China bisher in sie eingedrungen ist. (Das gilt im Übrigen auch für Vietnam, Korea-Nord und für Kuba). Darauf möchte ich ungeachtet der Tatsache, dass sich aller Anfang sozialistischer Geschichte auf gleichem qualitativen Niveau, nämlich der politischen Form der sozialistischen Revolution, abspielte, aufmerksam machen. Der Beginn aller sozialistischen Revolutionen in allen bisherigen sozialistischen Ländern ist gleich - er brachte den Übergang der politisch-staatlichen Macht in die Hände der gesellschaftlichen Organe der Arbeiterklasse; deshalb sind alle bisherigen Revolutionen vom Beginn her kommunistische Revolutionen gewesen. Der Unterschied trat erst mit dem weiteren gesellschaftlichen Verlauf der Revolution auf.

Auch Kurt Gossweiler schreibt von der Kommunistischen Partei Chinas wie selbstverständlich von einer kommunistischen Partei, er sieht deren Charakter noch immer gegeben, wenn auch gefährdet durch die Wirtschaftsreformen seit 1978. Hierbei nicht an sich gefährdet durch diese Reformen, sondern durch deren gesellschaftliches Ausmaß, das sie in China selbst angenommen haben. Gossweiler rechtfertigt und respektiert die Politik der KP Chinas:

"Wenn man dies alles in Betracht zieht, dann muß man zugeben, dass die strategische Orientierung, die von der KP Chinas auf ihren Parteitagen verkündet wird, realistisch ist.

Sie geht davon aus, dass die Frage ,Wer - Wen' letztendlich davon abhängt, dass die VR China ihren großen ökonomischen Rückstand so schnell wie möglich überwindet.

Da dies unter den gegebenen Umständen nicht anders möglich ist als durch das, was Lenin in der Sowjetunion mit der NÖP vorgesehen hatte, wurde dieser Weg durch die Führung der KP Chinas beschlossen und beschritten. Also die Heranziehung in einem bestimmten, begrenzten Maße von ausländischem Kapital zum möglichst raschen Aufbau einer Industrie im eigenen Lande, aber unter Kontrolle des Staates und bei Sicherung des Übergewichts und des Vorranges des staatlichen Eigentums an den Produktionsmitteln".

Also nicht die gesamte NÖP Lenins, der KPdSU (B), der Sowjetunion ist gemeint, sondern die Seite ihrer Konzessionspolitik prägt den historischen Stand, den China (gemeint ist die Zeit ab 1978) bei der Aufnahme einer sozialistischen gesellschaftlichen Veränderung im Lande erreicht hat. Ein Stand, den eben die Sowjetunion historisch überschritt, aber China nun wohl in einem höchsten Maße ausentwickelt. Dass erst durch die Ausentwicklung dieses Faktors alle gesellschaftliche Problematik dieser Politik erscheint, versteht sich am Rande. Aber das mußte in diesem Falle klar sein.

Der Sozialismus in China - insoweit von ihm schon gesprochen werden kann(21) - erfährt somit eine historische Einordnung, wir bestimmen einen historischen Stand Chinas, des Sozialismus oder des Weges zum Sozialismus/Kommunismus in China. Das ist ein Wert, völlig unabhängig davon, wie er in letzter Konsequenz ausgeht. Tatsächlich wird China industrialisiert.

Gossweilers Urteil und seine historische Zuordnung der chinesischen Politik teile ich im Prinzip. Es zeigt sich, wie relativ schwer und schwierig es ist, von jedem Land, das den sozialistischen Weg einschlägt, zu verlangen, dass es die industrielle Form der Produktion mit all ihren in die technische Zukunft weisenden Parametern aus den eigenen Kräften des Landes meistert. Von großen Ländern könnte man das noch erwarten - und es war zu früheren Zeiten einfacher industrieller Formen vielleicht eher möglich -, der Sowjetunion war Industrialisierung aus eigener Kraft zunächst möglich, auch China sollte es möglich sein, aber eben langsamer, später, oder nur durch einen Kraftakt der ganz besonderen Form, also sowjetischen Form, möglich. Warum nicht, wenn man kann, den "sowjetischen Weg" umgehen? Dass das nicht unproblematisch ist - auch Gossweiler spricht von einer Gratwanderung -, das ... lernen wir.

Ich sprach von einer Zustimmung (die historische Ein- und Zuordnung Chinas betreffend) zu Gossweiler "im Prinzip". Warum nur im Prinzip? Weil die chinesische Politik der Reform nicht nur dem Kapital des kapitalistischen Auslandes Raum in China verschafft, sondern auch Raum für die Erzeugung eigenen, chinesischen Kapitals/Kapitalismus schafft. Die Konzessionspolitik ist in China also um eine Variante erweitert, sie ist nicht schlechthin auf die sowjetische Form, nicht schlechthin auf Leninschen Ursprung zurückzuführen.

Allerdings weiß man zu wenig über Umfang oder Kontrolle dieses Sektors durch den Staat, so dass man von einer gesellschaftlichen Wiedererscheinung des Kapitalisten - von einem erlaubten Kapitalismus in China - sprechen muß, ohne die Dimension bzw. alle gesellschaftlichen Kämpfe im zukünftigen China voraussagen zu können. Theoretisch werden in China Verhältnisse wiederbelebt, die einst zur kommunistischen Revolution geführt haben. So dass durch die Reformpolitik von 1978 ein Gewinn entsteht - die Industrialisierung, und ein Verlust - die wahrscheinliche Wiederholung alter Kämpfe. Die KP Chinas könnte an eine Form innerer Spaltung geraten. Es hängt davon ab, in welche Bereiche der Wirtschaft Privateigentum vordringt; ich meine eigenes, chinesisches.

Andererseits ist die chinesische Wirtschaft, und damit die Reformpolitik seit 1978, also diese ökonomische Strategie der letzten 30 Jahre, einer Kritik von außen ausgesetzt: Der Kritik der neuen großen Krise, ausgehend von den USA, Chinas ökonomischem Hauptpartner. So oder so ist die Krise des Kapitalismus insgesamt eine Krise Chinas. Davon wäscht ja nun kein Regen mehr ab. Wir haben also die Aussage zu treffen, dass Krisen des Kapitalismus unmittelbar Krisen des "Sozialismus" werden, oder mindestens Krise eines solchen Weges zum Sozialismus werden, der durch umfassende Konzessionspolitik geprägt ist. Als Konzessionspolitik bleibt ein sozialistisches Land immer auch Teil des Kapitalismus! Das ist eine Lehre. Über die chinesische Reform seit der Krise wird man anders denken als über die chinesische Reform vor der Krise - in China selbst. Man darf gespannt sein.

Soweit zwei Gesichtspunkte zu Kurt Gossweiler.

Einen dritten, den er gar nicht erwähnt bzw. auf den er gar nicht eingegangen ist: Gossweiler betrachtet China gar nicht unter dem Aspekt, dass es sich hier um ein anderes Modell des Sozialismus handeln könnte. Er erwähnt nirgendwo, dass China eine Form der "sozialistischen Marktwirtschaft" verwirkliche. Oder dass China Marktwirtschaft als Sozialismus sei. Und solange man China in eine Art NÖP-Periode einordnet, muß man das auch nicht.

Nun wird das aber behauptet resp. es gibt die in den so genannten reformorientierten linken Kreisen in Deutschland propagierte Meinung, China rufe "das höchste Interesse" hervor, weil es die Frage der Warenökonomie im Sozialismus beantworten würde. Ich denke hier an Beiträge z.B. von Fred Matho, einem der namhaften Ökonomen der DDR, der seinerzeit auch stark in das Projekt NÖS der DDR eingebunden war, in dem es ja um diese Frage ging. Mit der Auffassung, der Sozialismus müsse erst eine Phase der entwickelten Warenproduktion durchlaufen, hatten sich auch sowjetische Wissenschaftler aus dem real existierenden Sozialismus in der Sowjetunion in deren letzter Periode verabschiedet. Und China ist - seit der Konzessions-Ökonomie - Warenproduktion. Manche führen Chinas "Überleben" nicht zuletzt auf den Übergang zu den Reformen von 1978 zurück. Es bleibt nicht aus, dass, wenn ein kapitalistischer Sektor in der Wirtschaft Chinas entsteht/entstanden, auch die staatlichen, volkseigenen Unternehmen Chinas gezwungen sind, sich warenökonomisch, und das heißt wertökonomisch, zu verhalten; sie wollen ja in ihren realisierten Preisen keine Verluste hinnehmen, sondern mit den kapitalistischen Betrieben auf gleicher Augenhöhe, d.h. gleicher Äquivalenz dem Werte nach und gleichem Mehrwerte dem Kapitaleinsatz nach, Handel treiben. Also der Form nach entsteht ein allgemeines Eigentumsverhalten, eine allgemeine Warenökonomie. Letztlich geht es um den höchsten Gewinn, ein Streben, das den Gegensatz zum Lohn einschließt. Und das (gewinnorientiert arbeiten(22) war/ist ja der Sinn der so genannten Sozialismusreform, und deshalb ihre erhöhte Aufmerksamkeit auf das chinesische Experiment, auf den chinesischen Weg als den Weg zu einem anderen allgemeinen Sozialismus als den, den die Sowjetunion (die DDR etc.) beschritten. Der ganze Reformsozialismus liebäugelt mit China. Chinas "Überleben" wird ihm zum Beweis seiner Richtigkeit.

Wir widersprechen, und zwar aus dem Grund einer anderen historischen Einordnung der chinesischen Reform in die Geschichte des Sozialismus im Allgemeinen. Was noch nicht der umfassenden Planwirtschaft entgegengestellt ist, kann auch noch nicht als mögliche Alternative zu dieser eingeschätzt werden. Oder man verzichtet, indem man zu dieser Reform übergeht, von vornherein auf den Sozialismus (in der bekannten, planwirtschaftlichen Variante). Aber das hat China nirgendwo gesagt, und das ist auch nicht mit der Einführung ausländischen Kapitals nach China gesagt (mit inländischem schon.) Wir wissen viel eher um die folgende Möglichkeit: Aus der Existenz eines kapitalistischen Sektors in der Wirtschaft erwächst früher oder später eine Kritik des politischen Überbaus in China (Gossweiler geht im Zusammenhang mit der Tibet- und Olympia-Politik des kapitalistischen Westens präzise darauf ein). Und wenn dem eine Unterordnung des staatlichen Sektors in der Wirtschaft unter die ökonomische Methodik des privaten entsprechen würde, sich Privateigentum der Politik nach mit Privateigentum der Ökonomie nach ergänzen würde, ist der künftige Konflikt in der chinesischen Geschichte absehbar.

Gossweiler geht auf diese Frage (China als ein anderes Sozialismus-Modell) nicht ein, sie ist nicht seine Frage. Aber wir sollten sie nicht aus den Augen lassen. Ich würde z.B. sagen, dass eine Wirtschaftspolitik - und eine solche ist die chinesische seit 1978 - noch keine Auskunft gibt über ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis des Sozialismus; Politik ist Mittel zum Zweck, aber noch nicht der Zweck - sollte man jedenfalls meinen; Politik sollte noch nicht als System ausgegeben werden. D.h. die NÖP, ein Glied der NÖP, sagt noch nichts über den Sozialismus aus. In einer Periode vor dem Beginn einer umfassenden Planwirtschaft, die ihrem Namen und dem eigentlichen Anliegen der Arbeiterbewegung gerecht wird, können noch keine Aussagen über die Gesellschaftsordnung, sondern erst über Wege, die zu dieser Ordnung hinführen, getroffen werden. Das China von Heute sagt etwas über Wege zum Sozialismus aus - auf jeden Fall besser, richtiger als der "Große Sprung" es vermochte, aber nichts über den Sozialismus Chinas. Soll aber mit China etwas über das Wesen des Sozialismus gesagt werden, dann ist eine Umkehrung in der Auffassung eingetreten, und dann wäre alles, was wir heute über China schreiben, erst der Anfang einer Wende, die eben nur statt politisch daher zu kommen, wie in der Sowjetunion, ökonomisch daherkommt. Doch ich denke da eher wie Gossweiler: Über China kann man - heute - vieles sagen, aber noch nicht das Letzte.(23) Wie man eben über eine Gratwanderung, oder über eine Konzessionspolitik als System, nichts Absolutes und Endgültiges in gesellschaftlicher formativer Hinsicht sagen kann. Man muß einen Reichtum an Wegen, die eine Politik oder die Mittel zum Sozialismus bedeuten, von einem Reichtum unterscheiden, die den Inhalt, das Ziel des Weges bedeuten. Viele Wege/Mittel führen nach Rom, aber Rom gibt es nur einmal.

Hermann Jacobs, Berlin


Anmerkungen

(21) Dies nicht in einem abwertenden Sinne, sondern in einem aufwertenden, nüchtern betrachtenden, notwendigen Sinne, einem Sinn des notwendigen Weges zum Sozialismus. Und: wir haben noch immer von einer kommunistischen Partei als dem politisch-ideologisch maßgebenden Faktor in China auszugehen.

(22) Wir haben in "offen-siv" darauf aufmerksam gemacht, dass die kapitalistische Erscheinung des Gewinns (oder Mehrwertes) an die allgemeine ökonomische Form des Kapitals gebunden ist - an die Wertform der Ware (er ist der Überschuß an Wert über dem Lohn als Wert), die eben alles zur Erscheinung bringt, was zur Erscheinung gebracht werden muß - auch das an sich Unmögliche, aber dass dies Erscheinen des Gewinns/Mehrwertes immer außerhalb, entgegen dem Lohn keineswegs das allgemeine Verständnis von Gewinn oder mehr Wert, mehr Arbeit sein muß. Und in anderen ökonomischen Systemen ist er das auch nicht. Gewinn kann überhaupt das produzierte Mehrprodukt sein; was mehr produziert worden als in einem vergangenen Zeitraum ist Gewinn, oder ist, auf die gegebene Produktion bezogen, der Produktenteil, der zur Erweiterung der Produktion produziert worden. Dann drückt er einen bestimmten Wertteil einer gewissen Abteilung der Produktion aus. In der Wertform ist dieser allgemeine Wert nur auf alle Wertgrößen im Einzelnen verteilt, damit verallgemeinert das Eigentum als kapitalistisches zu Eigentum an jeder ökonomischen Form. In einem allgemeinen Eigentum an sich, wie es das Volkseigentum ist, ist das nicht notwendig. In einer sozialistischen Wirtschaft ist auch der Lohn in den Gewinn einbezogen - indem er in das produzierte Mehrprodukt (in II) einbezogen wird; d.h. im Sozialismus verschwindet (!) der "Mehrwert" immer wieder, indem er in den Lohn eingeht. Alle Kritik am Sozialismus, insbesondere an seiner Kritik am Profitstreben des Kapitals, ist Unwissen über andere Ökonomien als kapitalistische und über andere gesellschaftliche Bestimmungen von Gewinn als kapitalistische. Man ist noch immer ... auf Kapitalismus reduziert. Man schweige lieber.

(23) Das war in der SU eben anders, da konnte man schon "Letztes" sagen. D.h. die Sowjetunion (DDR usw. auch) war schon prädestiniert, Letztes (Gültiges) über das System des Sozialismus zu sagen. Ab einer umfassenden Planwirtschaft kann man das.

Raute

KRISE UND KRIEG

Eva Niemeyer: Thesen zum Charakter der Krise

Inwiefern ist die derzeitige Wirtschaftskrise eine

- Finanzkrise
- Weltwirtschaftskrise
- Krise des Systems/Kapitalismus ?

Welche Kampfbedingungen / Forderungen für die Arbeiterklasse ergeben sich daraus ?

These 1 / Krisenursache

Die Ursache der Krise liegt nicht in einer "Überspekulation" von Banken und "Zockern", sondern in der systembedingten chronischen Unterkonsumption der Arbeiterklasse, die u.a. - vorübergehend - durch günstige Kredite (Hypotheken) vermindert worden war. Arbeitslosigkeit und Zinserhöhungen führten dazu, dass diese Kredite nicht mehr bzw. nicht mehr in vollem Umfang bedient werden konnten.

These 2 / Krisenerscheinung

Erschienen ist die Krise als "Bankenkrise" infolge von nicht bedienten Krediten in einem Ausmaß, der die Refinanzierung von betroffenen Banken gefährdete - bis hin zur Insolvenz von Großbanken, die eine Kettenreaktion von nicht mehr bedienten und in der Folge auch nicht mehr ausgegebenen / verlängerten Krediten ("Vertrauenskrise") nach sich zog.

These 3 / Krisenbewältigung

Zur Bewältigung griff der Staat als ideeller, nun faktischer Gesamtkapitalist mit einer Reihe von Maßnahmen ein: Garantien für Anleihen und Interbankkredite (zur Ankurbelung des Kapitalmarkts); Bürgschaften für Kreditausfälle; Verstaatlichung bzw. Teilverstaatlichung zur Sanierung insolventer Institute (durch stille Beteiligungen/stimmrechtslose Aktien und Kapitalerhöhungen)

Alle Instrumente dienen bisher in erster Linie der Kapitalumschichtung innerhalb der Bourgeoisie. Der Staat überbrückt und verteilt hier um mit imaginärem, "fiktivem" Kapital (das, wird es nicht irgendwann "real", indem das Geliehene a) erwirtschaftet und b) zurückgezahlt wird, von der kommenden Generation, also in erster Linie von der Arbeiterklasse zu bezahlen ist. Und natürlich zahlt die Arbeiterklasse - wie immer - für ihre eigene Unterkonsumption, mit Arbeitslosigkeit und natürlich mit ihrem Lohn und Ersparten im Falle massiver Geldentwertung ... ). Die sog. Verstaatlichungen gehören dabei zum "normalen" Instrumentarium des staatsmonopolistischen Kapitalismus und dienen zu dessen Erhalt im Allgemeinen und dem Erhalt des - vorübergehend - verstaatlichten Betriebs als kapitalistischem im Besonderen. Die Gegenwehr von betroffenen Großaktionären und ihren Sprachrohren in CDU/CSU ist dabei leicht zu erklären, erwarten sie doch, dass ihre derzeit wertlosen Aktien nach der Krise wieder an Wert gewinnen und es sich daher lohnt, Eigentümer bleiben zu können.

These 4 / Charakter der Krise

Der Charakter der Krise besteht in mehreren, sich überlagernden Krisenmomenten:

- der zyklischen Überproduktionskrise

- der sich chronifizierenden Krise infolge von gesättigten Märkten (nach der "Integration" der sozialistischen Staaten in den Weltmarkt und des damit einhergegangenen Nachfragebooms);

- der sich vertiefenden Krise durch ein Anwachsen der Reservearmee nach jeder Krise (Erhöhung der Sockelarbeitslosigkeit, Erhöhung der mobilen Reservearmee in Form von Leiharbeit);

- der sich verschärfenden Krise durch den tendenziellen Fall der Profitrate infolge erhöhter organischer Zusammensetzung des Kapitals (d.h. Auspressen eines immer geringer werdenden Anteils an lebendiger Arbeit, damit auch wenig Manövrierfähigkeit durch Arbeitskräfteabbau, daher zunehmender Abbau von Kernbelegschaften und Aufbau der mobilen Reservearmee/Leiharbeit);

- der sich selbst verstärkenden Krise durch "krisenhafte" Reaktion der Kapitaleigner (Kreditverweigerung der Banken).

Damit ist die Krise in Art und Umfang besonders intensiv und gefährlich: Insbesondere die Sättigung der Märkte und der zunehmende Verlust an zahlungskräftiger Nachfrage (sichtbar in erster Linie bei eher verzichtbaren Konsumgütern wie etwa Autos) treibt zur Kapitalvernichtung (Massenpleiten und Massenarbeitslosigkeit) und zum erbitterten Kampf um neue Märkte bzw. der Neuaufteilung der Welt mit den Mitteln des staatlichen Protektionismus, des Wirtschaftskrieges, des Weltkrieges. Die Weigerung der deutschen Regierung, sich auf EU-Ebene weder an gemeinsamen Krisenbewältigungsinstrumenten noch an "Rettungspaketen" für besonders gefährdete Staaten oder die schwächeren Staaten in Osteuropa zu beteiligen, sind bereits als erste Kampfansage zu werten. Der deutsche Imperialismus wähnt sich nämlich als potentieller Krisengewinner ...

These 5 / Definition der Kampfetappe

Die derzeitige Kampfetappe ist eine der Defensive, in der die Arbeiterklasse

- gegen die Abwälzung der Krise auf ihre Schultern kämpfen muss;

- ihre fundamentalen Rechte (Streikrecht, Mitbestimmung etc.) verteidigen muss;

- ihre demokratischen Rechte (informationelle Selbstbestimmung / gegen staatliche Übergriffe in alle Lebensbereiche mit Hilfe von Überwachungstechniken, gegen Repressionsgesetze/Einsatz der Bundeswehr im Inneren etc.) verteidigen muss;

- gegen Faschismus und Kriegsvorbereitung kämpfen muss.

These 6 / Strategie und Taktik

In dieser Kampfetappe ist der Hauptstoß zu richten:

- derzeit unmittelbar gegen den Staat als Agent der Monopolbourgeoisie, der die Kosten der Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen sucht. Forderung u.a.: Die Zeche zahlen die Eigentümer, die "Shareholder" und Couponschneider! Bündnispartner sind alle Schichten der Arbeiterklasse, auch die Arbeiteraristokratie, und das demokratische Kleinbürgertum; mittel- und längerfristig gegen die aggressivsten Kräfte des Finanzkapitals, die auf eine (quasi-)faschistische Herrschaft drängen (d.h. direkte Herrschaft der Monopolbourgeoisie und damit verbundene Abschaffung aller demokratischer Institutionen der Arbeiterklasse). Diese Kräfte sind zu benennen sowie die hinter ihnen stehenden Monopolfraktionen und breiteste Bevölkerungsschichten bis ins demokratische Bürgertum gegen sie zu mobilisieren (das hat, nebenbei bemerkt, nichts mit "antimonopolistischer Demokratie" zu tun, sondern mit antifaschistischem Abwehrkampf, dem sich auch Schichten/Fraktionen anderer Klassen anschließen können, vgl. Volksfrontstrategie);

- gegen den deutschen Imperialismus in seinen Versuchen, die Krise auf schwächere Staaten abzuwälzen, seine Position militärisch und politisch zu stärken (innerhalb und außerhalb von EU, NATO etc.) und damit die imperialistische Konkurrenz zum Kampf um die Neuaufteilung der Welt herauszufordern. Bündnispartner sind hier alle Schichten der Arbeiterklasse und das demokratische Kleinbürgertum.

Eine kommunistische Partei/Organisation muss in der Lage sein, die gegenwärtige Kampfetappe richtig zu definieren, die wichtigsten Kämpfe dieser Etappe zu bestimmen einschließlich der zugehörigen strategischen und taktischen Kampfmethoden (Hauptstoß, Bündnispartner, Reserven), insbesondere vor dem Hintergrund der Kräfteverhältnisse, ohne dabei zur Nachtraberin der Ereignisse zu werden.

Eva Niemeyer, Essen

Raute

Matthias Schwarzsee: Können wir in der Krise streiken?

Gedanken zum 1. Mai: Internationaler Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse

Die derzeitige Weltwirtschaftskrise wird uns wohl noch längere Zeit beschäftigen. Denn diese Krise, die eine Krise der ganzen kapitalistischen Welt ist, gehört zum Kapitalismus wie das Amen zur Kirche. Alle fünf bis elf Jahre zeigt sie, dass das Kapital in seiner Jagd nach Maximalprofit Waren produzieren und produzieren lässt, die auf einen Markt treffen, auf dem es immer weniger Kaufkraft und immer mehr Armut gibt. Solche periodischen Überproduktionskrisen sind kein Wunder. Denn ein Arbeiter (z.B. im produzierenden Gewerbe), der bestenfalls sieben Stunden am Tag arbeitet, schafft in einer halben Stunde soviel Wert, wie sein Lohn und die Sozialabgaben ausmachen. Die restlichen sechseinhalb Stunden arbeitet er sozusagen unentgeltlich für die Kapitalistenklasse. Und nun soll der Lohn des Arbeiters ausreichen, um all die an einem ganzen Arbeitstag produzierten Waren auf dem (Welt-)Markt den Kapitalisten profitbringend abzukaufen. Kein Wunder, entstehen so gesetzmäßig Überproduktionskrisen im Kapitalismus. An dieser Gesetzmäßigkeit können auch die sog. Konjunkturprogramme nichts ändern, egal ob sie von einem J.M. Keynes oder einem Oskar Lafontaine ausgedacht wurden.

So gesehen ist der Kampf gegen die "Krisenlösung" von Kabinett und Kapital, das sich an den "Rettungspaketen" schadlos hält, nicht nur möglich, sondern auch für die Arbeiter und Arbeiterinnen absolut notwendig. Die Krise enthüllt, dass für die Banken und Großkonzerne von jetzt auf gleich 500 Milliarden Euro aus der Staatskasse zur Verfügung stehen. Würde dieses Geld für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zur Verfügung gestellt, gäbe das eine Einmalzahlung von 109.265 Euro für jeden Angestellten von Bund, Ländern und Gemeinden. Oder anders ausgedrückt: Mit dieser Summe könnte die von ver.di aufgestellte Lohnerhöhung von acht Prozent (die dann allerdings von der ver.di-Führung für einen faulen Kompromiss geopfert wurde) 443 Jahre für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst abgesichert werden.

Jeder einzelne Cent, den wir den Kapitalisten kampflos überlassen, verschärft unweigerlich die Krise. Dass wir in der Krise erfolgreich kämpfen können, zeigt die Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den Jahren der Weltwirtschaftskrise 1929 ff.: Das bewiesen die Berliner Metallarbeiter 1930, als 130.000 gegen Lohnkürzung streikten. Das zeigten die 22.000 Arbeiter der BVG im November 1932. Das zeigten die Ruhrbergarbeiter im Januar 1931. 1.100 Streiks wurden alleine im Herbst 1932 ausgefochten - mitten in der Krise. Zudem waren 87 Prozent der 443 Streiks des Deutschen Metallarbeiterverbandes (Vorläuferorganisation der IG Metall) zwischen 1929 und 1932 erfolgreich. Man kann nicht nur in der Krise kämpfen, man muss es sogar. Sonst bekommt man die Krisenlasten voll aufgebürdet. So analysierten die Kapitalisten folgerichtig 1928/29 "Gerade in Zeiten der Kapitalsnot und der schweren Lage auf dem Geldmarkte kann die Kraft der Gewerkschaften leicht die Unternehmer zu Zugeständnissen in der Frage der Löhne zwingen, denn der Ausbruch eines Kampfes der Arbeiter würde den Unternehmer in einen unhaltbaren Zustand sowohl in Bezug auf seine Gläubiger wie auch auf seine Kunden bringen." (Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände 1928/29) Ihnen sprangen sozialdemokratische "Theoretiker" (wie z.B. Hans Seidel) bei, die fordern: "Jetzt ist es das elementarste [...] und das oberste Gesetz des Gewerkschaftskampfes: nach Möglichkeit jeden Streik in der Krise vermeiden." (Wirtschaftsentwicklung und Klassenkampf, Band 2, S. 59).

So lehrt uns die Geschichte auch, dass wer die politischen und wirtschaftlichen Krisen abschaffen möchte, unvermeidlich auch den Kapitalismus abschaffen muss. Denn das ökonomische Grundgesetz des Kapitalismus lautet: "Sicherung des kapitalistischen Maximalprofits durch Ausbeutung, Ruinierung und Verelendung der Mehrheit der Bevölkerung des gegebenen Landes, durch Versklavung und systematische Ausplünderung der Völker anderer Länder, besonders der zurückgebliebenen Länder, und schließlich durch Kriege und Militarisierung der Volkswirtschaft, die der Sicherung von Höchstprofiten dienen." (J.W. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR. In: Werke Band 15, S. 329 f.) oder: "Mit dem entsprechenden Profit wird das Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent und es exisiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens." (Karl Marx, Das Kapital I. Band, MEW Band 23, S. 788) - mit diesen Worten beschreibt Karl Marx die Geschäftsgrundlage des Kapitalismus und Imperialismus. Letzten Endes bedeutet das: Krieg und Leichen - die letzte Hoffnung der Reichen ...

Erst im Sozialismus kann es dagegen heißen: "Sicherung der maximalen Befriedigung der ständig wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse des gesamten Gesellschaft durch ununterbrochenes Wachstum und stetige Vervollkommnung der sozialistischen Produktion auf der Basis der höchstentwickelten Technik.

Folglich: Statt Sicherung von Maximalprofiten - Sicherung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft; statt Entwicklung der Produktion mit Unterbrechungen von Aufschwung zu Krise und von Krise zu Aufschwung - ununterbrochenes Wachstum der Produktion; statt periodischer, von der Zerstörung der Produktivkräfte der Gesellschaft begleiteter Unterbrechungen in der Entwicklung der der Technik - stetige Vervollkommnung der Produktion auf der Basis der höchstentwickelten Technik." (J.W. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR. In: Werke Band 15, S. 331 f.)

Doch erkämpfen können die Arbeiterinnen und Arbeiter die Diktatur des Proletariats, den Sozialismus nur unter Führung einer starken Kommunistischen Partei. So sollten wir heute die Losungen des Gründungsprogramms der KPD vom Dezember 1918 beherzen:

"Nieder mit dem Lohnsystem! Das ist die Losung der Stunde. An Stelle der Lohnarbeit und der Klassenherrschaft soll die genossenschaftliche Arbeit treten. Die Arbeitsmittel müssen aufhören, das Monopol einer Klasse zu sein, sie müssen Gemeingut aller werden. Keine Ausbeuter und Ausgebeutete mehr! Regelung der Produktion und Verteilung der Produkte im Interesse der Allgemeinheit. Abschaffung wie der heutigen Produktionsweise, die Ausbeutung und Raub, so des heutigen Handels, der nur Betrug ist. [...]

Es ist ein toller Wahn, zu glauben, die Kapitalisten würden sich gutwillig dem sozialistischen Verdikt eines Parlaments, einer Nationalversammlung fügen, sie würden ruhig auf den Besitz, den Profit, das Vorrecht der Ausbeutung verzichten. Alle herrschenden Klassen haben um ihre Vorrechte bis zuletzt mit zähester Energie gerungen. [...] sie haben alle Ströme von Blut vergossen, sie sind über Leichen, Mord und Brand geschritten, sie haben Bürgerkrieg und Landesverrat angestiftet, um ihre Vorrechte und ihre Macht zu verteidigen.

Die imperialistische Kapitalistenklasse überbietet als letzter Sproß der Ausbeuterklasse die Brutalität, den unverhüllten Zynismus, die Niedertracht aller ihrer Vorgänger. Sie wird ihr Allerheiligstes, ihren Profit und ihr Vorrecht der Ausbeutung mit Zähnen und mit Nägeln, mit jenen Methoden der kalten Bosheit verteidigen, die sie in der ganzen Geschichte der Kolonialpolitik und in dem letzten Weltkrieg an den Tag gelegt hat. Sie wird Himmel und Hölle gegen das Proletariat in Bewegung setzen [...] sie wird lieber das Land in einen rauchenden Trümmerhaufen verwandeln, als freiwillig die Lohnsklaverei preisgeben.

Der Kampf um den Sozialismus ist der gewaltigste Bürgerkrieg, den die Weltgeschichte gesehen, und die proletarische Revolution muß sich für diesen Bürgerkrieg das nötige Rüstzeug bereiten, sie muß lernen, es zu gebrauchen - zu Kämpfen und Siegen.

Eine solche Ausrüstung der kompakten arbeitenden Volksmasse mit der ganzen politischen Macht für die Aufgaben der Revolution, das ist die Diktatur des Proletariats und deshalb die wahre Demokratie. Nicht wo der Lohnsklave neben dem Kapitalisten, der Landproletarier neben dem Junker in verlogener Gleichheit sitzen, um über ihre Lebensfragen parlamentarisch debattieren, dort, wo die millionköpfige Proletariermasse die ganze Staatsgewalt mit ihrer schwieligen Faust ergreift, um sie wie der Gott Thor seinen Hammer den herrschenden Klassen aufs Haupt zu schmettern, dort allein ist die Demokratie, die kein Volksbetrug ist." (Rosa Luxemburg, Was will der Spartakusbund? In: Gesammelte Werke, Band 4, S. 441-445)

- Betriebliche Aktionen bis hin zum Streik gegen das Krisenprogramm von Kapital und Merkel-Kabinett!

- Bundesweiter Streiktag vor der Bundestagswahl gegen eine drohende Merkel/Westerwelle-Regierung oder die Fortsetzung der Großen Koalition!

- Keinen Cent aus den Staatskassen für die Kapitalisten: Stattdessen Aufstockung der Sozial-und Arbeitslosenkassen!

- Weg mit allen Hartz-Gesetzen!

- Für den gesetzlichen Sechsstundentag und die Fünftagewoche (30-Stundenwoche) bei vollem Lohn- und Personalausgleich!


Matthias Schwarzsee, Dortmund


Für unsere Arbeit in den Gewerkschaften und die Kritik an der Politik der Partei DIE LINKE ist das "Arbeitsbeschaffungsplan der KPD", veröffentlicht am 29. Mai 1931 in der Roten Fahne, noch heute ein guter Wegweiser. Wenn man einige Forderungen an die aktuelle Situation anpasst, so liest sich dieser Arbeitsbeschaffungsplan hoch aktuell. Zu finden ist er in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in acht Bänden", Band 4, 1966, S. 547-554.

Raute

Brigitte Queck: 10. Jahrestag der NATO-Aggression gegen Jugoslawien

Als am 24. März 1999 die NATO-Staaten den souveränen Staat Jugoslawien zu bombardieren begannen, ging der unglaublichen und brutalen Aggression seitens der Westmächte eine ebenso unglaubliche und lügenhafte Propaganda über Rundfunk, Presse und Fernsehen in allen westeuropäischen Staaten voraus, die bis heute andauert.

1. Noch heute werden in zahlreichen westlichen Büchern und Veröffentlichungen über diese Zeit das sogenannte "Massaker von Radcak" vom 15.1.99 als Auslöser für den NATO-Krieg gegen Jugoslawien erwähnt. An die Spitze der OSZE im Kosovo, hatte die US-Regierung damals den US-Diplomaten W. Walker gestellt, der bereits viele Jahre das schmutzige Geschäft der USA in Lateinamerika bei der Unterstützung US-freundlicher Regimes vor allem in El Salvador betrieben hatte. Diese OSZE hatte die finnische Zahnärztin Helena Ranta an die Spitze der forensischen Untersuchungskommission gestellt, die das Massaker von Radcak untersuchen sollte. Bevor überhaupt die Untersuchungen dazu begonnen hatten, stellte sich W. Walker vor ein dort anwesendes Fernseh-Team und hatte vorauseilend erklärt, dieses grausame Massaker hätten die Serben verübt. Jahre später, am 16.10.2008, rechtfertigte sich Helena Ranta gegenüber dem finnischen "Helsingin Sanomat", dass sie damals unter unglaublichem Druck von W. Walker und der westlichen Medien gestanden hätte, die von ihr die von Walker bereits festgestellte Erklärung über serbischen Massenmord bestätigt wissen wollten. Danica Marinkovic, die damalige Untersuchungsrichterin des Pristina-Kragujevac Bezirksgerichtes, meinte dazu am 28.10.2008 gegenüber "Glas Javnosti": "Radcak war der größte Trick." Damals hätte in Radcak ein klassischer Kampf zwischen der serbischen Polizei und UCK-Terroristen stattgefunden, worüber die serbische Polizei bereits vorher die OSZE informiert hatte. Über die damalige Untersuchung der Opfer befragt, erklärte sie "Alle trugen Zivilkleidung, aber viele trugen Militärschuhe bzw. Militärstiefel. 37 der 40 gefundenen Opfer hätten Spuren von Pulver an ihren Händen gehabt, was darauf hinwies, dass sie vorher in Gefechtshandlungen verwickelt gewesen waren. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangten sowohl die belorussischen, als auch die finnischen forensischen Spezialisten, die die Autopsie vorgenommen hatten. Auf die Frage, ob sie darüber mit Helena Ranta oder William Walker gesprochen habe, sagte sie: "Schon beim ersten Treffen mit Ranta konnte ich keinen Weg finden, um mit ihr zu kommunizieren und später habe ich sie nie wieder gesehen. Es war augenscheinlich, dass sie einen politischen Auftrag hatte, die Serben anzuklagen. Sie war aber weder eine Expertin, noch eine Professionelle. Ich habe auch nicht mit Walker gesprochen, da es offensichtlich war, dass er die UCK unterstützte".

Mit anderen Worten nach dem so genannten "Massaker von Radcak", das, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, nach Kampfhandlungen zwischen serbischen Polizeieinheiten und UCK-Truppen, die durch BND und CIA logistisch geschult, finanziert und militärisch ausgebildet worden waren, "dichtete" man diese Opfer, die aus dem Kampfgebiet um Radcak zusammengetragen worden waren, in zivile Opfer um und hatte somit wie Hitler vor dem 2. Weltkrieg mit der Stürmung des deutschen Senders Gleiwitz durch in polnische Uniformen gesteckte KZ-Häftlinge einen Kriegsgrund: 'Massaker, ja Völkermord der Serben an den Kosovoalbanern!!'

2. Die daraufhin von den westlichen Staaten initiierten Verhandlungen von Rambouillet am 6. Februar 1999 in Frankreich, die auf Initiative der bereits 1994 für die sogenannte Koordinierung internationaler Reaktionen auf den Krieg in Bosnien gegründeten Balkan-Kontaktgruppe zustande gekommen waren, enthielten 10 nicht verhandelbare Grundprinzipien für die künftige Zusammenarbeit der jugoslawischen Regierung mit den Kosovoalbanern, die Vorschläge für ein autonomes Kosovo und die Stationierung von NATO-Truppen im Kosovo enthielt. In der Berichterstattung nach außen, an die sich unisono alle westlichen Medien hielten, ging es bei den Verhandlungen in Rambouillet lediglich um eine von dem jugoslawischen Präsidenten Milosevic zu erwartende größere Autonomie des Kosovo. In diesem Zusammenhang ist es notwendig zu wissen, dass der Kosovo von 1974-1989 eine weltweit wohl einmalige Autonomie hatte. Die Kosovoalbaner hatten ihre eigene Sprache, ihre eigenen Universitäten und Schulen und genossen eine enorme Unterstützung seitens aller jugoslawischen Republiken. Doch dieser Autonomiestatus des Kosovos hatte es erlaubt, jede beliebige Gesetzgebung in Serbien zu blockieren. Der jugoslawische Präsident hat 1989 diesen Autonomiestatus des Kosovo lediglich auf eine international übliche Ebene zurückgeschraubt, indem er die Polizei, die Gerichtsbarkeit und die rechtlichen Institutionen dort unter dem Einfluss des sog. "Überstaates", sprich Jugoslawiens, stellte. Unter Druck geraten, war Milosevic schließlich in Rambouillet bereit, den Kosovoalbanern wieder weitreichendere Zugeständnisse für ihre Autonomie einzuräumen.

Aber durch die bedingungslose Unterstützung des Westens und ihrer gleichgeschalteten Medien, die Milosevic die Schuld am möglichen Scheitern der Rambouillet-Verhandlungen zuschoben, ermutigt, pochten die Kosovoalbaner, die durch den als Massenmörder in Jugoslawien zu 22 Jahren Haft verurteilten Hashim Thaci vertreten waren, plötzlich auf die völlige Unabhängigkeit Kosovos von Jugoslawien. Als Thaci am Ende der Rambouillet-Verhandlungen den vom Westen ausgearbeiteten Vertrag schließlich unterzeichnet hatte, stand der jugoslawische Präsident plötzlich als Buh-Mann, als ein nicht zum Konsens fähiger Politiker da, als er sich weigerte, das Gleiche zu tun !! Dabei wurde der Anhang des Rambouillet Vertrages (Annex B), der die "freie Beweglichkeit der NATO in ganz Jugoslawien, einschließlich des Luftraumes und der See sowie die völlige Immunität von NATO-Soldaten bzw. deren ausführenden Organen", enthielt, die von keinem Politiker auf der Welt hätte unterzeichnet werden können, ohne die Souveränität des eigenen Landes preiszugeben, vor der eigenen Bevölkerung der westeuropäischen Staaten geheim gehalten. Nur die Parlamentarier dieser Länder bekamen den Annex B zu lesen, wurden aber zum Stillschweigen verurteilt. Da sie sich feige an dieses Stillschweigeabkommen hielten und auch der damalige jugoslawische Präsident Milosevic außer Stande war, dieses "Vertragswerk", genauer das "neokoloniale Unterwerfungsabkommen unter die NATO", das hauptsächlich auf Druck der USA zustande gekommen war, zu unterzeichnen, war der Krieg vorgeplant.

3. Nachdem die NATO den souveränen Staat Jugoslawien, einschließlich dem Kosovo, ohne Kriegserklärung und völkerrechtswidrig überfallen und 78 Tage aus 8.000 Meter Höhe feige und rücksichtslos bombardiert hatten, rechtfertigten das westliche Politiker, einschließlich vormaliger Linker, wie der damalige Bundeskanzler Schröder, der deutsche Außenminister Fischer sowie der damalige Verteidigungsminister Scharping mit der nicht zu überbietenden perfiden Lüge "Man musste ein zweites Auschwitz verhindern!" Durch die NATO-Aggression wurde die ganze Infrastruktur, einschließlich aller jugoslawischen Werke, das Chemiewerk in Pancevo, Eisenbahnen, Brücken völlig zerstört. Wenn die jugoslawischen Arbeiter und Ingenieure nicht rechtzeitig reagiert hätten und die giftigen Lösungen verschiedener Behälter nicht abgeleitet worden wären, wäre die Region um Pancevo nach den Bombardements nicht mehr bewohnbar gewesen! Aber sogar Wohngebiete, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser wurden mit durch das Völkerrecht verbotenen Waffen wie radioaktiven Bomben (DU), Graffiti-Bomben u. ähnl. bombardiert.

4. Durch Druck von verschiedenen Seiten auf den jugoslawischen Präsidenten Milosevic, doch einzulenken, wenn die NATO nicht im ohnedies geschundenen Jugoslawien mit Bodentruppen einmarschieren und dieses Land vollends zerstören soll, akzeptierten die jugoslawische Regierung und das serbische Parlament schließlich einen ihnen vom EU-Sonderbeauftragten Ahtisaari und dem russischen Sonderbeauftragten der russischen Jelzin-Regierung Tschernomyrdin vorgeschlagenen so genannten Friedensplan. Dieser sah vor, dass der Kosovo integraler Bestandteil der Bundesrepublik Jugoslawien bleibt. Die Kampfhandlungen in diesem Gebiet sollten eingestellt und allen Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht werden. Außerdem schloss dieser Plan einen umgehenden Abzug aller jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und dem Einsatz einer internationalen Friedenstruppe unter erheblicher Beteiligung der NATO vor. Dieser Plan trat dann am 10. Juni 1999 vom UNO-Sicherheitsrat mit der Verabschiedung der UN-Resolution 1244 in Kraft.

Die Serben hielten ihr Wort. Sie zogen ihre Truppen vom Kosovo ab. Aber statt des von der so genannten internationalen Gemeinschaft versprochenen Friedens herrschten in den folgenden Monaten das blanke Chaos, willkürliche Morde, die unter internationaler Kontrolle dort um das Zwanzigfache höher waren, als während des Krieges im von jugoslawischen Truppen besetzten Kosovo. Der Grund dafür war, dass die UNMIC die vormalige UCK in eine angeblich zivile Organisation, das Kosovo-Schutzkorps (KSK), umwandelte und dieses sogar aus UNO-Mitteln bezahlte. Falls einige wenige Gutgläubige vorher wirklich geglaubt hatten, mit dem Einmarsch "internationaler" Truppen (in Wirklichkeit in der Mehrzahl NATO-Truppen), werde sich die Lage im Kosovo zum Besseren wenden, wurde bitter enttäuscht. Tausende von Serben, Roma und Vertreter anderer Völkerschaften, einschließlich Kosovoalbanern, verließen fluchtartig ihre ehemalige Heimat, die sie nicht mehr als die ihre erkannten. Bald waren die Serben im Kosovo, der Wiege ihrer Nation, wie sie sie nennen, nur noch in der Minderheit und mussten tagtäglich um ihr Leben bangen, das sich bis heute in von internationalen Truppen bewachten Enklaven abspielt.

Die von den dort anwesenden sog. internationalen Truppen nicht verhinderte Vertreibung von ca. 230.000 Flüchtlingen (Serben, Roma und nicht wenigen der UCK-feindlichen Kosovoalbanern), sowie das Pogrom an den im Kosovo verbliebenen Serben im Jahre 2004, das zahlreichen serbischen Menschen das Leben kostete, bei dem Hunderte verletzt und weitere 4.500 Nichtalbaner vertrieben, 700 Häuser und zahlreiche Klöster blindwütig vernichtet wurden, taten ein übriges, den serbischen Flüchtlingen die Rückkehr in ihre ehemalige Heimat, dem Kosovo, endgültig zu verleiden.

Heute, nach der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo im Februar 2008, ohne die Billigung der UNO, nach der völkerrechtswidrigen Anerkennung des Kosovos als souveräner Staat durch zahlreiche - auch westeuropäische - Staaten wollen sich viele Staaten bzw. westliche Politiker, die 1999 die militärischen Sezessionsbestrebungen der Kosovoalbaner unterstützt hatten, bewusst nicht mehr an die UNO-Resolution 1244 erinnern, in der der Kosovo als integraler Bestandteil von Serbien bezeichnet wurde.

Dafür gibt es einen gewichtigen Grund: die unermesslichen Naturreichtümer des Kosovos: 77.302.106 t Steinkohle, Kupfer, Zink, Blei, Nickel, Gold, Silber, Marmor, Mangan, Eisen, Asbest, Kalkstein u.a., um nur einige zu nennen. Der Wert der Bodenschätze dort wird auf über Zehntausend Milliarden Dollar geschätzt und diese überaus bedeutsamen Bodenschätze in Händen der Arbeiter dort waren der eigentliche Hauptgrund für die militärische Einmischung des Westens durch die NATO in die Auseinandersetzungen zwischen jugoslawischer Armee und UCK im Jahre 1999. Die UCK wurden zudem jahrelang vom Westen über die Geheimorganisationen CIA und BND für diesen fälschlicherweise bis heute so bezeichneten "Bürgerkrieg im Inneren Jugoslawiens" logistisch und militärisch ausgebildet und mit Millionen von Dollar und DM finanziell unterstützt.

Während des NATO-Krieges gegen Jugoslawien wurde die ganze Infrastruktur des Landes zerstört, die Trepca-Minen im Kosovo sparte man bei diesen Bombardements aus. Schließlich wollte man in den Trepca-Minen nach dem Kriege - nunmehr in Privatbesitz - nahtlos weiter Profit machen. Um diesen Komplex, von Arbeitern bewacht, im Jahre 2000 in die Hand zu bekommen, wurden zwei faustdicke Lüge kolportiert: dass die Serben dort 1.500 Kosovoalbaner verbrannt hätten und man das Ganze überprüfen müsse; dass die Bevölkerung durch die Umweltverschmutzungen der Trepca-Mine einem großem gesundheitlichem Risiko ausgesetzt ist. Die von der NATO Tausendfach im Kosovo abgeworfenen radioaktiven Bomben aber wurden und werden bis heute nicht erwähnt!!

So landeten am 14. August 2000 von Helikoptern aus 900 bis an die Zähne bewaffneten britische, französische, italienische und pakistanische KFOR-Soldaten in den Trepca-Minen. Arbeiter, die ihr Werk erbittert verteidigten, wurden brutal zusammengeschlagen und z. T. schwer durch Tränengas und Plastikgeschosse verletzt. Anschließend wurden Betriebsleiter Manager und widerständische Arbeiter gefangen genommen. In UNO-Papieren liest sich das bis heute so: "Einleitung des Demokratisierungsprozesses im Kosovo".

Aber in Wirklichkeit konnte man nun damit beginnen, die Trepca-Minen an private ausländische Konzerne zu "verscherbeln".

Der mehrfach gesuchte Mörder an den Serben in der Kraina, Ceku, er war vor 1999 von der amerikanischen Söldnerfirma MPRI in Virginia als Killer ausgebildet worden und war von einem jugoslawischen Gericht für die Ermordung von 669 Serben vor allem in der Kraina verantwortlich gemacht geworden, ist gegenwärtig Ministerpräsident des Kosovo und leitet sowohl die von der UNMIC geschaffene ICMM, als auch die KTA, beide verantwortlich für Privatisierungen im Kosovo!

Nachdem man den Kosovo unter internationale Aufsicht, sprich neokoloniale Verwaltung, gestellt hatte, wollte man nun auch die Serben unter das Diktat der Marktwirtschaft zwingen.

Im Jahre 2000 fanden in Jugoslawien Parlamentswahlen statt. Schon vor diesen Wahlen hatten führende NATO-Politiker gewarnt, sollte Milosevic wieder gewählt werden, dann sei eine erneute Bombardierung Jugoslawiens nicht ausgeschlossen!

Weiterhin wurde sowohl von den Medien der westlichen Staaten, als auch von der Opposition in Jugoslawien selbst, die schon Monate vorher westlicherseits finanziell und ideell unterstützt wurde, behauptet, Milosevic würde die Wahlen manipulieren.

Auch diesem erheblichen Druck von außen war geschuldet, dass über 50% der Bevölkerung Serbiens nicht zur Wahl ging. Im 1. Wahlgang fehlten Milosevic immerhin 700.000 Stimmen für einen Sieg. Aber auch die vom Westen unterstützte DOS, die Kostunica als ihren Kandidaten auserkoren hatte, erreichte im 1. Wahlgang nicht die erforderliche Stimmenmehrheit.

Da sowohl der Westen, als auch die innere Opposition es nicht auf eine Stichwahl ankommen lassen wollte, verlegte man den Kampf vom Wahllokal auf die Strasse, indem die Opposition mit der vom Westen aus der Taufe gehobenen OTPOR-Studentenorganisation Hand in Hand arbeitete, die, wie man später erfuhr, von der CIA in Sofia trainiert worden war. Nach 78 Tagen NATO-Bombardement prangerte diese nicht den Aggressor, sondern den Präsidenten ihres Landes an mit Worten, die aus dem Think-Tank der NATO stammten. Überall prangten die von ihnen gesprühten Losungen: "Er (gemeint war Milosevic!) ist fertig"!!

Als dann noch eine Oppositionsgruppe von 4.000 Mann aus Cazak mit Bussen und Autos anrückte und das Parlament stürmte, in dem man nochmals mit der Auszählung von Stimmzetteln beschäftigt war, erreichte der von außen inszenierte Putsch seinen Höhepunkt. Nachdem leider auch einige frühere einflussreiche Anhänger Milosevics die Seiten gewechselt hatten, so der frühere Geheimdienstchef Jovica Stanisic und sein früherer Generalstabchef Momcilo Perisic, hielt man es nicht mehr für nötig, sich an die parlamentarischen Regeln zu halten.

Eine Stichwahl zwischen Milosevic und Kostunica wurde nicht durchgeführt!

Nach der rechtswidrigen Wahl wurde Kostunica zum Präsidenten Jugoslawiens ernannt. Die damalige US-Außenministerin Albright hatte danach entzückt ausgerufen: "Nun ist endlich die letzte Bastion des Sozialismus in Europa gefallen!" Als Dank für ihren Anteil am Systemwechsel in Jugoslawien bekam die Studentenorganisation OTPOR seitens der Friedrich Ebert-Stiftung ein Jahr später den Menschenrechtspreis 2001!

Unter der Kommentierung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschlands zum Artikel 87a, kann man lesen: "Im Spannungsfall können die Streitkräfte zivile Objekte schützen und bei der Bekämpfung organisierter Aufständischer tätig werden...". Das gilt freilich nur für die eigene politische und wirtschaftliche Ordnung im eigenen Lande. Für Länder anderer Gesellschaftsordnungen gelten freilich, wie das am Beispiel des damaligen Jugoslawiens praktiziert wurde, andere Maßstäbe!

Fazit: Das sozialistische Jugoslawien gibt es seit 10 Jahren nicht mehr. Ausschlaggebend dafür waren monatelange Bombardements, aber auch politischer und wirtschaftlicher Druck, Lügen und Bestechungen von Kollaborateuren im Inneren in Millionenhöhe durch namhafte Organisationen der NATO-Länder mit dem Ziel, auch in diesem Lande die kapitalistische Marktwirtschaft einzuführen.

Dies ist ihnen gelungen. Der frühere jugoslawische Präsident Milosevic ist, leider auch durch den Verrat eigener Leute, vor den so genannten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, einem ausführenden Organ der NATO, gezerrt worden. Dort hat er tapfer seine Anschauungen und sein Land verteidigt. Der Hass auf alles nur im entferntesten an Sozialismus Erinnernde und die Macht des Kapitals haben Milosevic auf dem Gewissen.

Heute haben wir in Jugoslawien, wie bei uns in der ehemaligen DDR, Arbeitslosigkeit, Zugang zur Bildung, Kultur und guten medizinischen Betreuung nur für wenige, Korruption in Millionenhöhe, Armut auf der einen Seite für die Mehrzahl der Bevölkerung und Reichtum für einige Auserlesene auf der anderen Seite, eine hohe Kriminalitätsrate, Prostitution, Drogen- und Menschenhandel - alles Dinge, die es im Sozialismus nicht gab. Dazu kommt die Sorge um unsere Söhne, Töchter und Enkel.

Statt zu einer von nicht wenige führende blauäugige Politiker der ehemaligen sozialistischen Staaten erhofften Versöhnung zwischen den Systemen (Sozialismus und Kapitalismus), kam es seither zu einer wachsenden Anzahl von Kriegen überall auf der Welt.

Die Aussagen der Klassiker des Marxismus-Leninismus, dass Kriege dem Kapital mit seiner expansiven Ausdehnung nach Profiten und Rohstoffen immanent sind, hat sich bewahrheitet.

Aber wir, die Volksmassen aller Länder, haben es in der Hand, dieses Gesellschaftssystem, das nicht das unsere sein kann, zu ändern. Viele Jahrzehnte Sozialismus, unterschiedlich ausgeprägt in den verschiedenen sozialistischen Ländern, haben es bewiesen, dass es auch anders geht. In einer Welt der Finanzkrisen, der Kriege, des Desasters, kann es nur heißen: "Sozialismus oder Untergang der Menschheit!"

Brigitte Queck, Potsdam 4.3.09

Raute

STANDORTBESTIMMUNGEN

Redaktion offen-siv: Standortbestimmungen

Zur notwendigen Diskussion über den Zustand und die Perspektiven der kommunistischen Bewegung im imperialistischen Deutschland

Selbst für die herrschende Klasse, ihre Ideologen und Schreiberlinge sind die derzeitigen kapitalistischen Krisenerscheinungen die größte Herausforderung seit Jahrzehnten; ein ernst zu nehmender Gegner, der dieses imperialistische System mehr als nur in Frage stellt, ist nicht in Sicht: die sozialistischen Länder in Europa sind konterrevolutionär zerschlagen, die organisierte Arbeiterbewegung schwächelt sozialdemokratisiert vor sich hin, die kommunistische Bewegung in Europa ist in jeder Hinsicht, bis auf ganz wenigen Ausnahmen, ein Schatten ihrer selbst.

Mit ganz besonderer Zuspitzung triff dies auch für die Situation in der imperialistischen BRD zu.

Die imperialistische Barbarei wird jeden Tag offensichtlicher und zugleich bedrohlicher, aggressiver, gefährlicher, umfassender. Wir fragen deshalb gerade in diesen Tagen: Wo bleiben die Kommunisten? Was wurde aus ihrem Schrei nach einer revolutionären Alternative zur imperialistischen Barbarei und ihre Orientierung auf eine revolutionäre Umwälzung?

Wir sind der Auffassung, dass sich die Antworten auf diese Fragen in einer neuen Etappe bewegen werden und sind deshalb auf eine sich hoffentlich spannende und herausfordernde Diskussion gespannt.

Was ist mit dieser "neuen Etappe" gemeint? Unmittelbar nach dem Sieg der Konterrevolution (wobei insbesondere die konterrevolutionäre Zerschlagung der DDR für die deutsche Arbeiterbewegung im Allgemeinen und die Kommunisten im Besonderen verheerende Auswirkungen hatte, war mit der DDR doch die bisher größte Errungenschaft der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung durch den Imperialismus, besonders den deutschen Imperialismus, vernichtet worden!) war die Situation der kommunistischen Bewegung in der BRD im wesentlichen durch drei Hauptelemente gekennzeichnet:

- organisatorisch war sie bis an den Rand ihrer Existenz geschwächt und in verschiedene Einzelteile zersplittert;

- politisch waren alle möglichen Strömungen revisionistischen und rechtsopportunistischen Gedankenguts dominant;

- auch und gerade deshalb erschien auch für sehr viele, die sich noch als Kommunisten verstanden, die damalige PDS als Hoffnungsträgerin für eine sozialistische Perspektive; dies umso mehr, als in ihre eine recht starke so genannte "Kommunistische Plattform" wirkte.

Diese nur kurz angerissenen Koordinaten haben sich inzwischen verändert bzw. verschoben. Die PDS hat sich nicht nur einen neuen Namen gegeben ("Die Linke"), es wurde auch immer deutlicher, dass diese Partei bereits in ihrer Anlage die Formierung einer neuen sozialdemokratischen Formation zum Ziel hatte. Dieser Prozess ist in seinem Kernbereich bereits abgeschlossen, wird lediglich noch - entsprechend bürgerlichen Notwendigkeiten und innerparteilichen Möglichkeiten in all ihren Widersprüchlichkeiten - feinjustiert. Das hat zu einem großen Stück Klarheit hinsichtlich der objektiven Rolle dieser Partei innerhalb des bürgerlichen Parteiensystems der BRD geführt. Dies wurde jedoch auch dadurch möglich, dass jene Gruppierung in der PDS/"Die Linke", die vorgab, am revolutionären Erbe und seiner Perspektive festzuhalten und so die Gesamtpartei in wesentlichen antikapitalistischen Grundfragen "auf Kurs zu halten", die so genannte "Kommunistische Plattform (KPF)", systematisch als das entzaubert wurde, was sie objektiv von Beginn an war - ein linkes Feigenblatt einer Partei auf dem Weg in die Sozialdemokratie; mit dieser Entzauberung einher ging der organisationspolitische Zerfall der KPF, die heute lediglich nur noch als ein blasser, müder, gerade noch geduldeter, relativ einflussloser und heiserer Schatten ihrer selbst vor sich hin dümpelt.

Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Erfahrungen mit Versuchen, die zersplitterten kommunistischen und sozialistischen Formationen zusammenzuführen. Aus diesen gescheiterten Erfahrungen lassen sich aus unserer Sich vor allem zwei bleibende herauskristallisieren: sie mussten scheitern, weil sie zu Gunsten einer - kaum definierten - Sehnsucht nach Einheit die notwendige Klarheit an inhaltlichen Positionierungen als gemeinsame Basis vernachlässigten und sie schlossen deshalb auch von Beginn an Kräfte ein, die einen objektiv reaktionären Charakter haben (Trotzkisten und/oder Parteien wie MLPD, KPD/ML etc.). Sie mussten außerdem scheitern, weil sie auf Diskussionen auf Führungsebenen dieser Formationen beschränkt blieben, bestenfalls wohlklingende Kongresse oder Zusammenkünfte organisierten und jede Orientierung auf die Entwicklung gemeinsamer Aktionen, gemeinsamer ideologischer wie politischer Tätigkeit, gemeinsamer Bildungs- und Jugendarbeit, gemeinsamer Schwerpunktsetzung auf die Arbeiterklasse unterblieb bzw. angesichts der ideologisch-politischen Unklarheiten unterbleiben musste. Jetzt gib es aber in dieser Hinsicht eine Herausforderung für die notwendige Einheit, eine Herausforderung auf der Basis ideologisch-politischer Klarheit: die "Kommunistische Initiative".

So sehr wir dieses die Lage verbessernden Veränderungen registrieren, so deutlich finden sie immer noch in einer Situation statt, in der revisionistisches und reformistisches Gedankengut in unterschiedlichsten Spielarten innerhalb der immer noch zersplitterten sozialistischen und kommunistischen Bewegung dominant ist, alle noch existierenden Organisationen deshalb an Einfluss und organisatorischer Kraft verlieren (dieses Element hat sich bisher nicht verändert).

Hier muss aus unserer Sicht in dieser Etappe die Diskussion ansetzen, um - ähnlich wie bei der so genannten KPF - zu einer schrittweisen Entzauberung jener Kräfte zu kommen, die objektiv jeder politisch-ideologischen Klarheit im Wege stehen und damit ein Hindernis für das Wiedererstarken der kommunistischen Bewegung in Deutschland sind.

Damit schälen sich aus unserer Sich in der und für die Diskussion folgende Fragenkomplexe heraus:

1) Welche Rolle spielt die neue Sozialdemokratie in Form der Partei "Die Linke" im bürgerlichen Parteiensystem der BRD und was bedeutet dies für den Umgang von Kommunistinnen und Kommunisten mit ihr (Stichwort: Bündnispolitik)?

2) Unter den kommunistischen Parteien und Formationen ist derzeit die DKP organisatorisch immer noch die stärkste. Welche Rolle spielt sie objektiv? Bedeutet deshalb die eigene Standortbestimmung zur DKP nicht konsequenterweise auch eine Positionsbestimmung hinsichtlich aller Fragen zur ideologisch-politischen Klarheit, der Einheit und dem Wiedererstarken der kommunistischen Bewegung im imperialistischen Deutschland?

3) In fast allen kommunistischen Formationen in der BRD gibt es unterschiedliche Strömungen, Auffassungen und/oder Tendenzen. Was sagen diese über den Grundcharakter einer Formation aus? Woran UND worin bestimmt sich der Grundcharakter einer kommunistischen Organisation, Partei oder Formation?

4) Wer ist wer im Gefüge kommunistischer Formationen, Parteien und Organisationen jenseits der stärksten, der DKP (z.B. KPD, KPD/B), und wie positionieren sie sich hinsichtlich der brennenden Fragen nach Klarheit und Einheit?

5) Welche Rolle können in unserer derzeitigen Situation politische Organe mit marxistischem oder gar marxistisch-leninistischem Anspruch (z.B. "Rotfuchs", KAZ, T&P, "offen-siv") spielen? Welche Aufgabe/Rolle müssten sie eigentlich einnehmen oder haben sie derzeit objektiv?

6) Was bedeutet unter den heutigen Bedingungen die Leninsche Aussage Klarheit vor Einheit?

Über diese aus unserer Sicht für die kommunistische Bewegung notwendigen Grundparameter wollen wir eine prinzipielle Diskussion anstoßen. Eure Meinungen und Positionen, Gegenreden etc. sind deshalb gefragt! Zudem werden wir aus unserer Sicht interessante Positionspapiere veröffentlichen; wir werden innerhalb dieses notwendigen Diskussionsprozesses auch drucken, was andernorts unbequem ist, nicht an die Öffentlichkeit soll, sofern es unserer Diskussion nützlich ist. Ihr seid gefordert! Es nutzt uns allen...

Wir stoßen die Diskussion heute mit zwei Beiträgen an: einem "Offenen Brief" aus der DKP sowie einen Beitrag des Genossen Feldbauer...

Die Redaktion


Folgender "Offener Brief" an den DKP-Vorsitzenden Heinz Stehr wurde von einigen DKP-Genossinnen und Genossen vor allem auch als Reaktion auf die mehrheitliche Annahme des Wahlprogramms der DKP für die Europawahlen und die deutliche Ablehnung des Alternativvorschlags der DKP-Berlin (siehe letzte "offen-siv" sowie komplett: www.kommunistische-initiative.de) verfasst. Dieser "Offene Brief" wurde zwar in der UZ veröffentlicht, aber mit einer Antwort des Parteivorstandes erschlagen sowie auf der letzten Parteivorstandstagung nicht nur abgelehnt, sondern regelrecht zerrissen und zum Teil als "parteischädigend" denunziert.

Die Redaktion

Raute

Patrick Köbele u.a.: Offener Brief an Heinz Stehr

"Lieber Genosse Heinz Stehr,

Verlauf und Ergebnis der 2. Tagung des 18.Parteitags am 10. Januar in Berlin veranlassen uns, das Wort mit diesem offenen Brief an Dich zu richten. Du sagst in Deinem Referat: "Das falsche Bild, dass der deutsche Imperialismus die EU als Projekt nützen würde, in Kontinuität zu den beiden verheerenden Weltkriegen seine Weltmachtziele jetzt mit der EU in Konkurrenz zu den USA und Japan durchzusetzen, ist politisch nicht zu belegen." Leo Mayers These vom kollektiven Imperialismus ließ sich jedoch schon in den Hochzeiten der "Globalisierung" nicht belegen, weil sie - undialektisch - das Verhältnis von Konkurrenz und Zusammenarbeit zwischen den imperialistischen Staaten nicht abbilden konnte.

Wir meinen, dass es an der Zeit ist, die These des Bedeutungsverlusts der Staaten gegenüber den transnationalen Konzernen und verwandte Theorien angesichts der jüngsten Krisenentwicklungen zu revidieren. Es ist doch unübersehbar, dass die großen kapitalistischen Staaten die Krise nutzen, um damit die Position "ihrer" Konzerne und "ihrer" Banken zu stärken. Die Krise ist das Feld, auf dem derzeit die imperialistische Konkurrenz ausgetragen wird. Wenn Frau Merkel "Deutschland ist stark!" tönt, sollte das für uns als geschichtsbewusste Menschen ein Alarmzeichen sein.

Es ist für eine kommunistische Partei, die in der Tradition der Thälmannschen KPD steht, sträflich, die Ambitionen der "eigenen" herrschenden Klasse zu verniedlichen. Wenn Leo Mayer es als programmatischen Fortschritt sieht, dass der Begriff "deutscher Imperialismus" nicht im EU-Wahlprogramm der DKP auftaucht, dann zeigt das höchstens einen Fortschritt im Nicht-Hinsehen-Wollen. Die herrschenden Klassen Deutschlands haben Europa in zwei verheerende Kriege gestürzt, die Millionen Menschen das Leben gekostet haben und die halb Europa in Schutt und Asche gelegt haben.

Diese Klassenkräfte haben doch, gestärkt durch die konterrevolutionäre Vereinnahmung der DDR, ihre Weltmacht-Pläne nicht zugunsten eines nebulösen EU-Imperialismus oder Weltimperialismus aufgegeben. Die deutsche Monopolbourgeoisie hat sich nicht schiedlich-friedlich mit ihren europäischen Klassenbrüdern geeinigt, um dann zum gewaltfreien und freundschaftlichen Wettstreit mit der US-amerikanischen Bourgeoisie aufzurufen! Lieber Genosse Heinz Stehr, unser Wahlprogramm zur EU-Wahl ist mit voller Absicht "ELkompatibel", so sagte es Leo Mayer auf dem Parteitag.

Wir meinen, dass eine Kompatibilität und die Verbindung von Kämpfen auf nationaler und europäischer Ebene zwei Paar Schuhe sind. Welche Perspektive hat eine Kommunistische Partei, wenn sie ihr eigenes Wahlprogramm dem einer reformistischen Partei anpasst? Den Vorschlag, in möglichst vielen Bundesländern zur Bundestagswahl anzutreten, hast Du so beantwortet: "Dieses Vorhaben ist aus meiner Sicht aus politischen Gründen falsch. Es würde anders als bei den EU-Wahlen unsere Überlegungen zur Bündelung der linken Kräfte zur Formierung außerparlamentarischer Bewegungen, vor allem auch aus der Arbeiterbewegung erschweren." Wir wissen nicht, wie Du zu dieser Einschätzung kommst. "Bündelung der Linkskräfte" kann doch nicht in der Konsequenz bedeuten, dass man sich bis zur Verbiegung des eigenen Charakters anpasst! "Bündelung der Linkskräfte" bedeutet im besten Fall, dass man zu politisch wichtigen Themen zusammenarbeitet, um das gesellschaftliche Klima zu verändern, um den Weg zu Reformen zur Verbesserung der Lebensbedingungen freizumachen. Dazu gehört aber eine starke und eigenständige Kommunistische Partei, die weitergehende Aufgaben hat, als lediglich Reformen durchzusetzen.

Aktionseinheit heißt nicht, hinter der (linken) Sozialdemokratie herzulaufen.

Wir meinen, dass eine wählbare kommunistische Position, die sich klar vom Konzept der Gesamtsozialdemokratie abgrenzt, für den weiteren politischen Weg der Arbeiterklasse dieses Landes eine zentrale Bedeutung hat.

Lieber Genosse Heinz Stehr, du sagst "Im Moment eskalieren erneut unterschiedliche Positionen zur Haltung zur Europäischen Union und zur Europäischen Linkspartei in einer Art und Weise, die das Ansehen der DKP in der politischen Linken aus meiner Sicht schwächen." Ja, in der Tat, zu diesen Punkten und zu einer ganzen Reihe anderer Fragen haben wir kontroverse Auffassungen. Hans Heinz Holz und andere haben mehrfach darauf hingewiesen, dass dies keine Besonderheit der DKP ist, sondern dass diese Kontroversen zumindest in den europäischen Kommunistischen Parteien geführt werden.

Diese Fragen hat der Gang der kapitalistischen Entwicklung nach 1989 auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist notwendig, diese Fragen geduldig, aber prinzipiell zu klären.

Wir meinen, dass nicht die Diskussion über kontroverse Auffassungen die DKP schwächt, sondern die Art und Weise, wie versucht wird, diese Diskussion zu umgehen und zu verhindern.

In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass das gegenwärtige Parteiprogramm von 2006 Ergebnis einer langen und schwierigen Debatte ist. Nina Hager und Rolli Priemer haben auf und nach dem Parteitag auf den Kompromisscharakter dieses Dokuments hingewiesen. Das ist eine Ausgangslage, die von allen Beteiligten eine gewisse politische Sensibilität verlangt. Niemand stellt die Gültigkeit dieses Programms als Grundlage der Politikentwicklung in Frage. Die von Leo Mayer betriebene scheibchenweise Revision dieses Kompromisses ist jedoch offensichtlich. Nun sind Programme keine Dokumente unverrückbarer, gleichsam in Stein gemeißelter politischer Prinzipien. Die Weiterentwicklung von Positionen ist legitim und notwendig. Dies kann aber nicht durch einzelne Genossen geschehen, sondern nur durch einen transparenten Diskussionsprozess der gesamten Partei.

Lieber Genosse Heinz Stehr, du sagst: "Nach Lage des politischen Bewusstseins, der voraussehbaren Entwicklungen wäre eine Position, die auf den Austritt aus der EU orientiert, nationalistisch und reaktionär ausdeutbar." Dies ist aus unserer Sicht die Verunglimpfung einer kritischen Position.

Dergleichen ist nur noch mit der Wortwahl eines saarländischen Genossen zu überbieten, dem nichts anderes einfiel, als mit dem Begriff "Parteischädigend" zu drohen. Wenn dieser Stil zur allgemeinen Methode würde, das würde in der Tat unsere Partei schwächen.

Wir zumindest wollen nicht nach dem Sprichwort "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus" verfahren, sondern nach einem konstruktiven Weg der Diskussion und produktiver Praxis suchen, die die DKP als marxistische Partei auf der Höhe der Zeit auszeichnen sollte.

Dazu zurückzukehren halten wir für notwendig. Einen Weg zu finden, wie das geht, das möchten wir gerne diskutieren, mit Dir, dem Parteivorstand und allen Genossinnen und Genossen, die sich daran beteiligen möchten.

Mit kommunistischen Grüßen

Patrik Köbele, Anke Dussmann Ruhr-Westfalen; Ansgar Schmidt Ruhr-Westfalen; Axel Koppey Hessen; Brigitte Müller Brandenburg; Erika Baum Berlin; Falk Nobst Brandenburg; Frank Darguß Niedersachsen; Hans Heinz Holz Ruhr-Westfalen; Jutta Markowski Ruhr-Westfalen; Karin Hildebrandt Brandenburg; Lothar Näthebusch Berlin; Manfred Feldmann Südbayern; Männe Grüss Berlin; Rainer Perschewski Berlin; Renate Münder Südbayern; Rolf Meier Berlin; Sigrun Steinborn Berlin; Tina Sanders Hamburg; Wera Richter Berlin; Wolfgang Herrmann Brandenburg"

Raute

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu Gerhard Feldbauers Artikel

Den folgenden Beitrag des Genossen Feldbauer möchten wir aus unserer Sicht mit einigen notwendigen Vorbemerkungen einleiten. Es geht uns dabei um seine generelle Einschätzung des "Rotfuchs" sowie der DKP. Genosse Feldbauer beschreibt aus unserer Sicht sehr treffende (wir haben ja ähnliches erfahren und beobachtet!) Entwicklungen im Vorstand des "Rotfuchs"-Vereins. Daraus jedoch zu schlussfolgern, dass der "Rotfuchs" als Zeitschrift oder gar die "Rotfuchs"-Gruppen als solches die Rolle der wichtigsten Spaltung der kommunistischen Bewegung in der BRD spielten, halten wir für falsch und weit überzogen, da diese Einschätzung keinerlei Unterscheidung zwischen der Rolle von einigen Vorstandsmitgliedern und dem Verein als Ganzes, den politischen Ansprüchen des "Rotfuchs"-Vereins und dem Handeln einiger Vorstandsmitglieder macht. Genosse Feldbauers Einschätzung der DKP als Partei mag zwar der Gefühlswelt vieler Genossinnen und Genossen entsprechen - auch jener, die die DKP in wichtigen Einzelfragen kritisieren -, aber sie ist aus unserer Sicht fern der Realitäten. Wir drucken seinen Beitrag ab, weil er nach unserer Auffassung wichtige Anregungen zur Diskussion liefern kann, sowohl zum "Rotfuchs" als auch und vor allem zur DKP...

Die Redaktion


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Gerhard Feldbauer: Zu den Auseinandersetzungen mit dem Opportunismus des "RotFuchs"-Chefredakteurs Dr. Klaus Steiniger.

In seiner Januar-Ausgabe 2009 brachte die Zeitschrift "Rotfuchs" des gleichnamigen Vereins unter der Überschrift Zitat folgenden Auszug aus meiner in der Zeitschrift "offensiv" Nr. 10/2008 veröffentlichten Stellungsnahme zur Bildung der "Kommunistischen Initiative":

"Bei der Auseinandersetzung mit dem Opportunismus wird der "RotFuchs" (RF) völlig ausgeklammert. Ich war vier Jahre Vorsitzender des Herausgebervereins der Zeitschrift und musste mich davon überzeugen, dass mit dessen Gründung in unsere kommunistische Bewegung die bis dahin tiefste Spaltung getragen wurde, und insbesondere RF-Chefredakteur, Dr. Klaus Steiniger, Opportunismus in übelster Weise praktiziert."

Das Zitat ist aus dem Zusammenhang des längeren Beitrags herausgerissen. Hinweise auf zwei ausführliche Beiträge von mir in "offensiv", Nr. 4 und 10/2006, die meine Kritik belegen, wurden gestrichen. Das Zitat haben in der Februar-Ausgabe des RF zwei Leser zum Anlass genommen, folgende Texte zu publizieren.

Text des Ersten: "Das Feldbauer-Zitat im Januar-RF lässt mich die Frage stellen: Was hat Genosse Dr. Klaus Steiniger eigentlich getan, um ihn in dieser schroffen Form des Opportunismus zu bezichtigen? Spielten hier etwa nicht in Erfüllung gegangenes eigenes Wunschdenken und verletzte Eitelkeit eine Rolle? Ich habe es satt, mit Leuten umzugehen, die sich trotz ihrer Lebensleistung und reichen Erfahrung wie gekränkte Leberwürste aufführen." Heinz Maaßberg, Magdeburg.

Text des zweiten: "Mit großer Verwunderung sah ich im Januar-RF das Zitat von Gerhard Feldbauer. Was will dieser Mann eigentlich? Dr. Steiniger Opportunismus vorzuwerfen ist ja wohl das letzte an Geschmacklosigkeit. Opportunismus ist nach dem Duden "prinzipienloses Anpassen an die jeweilige Lage, Handeln nach Zweckmäßigkeit". Das kann man ja dem RF- wohl in keiner Weise nachsagen. Ernst-Otto Christalle, Berlin.

Zunächst wäre zu fragen, warum der kritisierte Chefredakteur nicht selbst Stellung nimmt, statt dessen zwei Leserbriefschreiber dazu zu Wort kommen lässt, die, so mein Eindruck, offensichtlich nicht sachkundig sind, die von mir angeführten Beiträge, die im Zitat gestrichen wurden, wohl nicht kennen. Sonst hätten sie sich wahrscheinlich nicht so salopp für ihren Chefredakteur eingesetzt.

Ich habe im übrigen nichts Neues vorgebracht, nur wiederholt, was bereits früher zum Verhalten des RF-Chefredakteurs gesagt wurde. Da ich nach der Methode arbeite, neben der Behauptung steht der Beweis, gebe ich dazu zunächst die Erklärung über meinen Austritt aus dem RF-Verein wieder. Da der Chefredakteur sich seinerzeit weigerte, sie zu veröffentlichen, habe ich damals die Zeitschrift "offensiv" gebeten, sie zu publizieren, was in der Nr. 10, Sept./Okt. 2006 erfolgte. Vorher hatte sich Klaus Steiniger bereits geweigert, eine kurze sachliche Notiz von mir, über meinen Rücktritt als Vereinsvorsitzender zu veröffentlichen. Als sich das herumsprach, geschah das dann in Form einer Anzeige (!).

Hier der Wortlaut meiner Austrittserklärung vom 5. Oktober 2006, die dem RF-Vorsitzenden Rolf Berthold übermittelt wurde: "Ich erkläre hiermit meinen Austritt aus dem Förderverein RotFuchs e.V., zu dessen Gründungsmitgliedern ich am 27. Juli 2001 zählte und dessen Vorsitz ich bis zu meinem Rücktritt am 12. März 2005 innehatte. Zu meinen wichtigsten Gründen: [1]

Die Bildung der Zeitschrift und später die Gründung des Vereins waren im linken Spektrum begrüßte Initiativen, die Hoffnungen weckten. Viele bekannte Autoren fanden ein Betätigungsfeld und trugen und tragen noch heute durch qualifizierte Themen zur Gestaltung einer guten linken Zeitschrift bei. Besonderen Widerhall fand das im "RotFuchs" vertretene Bekenntnis zur DDR, als revolutionärster Errungenschaft in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Ebenso das verkündete Ziel, Kommunisten, Sozialisten und andere linke Kräfte zusammenzuführen.

Die Gründungsversammlung beauftragte den Chefredakteur durch Beschluss, eine Redaktion zu bilden, die der Vereinsvorstand bestätigen sollte. Zwei Wahlperioden lang weigerte sich Dr. Steiniger, diesen von ihm selbst mit gefassten und in die Satzung aufgenommenen Beschluss auszuführen. Eine knappe Mehrheit des Vorstandes tolerierte diese mit sozialistisch/kommunistischen Mediengrundsätzen nicht zu vereinbarende Haltung, die offenbarte, dass Klaus Steiniger sich von negativen Seiten seiner früheren Tätigkeit als Starreporter des ND ganz offensichtlich nicht gelöst hatte. Enttäuschend war seine Unehrlichkeit. Nach wiederholter Kritik von mir und zahlreichen Vereinsmitgliedern versprach er immer wieder, eine Redaktion zu bilden. Um sich vom Vorstand völlig unabhängig zu machen, versuchte er jedoch, sich von der Mitgliederversammlung im Dezember 2005 direkt wählen zu lassen. Nur durch energischen Einspruch mehrerer Regionalleitungen kam das nicht zustande. Hinzu kamen Verstöße gegen allgemeine demokratische Grundsätze und Gepflogenheiten, die mit dem von Zeitschrift und Verein vertretenen Anspruch, zur Wegbereitung eines neuen sozialistischen Anlaufs beizutragen, unvereinbar sind. Die im Juli 2006 vom Vorstand beschlossenen Vereinsleitsätze kamen ohne eine Mitwirkung der Basis zustande. Zuvor waren vom Vorstand [2] auf der Mitgliederversammlung 2005 mehrere konkrete Vorschläge zur Verabschiedung einer Arbeitsentschließung, abgelehnt und an den neuen Vorstand verwiesen worden, der sich weigerte, sie zu behandeln. Die Problematik wurde in der Berichterstattung über die Versammlung komplett unterschlagen. Die jetzt beschlossenen Leitsätze wurden in der Zeitschrift nicht im Entwurf veröffentlicht, nicht zur Diskussion gestellt, es wurde um keine Vorschläge gebeten.[3] Ein Versuch, die Basis möglichst weitgehend von einer Mitgestaltung des Vereinslebens auszuschließen, war der von Dr. Steiniger ausgehende Antrag an die Versammlung 2005, Mitgliederversammlungen statt wie bisher alle zwei nur noch alle vier Jahre einzuberufen. Er scheiterte wie die Direktwahl des Chefredakteurs am Einspruch mehrerer Regionalleitungen.

Zur schädlichen Praxis des Chefredakteurs gehört, Beiträge von Autoren zu zensieren, Kritik an seiner Arbeit zu unterdrücken, Schönfärberei, ein rüder Umgang mit Kritikern, der in einer üblen Hetz- und Verleumdungskampagne gegen sie gipfelte. Zwischen den in der Zeitschrift verkündeten Zielen, Kommunisten, Sozialisten und andere linke Kräfte zusammenzuführen, die auch in den Leitsätzen wieder propagiert werden, und dem praktischen Handeln des Chefredakteurs und einer Mehrheit des Vorstandes gibt es bis heute gravierende Diskrepanzen.

Im linken Spektrum betreibt Dr. Steiniger besonders, aber nicht nur, gegenüber der Zeitschrift "Offensiv" eine Politik der Spaltung. Ich habe zunehmend bemerkt, dass er in der einflussreichen und angesehenen linken Zeitschrift einen unliebsamen Konkurrenten sieht, den er auszuschalten suchte. Dazu begann er eine üble Hetz- und Verleumdungskampagne. Im Gegensatz zur Wahrheit behauptete er in Schreiben, die er im angeblichen Auftrag des Vorstandes verbreitete, in verleumderischer Weise, der Vereinsvorstand habe beschlossen, mit "Offensiv" zu brechen. [4] Den Gipfel dieser Infamie erklomm Dr. Steiniger als er den "Offensiv"-Chefredakteur, Frank Flegel, und den Chefredakteur der Zeitschrift "Geheim", Michael Opperskalski, die zusammen mit Peter Hacks, Prof. Erich Buchholz, Dr. sc., Dr. h.c. Kurt Gossweiler und dem General der DDR Prof. Willi Opitz zu den Gründungsmitgliedern des "Vereines zur Förderung demokratischer Publizistik" (Hg. von "Offensiv") gehörten, auf übelste Weise der Praktizierung von Operationen "geheimdienstlichen Charakters" und der "politisch-ideologischen Diversion", bezichtigte. "Offensiv" wurde als "politischer Gegner", Michael Opperskalski als ein Meister der "ideologischen Diversion" bezeichnet. Man muss sich das einmal vorstellen. Die in der DDR hoch angesehenen Persönlichkeiten, werden von Dr. Steiniger als heutige Kollaborateure von Medien diffamiert, die westlichen Geheimdiensten dienstbar seien. Wenn man dazu bedenkt, dass Klaus Steiniger in der DDR einmal als Staatsanwalt tätig war, wird deutlich, welchen Schaden er nicht nur den betreffenden Persönlichkeiten, sondern ebenso dem Ansehen der DDR zufügt. Spätestens hier muss man sich doch wohl die Frage stellen, welche Interessen der Chefredakteur damit bedient.

Dr. Steiniger verschärfte seine Hetze, indem er Michael Opperskalski als einen britischen Geheimdienstagenten diffamierte. Andere Vorstandsmitglieder griffen diese Bezichtigungen auf und verbreiteten sie ebenfalls. Über die auf Vorstandssitzungen des Vereins offen betriebene übelste Hetze hatte Werner Hoppe, in der letzten Wahlperiode Vorstandsmitglied, Vereinsmitglieder informiert und dazu ein Gedächtnisprotokoll gefertigt. [5] Vorstandsmitglied Armin Neumann, Leiter des Vertriebs der Zeitschrift, verstieg sich auf der Versammlung am 3. Dezember 2005 zu der ungeheuerlichen Verleumdung, dazu müsse Werner Hoppe ein Abhörgerät bei sich geführt haben. Der Vorstand lehnte es ab, Anträge von Vereinsmitgliedern zu behandeln, die forderten, sich mit dieser Hetzkampagne zu befassen, die vorgebrachten Anschuldigungen und üblen Verleumdungen zurückzuweisen und zurückzunehmen, sich bei den betroffenen Personen zu entschuldigen und Maßnahmen zu ergreifen, dass derartige Verhaltensweisen in Zukunft unterbunden werden.

Diese Spaltungspraxis hat zu einer ganzen Anzahl von Austritten aus dem Verein geführt, darunter mehrere Gründungsmitglieder. Angesehene Autoren, wie beispielsweise Dr. sc. Dr. hc. Kurt Gossweiler und Prof. Ullrich Huar haben ihre Mitarbeit an der Zeitschrift eingestellt. Die Regionalgruppe Hamburg des Vereins, aktivste Basisgruppe im Westen, trat geschlossen aus. Die Vereinsmitglieder erfahren von all dem nichts, da der Vorstand ein von der Basis abgeschottetes Dasein führt. Von raren Ausnahmen, so der Information über einen Beschluss zur Bildungsarbeit, Einladungen zu Regionalveranstaltungen oder wie jüngst über die Leitsätze des Vorstandes, erfahren die Vereinsmitglieder und die Leser in der Zeitschrift nichts über die Arbeit des Vorstandes, die behandelten Themen, gefassten Beschlüsse. Ganz zu schweigen davon, dass die für die Sitzungen unterbreiteten Tagesordnungen und das Datum des Stattfindens nicht bekannt gegeben werden. Damit haben die Mitglieder und Leser keine Möglichkeit, die Arbeit der Vereinsleitung zu verfolgen, Vorschläge zu unterbreiten oder sich kritisch zu äußern.

Dieser Chefredakteur der Vereinszeitschrift "RotFuchs" gehört abgesetzt. Dass sein politisch instinkt- und verantwortungsloses Verhalten von bekannten politischen Personen, wie dem langjährigen DDR-Botschafter in China, dem Vereinsvorsitzenden, Rolf Berthold, und dem letzten Rektor der Parteihochschule der SED, dem Stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Prof. Jörg Dickmann, mitgetragen wird, macht diese Angelegenheit mit am Schlimmsten.

Ich jedenfalls kann diese von einer Mehrheit des Vereinsvorstandes und dem Chefredakteur seiner Zeitschrift betriebene Praxis als Vereinsmitglied nicht länger mittragen."

Ich empfehle, auch den in "Offensiv", Nr. 4/2006 veröffentlichten Artikel "Welchen Weg schlägt der 'Rotfuchs' ein? Zu den Auseinandersetzungen mit dem Chefredakteur Dr. Klaus Steiniger" nachzulesen. Ich lege ferner noch einige wenige von vielen Beweisen vor:

Zum Umgang des Vorstandes mit Kritikern und zur Bevormundung der Basis: Als der RF-Regionalleiter von Uckermark, Wolfgang Herrmann, über einen Vortrag Michael Oppertskalkis zu Irak, der sehr gut ankam, einen Bericht verfasste, den der damalige Webmaster, Vorstandsmitglied Hartwig Strohschein, in die RF-Internet-Ausgabe setzte, forderte Steiniger, ihn zu entfernen. Als dieser das ablehnte, drohte der Chefredakteur, "dann setzten wir Dich ab". Niemand hatte Steiniger zu einer solchen Entscheidung ermächtigt, die nicht nur die Zeitschrift, sondern den Verein betraf. Hartwig Strohschein trat daraufhin zurück.

Den Regionalleiter Hamburg, Werner Hoppe, ein früheres RAF-Mitglied, heute ein engagierter Kommunist, der besonders in vor Ort anerkannter Weise in der Antikriegs- und der Migrantenarbeit aktiv ist, kanzelte Steiniger als "ultralinks" ab. Das geschah nachdem Werner ihn kritisiert hatte, u. a. wegen seiner nicht akzeptablen Haltung zur Flüchtlingsproblematik, die der Hamburger Flüchtlingsverein "Karawane" [6] scharf verurteilte hatte; des weiteren wegen unzulässiger Eingriffe in die Autorenrechte (u. a. Streichen eines Lenin-Zitats)! Der Verfassungsschutz wurde gut bedient. Die Vorsitzende des 800 Mitglieder zählenden Vereins "Karawane", Katja W., trat daraufhin aus dem RF-Verein aus, mit ihr bis auf eine Ausnahme alle Hamburger Vereinsmitglieder.

Zu diesem im Verein herrschenden Klima gehört auch, dass man sich zwar außerhalb der Vorstandsitzungen und Vereinsversammlungen zum Chefredakteur oder der Vorstandsmehrheit kritisch äußerte, sich offiziell aber anpasste und schwieg. So stimmten auf der Vorstandssitzung, auf der ich vom Vereinsvorsitz zurücktrat, von elf anwesenden Mitgliedern acht für Klaus Steiniger, drei gegen ihn oder enthielten sich. Eines dieser Vorstandsmitglieder rief mich noch am Abend an, um mir seine solidarische Haltung zu bekunden. Das war aber dann auch alles.

Die aufgezeigten Praktiken und Methoden des Chefredakteurs sind Ausdruck spezifischer linksopportunistischer Verhaltensweisen. Opportunismus besteht ja nicht nur in seiner rechten Erscheinungsform darin, dass man sich der Revision des Marxismus-Leninismus zuwendet. Zum Linksopportunismus rechnen wir Dogmatismus und Sektierertum, die, wie hier belegt wird, bei Klaus Steiniger doch wohl nicht zu übersehen sind. Der Duden dürfte als Quelle wohl kaum ausreichen. Da muss man sich schon den Klassikern zuwenden und die negativen Erfahrungen, die dazu die Geschichte der SED liefert, beachten. Die Vorgehensweise gegen "offensiv" ist schlicht Sektierertum. Mit der Diffamierung von linken Mitstreitern unserer gemeinsamen Sache als Agenten des Imperialismus bedient sich Steiniger der Methoden der Betreiber der Stasihysterie. Beschlüsse zu fassen, die man von vornherein gar nicht einhalten bzw. erfüllen will, ist sozialdemokratische und bürgerliche Parteienpraxis. Die Missachtung einfachster demokratischer Gepflogenheiten, von sozialistischen Prinzipien ganz zu schweigen, in der Organisationsarbeit, schaden jedem Anspruch, für einen neuen sozialistischen Anlauf einzutreten und dazu Kommunisten, Sozialisten und andere demokratische Kräfte zusammenzuführen. Eine solche Praxis würden sich noch nicht einmal die Mitglieder eines Karnickelzüchtervereins bieten lassen. Ich entsinne mich bitterer Erfahrungen aus der DDR. Oft haben wir Menschen, die uns aufgeschlossen gegenüber standen, mit Methoden, die Steiniger heute noch praktiziert, vor den Kopf gestoßen, sie uns entfremdet. Es geht nicht darum, Leberwürste zu fabrizieren oder sich auf Jahrmärkten der Eitelkeiten zu tummeln, sondern gegenüber unseren Menschen ehrlich zu sein und politische Glaubwürdigkeit nicht wieder aufs Spiel zu setzen.

Einige Bemerkungen zum politischen Profil des RF (von einem kommunistischen ganz zu schweigen). Es bleibt derzeit eher verschwommen. Wollte er einst zum Entstehen einer marxistisch-leninistischen Partei beitragen, geht es ihm heute, wie der Chefredakteur auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2007 ausführte, nur (noch) um die "Zusammenführung von Kommunisten, Sozialisten und anderen linken Demokraten auf marxistischer Grundlage" in "Aktionseinheit". Wie trägt der RF dazu in der Praxis bei, welche Ergebnisse liegen vor? An der Basis wirken RF-Mitglieder vielerorts mit Genossen der DKP, der KPD (beider Richtungen), parteilosen Kommunisten/Sozialisten, darunter der Basis der Partei "Die Linke" und in einigen Fällen auch mit "offensiv" zusammen. Von der Vereinsspitze werden dazu keine Aktivitäten, keine Kontakte mit anderen Führungen bekannt.

An anderer Stelle postulierte Steiniger auf der RL-Konferenz, "die sozialistischen und kommunistischen Kräfte, die es zur Zeit in Deutschland gibt, können aber nicht die Zukunft der Bewegung verkörpern, sie reichen einfach nicht aus." (zitiert nach dem jW-Bericht vom 15. Jan. 2007, S. 3). Von der Vielzahl der Fragen, welche diese konfuse Rede aufwarf, stellt sich zunächst einmal die, ob wir derzeit überhaupt keine Verkörperung der Zukunft der Bewegung haben? Dann: war hier eine breite Bewegung von Kommunisten, Sozialisten und linken Demokraten gemeint, oder unsere kommunistische Bewegung? Wenn wir von der kommunistischen Bewegung ausgehen, dann fragt sich, ob die Verkörperung ihrer Zukunft von der derzeitigen Zahl ihrer Mitglieder, Anhänger abhängt? Der von Marx und Engels 1847 geschaffene Bund der Kommunisten zählte höchstens fünfhundert Mitglieder. Hat er etwa nicht die Zukunft unserer Bewegung verkörpert? Während in der DKP zum Beispiel darum gerungen wird, ein klares Bekenntnis zur führenden Rolle der Arbeiterklasse, die bekanntlich durch die Partei verkörpert wird, abzulegen, spricht der RF-Chefredakteur ihr eine solche Funktion schlichtweg ab. Wir sind heute, wenn auch unter veränderten Bedingungen und mit dem Wissen und den Erfahrungen der zurückgelegten Kämpfe ausgestattet, mit ähnlichen Problemen der Spaltungserscheinungen, welche die sozialistisch-kommunistische Bewegung von Anfang an heimsuchten, konfrontiert. Warum widmet sich die Zeitschrift des RF nicht einmal einer entsprechenden Analyse? Sie müsste zwangsläufig auch zu Erkenntnissen über die Rolle und den Platz der DKP führen.

Die DKP ist heute bei der Schwäche ihrer Mitgliederzahl dennoch die zahlenmäßig stärkste kommunistische Organisation der Arbeiterklasse, deren Interessen sie entsprechend ihren Möglichkeiten am entschiedensten vertritt. Sie besitzt in den Grundfragen eine revolutionäre Programmatik, hat sich während der Debatte zum gegenwärtigen Programm vorwärtsentwickelt, ist in der alten BRD teilweise gewerkschaftlich gut verbunden, vielerorts in antimilitaristischen Foren aktiv und betreibt, regional unterschiedlich, auf kommunaler Ebene eine beachtliche Arbeit. Die Genossen ihrer Basis sind durchweg in einer bewundernswerten Weise in dieser Arbeit engagiert. Ich theoretisiere hier nicht, sondern gebe Eindrücke wieder, die ich immer wieder bei Vorträgen und Zusammenkünften vor bzw. mit DKP-Gruppen und in Gesprächen mit einzelnen Genossen erhalte. Dem "Anstoß" der Berliner DKP, ist zu entnehmen, dass beispielsweise die Genossen dieses Landesverbandes mehrheitlich einen engagierten Kampf um die Wahrung und Durchsetzung einer revolutionären Linie in ihrer Partei führen. Bleibt zu fragen, warum so wenig RF-Mitglieder in der DKP organisiert oder ihre Sympathisanten sind, um sich an der weiteren Ausprägung ihres kommunistischen Profils zu beteiligen?

Dabei gab es gute Chancen, in die Auseinandersetzung um eine klare revolutionäre Linie in der DKP aktiv einzugreifen. Aber die auf dem 14. Parteitag der DKP im Dezember 1998 als Stellvertretende Vorsitzende wiedergewählte Bruni Steiniger trat, nachdem ihr Referat auf einer Vorstandstagung nicht bestätigt wurde, zurück. Nicht alle Kritik an ihr war berechtigt und ich selbst habe mich damals hinter sie gestellt, wie ich mich auch wiederholt kritisch gegenüber der Haltung von Mitgliedern des Parteivorstandes der DKP geäußert habe. [7] Aber Bruni Steiniger, später Vorstandsmitglied des RF-Vereins, verzichtete damit auf die Möglichkeit, aktiv in die Auseinandersetzung einzugreifen. In diesem Zusammenhang kommt man nicht umhin, zu sehen, dass Klaus Steiniger kurz nach dem Rücktritt seiner Frau, im Februar 1999, den "RotFuchs", zunächst als Zeitschrift der Gruppe Berlin Nordost der DKP, gründete, der bald auf Konfrontationskurs zur DKP-Führung in Essen ging. Zum Zeitpunkt der Zeitschriftengründung erklärte Klaus Steiniger, seine Mitarbeit als Autor der DKP-Zeitung "Unsere Zeit" einzustellen. Der "RotFuchs" verfügte schon damals über keine Redaktion, wie bei Regionalzeitungen der DKP allgemein üblich. Er war von Anfang an eine Zeitschrift Klaus Steinigers. Wie später der Verein, entstand sie in Konkurrenz zur DKP und ihrer Parteizeitung. Wenn die "UZ" wiedergab, dass der "RotFuchs" den Eindruck vermittle, in Berlin Nordost säßen "die einzig wahren Marxisten-Leninisten" und in Essen nur "Revisionisten", dann war das nicht unberechtigt (9. Febr. 2001).

Als sich 2001 abzeichnete, dass die DKP in die Arbeit der Zeitschrift eingreifen würde, was man ihr nicht absprechen konnte, befürchtete der Chefredakteur um seine unabhängige Rolle. Um eine von der DKP unabhängige Existenz der Zeitschrift zu sichern, entstand auf seine Initiative im Juli 2001 der gleichnamige Verein. Von da ab änderte der Chefredakteur Schritt für Schritt Aufmachung und Impressum. Zunächst wurde die seit Gründung im Kopf stehende Bezeichnung "Zeitung der Gruppe Berlin Nordost der Deutschen Kommunistischen Partei" und im Impressum "Herausgeber: DKP-Gruppe Berlin Nordost" gestrichen. Im Kopf hieß es nun: "Begründet von der Gruppe Berlin-Nordost der Deutschen Kommunistischen Partei". Im Impressum versuchte der Chefredakteur sich zunächst als Herausgeber einzusetzen. Ab September 2001 zeichnete dann der Verein als Herausgeber. Einen Monat später wurde die Herkunft unter dem Titel getilgt und ersetzt durch "Tribüne für Kommunisten und Sozialisten", die Herkunft ins Impressum gesetzt. Das letzte Abkopplungsmanöver des "RotFuchs" von seiner Herkunft aus der DKP vollführte der Chefredakteur in der Juli-Ausgabe 2005. Es heißt seitdem im Impressum nur noch: "Der im Februar 1998 gegründete 'RotFuchs' ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift für Politik und Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft". Wenn überhaupt, dann gab es zu den zahlreichen Änderungen lediglich Diskussionen im Vorstand, Beschlüsse dazu fasste das Leitungsgremium nie, die Leser wurden ebenfalls nicht über die Veränderungen, die entscheidend das Profil der Zeitschrift berührten, informiert. Das erlauben sich in der Regel noch nicht einmal bürgerliche Medien. De facto wurde der Zeitungstitel der DKP gestohlen, was in solchen Fällen für gewöhnlich vor Gericht endet. Mit ihrer in dieser Situation gezeigten Toleranz wollte die DKP sich wohl auf eine solche Auseinandersetzung nicht einlassen. Dem ist hinzuzufügen, dass vom Vereinsvorstand bis heute keine Postadresse, keine Telefonnummer oder Mail-Adresse im Impressum angegeben wird. Dadurch wird sichergestellt. dass alle Kommunikation über den Chefredakteur läuft.

Der Slogan vom Zusammenführen wird angesichts solcher Praktiken zur Phrase, spricht eher vom Auseinanderführen. Nach dem Motto "haltet den Dieb" wirft Klaus Steiniger, was er selbst praktiziert, wieder einmal anderen vor. So bezichtigte er in der Dezemberausgabe 2008 des RF, Personen aus dem "Umkreis" von "offensiv", als "de facto seit langem mit dem Auseinanderdividieren linker Kräfte befasst". Zum Anlass nahm er die von "offensiv" gestartete "Kommunistische Initiative". Ich halte diese Initiative für nicht ausgewogen, besonders was die Haltung gegenüber der DKP betrifft. [8] Dennoch, damit wird versucht, einen Beitrag zur Einheit der kommunistischen Bewegung zu leisten. Sehr anschaulich hat das Prof. Erich Buchholz in seinem Beitrag in "offensiv" 10/08, Ausgabe Nov./Dez., dargelegt. Diese Initiative, hinter der, wie ich aus eigenen Begegnungen weiß, nicht wenige aufrechte Kommunisten, darunter auch junge Leute stehen, zu diffamieren und zu entstellen, ist wieder einmal typisch für die Praktiken des RF-Chefredakteurs. Obwohl Frank Flegel in "offensiv" 9/08 schreibt, an "die Bildung einer weiteren Splittergruppe ist nicht gedacht" und betont, "ob Schritte dorthin gelingen, wird die Zukunft zeigen", unterstellt Klaus Steiniger das Gegenteil, spricht von "Irreführung redlicher Genossen und deren Missbrauch". Und er vergisst nicht, wieder einmal zu postulieren, dass allein die Strategie des RF, "wie die Praxis täglich beweist, zu politischem Erfolg" führe. Thomas Waldeck aus Cottbus hat diese neuen opportunistischen Erscheinungen noch recht verhalten charakterisiert, wenn er in "offensiv" 1/09 schrieb, es sei "eine höchst peinliche Veranstaltung für den Verfasser, weil phrasenhaft und unwissenschaftlich", der Text "äußerst oberflächlich", man "das Fehlen jeden analytischen Ansatzes" bemerke. "Was ist Spaltung? Fragt Thomas Waldeck. Und "wer spaltet wirklich?" Dann gibt es nochmals einen gravierenden Unterschied: Während Steiniger, wie Waldeck vermerkt, in "blinder Wut" reagiert, appelliert der "offensiv"-Autor zur Zusammenarbeit, um einen Beitrag "zur objektiven Erschließung der DDR und des realen Sozialismus" zu leisten.

Diesen Beitrag leisten viele Mitglieder des RF-Vereins, Autoren seiner Zeitschrift mit ausgezeichneten Artikeln. Es bleibt zu hoffen, dass die Leserbriefe und alles, was dazu geäußert wurde, anregen, sich mit dem, was am RF-Chefredakteur nicht länger geduldet werden dürfte, auseinander zu setzen.


Nachtrag: Der Beitrag wurde dem RF-Chefredakteur am 6. März 2009 mit der Bitte übermittelt, ihn an die Schreiber der Leserbriefe, auch der im Märzheft des RF veröffentlichten, zu übermitteln.

Gerhard Feldbauer, Poppenhausen


Anmerkungen:

[1] Eine grundsätzliche Begründung dieses Schrittes enthält bereits mein Beitrag in der Zeitschrift "Offensiv", Nr. 4/2006, "Welchen Weg schlägt der 'Rotfuchs' ein? Zu den Auseinandersetzungen mit dem Chefredakteur Dr. Klaus Steiniger".

[2] Präsidium und Versammlungsleitung wurden nicht gewählt, sondern vom Vorstand eingesetzt und bestanden nur aus Vorstandsmitgliedern.

[3] Im übrigen war der Vorstand zur Verabschiedung derartiger Vereinsleitlinien (die de facto Programmcharakter haben) laut § 5,5 der Satzung nicht zuständig, hatte dazu von der Versammlung auch keinen Auftrag erhalten.

[4] Die Schreiben sind dem Vereinsvorsitzenden Rolf Berthold übergeben worden, der dabei zugeben musste, dass sie ihm nicht bekannt waren.

[5] Vereinsmitglieder, welche dieses Protokoll einsahen, waren schockiert über die Atmosphäre der Denunziation, die in Vorstandssitzungen herrschte.

[6] Der volle Name lautet "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen". Es handelt sich um ein bundesweites Netzwerk von Flüchtlingen, MigrantInnen und Deutschen, das zirka 800 Anhänger zählt. Der das Netzwerk unterstützende Förderverein nennt sich "Verein zur Förderung der Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen".

[7] Siehe "Zum Opportunismus in der kommunistischen und sozialistischen Bewegung Italiens", "offensiv", Nr. 7 und 8/2003.

[8] Siehe meinen bereits erwähnten Beitrag in "offensiv" Nr. 10/08.

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DOKUMENTE VOM PARTEITAG DER KKE

ZK der KKE: Thesen des Zentralkomitees für den 18. Parteitag der KKE, Athen 18.-22. Februar 2009

(Wir haben uns entschieden, die Kapital 1-3 und 7 für Euch zu dokumentieren. In den fehlenden Kapiteln 4-6 geht es um spezielle Fragen Griechenland betreffend, die ohne Vorkenntnisse schwer zu verstehen sind. Wir danken den Genossen Norbert Müller, André Vogt und der Genossin Andrea Vogt für die Arbeit der Übersetzung ins Deutsche. D. Red.)


Kapitel 1

Internationale Entwicklungen

A. Haupttrends: Änderungen in der Kräftekonstellation und Verlangsamung der globalen kapitalistischen Entwicklung

1. Die innerimperialistische Konkurrenz entwickelt sich auf allen Gebieten - ökonomisch, militärisch und politisch - sowie auch zwischen den verschiedenen Staatengruppen. Sie äußert sich auf dem Gebiet der Umweltpolitik genau so, wie zwischen transnationalen Monopolen und zwischen den kapitalistischen Staaten.

Die Glut der Kriege, welche nach der Schaffung neuer Märkte in den ehemaligen sozialistischen Ländern auftraten, ist noch heiß und es besteht die Gefahr, dass sie erneut angefacht wird, weil die Konkurrenz sich verschärft, insbesondere, um die Quellen und Leitungen von Öl und Gas zu kontrollieren. Unter diesen Bedingungen stellen die USA und die NATO neue Waffen in Europa auf; während die USA die georgische Offensive gegen Südossetien schürte, die wiederum eine Reaktion von Seiten Russlands provozierte. Die Kaukasusregion wird eine heiße Zone der Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland, was neue Gefahren eines allgemeineren Flächenbrandes in der Region nach sich zieht, in welchen die EU, die NATO, die Türkei und auch andere Kräfte einbezogen werden.

Die Rivalität verschärft sich in Bezug auf die militärische Präsenz und den politischen Einfluss verschiedener imperialistischer Zentren in Zentralasien, dem Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika, sowie in der Arktis. Die Militärausgaben steigen, ebenso die Waffenexporte und Pläne zur Produktion und Anwendung neuer nuklearer Waffen.

2. Internationales Recht, wie die Völker es in der Periode kannten, als das sozialistische System energisch präsent und aktiv in internationalen Angelegenheiten war, existiert nicht mehr. Es wurde vollkommen ersetzt durch die imperialistische Doktrin des "Präventivschlages" und die "Anti-Terror"-Kampagne. Eine besonders gefährliche Strategie ist die der imperialistischen Interventionen, welche sich auf die sogenannte "Selbstbestimmung" berufen als einen Vorwand, Minderheitenprobleme zu schüren und Protektorats-Staaten zu schaffen.

Die Bestrebungen für die sogenannte "Reform der UN", das "neue Sicherheitssystem" in Europa und die Proklamationen auf globaler Ebene hinsichtlich einer "multipolaren Welt" zeigen den Trend der Änderung in den Beziehungen zwischen den imperialistischen Zentren, genauso wie deren gemeinsamen Versuche, den Völkern den aggressiven Charakter der imperialistischen Allianzen und Verbindungen zu verhüllen. Die opportunistische Desorientierung bezüglich der sogenannten Humanisierung der UNO trägt zur Verschleierung bei. Krieg, Gewalt, Erpressung und Einschüchterung, die Staatsbedrohung und Terrorismus gehören zur ausbeuterischen Natur des kapitalistischen Systems, besonders in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus.

3. Zwei Trends lassen sich in der internationalen kapitalistischen Ökonomie unterscheiden:

a) der Trend zu Veränderungen im Kräfteverhältnis auf dem Weltmarkt vertieft sich und wurde vorherrschend während der letzten vier Jahre.

Er wird manifestiert durch:

den Rückgang des US Anteils am globalen BIP;
das Wachstum in China;
die Steigerung des EU Anteils, auch wenn deren Arbeitsproduktivität nicht die der USA erreicht;
sowie die graduelle Verbesserung der Positionen Russlands, Indiens und auch Brasiliens im Weltsozialprodukt. (WSP)

Die USA haben weiterhin den ersten Platz inne, die EU der 27 den zweiten Platz. Basierend auf dem Maßstab des Anteils am WSP, gemessen in Einheiten von äquivalenter Kaufkraft, verbesserte sich China auf den zweiten Platz (sofern nicht die EU als Ganzes gezählt wird), womit es Japan und Deutschland in den vergangenen drei Jahren übertroffen hat. Aber sein Pro-Kopf-BIP und die Durchschnittsproduktivität seiner Arbeitskräfte ist weiterhin niedrig.

Auf die sogenannten entwickelten Wirtschaften (zusammen 31 Staaten gemäß IWF Liste, wozu die USA, Japan und die Eurozone gehören) entfallen 56,4% des WSP, während die sich aufstrebend entwickelnden Ökonomien (Afrika, Asien, Nahost, Lateinamerika und weitere Staaten der westlichen Hemisphäre, Zentral- und Osteuropas einschließlich GUS, im Ganzen 141 Staaten) auf 43,6% kommen.

b) Das letzte Quartal des Jahres 2007 zeigte eine leichte Verlangsamung der globalen kapitalistischen Entwicklung, was sich 2008 fortsetzte und vertiefte, mit Anzeichen einer herannahenden Krise. In den entwickelten Ökonomien ist der Rückgang deutlicher. Die Wachstumsrate des WSP betrug 1,3% in 2007/08, gegenüber 2,7% 2006/07 und 3% 2005/06.

4. Die Verlangsamung äußerte sich zunächst durch eine Krise in der Zirkulation des Finanzkapitals (Finanzsektor), welche die Krise der US-Bauindustrie und anderer reflektierte. Das war eine Krise der Über-Akkumulation des Kapitals in der US-Wirtschaft, welche in dieser Entwicklungsphase sichtbare Auswirkungen auf die hochentwickelten Ökonomien und insbesondere die EU hatte.

Die imperialistischen Zentren sind um die Stabilität des Systems angesichts der Möglichkeit einer tieferen und zeitgleichen Krise besorgt.

Folgende Faktoren müssen hierbei in Betracht gezogen werden:

die offensichtliche Krise in der US-Wirtschaft;
die Tendenz, das Finanzkapital in den Wirtschaften der starken EU-Mitgliedsstaaten zu unterschätzen;
der Rückgang in Japan und in den 27 EU-Mitgliedsländern;
ihre Bedeutung für die globale Wirtschaft, in Verbindung mit der Tatsache, dass 6 bis 7 Jahre Aufschwung und Wachstum schon vergangen sind;
sowie das Anwachsen der Weltmarktpreise für Öl und Lebensmittel.

Bürgerliche Regierungen, die fest auf ihren strategischen Instrumenten zur Deregulierung der Märkte und der Begrenzung des Einkommens der arbeitenden Menschen beharren, sind besorgt über die Aussicht, gleichzeitig mit Reduzierungen im Außenhandel und ausländischen Direktinvestitionen auch mit einem Rückgang der Inlandsnachfrage zurechtkommen zu müssen.

5. Die Widersprüche, welche die bürgerlichen Methoden bei der Bewältigung der Krise steuern, werden deutlicher. Die internationale kapitalistische Wirtschaft war mit drei ziemlich heftigen Krisen seit den frühen 1970-ern konfrontiert. So hat sich die bürgerliche Politik schrittweise vom Keynesianismus zum liberalen Management der letzten drei Jahrzehnte gewandelt. Hervorstechende Elemente dieser neoliberalen Ausrichtung sind die "Deregulierung" von strategischen Wirtschaftssektoren, die Staatsprotektion und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, welche eine Reduzierung des Realeinkommens der Menschen mit sich brachte. Zur gleichen Zeit wurde ein bestimmtes Niveau des öffentlichen Konsums durch die Erhöhung von Hypotheken und Krediten erreicht, deren Expansion unter dem Druck preistreiberischer Geschäftemacherei explosiv wurde.

Bürgerliche Ökonomen sprechen von einer "neuen Periode der Stagflation", während die Neo-Keynesianischen Anliegen gefestigt werden, hauptsächlich hinsichtlich der Notwendigkeit, einen großen Prozentsatz von Staatsaktien in Unternehmen mit strategischer Bedeutung zu halten.

Die Besorgnisse über die Bewältigung der Krise haben zu einer neuen und extensiven internationalen zwischenstaatlichen Regulation der Bewegung des Finanzkapitals durch den IWF, die Weltbank, den internationalen Diskontmarkt, die G8 usw. geführt. Es sind Sorgen über ein internationales kapitalistisches System mit einem hohen Grad an Akkumulation und Konzentration des Kapitals und mit dem höchsten Grad der Deregulation in seiner Entwicklung seit der Depression von 1929-1932.


B. Die Verschärfung des Grundwiderspruchs

6. Der Grundwiderspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Aneignung ist schärfer geworden.

Es gibt eine generelle Verschlechterung der Position der Arbeiterklasse und der freiberuflich tätigen Menschen in den Ländern des entwickelten Kapitalismus. Zum Beispiel vergrößerten in den USA die 400 reichsten Menschen ihren Reichtum zwischen 2006 und 2007 um 23%, während in der gleichen Zeit die Anzahl der nicht oder nur teilweise versicherten Menschen auf 34,7% insgesamt wuchs (Daten von einem Bericht des Internationalen Instituts für Ökonomische Entwicklung).

Im allgemeinen vergrößerte die Verschärfung des Monopolwettbewerbs auf dem internationalen kapitalistischen Markt die Verbreitung der relativen und absoluten Armut sogar in den am meisten entwickelten Ökonomien, verschlechterte den Lebensstandard der Menschen und den öffentlichen Gesundheitsschutz (z.B. durch Umweltverschmutzung).

Das Voranschreiten der kapitalistischen Restrukturierung hat die internationale Differenzierung der Arbeiterklasse beeinflusst. Mit Privatisierungen und der "Deregulierung" von Sektoren mit strategischer Bedeutung (Energie, Telekommunikation usw.) haben sich flexible Arbeitsbeziehungen ausgebreitet und betreffen nun auch eine große Anzahl festangestellter Menschen, nicht nur in privaten Unternehmen, sondern auch in ehemals staatlich kontrollierten Produktionsbetrieben. Objektiv können diese Teile der Arbeiterklasse, besonders junge Menschen, leichter wachgerüttelt werden. Zur selben Zeit gleicht die herrschende Klasse ihre Politik der sozialen Allianzen ab, indem sie einige der festangestellten Arbeiter in Monopolgruppen freikauft, während sie die Reproduktion eines bedeutenden Segments der Mittelschicht, besonders jene in den neuen Technologien Beschäftigten, unterstützt.

Der schnelle Preisanstieg für Treibstoff und Lebensmittel erregt den Ärger der Menschen, obwohl sie sich der tieferen Gründe für diese Erhöhungen bewusst sind. Der höhere Ölpreis widerspiegelt:

den Fall des Wechselkurses des Dollar;
die Konflikte und die Konkurrenz um die Anteile auf dem internationalen kapitalistischen Energierohstoff-Markt, dessen Anreiz zur Produktion die Sicherung der Profite der Monopolgruppen in allen Phasen zwischen Gewinnung und Konsumtion ist, z.B. Raffinierung, Transport, Großhandel und Einzelhandel;
die Bewegungen der imperialistischen Kräfte, die Öl produzieren und Ölreserven kontrollieren, um ihre Position zu stärken;
Preistreibereien auf Rohstoffmärkten durch Kauf und Verkauf von Termingeschäften;
übermäßige staatliche Besteuerung, welche dann benutzt wird, um das große Kapital zu finanzieren und Versicherung einer hohen Profitrate durch schnelle Maßnahmen, um Produktion zu begrenzen und abnehmende Preise infolge des Überangebotes zu zügeln.

C. Das Problem der Umwelt und der illusorische Ausweg der "grünen Wirtschaft"

7. Die sichtbaren Klimaveränderungen, die Erwärmung des Planeten - welche in gewissem Maß das Ergebnis der zügellosen Entwicklung auf Grundlage des kapitalistischen Profites und der Kommerzialisierung von Land und Energie ist - werden von verschiedenen imperialistischen Zentren ausgenutzt, um einen neuen Markt für energiesparende technologische Produkte sowie den Schadstoffhandel zu entwickeln.

Die Behandlung solcher Probleme wird als "grüne Wirtschaft" vorgestellt, abgetrennt von der Natur des Eigentums der zentralisierten Produktionsmittel und -kräfte. Es hat bestimmte Analogien mit der "new economy" der extensiven Investitionen in die Felder der Telekommunikations- und Informationstechnologie in den 1990-er Jahren. Es schließt Investitionen in innovative Energie-Technologien ein, die eine große Breite von Industrien erfassen, von Energie und Bauindustrie bis zur Fertigung, wie die Automobil- und Lebensmittelindustrie.

Das Kyoto-Protokoll schafft einen neuen kapitalistischen Markt für den Handel mit Schadstoffen. Das Recht zu "verschmutzen" wird gehandelt für einen Preis auf der Kohlendioxid-"Börse". Erhebliche Staatshilfen werden den Monopolgruppen für die Anwendungen in der sogenannten "grünen Wirtschaft" bereitgestellt.

Die EU steht bei der Förderung der "grünen Wirtschaft" in vorderster Front, weil sie bei der Kontrolle der Quellen und Routen für Erdöl und Erdgas erheblich hinter den USA und Russland zurückliegt. Ihre Abhängigkeit von mineralischen Energiequellen soll von 50% im Jahr 2000 auf ein Niveau von 70% im Jahre 2020 wachsen, während auch die alternative Energiegewinnung weiterentwickelt wird. So wird auf die Unterstützung verschiedener Energiequellen und Technologien (erneuerbare Energiequellen, Kernspaltung und -fusion) orientiert sowie auf Möglichkeiten der Energieeinsparung, die sie als Umweltschutzmaßnahmen beschreibt. Zur gleichen Zeit versucht sie, einen bindenden Rahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen zu schaffen, das Kyoto-Protokoll, welches den Widerstand der USA, Australiens u.a. hervorrief.

Das Ziel der Begrenzung der Produktion von Schadstoffen wird im imperialistischen Wettbewerb genutzt, um die Märkte aufzuteilen und die Dynamik von China, Russland und anderen aufstrebenden Ländern wie Brasilien, die bessere Verfahren im internationalen Geld- und Warenmarkt fordern, zu hemmen.

Um die Bündnisse mit breiter Unterstützung zu sichern, initiieren die Regierungen vor allem in den Schulen Kampagnen, die von Nichtregierungsorganisationen unterstützt werden, um "das öffentliche Bewusstsein über die Umwelt" zu steigern.


D. Innerimperialistische Konflikte

8. Die sichtbare Neugliederung der imperialistischen Bündnisse und rivalisierenden Pole mit der allmählichen Wiederannäherung von Russland und Deutschland sind bedeutende Entwicklungen. Zur gleichen Zeit wächst die Zusammenarbeit von Russland und China. Die verstärkte Präsenz und das Erstarken von Russland, China, Indien, Brasilien und regionalen Bündnissen wie die Shanghai Cooperation Organisation (Shanghai Group), Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), Union of South American Nations (UNASUR) und andere zeigen das Bestreben, neue Bedingungen für die Verteilung der Märkte auf der internationalen Bühne der imperialistischen Konkurrenz zu schaffen.

In Lateinamerika wird der Trend zur Schaffung von Bündnissen und zur Erweiterung der Prozesse der ökonomischen Zusammenarbeit zwischen diesen Staaten verstärkt, um dem Druck und den Abhängigkeiten von den USA zu begegnen.

Es entsteht eine Tendenz, bei der US-Positionen auf dem internationalen Markt verloren gehen oder ihnen streitig gemacht werden. Dieser Verlust wird sichtbar in:

der Reduzierung des US-Anteils am GWP (obwohl sie immer noch den ersten Platz innehaben);
dem Sinken des Tauschwertes des US-Dollars zum Euro, besonders in den vergangenen drei Jahren;
und in der allmählichen Anerkennung des Euro als internationaler Währung, vor allem auf dem Ölmarkt und besonders von Iran, aber auch als erklärte Absicht anderer ölproduzierender Länder (z.B. Venezuela).

Die EU festigte ihre Position auf dem internationalen kapitalistischen Markt. Dazu trugen die Währungsunion, Fusionen und Übernahmen sowie die gemeinsame EU-Strategie der kapitalistischen Neuordnung, welche die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten durchdringt, bei. Zur gleichen Zeit gibt es eine wachsende Rivalität zwischen den dominanten imperialistischen Kräften und ihren Mitgliedsstaaten, in denen sich zwei Hauptlinien entwickeln, die franko-germanische und die britische, wobei die letztere ökonomisch, politisch und militärisch, im Rahmen der sogenannten US-Britischen Allianz, enger mit den USA verbunden ist. Die anderen weniger mächtigen Mitgliedsstaaten schließen sich einer dieser Achsen an, obgleich uneinheitlich. Das deutsch-französische Bündnis ist abgegrenzt von den einzelnen Interessen der beiden Staaten.

Frankreich entwickelt erkennbare Initiativen der Beteiligung in Osteuropa, in der Ukraine und im Kaukasus. Es spielte eine führende Rolle bei der neuen Initiative der "Mittelmeerunion", einer Euro-Mittelmeer Freihandelszone mit dem Ziel der Vergrößerung des Einflusses in der Region. Der anfängliche Vorschlag der französischen Regierung war nur an EU-Mitglieder adressiert, die an das Mittelmeer grenzen, wobei Frankreich eine führende Rolle spielen würde. Deutschland erhob Einspruch, mit dem Ergebnis, dass ein Kompromissvorschlag von der europäischen Kommission ausgearbeitet wurde, der alle EU-Mitgliedsstaaten einbezog.

Die USA haben ihre eigene Unterstützung innerhalb der EU geschaffen, z.B. durch die Bildung eines Bogens, der die baltischen Staaten, Polen, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, Albanien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien umfasst, die als Gruppe bei der Stationierung des US-Waffen-"Schildes" in Europa und darüber hinaus für die Unterstützung der ökonomischen und politischen Interessen der US-britischen Achse fungiert.

Jedes Bündnis wird gleichzeitig von ausgleichenden Bestrebungen gesteuert (zentrifugal und zentripetal), beide innerhalb sich selbst und in Beziehung zu den gegnerischen Bündnissen.

9. Die allmähliche Widerannäherung von Deutschland und Italien an Russland beruht auf dem Bedarf der beiden ersteren nach Erdöl und Erdgas und auf Russlands Erfordernis, seine Exporte auszudehnen, nicht nur durch Ölexporte, sondern auch durch direkte Kapitalinvestitionen, hauptsächlich beim Verkauf von Öl und dessen Nebenprodukten auf dem großen EU-Markt. Die EU importiert 50% aller Exporte Russlands, während der Löwenanteil der Gemeinschaftsexporte nach Russland von Deutschland gehalten wird, was den ersten Platz der russischen Importe ausmacht.

Russland hat seine strategischen Energieverbindungen mit Deutschland und Italien in den Nord- und Südstrom-Erdgas-Rohrleitungen realisiert und hat die Länder, durch welche es seinen geopolitischen Einfluss innerhalb der NATO vergrößern wollte (Bulgarien, Rumänien, Ungarn) ausgenutzt.

In dem Maße wie die russischen Pläne umgesetzt sind, werden die gegnerischen Pläne der USA entweder geschwächt oder vereitelt. Das kapitalistische Russland, mit seinen enormen Lagerstätten an Rohstoffen, seinem nuklearen Arsenal, seinen von der UdSSR ererbten Infrastrukturen und den ausgebildeten Arbeitskräften hat die Voraussetzungen, um seine Position in der imperialistischen Pyramide auszubauen. Diese Möglichkeit schafft allerdings für die Völker keine Sicherheit gegen die USA und die anderen imperialistischen Zentren - wie es mit der UdSSR, dem sozialistischen System und den Warschauer Vertragsstaaten der Fall war - weil das gegenwärtige Russland imperialistisch ist.

Die allmähliche Wiederannäherung zwischen Russland und Deutschland kam im Ergebnis des Sommer-Gipfels der NATO von 2008 in Bukarest zum Ausdruck, wo keine Übereinkunft mit den USA über den sofortigen Beitritt der Ukraine und Georgiens zur NATO erreicht wurde.

10. Konkurrenz und Zentralisation werden auch in anderen Sektoren von strategischer Bedeutung intensiver, wie in der Telekommunikation, dem Transportwesen (besonders auf See und in der Luft), dem Bankenwesen und in der Produktion.

Die Zuspitzung der innerimperialistischen Widersprüche kam gleichfalls mit dem Scheitern der Genfer Gespräche bei der WTO im Jahr 2008 zum Ausdruck. Diese Runde der Beziehungen wurde dominiert vom Konflikt zwischen der EU und den USA auf der einen Seite und China, Indien und Brasilien auf der anderen, während die afrikanischen und asiatischen Staaten geschlossen hinter der letzten Gruppe standen. Es gab auch Konflikte zwischen den USA und der EU innerhalb der WTO. Der mögliche Beitritt Russlands zur WTO wird diese Konflikte weiter verschärfen.


Kapitel 2

Entwicklungen in der EU

A. Neue Faktoren und Konfrontationen bei der Festigung der EU

11. Die Entscheidung der Franzosen und Niederländer gegen die "Europäische Verfassung" im Jahr 2005 und gegen den "Reformvertrag", wie die "Europäische Verfassung" umbenannt wurde, durch die Menschen Irlands am 12. Juni 2008, in Verbindung mit der wachsenden öffentlichen Unzufriedenheit und der wachsenden Tendenz in allen Mitgliedsstaaten, die EU in Frage zu stellen, gibt neue Schubkraft für die Steigerung und Vertiefung des antiimperialistischen Kampfes durch und für die Gewerkschafts- und Volksbewegung in Europa, einem Pol der antiimperialistischen Zusammenarbeit und des Kampfes, eine ausgleichende Kraft gegen die imperialistischen Kriege, gegen unpopuläre Politik und deren Agenturen, und eine Bewegung, um mit der EU zu brechen und die EU zu überwinden.

Diese positive Entwicklung ist sehr stark abhängig von der Aktion und den Initiativen der kommunistischen Parteien, die eine eindeutige Position über das Wesen der EU als einer zwischenstaatlichen imperialistischen Verbindung haben, und den Kampf gegen Reformismus und Opportunismus beschleunigen.

Die EU und die bürgerlichen Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten intensivieren ihre Maßnahmen, um den EU-Vertrag gegen den Willen der Völker einzuführen.

Die EU-Mitglieder betreiben eine gemeinsame antikommunistische Offensive und allgemeinen ideologischen Terrorismus, verschärfen die staatliche Repressionsmaschinerie und entwickeln reaktionäre Vorstellungen zur Kontrolle der Arbeiterbewegung. Das EU-Parlament steht an vorderster Stelle bei der plumpen Verfälschung der Geschichte mit ihrer antikommunistischen Kampagne, die den Sozialismus und Kommunismus mit offenen Formen der Diktatur durch die Bourgeoisie, und mit Nazi- und faschistischen Regimes gleichsetzt.

12. Der "neue" europäische Vertrag ist eine Vertiefung des Vertrages von Maastricht, der vier "grundlegenden Freiheiten" des Kapitals und der Lissabonner Strategie von 2000-2010, mit mehr Regulierungen auf interstaatlicher Ebene und vor allem größerer Deregulierung in der Bewegung der Dienste und Arbeitskräfte, wie z.B. ein gleicher Status der Arbeitsbeziehungen von mobilen Arbeitern und Angestellten, die Beseitigung von geschlossenem Handel und von Restriktionen auf EU-Universitäten.

Aus diesem Grund wurde der Vorrang des Gemeinschaftsrechts über nationales Recht bestätigt, und der Wegfall der Hürde der Einstimmigkeit aller Mitgliedsstaaten gefördert, so dass besondere Interessen und Konflikte umgangen werden können, auch wenn die starken zwischen-imperialistischen Konflikte, die der Natur der imperialistischen zwischenstaatlichen Verbindung innewohnen, nicht beseitigt werden können, und in der Tat besteht die Tendenz, dass diese mit dem Expandieren der EU stärker werden.

Um eine bessere Position für europäische Monopole im internationalen Wettbewerb zu sichern, wird ein breites Sortiment von Aufrüstungsprogrammen in der allgemeinen Liste für militärische Ausrüstung vorangetrieben, welche einer Rechtsvorschrift für imperialistische Interventionen gleichkommt.

Die EU verstärkt ihre repressive Maschinerie und schafft neue, befördert die enge Zusammenarbeit von Polizei und Justiz und steigert den Antikommunismus, um die Avantgarde der Arbeiterbewegung, die kommunistischen Parteien und die um sie gruppierten progressiven Bewegungen anzugreifen, um den Protesten zu begegnen, welche die gemeinsame Politik der intensivierten Ausbeutung durch die Kürzung der Rechte und Einkünfte der Arbeiterklasse in den Mitgliedsstaaten hervorruft.

Mit der Einführung in die Gemeinschafts-Gesetzgebung der Prüm Convention (Schengen III) wird die Zusammenarbeit der repressiven Maschinerien verschärft und werden gemeinsame Aktivitäten auf den Territorien der Mitgliedsstaaten getätigt. Europol wird zu einem gesetzlichen Organ der EU ausgebaut. Außerdem wird Frontex, die Organisation, welche die Außengrenzen absichert, durch bewaffnete schnelle Eingreiftruppen verstärkt.

Das "neue Antiterror-Paket" der EU schafft einen reaktionäreren gesetzlichen Rahmen durch ein Netzwerk von Entscheidungen und Mitteln, zum Schlag gegen die Volksbewegung. Es verstärkt die Offensive durch Maßnahmen gegen "Radikalismus" und "extreme Ideologien". Das europäische Recht gegen den Terrorismus wurde geändert, um die "Rekrutierung" und "Ausbildung von Terroristen" und die "Anstiftung zum Verüben terroristischer Handlungen" darunter "terroristische Verbrechen" einzubeziehen. Diese Begriffe können von der bourgeoisen repressiven Maschinerie interpretiert und benutzt werden, um die von der Arbeiterbewegung formulierten Ziele und Formen des Kampfes als terroristische Akte zu deklarieren und zu bestrafen. Ideologische und politische Handlungen, die über die Grenzen des kapitalistischen Systems hinausgehen, sind strafbar.

Die Mittel, die benutzt werden, um den sogenannten Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (AFSJ) zu entwickeln, werden fortwährend erhöht.

Das EU Budget, obwohl es im Prozentsatz des BIP reduziert worden ist, hat den Betrag für Verteidigung und Außenpolitik um 30% erhöht.

Die obigen Trends und Erfordernisse des Kapitals sind im Lissabonner Vertrag, der umbenannten "Europäischen Verfassung" aufgezeichnet, was ein weiterer Schritt zur europäischen Vereinheitlichung ist.

Die Verstärkung der bürgerlichen repressiven Staatsmaschinerie und unpopulärer Institutionen wird mit verwirrenden und opportunistischen Argumenten über das "Schrumpfen" des bürgerlichen Staates unter den Bedingungen der "Globalisierung" verschleiert.


B. Kapitalistische Neustrukturierungen in der EU, deren Ziele und der Streit um ihr Wesen

13. Die Lissabon-Strategie ist das Ergebnis einer Vereinbarung der Regierungen aller EU-Mitgliedsstaaten - sowohl von Mitte-Rechts- als auch Mitte-Links-Regierungen - und ist auf nationaler Ebene verankert in den sogenannten nationalen Reformprogrammen, mit dem Ziel, die kapitalistische Erneuerung bis 2010 zu forcieren.

Das Ziel der EU bis 2010 ist es, die USA in Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zu übertreffen und der Gefahr zu begegnen, zukünftig Positionen an die aufstrebenden Mächte wie China, Russland und Indien zu verlieren.

Die gesteigerte Ausbeutung zur beschleunigten Kapitalakkumulation basiert auf einer gemeinsamen Politik drastischer Reduzierung von Arbeitskosten durch die Auftrennung und Splittung der Arbeitsstunden in aktive und inaktive Zeit sowie durch die Einführung von unbezahlter inaktiver Arbeitszeit, indem die von den Geschäften und Monopolen gesetzten Kriterien und Bedingungen umgesetzt und individuelle Verträge mit den arbeitenden Menschen geschlossen werden. Diese Politik ist verschlüsselt in der sogenannten "Flexibilität" und "Flexicurity"(24) den neuen Arbeitsbeziehungen, welche im Besonderen darauf zielen:

die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme (Pensionen, Gesundheit, Sozialwesen) weiter zu reduzieren und ihre Kommerzialisierung voran zu treiben;
kollektive Arbeitsverträge aufzuheben und durch Verträge "alternativer Beschäftigung", Vertragsarbeit auf bestimmte Zeit, Teilzeitarbeit, Gelegenheitsarbeit, "Null-Stunden"-Verträge, auswärtige Arbeit und Akkordarbeit zu ersetzen;
Kündigungen zu liberalisieren;
"Sklaven"-Büros zu legalisieren und die legale Regulierung der sogenannten "dreiseitigen Beschäftigungsverhältnisse" zu sichern, z.B. den "Verleih" von Arbeitern, so dass die Firma keine Verantwortung hat, die damit verbundenen Verpflichtungen der Arbeitsgesetze zu tragen;

Die Entscheidungen von nationalen oder gemeinschaftlichen Gerichten (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) bewegen sich in diese Richtung, indem sie Streiks als illegal und missbräuchlich charakterisieren und argumentieren, diese seien gegen das "Gemeinschaftsrecht" und gegen die "vier Freiheiten" gerichtet.

Als "fünfte fundamentale Freiheit" der EU wird die Freiheit der Bewegung für forschende Wissenschaftler und für die Resultate ihrer Arbeit zum Nutzen der Unternehmensprofite bejubelt. In diesem Rahmen wird die Finanzierung der Forschung unterstützt, während die Universitäten, öffentlichen Forschungsinstitute und ihre intellektuellen Fähigkeiten jetzt zunehmend direkt den Plänen und Bedürfnissen des Kapitals untergeordnet werden.

Die EU nutzt den vom imperialistischen System hervorgerufenen Zustrom von Migranten, die meisten von ihnen als billige Arbeitskräfte, und verhindert deren Legalisierung in hohem Maße, was inhumane Einwanderer-Lager unterstützt.

Der Revision der Gemeinsamen Agrarpolitik folgte die Revision der Gemeinsamen Marktorganisationen bei einer Reihe von Erzeugnissen wie Zucker, Wein, Obst und Gemüse, Tabak usw. durch die Abschaffung von Produktionsbeihilfen, den Wegfall von Interventionen, die Reduktion von Hilfsmitteln für die Landwirtschaft und für die Unterstützung der Einkünfte der Bauern. Die Ausgaben für die Landwirtschaft wurden vermindert, was ein harter Schlag für die Einkommen der Eigentümer kleiner und mittelgroßer landwirtschaftlicher Betriebe war. Mit dem "Gesundheitsscheck" der Gemeinsamen Agrarpolitik hat die EU eine neue Überarbeitung der Richtlinien zur vollen Marktöffnung angestoßen. Die Konzentration der landwirtschaftlichen Erzeugung sowie der Verarbeitung und des Verkaufs von landwirtschaftlichen Produkten an Monopolgruppen ist ein strategisches Konzept des EU-Kapitals. Erweiterte Nutzung von genetisch manipulierten Organismen für landwirtschaftliche Produkte zur Sicherung von maximalen Monopolprofiten hat zur Verringerung der Erzeugung von lokalen landwirtschaftlichen Produkten geführt und die Gefahren für die allgemeine Gesundheit vergrößert.

Die EU handelt im Namen ihrer 27 Mitgliedstaaten innerhalb der WTO günstigere Konditionen sowohl für den Verkauf ihrer eigenen Industrieprodukte und Dienstleistungen in den sich entwickelnden Ökonomien, wie auch im Gegenzug beim Ankauf deren landwirtschaftlicher Produkte aus. Diese Vereinbarungen sind zum Schaden der landwirtschaftlichen Produktion solcher Mitgliedsstaaten wie z.B. Griechenland.

Die Strategie der kapitalistischen Neuordnung ist keine außergewöhnliche Besonderheit des "neoliberalen" Management, wie die Kräfte der Sozialdemokratie behaupten und somit wissentlich die arbeitenden Menschen über die reaktionäre Natur der EU täuschen. Diese Strategie drückt die Zwänge einer ganzen historischen Periode des Kapitalismus auf internationalem Niveau aus, deren Grundgerüst der Export von Gütern und Kapital ist. Während der Periode, die seit unserem 17. Kongress vergangen hat, bestätigt die Regierungskoalition in Deutschland zwischen der bürgerlichen liberalen Christlich-Demokratischen Union und der Sozialdemokratischen Partei ihre allgemeine Strategie als eine Verlängerung des Vertrages von Maastricht und der kapitalistischer Restrukturierung allgemein, ohne die Konkurrenz zwischen ihnen im Management abzuschaffen.

Die Kräfte des Reformismus und Opportunismus akzeptieren nicht nur die reaktionären Veränderungen zum Schaden der arbeitenden Klasse, sondern nehmen auch teil an deren ideologisch-politischer Irreführung, indem sie eine Zusammenarbeit der Klassen mit dem täuschenden Begriff der "Sozialpartnerschaft" predigen. Sie werden Transporteure des falschen und irreführenden bürgerlichen Begriffs der "dreiseitigen Zusammenarbeit" - welche da sind: der bürgerliche Staat, die Plutokratie und die mit ihr übereinstimmenden Gewerkschaftskräfte. Sie nehmen teil an den manipulativen Mechanismen, die der bürgerliche Staat schafft oder unterstützt, z.B. die NGO's, den Wirtschafts- und Sozialausschuss, das Institut der Arbeit, usw., die freigiebig finanziert werden, um die Arbeiterklasse zu korrumpieren und zu kaufen, um die Arbeiterbewegung zu kontrollieren. Reformistische und opportunistische Gewerkschaftskräfte, die den Klassenkampf geleugnet haben, unterlaufen bewusst die Rechte und Forderungen der Arbeiterbewegung.

Je mehr das Kapital seine Offensive steigert, um so mehr Fortschritte macht es bei der Organisierung seiner "fünften Kolonne" innerhalb der Arbeiterbewegung.

Vom 1. bis 3. November 2006 wurde in Wien der "neue" internationale Gewerkschaftsbund (IGB) durch die Vereinigung des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG) mit dem Weltverband der Arbeitnehmer (WVA) und dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) gegründet. Der IGB bildet hauptsächlich einen umbenannten IBFG und arbeitet als Vehikel des Parasitismus, der Korruption und der Degeneration der Gewerkschaftsbewegung.


Kapitel 3

Die internationale kommunistische und antiimperialistische Bewegung

A. Die Hauptziele der Aktion der KKE

14. Der 17. Kongress beauftragte in einer speziellen Resolution des Zentralkomitees, die internationalen Aktivitäten der Partei in folgende Richtungen zu spezialisieren:

Arbeiten an der Förderung einer "deutlicheren Form der Zusammenarbeit mit Kommunistischen und Arbeiterparteien für einen Kommunistischen Pol" zwischen den "Kommunistischen Parteien, die sich in ihren ideologischen und politischen Ansichten annähern, die den Marxismus-Leninismus und den Beitrag des Sozialismus, den wir kannten, sowie die Notwendigkeit des Kampfes für den Sozialismus verteidigen". Die unterschiedliche Präsenz marxistisch-leninistischer kommunistischer Parteien beseitigt nicht die Verantwortung jeder Partei für die Arbeiterklasse und die Bewegung in ihrem eigenen Land. Sie wird die Form der gemeinsamen Aktion und der gegenseitigen Unterstützung haben.
Das Bemühen, gemeinsame Aktionen mit antimonopolistischen antiimperialistischen Zielen mit Arbeiter- und Kommunistischen Parteien zu fördern, mit denen wir ideologische Differenzen haben, wobei wir deren falsche ideologische und politische Ansichten widerlegen.
Die Entwicklung des Beitrages der Partei zur antiimperialistischen Bewegung, zu den internationalen Organisationen der Massenbewegungen und zur Antikriegs- und Friedensbewegung fortzusetzen.

Die Internationalen Entwicklungen, der Kurs des antiimperialistischen Kampfes und die Entwicklungen in der internationalen kommunistischen Bewegung bestätigen sowohl die Genauigkeit wie auch die Richtigkeit des Beschlusses des 17. Kongresses "Zur Situation der internationalen kommunistischen Bewegung".

Die entsprechende Arbeit des 17. Kongresses wurde für die kommunistische Bewegung nutzbar, lenkte großes Interesse auf sich, wurde fortwährend getestet, hatte einen großen Einfluss auf eine Reihe kommunistischer Parteien und wurde in bilateralen Verträgen weiterentwickelt.

Die KKE wird in dieser Richtung weiterarbeiten.


B. Der ideologische und politische Kampf in der internationalen kommunistischen Bewegung

15. In der Zeit, die seit dem 17. Kongress vergangen ist, wurde die Notwendigkeit für die kommunistischen Parteien und die internationale kommunistische Bewegung, sich um gemeinsame Aktionen zu bemühen und den ideologischen Kampf gegen die opportunistischen Ansichten, die die Bildung einer kommunistischen Bewegung mit einer einheitlichen Strategie im Kampf gegen den Imperialismus, gegen die Strategie der kapitalistischen Neugliederungen und im Kampf für den Sozialismus behindern, zu intensivieren, immer offenkundiger.

Trotz aller unternommenen Schritte, bleibt die internationale kommunistische Bewegung in einem Zustand der Krise, ist organisatorisch und ideologisch zersplittert. Ihr grundlegendes Merkmal bleibt die Kontroverse zwischen revolutionären kommunistischen Ansichten und reformistischen, opportunistischen; ein Kampf, der in allen Regionen und auch innerhalb einer Reihe von Parteien im Gang ist.

Im Zentrum des Kampfes stehen:

die Aktualität des Marxismus-Leninismus;
die Notwendigkeit und realistische Aussicht auf den Sozialismus unter den Bedingungen des zeitweiligen Sieges der Konterrevolution;
das Wesen des Imperialismus und der imperialistischen zwischenstaatlichen Verbindungen;
die Strategie der Bündnisse und die Stellung der Kommunisten in der kapitalistischen Krise und zu zwischenimperialistischen Konflikten.

Das Hauptproblem ist die Haltung, die gegenüber dem Aufbau des Sozialismus im 20. Jh. eingenommen wird.

Die Ausdehnung der Krise in der internationalen kommunistischen Bewegung bringt Gefahren eines noch größeren Rückfalls mit sich. Die revolutionären kommunistischen Kräfte müssen den Anstoß dazu geben, der Krise, die einen breiteren Einfluss auf die antiimperialistische Bewegung der Völker hat und die Umorganisierung und den Gegenangriff der Arbeiterbewegung verhindert, zu begegnen.

Der Kampf gegen sozialdemokratische Tendenzen in den kommunistischen Parteien - durch die Einmischung imperialistischer Mechanismen, Antikommunismus und bürgerliche Medien - muss durch die Verteidigung der historischen Rolle der Arbeiterklasse und ihrer organisierten Avantgarde, durch die Prinzipien des ML und des Sozialismus fest und konsequent geführt werden. Diese Aufgabe ist angesichts der wachsenden antikommunistischen Offensive in der EU und international von noch größerer Bedeutung.

16. Die Positionen und der Kurs der Partei der Europäischen Linken (EL), in welcher die SYN (25) aktiv Teil nimmt, bestätigen, dass die EL seit ihrer Gründung ein institutionelles Element der EU darstellt, ein Instrument zur Unterstützung der kapitalistischen Neugliederung, ungeachtet ihrer allgemeinen Verlautbarungen. Die Aktivität der EL bestätigt auch die Prognose unserer Partei, dass ein Schwerpunkt ihres Handelns der Versuch ist, die Natur der Parteien zu ändern, welche am Titel "Kommunisten" festhalten oder die bestimmte Eigenschaften in dem einen oder anderen Maß bewahrt haben, wenn auch nur formell. Der schwindende Einfluss einiger der Hauptparteien in der EL, die in der vordersten Reihe des Eurokommunismus standen und heute das Flaggschiff des Opportunismus bilden, ist eine logische Konsequenz in ihrem Werdegang.

Die EL mischt sich durch die Unterstützung opportunistischer Kräfte innerhalb solcher kommunistischen Parteien ein, in denen sich eine Auseinandersetzung entwickelt hat. Ihre Einmischungen gehen bis nach Lateinamerika, zum Schaden der revolutionären und antiimperialistische Kräfte, in welche sie systematisch sozialdemokratische Ansichten hineinträgt, was letztlich der EU-Politik nützt, die in Konkurrenz um einen Marktanteil gegenüber der USA steht. Sie (die EL - d. Übers.) pflegt die irreführende Ansicht, dass die EU eine Gegenkraft zur US-imperialistischen Intervention in der Region sei.

17. Die KKE kann zur Neuordnung der internationalen kommunistischen Bewegung und zur Entwicklung der Arbeiterbewegung, dem antimonopolistischen und antiimperialistischen Kampf und zur ideologischen Front im Gegenangriff gegen die bürgerliche Ideologie und den Opportunismus von besseren Positionen aus beitragen.

Die Notwendigkeit für objektive Folgerungen, die aus der Sicht der wissenschaftlichen Theorie des Sozialismus-Kommunismus bezüglich des Aufbaus des Sozialismus im 20. Jh. gezogen werden müssen, wird deutlicher. Ohne eine solche Wertung, auch wenn diese einige Probleme ungelöst lassen muss, wird es für die kommunistische Bewegung nicht möglich sein, sich neu zu gruppieren oder eine möglichst umfassende Antwort für die Strategie der revolutionären Arbeiter- und kommunistischen Bewegung unter den modernen Bedingungen zu geben. Das trifft auf alle kommunistischen Parteien zu, die unter konkreten Bedingungen handeln.

Die KKE ist überzeugt, dass jedes Widerstreben, die Gründe für den Sieg der Konterrevolution zu untersuchen, gleichbedeutend ist mit Agnostizismus und das Feld antikommunistischen Ansichten der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus überlässt.

Die KKE denkt, dass ernste Anstrengungen in der internationalen kommunistischen Bewegung unternommen werden müssen, um die Diskussion, den Dialog und die kritische Verwerfung und Konfrontation mit erfundenen und unmaßgeblichen bürgerlichen Vorstellungen über das Wesen der kapitalistischen Neugliederungen und Ansichten hinsichtlich "staatlicher Eingriffe", "Renationalisierung", "Weltregierung" und "Marktregulierung" zu fördern. Diese falschen Anschauungen blenden zwischenimperialistische Konflikte, ungleiche Entwicklungen und andere Widersprüche aus. Tatsächlich desorientieren sie die Menschen von der reifen Notwendigkeit für radikale Änderungen auf Kosten der Monopole, des Imperialismus und des kapitalistischen Eigentums.

Es ist außerdem notwendig, die falsche und künstliche Idee vom "Sozialismus des 21. Jh.", welche in ihrem Wesen auf einen sogenannten humanisierten Kapitalismus hinausläuft, als Phrase zu enthüllen und ihr zu begegnen.

Kleinlichen bürgerlichen und opportunistischen Ansichten, welche die Vorhut, die führende Rolle der Arbeiterbewegung und der Arbeiterklasse im allgemeinen, sowie die soziale und Klassenstruktur der kapitalistischen Gesellschaft bestreiten, muss man ideologisch und politisch begegnen.

Ansichten bezüglich des "Verschwindens" der Arbeiterklasse und einer "neuen Vorhut", welche angeblich die Mittelschicht repräsentiert, die infolge der kapitalistischen Umstrukturierung erscheint, müssen systematisch widerlegt werden. Ansichten von "Nicht-Gewalt", "Super-Imperialismus" und "EU-Superstaat" müssen auch angefochten werden. Die ideologische Front, die mit der Analyse vom Wesen der EU als einer zwischenstaatlichen imperialistischen Koalition befasst ist, muss entwickelt und die irrige Ansicht widerlegt werden, dass die EU den USA vorzuziehen sei. Auch die Ansicht, dass die sogenannte multipolare Welt Frieden und Sicherheit für die Völker bringen kann, muss widerlegt werden. Die multipolare Welt ist entlarvt als Welt der verschärften innerimperialistischen Konkurrenz.

In Lateinamerika, aber auch anderswo, wird der Versuch unternommen, den bewaffneten revolutionären Kampf zu verdammen und abzulehnen, dort insbesondere mit Hinweis auf die FARC. Diese politische Haltung, die weithin von pro-imperialistischen Kräften übernommen wurde, aber auch von den Kräften des Reformismus und Opportunismus unterstützt wird, betrifft den bewaffneten Kampf gegen Okkupation und den Widerstand gegen diktatorische und despotische Regime. Sie betrifft auch die Entwicklung der revolutionären Bewegung, das Recht, sich gelbst gegen die Repressionen und Waffen der Bourgeoise und bürgerlichen politischen Kräfte zu schützen. Im Wesen spricht diese Haltung davon, dass die Bewegung aufgeben und die Politik der Überwindung des Systems über Bord werfen soll.

Die Partei wird ihre Bemühungen fortsetzen, gemeinsame Aktionen mit antimonopolistischen und antiimperialistischen Zielen auch mit jenen kommunistischen und Arbeiterbewegungen zu unterstützen, mit denen es ideologische Differenzen gibt, ohne jedoch auf das Recht zu kritischen Diskussionen über diese Unterschiede zu verzichten.


C. Bewertung der KKE Aktivitäten und Initiativen

18. Die KKE setzte ihre Bemühungen fort und verbesserte diese, bilaterale und multilaterale Beziehungen zwischen den kommunistischen und Arbeiterparteien zu entwickeln. Sie vergrößerte die Anzahl ihrer Kontakte mit mehr Parteien als zuvor. Sie arbeitet ständig daran, ihre bilateralen Beziehungen durch den Erfahrungsaustausch, durch Diskussionen über theoretische Probleme sowie über Mitarbeit an einzelnen Fronten des Kampfes und besonders über Probleme von allgemeinem Interesse auszubauen.

Sie organisierte Arbeitsgruppenbesuche zu Problemen des sozialistischen Aufbaus und der internationalen kommunistischen Bewegung. Zur gleichen Zeit setzte sie ihre Bemühungen fort, gemeinsame Aktionen an den Fronten des Kampfes zu entwickeln und die Solidarität mit den Völkern, welche unter imperialistischen Kriegen und Interventionen, ethnischer Gewalt und Repression leiden, zu festigen.

Sie unterstützte die gemeinsamen Aktionen und Interventionen in nationalen Parlamenten und im Europäischen Parlament gegen die Opfer der antikommunistischen Verfolgungen sowie die Klage gegen das Verbot kommunistischer Parteien und die Nutzung kommunistischer Symbole.

Sie trug aktiv dazu bei, dass die Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien, die 1998 begannen und sieben Jahre lang in Athen und danach in Lissabon, Minsk und 2008 in Sao Paolo abgehalten wurden, regelmäßig jährlich fortgeführt werden konnten.

Gemeinsam mit anderen Parteien, bereitete sie diese Treffen jedes Jahr in verschiedenen Ländern vor und bemühte sich, eine Arbeitsgruppe mit Kontakt zu Beratungen anderer Parteien zu bilden, um das Thema des Treffens kollektiv zu bestimmen und diese Treffen auf neue kommunistische und Arbeiterparteien auszuweiten, die verfolgt oder wiedergegründet wurden und ernsthafte Schwierigkeiten haben. Sie machte konkrete Vorschläge und brachte Initiativen zur Entwicklung gemeinsamer Aktionen ein.

Die internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien (IMCWP) sollten fortgesetzt werden. Sie sollten sich weiterhin auf Probleme in Bezug auf den Kampf gegen den Antikommunismus konzentrieren, die Haupttrends des modernen imperialistischen Systems einschätzen, den Widerstand gegen die kapitalistischen Neuorientierungen, die antiimperialistische Solidarität, die Verbindung der Gewerkschaften, den Friedenskampf und andere Bewegungen auf nationalem und internationalem Niveau entwickeln.

Indem wir unsere positive und negative Erfahrung gleichermaßen nutzen, sind wir gefordert, konkrete Maßnahmen zur Anwendung der jährlichen Handlungsanweisungen, die vom IMCWP formuliert werden, zu ergreifen, und die Initiativen der Parteien und Parteiengruppen, durch die breitestmögliche Verbreitung und Diskussion zu fördern.

Die Arbeitsgruppe muss in Fortführung ihrer Hauptaufgabe, der kollektiven Vorbereitung auf die Treffen, die Anwendung dieser Anweisungen unterstützen und fördern.

19. Regionale und problemorientierte Treffen der kommunistischen Parteien sollten öfter und effektiver als in der Vergangenheit, als Teil des Prozesses des gemeinsamen Ausarbeitens von Standpunkten, zur Bewertung von Ereignissen und die Entwicklung des ideologischen und politischen Kampfes gegen bürgerliche und opportunistische Trends, gegen neofaschistische Praktiken sowie gegen Nationalismus und Chauvinismus, abgehalten werden.

Die ideologische Front muss bei Problemen, die mit der internationalen kommunistischen Bewegung und dem antiimperialistischen Kampf verbunden sind, bedeutend verbessert werden, so dass sie auf eine schnellere und begründete Weise antworten, und eine Bewertung von Kämpfen, Forderungen und ihren Ergebnissen, besonders bezüglich der Kämpfe der Arbeiterklasse und junger Menschen vertiefen kann.

Allgemeiner: Die Notwendigkeit nach breiterer und systematischerer Öffentlichkeit für die Probleme, die auf den internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien und bei thematischen und einigen regionalen Treffen zu Tage treten, und für die Aufgaben der Partei, die sich daraus ableiten, wurde offenkundig. Auch die bessere Auslastung und Mitwirkung der Parteikader und -organisationen, der Partei im allgemeinen, ist für die Bewertung, Nutzung und Entwicklung des internationalen Handelns der Partei erforderlich.

20. Die KKE hat die Initiative entwickelt, Europäische Seminare zu Problemen der Bildung zu übernehmen und eine Kampagne für freie öffentliche Bildung zu entwickeln. Sie veranstaltete drei Treffen von Parteien vom Balkan in Thessaloniki und Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien aus dem östlichen Mittelmeerraum, dem Roten Meer und der Golfregion. Sie nahm aktiv an den internationalen Seminaren der Arbeiterpartei Belgiens teil, an den thematischen Seminaren, die von verschiedenen kommunistischen Parteien durchgeführt wurden und an wissenschaftlichen Konferenzen von marxistischen Wissenschaftlern.

Sie nahm an regionalen Treffen von kommunistischen Parteien, sowie an Treffen von entsprechenden Bewegungen in Europa, an den Treffen der progressiven und linken Parteien des Mittelmeerraumes, in Lateinamerika z.B. an dem Forum in Sao Paolo, und in Asien teil.

Sie organisierte Veranstaltungen mit Delegierten kommunistischer Parteien, wie z.B. der Portugiesischen KP, der KP Indiens (M), der KP Venezuelas, der KP Boliviens, der Partei der Kommunisten von Mexiko usw., welche den Mitgliedern und Kadern der KP Griechenlands eine Möglichkeit bot, besser informiert zu werden.

Durch die Kampagne und die Europäische Demonstration in Strasbourg und andere Aktionen trug sie zur Ablehnung der antikommunistischen Resolution des Europarates sowie zur Entwicklung einer breiten europaweiten und internationalen Bewegung gegen den Antikommunismus bei. Sie unternahm Solidaritätsaktionen, um gegen das Verbot des Kommunistischen Jugendverbandes der Tschechischen Republik zu protestieren.

Sie entwickelte ein neues Niveau der Beziehungen mit der KP Kubas und mit der Solidaritätsbewegung für das sozialistische Kuba.

Sie organisierte 2006 eine große und erfolgreiche Demonstration in Athen, unter Mitwirkung Dutzender Repräsentanten kommunistischer und Arbeiterparteien, eine Woche der Solidarität mit dem sozialistischen Cuba mit Massenveranstaltungen und Märschen im Mai 2006, und eine Kampagne zur Freilassung der fünf kubanischen Gefangenen in den USA.

Sie verstärkte ihre Beziehungen mit einer Reihe kommunistischer Parteien in Lateinamerika, entwickelte Solidarität mit den Kämpfen der Völker von Venezuela und den Völkern, die gegen imperialistische Intervention und Krieg kämpfen, wie im Libanon und in Palästina, und sie nahm an internationalen Mobilisierungen gegen die NATO, das G8-Gipfeltreffen, die WTO und andere teil.

Sie stand den zypriotischen Menschen bei der Ablehnung des Annan Planes bei und lieferte aktive Unterstützung für das Bemühen, eine gerechte und praktikable Lösung des zypriotischen Problems, welche auf Initiative der Präsidentschaft Cyperns mit Zusammenarbeit der Progressiven Partei der arbeitenden Menschen (AKEL), der demokratischen Partei (DHKO) und der vereinigten Demokraten (EDEK) entwickelt wurde, zu finden. Sie unterstützt die bedeutsamen Bestrebungen für eine Wiederannäherung zwischen den griechischen und den türkischen zypriotischen arbeitenden Menschen, welche bereits seit Jahren von AKEL und der Jugendorganisation EDON systematisch und entschieden unterstützt wurden.

Sie übernahm die Initiative, Mobilisierungen zu organisieren und eine Parteidelegation zum Besuch Libanons während der israelischen Angriffe zu senden, wie auch nach Palästina und Syrien. Sie widersetzte sich der Abspaltung des Kosovo.

Sie entwickelte besonders enge Beziehungen mit der KP der Türkei auf breiter Ebene von Fragen, die beide Parteien verbinden und zeigte ihre Solidarität mit der Arbeiterklasse der Türkei auf vielen verschiedenen Wegen.

Ebenso bedeutend war die internationalistische Aktion der Parteiorganisationen, sowie die allgemeine Zunahme des Interesses und der Teilnahme.

Sie unterstützte die gemeinsame Haltung der kommunistischen und Arbeiterparteien von EU-Mitgliedsstaaten bei deren Kampf, mit der EU und ihren Politiken Schluss zu machen.

21. Die KKE sollte größeres Gewicht auf die Zusammenarbeit zwischen den kommunistischen und Arbeiterparteien Europas gegen die NATO-Kräfte, die auf dem Balkan geblieben sind, legen, sowie gegen die Ausnutzung von Problemen von Minderheiten, realen und nicht-existierenden. Systematischere Arbeit sollte in Bezug auf die Situation werktätiger Menschen und der Jugend geleistet werden, wie auch bei der Erörterung internationaler Konflikte in der EU und der Konkurrenz zwischen den USA und Russland. Probleme über die Mängel der kommunistischen und Arbeiterbewegung und das Fehlschlagen beim Koordinieren der Kämpfe auf europaweitem Niveau sollten diskutiert werden. Im Hinblick auf die Europa-Wahlen sollten Koordination und gemeinsame Aktion entwickelt werden.

Die Partei sollte nicht lockerlassen, gemeinsame Aktionen auf dem Balkan, in Europa und im Nahen Osten zu unterstützen und sollte auch engere Beziehungen mit Afrika entwickeln.

Gemeinsame Initiativen mit kommunistischen und Arbeiterparteien sollten verstärkt hinsichtlich der Rechte ausländischer Arbeiter und deren Integration in die klassenorientierte Arbeiterbewegung geführt werden.

Sie sollten dazu beitragen, regelmäßige Treffen mit kommunistischen Parteien von Ländern des Nahen Ostens zu sichern, um die Solidarität auszubauen. Eine Diskussion über die Unterstützung der Arbeiterbewegung in der Region, über den antiimperialistischen Widerstand gegen die Okkupation sowie über die Ablehnung der Pläne für den "Greater Middle East" (26) und die anderen globalen Pläne der USA, der NATO und der EU sollte entstehen.

Sie sollten zum weiteren Wachstum der Zusammenarbeit mit den kommunistischen und Arbeiterparteien von Lateinamerika beitragen und die Solidarität mit den Völkern der Region verstärken, die sowohl unter der US-Offensive leiden, als auch unter den Bemühungen der EU, in die Entwicklungen zu deren eigenem Nutzen einzugreifen.

Die KKE wird ihre Aufmerksamkeit mehr der Zusammenarbeit und den Solidaritätsaktionen mit den kommunistischen Parteien in der Region zuwenden, die es geschafft haben, ihre unabhängige Rolle zu bewahren und zur Vertiefung des anti-monopolistischen und anti-imperialistischen Kampfes beizutragen und die es ablehnen, in Koalitionen zerstreut zu werden. In diesen Ländern werden konstruktive Prozesse nur effektiv sein und in dem Maß einen breiteren Einfluss haben, wie die Arbeiterklasse ihre Vorreiterrolle in der sich entwickelnden breiteren Bewegung ausübt, und wie sie außerdem eine führende Rolle im sozialen Bündnis mit den Bauern und den Menschen mit kleinen Geschäften wahrnimmt.


D. Der Kurs der anderen internationalen antiimperialistischen Organisationen

22. Die ersten bedeutenden Resultate der Umgruppierung der internationalen Arbeiterbewegung haben sich in globalem Maßstab in Verbindung mit dem Kampf gegen die opportunistischen Ansichten innerhalb gezeigt.

Die kämpferische Klassenausrichtung des Weltgewerkschaftsbundes (WFTU) wächst. Die wachsende Teilnahme neuer Organisationen in ihren Reihen und ihre Erfahrungen mit verschiedenen Bedingungen des Kampfes stellen einen ernst zu nehmenden Faktor bei der Internationalisierung des Kampfes der klassenorientierten Gewerkschaftskräfte und bei der Stärkung ihrer anti-monopolistischen und anti-imperialistischen Orientierung auf höherem Niveau dar.

Die KKE ist der Ansicht, dass PAME, die Klassenorganisation in Griechenlands Arbeiterbewegung, einen bedeutenden Beitrag zum Bemühen geleistet hat, die Umgruppierung und Neuorganisation der internationalen Gewerkschaftsbewegung zu fördern mit dem Ziel, sie mit neuen Gewerkschaftsorganisationen zu erweitern, so dass ihre Aktion auf globaler Ebene gestärkt wird.

23. Die Aktion und Ausrichtung der Friedensbewegung wurde in anti-monopolistische und anti-imperialistische Richtung deutlich gefestigt. Das Ansehen des Weltfriedensrates vergrößerte sich, neue Kräfte schließen sich an. Sie hat einen positiven Einfluss auf das Wachstum der Friedensbewegungen in vielen Ländern in der Welt. Bessere Bedingungen werden geschaffen, um Tendenzen der Auflösung und Versuchen, die Bewegung zu verwirren, zu begegnen. Ihr gewachsener Beitrag basiert auf den Entscheidungen der letzten Kongresses, der in Caracas, Venezuela, abgehalten wurde.

24. Die internationale progressive Frauenbewegung hat noch nicht die nachteiligen Folgen des Rückzugs von ihrer antiimperialistischen, antimonopolistischen Orientierung nach dem Sieg der Konterrevolution bewältigt. Der Mittelpunkt des Handelns und des Einflusses der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF) verlagerte sich hauptsächlich in die Region Lateinamerika, wo es militante Frauenorganisationen gibt, die gegen die Strategie der imperialistischen US-Interventionen kämpfen. Es werden Bedingungen geschaffen, die Beziehungen der Kräfte in den Reihen dieser internationalen Organisationen zu verbessern. Die griechische Teilnahme bemühte sich entschieden, den anti-imperialistischen Kampf zu entwickeln, welcher die Hauptbedingung für die Sammlung der Massen der arbeitenden Frauen in den Reihen der Bewegung und für gemeinsame Aktion mit der internationalen klassenbezogenen Arbeiterbewegung und anderen fortschrittlichen internationalen Organisationen bildet.

25. Die internationale fortschrittliche Jugendbewegung, die im Weltbund der demokratischen Jugend (WBDJ) zusammengefasst ist, geht nach ihrer Umgruppierung durch eine Stabilisierungsperiode, welche von einigen kommunistischen Jugendgruppen, eingeschlossen dem KNE, unterstützt wird. Jedoch sind die Schwierigkeiten und Hindernisse zu ihrer beständigen antiimperialistischen Orientierung noch nicht beseitigt.

Das elementare Ziel ist nach wie vor, den antiimperialistischen Charakter und die antiimperialistische Orientierung des WBDJ aufrechtzuerhalten, besonders ihn zu vertiefen, so dass er den Belastungen und Einflüssen der Sozialdemokratie und des Opportunismus widerstehen kann. Die internationale Jugendbewegung muss diese Ausrichtung auf der Basis der aktuellen Gegebenheiten festigen. Sie muss sich erkennbarer auf einer klassenbezogenen Analyse der Bewegungen und modernen Erscheinungen stützen und eine Langzeitstrategie sichern, die nicht in einen imperialistischen Kontext passt, sondern die für den Sieg der Arbeiterklasse auf der Höhe der Macht und für den Sieg und die Verteidigung des Sozialismus kämpft.

ZK der KKE, Übersetzung: Andrea und André Vogt, Dresden

(...)

93. Mit Entschlossenheit muß die Partei den während des 15. Kongresses und der nachfolgenden Kongresse näher definierten Weg gehen. Die Konsolidierung dieser Perspektive, die Integration der Basisorganisationen und der Führungsanspruch der KKE sind Fragen von großer Bedeutung. Unter Berücksichtigung der Tatsache, das der Einfluss der Partei und dadurch die Basis für ein rasches Expandieren der eigenen Reihen in der nächsten Zeit größer wurde, ist der Prozess der Parteibildung selbst der Schlüssel zur Stärkung auf allen Ebenen. Der Prozess der kontinuierlichen Entwicklung setzt eine geplante, stetige und unermüdliche Arbeit für den Aufbau eines möglichst weitreichenden Partei-, KNE- und Basisorganisationseigenes Netzwerk an den Arbeitsplätzen, in den Fabriken, in den Unternehmen und überhaupt in allen Lebensbereichen voraus. Dies ist eine notwendige Vorbedingung für die Stärkung und die Verbesserung der Effizienz im Parteiaufbau und dem sich daraus ergebenden Einfluss im öffentlichen Leben, in der Stadt und auf dem Land sowie auf die Frauen und Kinder im Allgemeinen. Wir sollten uns in der Arbeit die Notwendigkeit von der revolutionären Einheit von Theorie und Praxis vor Augen führen. Im Einzelnen bedeutet dies: ein Maximum an theoretischer und ideologischer Klarheit zu erreichen, unsere Strategie in die geplanten Aktionen der Bewegung zu etablieren, Kräfte zu sammeln und das politische Bewusstsein einer steigenden Anzahl Beschäftigter und anderer Arbeitern zu entwickeln. In Kombination mit der fortschreitenden politischen Erziehung von der Parteispitze bis zu den Basisorganisationen sowie der individuellen Selbsterziehung ist die zunehmende Verbreitung von "Rizospastis", der "Communist Review" (KOMEK) und der politischen Bücher ein wesentlicher Schritt vorwärts. Wir sollten die Voraussetzungen schaffen, um die Kinder und die KNE besser erreichen zu können.

Nach der vorbereitenden Debatte über die zweite Phase der Geschichte der KKE (1949 - 1974) innerhalb der Partei, sollte das Programm als einen Schwerpunkt zur ideologischen und politischen Erziehung unserer Kader und Mitglieder den Text "Die Schlussfolgerungen im Aufbau des Sozialismus" und die Parteigeschichte enthalten.

Das neue Zentralkomitee sollte den Focus seiner Arbeit auf die Unterstützung städtischer und regionaler Strukturen sowie die Vergrößerung der Effektivität in den Distrikt- und Kontrollkommissionen legen, die wiederum für die Führung der Basisorganisationen direkt verantwortlich sind. Zusätzlich ist eine spezifische Unterstützung für die überregionalen Kontrollkommissionen notwendig.

Die Berichterstattung der Führungsgremien an die Basisorganisationen und deren Kontrolle wird wirkungsvoller und schöpferischer; jegliche Routine und Formalitäten werden überwunden. Auf allen Parteiebenen sollen die Führungskräfte die Klassenerfahrungen und der allgemeine Kampf der Massen in ihrem Gebiet intensiv analysieren. Sie sollten Unzulängligkeiten und Fehler, die während der Umsetzung der Entscheidungen gemacht wurden, neue Probleme und Tendenzen sowie die Entwicklungen in ihrem Arbeitsgebiet bemerken, so dass die Entscheidungen zu jeder Zeit ihrem konkreten Bedarf angepasst werden können. Im Besonderen sollen die Führungskräfte mit den Kräften der Avantgarde und den Kadern Kontakt halten, sich entwickelnde politische Trends und Probleme, die mit der Entwicklung des politischen Bewusstseins, der Organisation und dem Kampf verbunden sind, erkennen und die Initiative ergreifen.

Die Kontrolle und die Evaluierung der Arbeit und Beiträge der Kader sollte transparenter gemacht werden.

Auf allen Ebenen der Partei bis zu den Basisorganisationen wächst das Bedürfnis, ein besseres Verständnis für den Charakter und den Inhalt der schöpferischen Anpassung sowie der Modifizierung unserer Strategie an die politischen Bedingungen zu erhalten. Eine genaue Analyse der notwendigen organisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung der genannten Vorgabe sollte durchgeführt werden.

Der Umfang der Arbeit und die komplexe politische Entwicklung benötigt unterstützende Kräfte, so dass führende Kader ihre Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Arbeitsvorgaben und der langfristigen Planung konzentrieren können. Die Kommissionen in Stadt und Land sollten unterstützende Kommissionen aufbauen, wo keine bestehen und deren Zusammensetzung verbessern, wo sie bereits vorhanden sind. Die Kontrollkommissionen der Region und die Distriktkommissionen der Städte sollten die Basis-Infrastruktur sicherstellen. Die unterstützenden Kommissionen tragen zur besseren Ausarbeitung der Entscheidungen, zur Spezialisierung der Kader und schließlich zur Verbesserung der Anleitung der Basisorganisationen bei.

94. Das neue Zentralkomitee muss konsequenter als bisher sicherstellen, dass die Planung und die Kontrolle seiner Arbeit bezüglich aller von der landesweiten Konferenz angenommenen Maßnahmen zur umfassenden Unterstützung der KNE folgendes mit einschließt:

Anleitung der Mitglieder, mit dem Ziel, die Parteistrategie zu übernehmen und ihre Arbeit innerhalb der KNE zu intensivieren, um dadurch die ideologisch-politische und kommunistische Erziehung zu fördern. Unterstützung von qualifizierten Kadern in der Partei und KNE in den Bereichen der Jugendarbeit und hier besonders bei jungen Arbeitern in der beruflichen Ausbildung sowie in den technischen Bildungsinstitutionen.

Das Zentralkomitee soll anspruchsvoller gegenüber sich selbst werden. Die Mitglieder unterer Hierarchieebenen sollten kameradschaftlich unterstützt werden, um die kreative Arbeits- und Funktionsweise der Basisorganisationen sicherzustellen. Die Basisorganisationen bilden auf der Ebene der ideologisch-politischen Arbeit einen wichtigen Faktor in der Integration neuer Mitglieder, insbesondere in den Bereichen Kultur und Sport.

95. Durch Umstrukturierung erzeugen die Kapitalisten eine neue Situation in Griechenland.

Die Arbeitsthesen des 17. Kongresses ("Dokumente des 17. Kongresses, S. 174), "Die Konzepte und Arbeitsweisen in unserer politischen Praxis sind - nachdem sie unter relativ außergewöhnlichen inneren und äußeren Bedingungen nach der Demokratisierung 1974 angenommen wurden - bisher unzureichend geprüft worden und nicht auf die aktuelle Realität übertragbar" sind noch immer relevant. Moderne Kampfbedingungen und die Erfahrung, mit dieser Arbeitsthese bereits all die Jahre zu arbeiten, müssen in eine Evaluierung mit einbezogen werden. Andernfalls entwickelt sich das Potential der Partei nicht weiter und läuft Gefahr, an Effektivität zu verlieren.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Erfahrungen, ist die Vergrößerung der Arbeiteravantgarde die unmittelbare Aufgabe. Die Vergrößerung der Arbeiteravantgarde ist die Vorbedingung für einen Einfluss auf den größten Teil der Arbeiterklasse.

Die Entwicklung und die Stärkung der klassenorientierten Bewegung, das Anwachsen der Organisation der Arbeiterklasse und der Fortschritt in seiner Einheit sind ohne eine systematische Parteiarbeit unter den Wirtschaftsimmigranten undenkbar. Sie erleiden die brutalste Klassenausbeutung. Ein wesentliches Element zukünftiger Parteiarbeit muss daher die Miteinbeziehung der Immigranten in die Gewerkschaften, in die Gewerkschaftsarbeit und in der Verteidigung ihrer Arbeitsplätzen darstellen - unabhängig davon, ob sie in den Städten oder auf dem Land arbeiten. Heute benötigen sie die Solidarität in der Verteidigung gegen Arbeiter ihrer eigenen Nationalität, die sie genauso brutal ausbeuten wie die Griechen selbst. Die Angriffe gegen die Wirtschaftsmigranten erstrecken sich über das ganze Spektrum ihrer problematischen Lebensbedingungen und umfassen die Lebens- und Wohnsituation, die Ausbildung ihrer Kinder, die soziale Infrastruktur, das Gesundheitswesen, ihre Legalisierung sowie ihre Verteidigung gegenüber allen Mechanismen der Repression und Gewalt.

Das neue, auf den Erfahrungen ihrer Organisation basierende Zentralkomitee, sollte einen Aktionsplan für die Probleme der Migranten und ihrer Integration in die Arbeiterbewegung entwickeln.

96. Die angestrebten ideologisch-politischen und Massenaktivitäten der Partei sollten durch spezifische Kriterien, die eine Evaluierung ihrer Ergebnisse ermöglichen, bestimmt werden. Die anzustrebenden Ziele können hinsichtlich einer systematischen Kontrolle und Verantwortlichkeit, zur Einschätzung ihrer Effizienz und dem Aufbau einer Infrastruktur und Perspektive entwickelt werden. Das Leitkriterium kann durch die Qualität der Methode und das Maß an Kontinuität, durch die die Strategie der Partei gefördert wird, definiert werden. Die vorhandenen Ergebnisse werden festgehalten und sollten als Grundlage für zukünftige Modifikationen und weitergehende Forderungen dienen. Ungeduld sollte vermieden werden, da wir Rückschläge, ungradlinige Entwicklungen und spontane, hemmende Einflüsse in der Bewegung mit einbeziehen und berücksichtigen müssen.

Die tägliche Arbeit sollte zur Erweiterung der parteieigenen Erfahrungen sowie die ideologisch-politischen und organisatorischen Fähigkeiten auf allen Parteiebenen beitragen, so dass die Bedingungen zur Erhöhung des Klassenkampfes zum Zeitpunkt des gemeinsamen Kampfes der Massen und der Bewegung gegeben sind. Oder unter entgegengesetzten Bedingungen, wenn Schwierigkeiten auftreten und die Entwicklung des Klassenkampfes gering ist.

Wir sollten uns auf diejenigen öffentlichen Massen zu bewegen, die sich seit kurzer Zeit mit dem Kampf verbinden. Dabei müssen wir mit Geduld vorgehen und sie nicht sofort überzeugen müssen, da ein Veränderungsprozess im Bewusstsein nicht frei von Widersprüchen ist. Zur gleichen Zeit sollten wir besonnen und sensibel vorgehen, weil der notwendige Versuch sich den Massen zu nähern, zu Schwierigkeiten mit unserem Ziel, die Strategie der Partei zu fördern, führen kann - es birgt das Risiko des Auseinanderbrechens. Wir müssen uns aber in unbekanntes Wasser begeben und auf die strategischen Ziele unserer Partei beharren.

97. Die Militanz und die Qualität der politischen Praxis der Kommunisten in anderen Massenorganisationen sind die Voraussetzungen für die Entwicklung des Kampfes, für die militante kollektive Ausbildung, für die Entwicklung des politischen Bewusstseins, für den Partei- und KNE-Aufbau und für die Entwicklung der mit der Partei verbundenen bewussten Arbeiter.

Heute sind die lokalen Massenorganisationen sehr wichtig und lokale Kämpfe nehmen seit der fortschreitenden Veränderung der neuen Verwaltungsstruktur des Landes durch "Kapodistrias II" eine beträchtliche politische Dimension an.

Die Leiter der Basisorganisationen müssen ihre Verantwortung in der Führung der Mitglieder gewissenhaft ausführen. Sie wurden als Kader ausgewählt, um die Massenorganisationen zu verwalten und die Parteisektionen zu führen. Mit dem Ziel, neue Kräfte zu gewinnen, müssen die führenden Kader auf Grundlage unserer Strategie die Arbeit und die Arbeitsmethode verantwortlich kontrollieren.

98. Die Frage der Erneuerung, des Wechsels und der Neuordnung der Kader ist unausweichlich und dringend erforderlich. Die Kaderfrage wird in ein paar Jahren zunehmend bedeutungsvoller und das ist der Grund, weshalb wir uns sorgfältig, systematisch und unmittelbar damit beschäftigen müssen.

Die Kaderauswahl sollte auf Grundlage der sozialen Herkunft und dem Alter diskutiert werden und verfolgt eine langfristige Perspektive. Die Förderung von weiblichen Kadern aus der Arbeiterklasse ist von besonderem Interesse.

Wir müssen die meisten und fähigsten Kräfte in den Industriebranchen und in den verschiedenen Sektoren der Ökonomie konzentrieren. Von besonderem Interesse sind die industriellen Sektoren, die traditionellen weiterverarbeitenden Industrien, die erfahrene Arbeitskräfte beschäftigen und letztlich moderne Industriebereiche, in denen viele junge Arbeiter tätig sind. Weiterhin sollten die besten und erfahrensten Kader oder die viel versprechendsten Kader an der Arbeit der Gebietskommissionen teilnehmen. Kader, die ausführende Arbeiten unterstützen und fördern, müssen ebenfalls mit der Arbeit in diesen Kommissionen betraut werden.

Wir sollten ebenfalls Kräfte in der ideologischen Arbeit, der Aufklärung und Propaganda sowie auf dem Gebiet der Studien und Forschung konzentrieren. Mit der Arbeit sollten wissenschaftlich tätige Parteimitglieder betraut werden, die bereit sind, ihr Wissen in den Dienst der Arbeiterklasse und für den Kampf um den Sozialismus zu stellen. Junge Wissenschaftler mit Parteibuch sollten durch ein parteiinternes System von Ausbildung und Selbstausbildung bei der Vermittlung von marxistischem Wissen als Assistenten fungieren.

Die Frage geeigneter Kader ist ebenfalls mit der Rotation von Arbeitsgebieten verbunden. Eine seit längerer Zeit durchgeführte Tätigkeit führt bei den Kadern zu Einseitigkeit und zu einem Zustand der Stagnation. Kader, die eine Bereitschaft zur individuellen Verbesserung ihrer Arbeit missen lassen oder deren Notwendigkeit nicht sehen, werden zu einem Hindernis.

Die Lösung des Problems liegt in der Verbesserung der Führung, aber hauptsächlich in der Mitgliedererneuerung in der KNE. Die Führung benötigt mehr Unterstützung durch ihre Kader, um für die Übernahme von Parteiverantwortung vorbereitet zu sein. Ebenfalls sollte die KNE in der individuellen Förderung und dem Wachstum ihrer Kader vorbereitet und unterstützt werden, um die durch den Kaderwechsel in die Partei entstandenen personellen Lücken zu füllen. Unter diesem Gesichtspunkt sollte das Zentralkomitee die Rolle der Organisation in der Erneuerung der Parteikräfte betrachten.

Dieser Blickwinkel betrifft alle führenden Kräfte in der Partei und den korrespondierenden Kräften in der KNE.

99. Die Stärkung der Partei impliziert die Stabilisierung und die Ausdehnung des politischen Einflusses. Allerdings sollte die Stärkung der Partei nicht mit seinem Einfluss auf die Wähler gleichgesetzt werden. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf spezielle Themenschwerpunkte konzentrieren müssen, so dass sie zu einem Instrument des politischen Einflusses der Partei werden. Der politische Einfluss wird durch eine Kombination diverser Faktoren beeinflusst und bestimmt. Ein Schlüsselkriterium für die Stärkung unserer Partei ist der Aufbau von Gruppen in Fabriken, in Unternehmen sowie in industriellen Produktionsstätten, das ideologische und politische Niveau der Partei und seine Fähigkeit, Gegenangriffe zu organisieren. Der Fortschritt in der Entwicklung zum Erreichen dieser Ziele wird durch eine die Verbreitung der "Rizospastis", von politischer Literatur, etc. und einem kontinuierlichen ideologischen Kampf gegen bourgeoise Perspektiven und Opportunismus wahrnehmbar sein.

100. Ein integrales Element im Parteiaufbau und der Stärkung seiner Verbindungen innerhalb der Arbeiterklasse ist die Verwendung und Verbreitung von Parteiliteratur, die Anwendung von elektronischen Medien sowie dem Internet. Die Summe dieser Instrumente kann zu einer signifikanten Verbesserung und Aktivierung der Propaganda führen und sie sollten mit Perspektive entwickelt werden. "Rizopastis", KOMEP und die spezifische Parteiliteratur sind ein unersetzliches Instrument in der täglichen Arbeit für jedes einzelne Partei- und KNE-Mitglied. Das gleiche gilt für die KNE-Mitglieder bezüglich der "Odigitis". "Odigitis" ist ein Instrument für die im Jugendbereich verantwortlich tätigen Kader und Mitglieder der Partei, aber auch für jene Parteimitglieder, die soviel wie möglich über die KNE erfahren möchten. Alle diese Instrumente verbessern die Qualität der Arbeit der Führungskader, wenn sie Argumente und Wissen beinhalten und uns über aktuelle Themen informieren.

Die aufklärende Arbeit benötigt eine systematische Anwendung aller modernen Formen der Propaganda. Besonders das direkte Gespräch mit den Arbeitern ist für die Propaganda existentiell. Die Ausbildung von aufklärenden und propagandistisch tätigen Genossen sowie von marxistischen Forschern, besonders wenn sie aus der Arbeiterklasse kommen, durch eine systematische Anleitung und Selbstbildung bildet einen wesentlichen Faktor in der Realisierung dieses Zieles.

101. Bei den Parteikadern und -mitgliedern sollte in der nächsten Zeit die Erkenntnis reifen, nach der die Einheit von Wort und Tat, von der revolutionären Theorie und Praxis die effektivste Waffe der Überzeugung darstellt. Besonders bedeutsam ist die Erkenntnis am Arbeitsplatz, wo die Militanz und die Klassenkonfrontation am deutlichsten spürbar ist.

Ein Kommunist, ein Mitglied der KNE, wird nicht nur durch seine oder seinen persönlichen Kampf beurteilt, sondern auch durch seine Fähigkeit, Menschen zusammenzuführen und die Massen unter allen vorstellbaren Bedingungen zu organisieren. Durch seine Fähigkeit, während des politischen Kampfes verschiedene Fronten aufzubauen, wird der bereits existierende Kampf, an dem die Partei bereits teilnimmt und ihn unterstützt, gestärkt. Durch die Eignung des Kommunisten, mit zahlreichen Kontakten unter den Arbeitern, Selbständigen, armen Bauern und der Jugend zu kooperieren, werden verschiedene Aspekte in die politische Haltung der Partei mit einfließen.

102. Die Modifizierung unserer Positionen und deren Ausarbeitung, die Formulierung der Ziele und der Forderungen des Kampfes sollten noch offen bleiben, um unsere Strategie zu fördern, unsere Positionen zum Sozialismus zu verbreiten und den notwendigen Aufbau einer Front mit der Bevölkerung zu forcieren. Die Basis der Forderungen sind die finanziellen Ansprüche der Arbeiter und das Recht auf Arbeit, die im Widerspruch zu den städtischen und sozialdemokratischen Konzepten zur Umverteilung und Verwaltung von Armut stehen. Wir sollten Forderungen und Losungen sowie Ziele des Kampfes formulieren, die eine Notwendigkeit des Kampfes gegen die Klassenausbeutung thematisieren. Gleichzeitig sollten wir die Überlegenheit unserer Ideen, die Unterschiede zwischen der Partei und anderen politischen Kräften, die Bedeutung und der Inhalt der aktuellen Situation, das Problem des kapitalistischen Eigentums und der Macht thematisieren.

103. Das Zentralkomitee sollte die Art seiner zentralen Initiativen nicht von sogenannten politischen Entwicklungen abhängig machen und darauf reduzieren, da sie überwiegend durch bourgeoise Parteien und Opportunisten bestimmt werden. Themen, die sich auf unsere Ideologie und Strategie beziehen, wie z.B. die Avantgarde und die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse, der Bedeutung von antimonopolistischen sozialen Allianzen, der Entwicklung des imperialistischen Systems, den Unterschieden zwischen Bourgeoisie und sozialistischer Demokratie, unseren Schlussfolgerungen aus der sozialistischen Entwicklung und der Weg in den Sozialismus aus der Perspektive der KKE, sollte in Übereinstimmung mit unseren Planungen in die zentralen Initiativen integriert werden.

Als Ausdruck des revolutionären Optimismus sollten wir uns ideologisch-politisch systematisch auf einen strittigen Punkt vorbereiten: in Kenntnis der Realität, dass Konflikte unvermeidlich sind, müssen wir zu Opfern bereit sein. Es ist notwendig, Illusionen in den Parlamentarismus anzugreifen und die revolutionäre Wachsamkeit zu erhöhen.

104. Für die Vorbereitungen der Parteiaktionen bis zum 19. Kongress sollten wir folgende Dokumente nutzen:

Die Resolution der landesweiten Jugendkonferenz und das landesweite Treffen zur Modifizierung unserer Strategie in frauenspezifischen Fragen.

Die spezielle Resolution für die erweiterte Sitzung des Zentralkomitees der KNE der Schüler- und Studentenbewegung in Universitäten und technischen Ausbildungsinstituten.

Gemeinsam mit der KNE sollte die Partei mit der weiteren Ausarbeitung unserer Aktivitäten in der Ausbildung und hier besonders auf dem Gebiet der Erziehungswissenschaften und unter den Akademikern an den Universitäten und technischen Ausbildungsinstituten voranschreiten. In Wechselwirkung mit der Durchsetzung unserer politischen Ziele werden Bedingungen zur Förderung von reaktionären Maßnahmen geschaffen. Dieser Umstand verlangt auf diesem Gebiet eine ausgeklügelte Politik und den Versuch, alle existierenden progressiven Kräfte zu vereinen. Die auf diesem Gebiet tätige Parteiorganisation sollte sowohl an diesen Aktivitäten als auch an der Ausarbeitung unserer Politik beteiligt sein.

105. Auf Grundlage der Statuten unserer Partei sollte eine landesweite Konferenz die zweite Phase der Parteigeschichte in der Zeit von 1949 - 1974 diskutieren.

Weiterhin sollte eine landesweite Konferenz zur Kontrolle unserer Aktivitäten unter der Arbeiterklasse und der Gewerkschaftsbewegung realisiert werden. In diesem Rahmen sollte unser Beitrag zur Europäischen und weltweiten Gewerkschaftsbewegung ausgewertet werden.

Das neue Zentralkomitee ist durch ein vergrößertes Gremium, mit der Beteiligung von Büros in den Städten und den Regionalkomitees sowie dem Zentralkomitee der KNE, direkt mit der Kontrolle der Fortschritte in dem Parteiaufbau befasst. Weiterhin soll diesbezüglich eine angemessene Diskussion mit den Mitgliedern und den Basisorganisationen geführt werden.

106. Basierend auf den Erfahrungen der Parteiorganisation, den Meinungen und Informationen der Genossen studiert das neue Zentralkomitee die Reorganisation und Vereinigung der antiimperialistischen und Antikriegsbewegung mit der internationalistischen Solidaritätsbewegung. Die Antikriegs- und antiimperialistische Bewegung sollte kontinuierlich und täglich gegen alle Formen der imperialistischen Bewegung aktiv sein und selbstverständlich den öffentlichen Widerstand gegen Krieg und Besetzung organisieren. Ein integrales Element der Antikriegs- und antiimperialistischen Bewegung ist die internationale Solidarität und die Unterstützung der Opfer imperialistischer Gräueltaten, der antikommunistischer und undemokratischer Unterdrückung im Allgemeinen. Seit in Griechenland und international die Menschen von der imperialistischen Propaganda abhängig sind, ist die Wiederherstellung der Wahrheit und eine demokratische Berichterstattung die Vorbedingung für die Geschlossenheit und Kampfesstärke aller Menschen gegen imperialistische Kriege und Barbarei.

107. Um die praktische Arbeit für die Etablierung kommunistischer Zentren in den Ländern zu systematisieren, müssen wir in engem Kontakt bleiben und die erprobten Formen der internationalen und regionalen Seminare und der bilateralen Kontakte weiter entwickeln.


Die Entwicklung der Ökonomie der Partei

108. In der Zeit nach dem 17. Kongress war unsere Partei durch Diffamierungen und Provokationen zahlreichen Attacken ausgesetzt. Im Vordergrund dieser Angriffe standen unsere Finanzierungsquellen. Als Vorwand diente die Zurückweisung der Partei, staatliche Kontrolle über innerparteiliche Strukturen, die sich auf Beitragssammlungen und die breiten Spendenkampagnen zur finanziellen Unterstützung unserer Partei beziehen, zu erlangen.

Die verleumderischen Angriffe gegen die KKE sind nicht spontaner Natur. Sie verfolgen ein strategisches Ziel, denn sie begannen die aggressiven Angriffe in den frühen 90iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit den gleichen Inhalten wie heute. Diese Angriffe ihrerseits folgen offenkundig einem spezifischen zeitlichen Muster, da sie während der Wahlkämpfe, in Zeiten großer öffentlicher Unzufriedenheit und Empörung oder während der Enthüllung von Bestechungsskandalen in den politischen Parteien und deren Parteivertreter zunehmend größer wurden.

Eine beinahe als terroristisch zu bezeichnende Politik wird gegen Menschen praktiziert, die sich gegenüber den politischen Konzepten der Partei und den Aktivitäten der KNE noch zögerlich verhalten. Sie sollen von der politischen Funktion der KKE abgeschreckt werden. Durch diese Angriffe wird die Entwicklung des Klassenkampfes gehemmt. Weiterhin sollen die Offensiven den Menschen glaubhaft machen, das es keine Unterschiede in der Finanzierung zwischen KKE und den anderen Parteien gäbe und sie schließlich die ökonomischen und politischen Geschäfte der Parteien zu akzeptieren hätten.

Die von allen Parteien angekündigte Transparenz ist heuchlerisch.

Der staatlichen Zuwendungen, von denen überwiegend die großen Parteien profitieren, sind ein Vorwand und ein Instrument der Erpressung. Die KKE ist nicht von den finanziellen Zuwendungen des Staates abhängig. Abgesehen davon, dass sie gering sind, werden die Zuwendungen als ein Anlass genutzt, die Partei zu attackieren und sie zu einer Abkehr von ihren Prinzipien zu veranlassen.

Der finanzielle Bedarf der Partei wächst von Jahr zu Jahr und er sollte gleichwohl stärker wachsen, als es ihrem politischen und Massenaktivitäten entspricht. Die finanziellen Mittel der Partei fördert sowohl die Qualität als auch die Verschiedenheit ihrer Aktivitäten.

In Übereinstimmung mit den Statuten sollten in der nächsten Zeit die Einnahmen für die Partei aus Abonnements, den täglichen Spenden der Arbeiter und all jenen anwachsen, die, unabhängig von ihrer favorisierten Partei, die dynamische Politik und Aktivitäten unserer Partei verstehen und begrüßen.

Folglich, bekommt die Partei mehr Unabhängigkeit von der staatlichen Förderung, welche in keinem Fall den aktuellen Bedarf entspricht. Die Partei versucht auf dem bestmöglichen Weg, das richtige Management mit dem Anwachsen seiner finanziellen Ressourcen zu kombinieren, um die Effizienz seiner Aktivitäten in Griechenland, in der internationalen kommunistischen und antiimperialistischen Bewegung und auf der Ebene der internationalen Solidarität zu optimieren.

Seit dem vergangenen Kongress sind die Parteifinanzen durch die jährliche, erfolgreich verlaufende Spendensammlung stark angestiegen. Allerdings gibt es Defizite in dem Einkassieren der Mitgliedsgebühren und der monatlichen Parteispenden der Mitglieder. Gegenwärtig existieren organisatorische Unzulänglichkeiten und Mängel im Sammeln der Beiträge und Gebühren und nicht überall wird der finanziellen Situation der Partei mit der gebührenden Sorgfalt begegnet. Die zu diesem Zweck von dem Zentralkomitee zu den Basisorganisationen gesendete interne Informationsschrift löste nicht in allen Fällen eine Diskussion mit den entsprechenden Konsequenzen aus.

Das Zentralkomitee sieht die zahlreichen ökonomischen Probleme, mit denen eine Vielzahl von Arbeitern aufgrund der gesamten politischen Situation und der Politik gegenüber den Arbeiter und der Bevölkerung konfrontiert sind. Als eine Konsequenz dieser Bedingungen, können die Freunde und Unterstützer der Partei und andere Arbeiter nur noch einen finanziell geringeren Betrag sowohl auf der Beitragsebene als auch im Rahmen von Spendenkampagnen leisten. Aus diesem Grund benötigen wir einen größeren Kreis von Arbeitern, die wir für eine finanzielle Unterstützung der Partei ansprechen können. Wir können heute die finanziellen Ressourcen der Partei durch die finanzielle Unterstützung von viel mehr Menschen vergrößern.

ZK der KKE, Übersetzung: Norbert Müller, Göttingen


Anmerkungen

(24) Flexicurity (ein Kofferwort aus en. flexibilty Flexibilität und security Sicherheit) ist eine Kombination aus einfachem Einstellen und Entlassen von Arbeitern, großer Unterstützung für Arbeitslose und einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Dieses Modell wurde als erstes in Dänemark in den 1990ern von dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Poul Nyrup Rasmussen eingeführt und wird heute unter anderem auch in Schweden und Finnland angewandt. - Kommentar in www.leo.org

(25) SYNASPISMOS (SYN) - (siehe http://die-linke.de/politik/ international/informationsschrift_international/detail/browse/1/ zurueck/aktuelle-ausgabe-3/artikel/die-kp-griechenlands-kpg-und-ihr- umgang-mit-dem-linken-spektrum-des-21jahrhunderts/) ist eine zur EL gehörende Linkspartei Synaspismos, in der sich ehemalige KKE-Mitglieder und Personen aus anderen linken Strömungen zusammengefunden haben. SYN hat in den letzten Jahren ein ambivalentes Profil entwickelt, das eine Perspektive sozialistischer Demokratie mit Themen wie Ökologie, Feminismus, Minderheitenfragen, Menschenrechte verbindet. Andrerseits ist der SYN anders als die weiter links stehende KKE der EU gegenüber durchaus positiv eingestellt. http://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Linke

(26) "Großraum Mittlerer Osten" = geopolitische Großregion von Marokko bis Pakistan - d. Ü.

Raute

ZK der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE): Aufruf zu den Wahlen zum Europäischen Parlament

Nein zur Europäischen Union der Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Ausbeutung!

Es gibt eine Alternative, der die Völker Europas folgen können. Alle Völker haben das unveräußerliche Recht, ihre Art des Widerstands sowie ihre Bündnisse dazu zu wählen, um ihre Zukunft selbst zu bestimmen.
Ungehorsam - Ablehnung - Umbruch: Für ein Griechenland mit einer selbstständigen Entwicklung gegen die Fesseln der EU.
Arbeiter, Angestellte, Bauern, Selbstständige, Händler, Intellektuelle, Künstler, Rentner, junge Menschen und Frauen: Folgt dem Weg, den das "Nein" der Franzosen, Niederländer und Iren bereitet hat.
Genug ist genug!
Die Organisationen, die den "EU-Konsens" und die "Einbahnstraße EU" unterstützen, müssen erbarmungslos abgestraft werden.
Keine weitere Zeit vergeuden!
Lasst uns gemeinsam einen Schritt voran gehen!


Wer uns wählt gibt der Allianz der Menschen Kraft für den Kampf gegen reaktionäre Politik, gegen die EU, gegen die Parteien, welche die "Einbahnstraße EU" und den "EU-Konsens" unterstützen. Wir verstärken den Kampf für die Volksmacht, für den Aufbau eines Europas des Wohlstands mit einer dem Volk dienenden Wirtschaft. (...)

Bei den Wahlen für das EU-Parlament müssen in den jeweiligen Ländern sowohl die menschenfeindliche Politik als auch ihre Vertreter verurteilt werden - (...) die Parteien, welche nur die "Einbahnstraße EU" sehen und/oder die die EU prinzipienlos und als Ganzes unterstützen. Das ist ein Kampf, der in jedem Fall einen starken Einfluss auf die nationalen Entwicklungen haben wird, mit Auswirkungen auf ganz Europa. Die Entscheidung, wen ihr wählt, solltet ihr von Euren akuten und sich verschlimmernden Problemen abhängig machen. Urteilt über all diejenigen, die für diese Probleme in eurem Land oder in der EU verantwortlich sind.

Bei den Wahlen zum europäischen Parlament können wir mit einem doppeltem "NEIN" und einem doppeltem "JA" stimmen:

Nein zur EU der Monopole, der kapitalistischen Ausbeutung, des Militarismus und der Interventionen.
Ja zur Zusammenarbeit der Menschen für das Europa des Friedens, der Rechte, der Freiheiten, des Sozialismus.
Nein zu allen Parteien, die die "Einbahnstraße Europa" und den "EU-Konsens" unterstützen.
Ja zur KKE, die Widerstand leistet, unmenschliche Politik zurückdrängt, für die Allianz und die Macht des Volkes eintritt.

Mit den Wahlen zum europäischen Parlament im Juni 2009 habt Ihr die Möglichkeit, der KKE Eure Stimme zu geben und eine klare Absage an die EU und diejenigen Parteien zu erteilen, welche in all den Jahren:

Die Strategie der den einzelnen Regierungen übergeordneten imperialistischen Union, der EU, genau wie deren reaktionäre Lösungen auf ökonomischem, politischem und militärischem Gebiet unterstützen und unterstützen.
Gemeinsam alle grundlegenden Richtlinien im Dienste des Profits des Kapitals beschlossen und einsetzten. Mittels des Lissabonner Vertrages und der so genannten "Nationalen Reformprogramme" forcierten sie die EU-Politik - was empfindliche Auswirkungen auf Bezüge und Einkommen der Arbeiter hatte.
Beifall klatschten und Druck ausübten, für Maßnahmen, die die Grundrechte verletzen, was zu Arbeitslosigkeit, Preisexplosionen, lächerlich geringen Renten- und Lohnerhöhungen, fatalen Änderungen der Tarifbeziehungen, reaktionären Maßnahmen auf Kosten von Frauen und jungen Menschen, Erhöhung der Arbeitszeiten, Schlägen gegen Gewerkschaftsverträge, fortgeschrittener Privatisierung der Sozialversicherungen, des Gesundheitswesens und des Bildungswesens, der Privatisierung strategischer Sektoren der Wirtschaft wie der Energieversorgung, dem Transportwesen und der Telekommunikation führte. Tausende mittelgroße Landwirtschaftliche Betriebe wurden durch die "Gemeinsame Agrarpolitik" in den Ruin getrieben. Selbstständige, Händler und Handwerker wurden dabei auch in Mitleidenschaft gezogen. Die EU hat die Umwelt kommerzialisiert, die Verwaltung der Küsten, Berge und Gewässer gemeinsam mit dem Umweltschutz dem privaten Kapital übergeben, was die Profite der Monopolgruppen enorm erhöhte.
All die schändlichen Staatsverträge abgesegnet haben; beginnend mit dem Vertrag von Maastricht, welcher die "Vier Freiheiten" einführte: Namentlich die freie Verlegung von Arbeitskräften, Dienstleistungen, Waren und Kapitalen, was der Großoffensive des europäischen Kapitals und seiner politischen Vertreter gegen die Arbeiterklasse und andere gesellschaftliche Schichten den Weg ebnete.
Im Rahmen der EU die US-amerikanische Doktrin des Präventivkrieges übernahmen, damit die EU unter dem Vorwand von entweder "humanitären Missionen", dem "Krieg gegen den Terror" oder dem "Krisenmanagement" überall auf der Welt durch "Schnelle Einsatztruppen" politisch oder militärisch intervenieren kann. Zusätzlich verstärkten sie die Mechanismen der Unterdrückung gegenüber den Volksbewegungen.
Die engere Zusammenarbeit zwischen der EU, den Vereinigten Staaten und der NATO begünstigten, um in der Lage zu sein, zur Kontrolle von Märkten oder der Plünderung von Rohstoffen, intervenieren zu können. Sie stimmten der erhöhten Beteiligung und Teilnahme griechischer Truppen in militärischen Missionen der EU zu, deren militärischen Aktivitäten seit 2003 konstant anstiegen. Mit Stand vom Juni 2008 hat die EU 19 Militärische Einsätze in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und in Asien initiiert.
Der Erhöhung des griechischen Militäretats um 30% bis 2013 zustimmten, um den militärischen Arm und die Ausschreibungs-Mechanismen der EU zu stärken.
Die griechische Bevölkerung täuschen, da sie die Tatsache verbergen, dass die EU eine Union ist, die den Interessen der Wenigen und der Mächtigen und nicht den Interessen der Völker dient.

Die Position der KKE gegenüber der EU ist völlig gerechtfertigt.

Die KKE ist die einzige griechische Partei, die ihre Haltung zur EU rechtfertigen kann. Vom ersten Moment an hat die KKE erklärt: "Nein zur Europäischen Wirtschaftgemeinschaft der Monopole", später dann: "Nein, zum Vertrag von Maastricht". Bis heute hat die KKE nicht damit aufgehört, die EU in den gesellschaftlichen Konflikten, in den griechischen und in den europäischen Parlamenten, aber auch bei internationalen Veranstaltungen und Mobilisierungen zu bekämpfen. Die Vorhersage der KKE, dass nur die Bankdirektoren, die Reeder, die Industriellen, die großen Konzerne, die Bauunternehmen von der "räuberischen Allianz" der EU profitieren werden, während auf der anderen Seite die Menschen fortlaufend ihre Rechte einbüßen werden, hat sich ebenfalls als wahr erwiesen. Die EU hat nichts mit dem Europa der Völker zu tun. Heutzutage sind diese Wahrheiten nicht nur Statements, sondern bestehen aus den lebendigen Erfahrungen und negativen Lektionen der breiten Mehrheit der Menschen in Griechenland und in den anderen Staaten der EU.

Es ist nicht unbedingt erforderlich, in allen Punkten mit den Kommunisten einer Meinung zu sein, um Eure Stimmen bei den Wahlen zum EU-Parlament im Juni 2009 der KKE zu geben. (...)

Durch eine starke KKE kann der Kampf um die Wahlen zum Europäischen Parlament ein Ausgangspunkt zur Reorganisation einer starken, einenden Volksbewegung, einer starken Allianz der Arbeiter, Bauern und Selbstständigen werden.

Durch eine starke KKE kann der Kampf um die Wahlen zum Europäischen Parlament dazu beitragen, diese von beiden Parteien getragene Macht zu schwächen und gleichzeitig die Arbeiterbewegung vor Illusionen und vor weiterer Verschwendung von Kraft zu bewahren, um nicht weiter in Schemata der menschenfeindlichen Koalitionsregierungen gefangen zu sein.

Durch eine starke KKE kann der Kampf um die Wahlen zum Europäischen Parlament ein Ausgangspunkt einer Bewegung werden, die in der Lage sein wird, Erpressung und Mechanismen des Fatalismus abzuwehren und einen guten Start für einen Bruch mit diesem System und einen Umsturz im Sinne des Volkes zu bieten.

Es ist nicht genug, den sich abwechselnden Parteien einen Schlag zu versetzen, es müssen auch die Versuche, das System zu stabilisieren, angegriffen werden.

Eine Stimme für die KKE:
Ist eine Stimme des Widerstands und auch eine Stimme für eine Perspektive; eine Stimme der Verantwortung gegenüber den Menschen Europas. Eine Stimme, die die europäische Arbeiterbewegung stärken wird.
Ist eine Stimme in Solidarität mit den Völkern, eine Möglichkeit, die Entlassungen in Europa, die antikommunistischen Verfolgungen in den EU-Staaten sowie die falschen Medienkampagnen wichtiger und unwichtiger Belange zu verurteilen.
Ist eine Stimme gegen das "teile und herrsche" - Prinzip, gegen Protektorate, gegen Rassismus und Nationalismus, gegen die Sammellager für immigrierte Arbeiter.
Ist eine Stimme gegen Präventivkriege und den so genannten "Krieg gegen den Terrorismus". Eine Stimme für die KKE ist die effektivste Art, gegen die imperialistische Politik der EU gegenüber den Menschen Afrikas, gegen die Pläne der so genannten "Demokratisierung" des Nahen Ostens und gegen die reaktionären Maßnahmen gegen die Menschen Lateinamerikas, vor allem gegen den "gemeinsamen Standpunkt" Cuba gegenüber zu protestieren.
Ist eine Stimme gegen die antikommunistische Kampagne, gegen die Versuche, die Geschichte im Sinne von Imperialisten und Reaktionären umzuschreiben.

Die Arbeiterklasse Griechenlands und die Völker Europas haben eine Alternative, vor der Wahlurne oder im täglichen Klassenkampf.

Die Menschen Europas haben die Chance, den Parteien der "Einbahnstraße EU" und des "Europäischen Konsens" einen gemeinsamen Schlag zu versetzen. Es ist wichtig, dass am Tage nach den Wahlen die EU und die jeweiligen bourgeoisen Regierungen - egal ob mitte-rechts oder mitte-links - ihre Einbußen zählen müssen. Dies kann nur dadurch erreicht werden, dass man die kommunistischen Parteien und ihre Verbündeten wählt, welche gemeinsam die EU und deren Klassenentscheidungen gegen die europäischen und nichteuropäischen Arbeiter bekämpfen. Es gibt nur einen Weg: Widerstand - Ungehorsam - Gegenangriff auf nationalem und europäischem Niveau. Keine Unterordnung unter EU-Recht und dessen Entscheidungen, denn diese sind klassenbasiert und widersprechen den Interessen der Völker. Keine Zugeständnisse souveräner Rechte an die Imperialisten. (...)

Griechische Arbeiter, junge Menschen, Frauen und Männer!

Es ist an der Zeit, die Illusionen und vagen Hoffnungen eines wie auch immer gedachten "europäischen Paradieses", die von all den anderen politischen Kräften geschürt werden, hinter sich zu lassen. Heute haben wir damit genug Erfahrung gesammelt.

Immigranten und Flüchtlinge!

Die Politik der EU, der ND und der PASOK stand und steht den Interessen der Immigranten und der Flüchtlinge entgegen. In Wirklichkeit lebt die überwältigende Mehrheit der Immigranten und ihrer Familien unter illegalen oder "halblegalen" gesetzlichen Bedingungen. Zusätzlich werden sie bei der Arbeit eingeschüchtert und erpresst; sie sind gezwungen, ihre Arbeitskraft billiger und unter schlechteren Bedingungen zu verkaufen, als dies in den gewerkschaftlichen Verträgen festgesetzt ist.

Das Prinzip der "Festung Europa" und der harschen Unterdrückung sind die Hauptcharakteristika der EU-Politik gegenüber den Immigranten.

Jeder einzelne Euro aus dem EU-Fond, der Griechenland zukam, war an strenge Bedingungen und Verpflichtungen geknüpft!

Ein Großteil der griechischen Bevölkerung glaubte der Propaganda, dass je früher und konsequenter sich Griechenland der EU anpasse, desto einfacher es für die griechische Bevölkerung werden würde. Jahrelang wurde das Land von EU-Geldern überflutet, die meisten dieser Gelder waren vom griechischen Volk und anderen europäischen Völkern selbst vorher bezahlt worden. Die EU entscheidet eigenmächtig, welche Projekte in den Mitgliedsstaaten unterstützt werden. Nach den EU-Statistiken fließen 42% der Gelder, die in Griechenland eingesetzt werden, wieder zurück in die mächtigeren kapitalistischen Staaten Deutschland, Frankreich und England - durch die Monopole, welche die Arbeiten ausführen.

Der Großteil dieser Gelder floss einmal mehr in die Taschen der Industriellen, der Banker, der Reeder und der Großhändler. Der Rest wurde benutzt, um Sand in die Augen der Menschen zu streuen, da damit die Ausbootung der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe vorbereitet wurde, ebenso die Verdrängung der kleinen Geschäfte und Läden, um weitere Privatisierungen zu ermöglichen. Die EU war dann großzügig, als es darum ging, mittels verschiedener Projekte Klassenkämpfe zu unterbinden, zu korrumpieren, Almosen an Entlassene, Arbeitslose und Arme zu vergeben, damit diese dann nicht aufrührerisch werden und sich trotz Mühen und Schweiß nicht fragen, was ihnen alles geraubt wurde.

So lange, wie die Menschen sich nicht dazu entschließen, die EU zu stoppen und zu stürzen, so lange werden die Zustände untragbar sein, besonders für die ärmsten Schichten der Bevölkerung! (...)

Die Iren haben mit ihrem stolzen "NO" zum Lissabonner Europavertrag beim Referendum vom Juni 2008 bewiesen, dass die Menschen es KÖNNEN, wenn sie denn wollen. Die KKE begrüßte umgehend den Sieg der Iren, die überraschend schwerem Druck ausgesetzt waren, diesem standhielten und einen ersten großen Sieg im Namen aller Völker der EU-Staaten errangen. Das NEIN der Völker zur EU schwächt die EU und trägt zum effektiven Kampf der Völker, ihrer Kooperation auf Basis ihrer eigenen Interessen gegen die Monopole und die imperialistische Politik, in unserer Region und darüber hinaus, bei.

Die Zeit ist gekommen, den Weg für eine Allianz aus Arbeitern, Bauern, Selbstständigen, Jugendbewegungen, Frauen und aller anderen, die unter den Monopolen und dem imperialistischen Betrug leiden, zu ebnen!

Es gibt keine "Einbahnstraßen". Die griechische Bevölkerung muss sich nun zwischen zwei verschiedenen Wegen der Entwicklung entscheiden.

Der erste Weg ist der, den wir seit Jahren kennen und der in den letzten zwei Dekaden unbegehbar geworden ist. Es ist der Weg sich am besten der imperialistischen EU und der NATO anzupassen, was letztlich nur dem Monopolkapital dient.

Die Alternative ist der Weg zur Schaffung einer breiten Volksallianz, einer Allianz zwischen den Arbeitern, der ländlichen und städtischen gesellschaftlichen Schichten. Auf diese Art und Weise und mit einer starken KKE werden wir sicherstellen, dass die tagtäglichen Klassenkämpfe mit einer Perspektive der Volksmacht, der Schaffung einer wirklichen Volkswirtschaft verknüpft werden. Die KKE betreibt die Schaffung dieser sozialen und politischen Allianz auf Basis eines zeitgemäßen Programms einer anti-imperialistischen Richtung, auf Basis eines Programms, das die Entwicklungen in unserem Land, in Europa und der gesamten Welt seit den neunziger Jahren berücksichtigt.

Keine Sekunde wird die KKE diesen Kampf aus den Augen verlieren, sie wird unermüdlich alle ihre Kräfte in Massenbewegungen, im Parlament, im europäischen Parlament und überall sonst einsetzen, damit die Arbeiter alle Ziele erreichen können, um sich von den grassierenden Auswirkungen zu entlasten, sogar wenn dies nur temporär zu schaffen sein sollte. Die KKE steht dazu, dass es keine andere machbare und realistische Alternative gibt, die den Problemen, denen wir in unserem Land gegenüberstehen gewachsen ist als ein Griechenland der vom Volk gelenkten Wirtschaft, der Volksmacht in einem Europa des Friedens, der Freundschaft und des Sozialismus. (...)

Der Vorschlag der KKE die grundlegenden und zentralen Produktionsmittel (Energieversorgung, Telekommunikation, Rohstoffe, Minen, Industrie, Transportwesen, Wasserversorgung, Banksystem, Außenhandel, Wohnungsbau, Forschung und Informationswesen) zu vergesellschaften, ist realistisch. Die KKE fordert die Einführung von stets öffentlichem, integriertem und kostenfreiem Bildungswesen, Gesundheitswesen, Sozialwesen und Sozialversicherung, die Erschaffung produktiver Kooperationen kleiner und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe sowie kleiner Händler in Sektoren mit geringer Zentralisation.

Die vergesellschafteten sowie die kooperativen Sektoren der Volkswirtschaft sollten in einen zentralisierten Mechanismus der Planung und Leitung eingebunden werden, dem zugrunde liegen sollte die Kontrolle der Arbeiter über jede Produktionseinheit und jeden Verwaltungsrat. Die Volksmacht wird über alle bilateralen Handelspakte, Verträge und Fachkrafttransfers auf Basis des Allgemeinwohls und der allgemeinen Interessen entscheiden. Ebenso wird die Volksvertretung griechischer und internationaler Reaktion, der EU, der NATO und den menschenfeindlichen Bündnissen der vorangegangenen Regierungen entgegentreten müssen.

Die KKE lehnt die gefährlichen Intentionen derer, die aus politischen oder anderen Gründen die Volksmacht in Griechenland als zu schwach und zu isoliert um die Probleme der Zukunft anzugehen bezeichnen ab, und wird sich gegen diese Positionen immer erwehren.

Das Programm der KKE ist realistisch, vor allem weil es dem Interesse des Volkes, den Interessen der Arbeiter dient. Nur die KKE vertritt diese Positionen. Die Programme der anderen politischen Kräfte dienen menschenfeindlicher Politik, den Interessen der Plutokratie, den kapitalistischen und imperialistischen Bündnissen.

Die Interessen der Menschen sind nicht diejenigen der EU und der NATO. Die EU kann nicht zum Nutzen der Völker umgestaltet werden, wie das die SYN-SYRIZA behauptet. Die EU ist ein Werk der Kapitalisten. Diejenigen Menschen, die einen progressiven Weg beschreiten wollen, müssen der EU und der EU-Politik entgegentreten, ihr den Gehorsam verweigern und sich letztendlich von diesen Ketten befreien. Wenn ein Volk in seinem Land den Sieg erringt, wenn es sich dann in der Lage befindet einen radikalen Umbruch zu vollziehen, muss es einen völligen Bruch mit dem System der EU vollziehen und neue Wege europäischer und internationaler Kooperation beschreiten.

Dieser Bruch ist dann auch ein Beitrag zum internationalen Klassenkampf. Jede Volksbewegung muss in ihrem Land den Kampf aufnehmen und sich dabei mit weiteren Bewegungen koordinieren und verbünden. Diese Fortschritte können dabei nicht in allen Ländern synchron und gleichzeitig stattfinden, man kann nicht auf andere Länder warten, aber man kann die Bestrebungen seiner Verbündeten unterstützen, seinen eigenen Beitrag zur Schwächung und Umwälzung der imperialistischen Struktur, die sich EU nennt, leisten. Im gleichen Maße, wie die EU vom Widerstand der Völker geschwächt werden wird, werden die sozialen und politischen Grundlagen für ein Europa gleichberechtigter Kooperation und des Sozialismus erkämpft werden. Um ein sozialistisches Europa zu erschaffen, werden wir einen Weg ständiger Brüche mit und Loslösungen von dem herrschenden System beschreiten. Die inneren Widersprüche, die andauernden Schläge gegen die Struktur der EU, die Loslösungen, die Unfolgsamkeit und die Insubordination werden alle zusammen die Möglichkeit mit sich bringen, um alternative Arten der ökonomischen Zusammenarbeit auf der Basis des Gemeinwohls gegen den Willen der EU durchzusetzen.

Je schwächer die EU wird, desto stärker werden die oppositionellen Tendenzen, eine neue Form der Kooperation zwischen den europäischen Ländern (Westeuropa, Zentral- und Osteuropa und die ehemaligen Sowjetrepubliken) aber auch den Mittelmeerstaaten, nordafrikanischen Staaten, arabischen Ländern und den Ländern anderer Kontinente zu schaffen.

Die Loslösung von der EU, die die KKE fordert, ist Teil des alternativen Plans, entwickelt für die Menschen; eines anderen Wegs der Einigung Europas im Sinne der Bevölkerungen. Der Weg der KKE definiert sich über den proletarischen Internationalismus.

Arbeiter, Angestellte, Bauern, Selbstständige, Jugendliche, die KKE schlägt Euch einen wirklichen Ausweg vor, andere Auswege wurden versucht und richteten sich gegen Euch.

Die Abwechslung, zwischen althergebrachten, konservativen Parteien und den sozialdemokratischen Parteien in ganz Europa führte nur zu einer erhöhten Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen. Gleichzeitig versagten in mehreren Ländern der EU die mitte-links-Koalitionsregierungen, zu denen auch Parteien der so genannten "Europäischen Linkspartei" gehören, nicht nur dabei, die Situation der Bevölkerung zumindest geringfügig zu verbessern, sondern verschlimmerten sie ganz im Gegenteil und förderten die kapitalistischen Reformen der EU gegen alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens sogar noch. Dies führte zu einer Entwaffnung der Arbeiterbewegungen, zu einer Auflösung oder Zersetzung kommunistischer Parteien, die dadurch große Teile ihres Einflusses auf die werktätige Bevölkerung der größten Länder einbüßten und zur Intensivierung antikommunistischer und antisozialistischer Kampagnen der EU.

Die Erfahrungen in diesen Ländern haben die Theorien vom "Wohlfahrtsstaat", von der Möglichkeit einer progressiven mitte-links-Regierungstätigkeit und einer EU, in welcher der Menschen angeblich "über dem Profit" stehen, endgültig widerlegt. Der Weg des Widerstandes, des Ungehorsams, des Sich-nicht-mehr-Unterordnens, eines Bruches, internationalistischer Aktion und der Solidarität ist die einzige realistische und Erfolg versprechende Möglichkeit, die die Menschen haben. Das ist der einzige Weg zu einem Europa der Arbeiter, gleichberechtigter Kooperation, der einzige Weg, der das Recht jedes Volkes, souverän den Pfad des sozioökonomischen und politischen Systems seines Landes selbst zu bestimmen, garantieren kann.

Das wird der Beitrag der Griechen sein, der Beitrag aller Völker, einen Wandel in Europa und auch weltweit zu erwirken, der die Einigung unserer Kräfte auf Kosten der des Imperialismus, auf Kosten von Armut und Unterdrückung, auf Kosten der Kräfte des Krieges und der Ausbeutung mit sich bringen wird.

Heute wächst die Zahl derer, die kämpfen und protestieren und eine andere Perspektive für die Menschen wollen. Es ist nun an uns, die Volksbewegung in einen Pol antiimperialistischer Aktion und Kooperation zu verwandeln, ein Gegengewicht zu Krieg, Imperialismus und Unterdrückung zu schaffen. Wir müssen Schutz und Unterstützung für all diejenigen bieten, die verfolgt werden und leiden.

All diese Jahre haben wir gemeinsam mit anderen kommunistischen Parteien und Arbeiterparteien den Klassenkampf und Aktionen organisiert. Dabei respektierten wir stets die jeweiligen Positionen unserer Partner. Es wurden viele Treffen zu den Themen Europäische Verträge, demokratische Rechte, Bildungswesen, Arbeiterbewegung, Jugendarbeit und Frieden durchgeführt. Wir haben viele Male gemeinsam demonstriert, in Athen, Lissabon, Prag, Brüssel, Madrid, Rom, Dublin, Sophia, Tallinn, Nicosia, Istanbul, Budapest, Genua und vielen weiteren Orten der Welt.

Wir setzten uns im Europäischen Parlament für alle Probleme ein, die die Menschen unseres Landes, Europas und anderer Kontinente betreffen. Wir wurden zur Stimme aller Arbeiterparteien und progressiven Bewegungen, die noch nicht im Europäischen Parlament vertreten sind. In Zusammenarbeit mit anderen, strikt progressiven Kräften Europas unterstützten wir die Arbeitskämpfe und Klassenkämpfe der Völker gegen falsche Beschwichtigung, Manipulation und Bestechungsversuche. Durch die fortlaufende Stärkung der kommunistischen, radikalen, wirklich antiimperialistischen Kräfte in Europa wird ein neuer Wind wehen, ein Wind des Optimismus und des Wiedererstarkens der revolutionären Bewegung.

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament sagen wir auch ein lautes JA!

JA zu den Rechten der Arbeiterklasse und aller Werktätigen - der Selbstständigen und Händler - der kleinen und mittleren Bauern - der Frauen, der Jugend, der produktiven Intelligenz. (...)

Die KKE wird mit aller Kraft dafür kämpfen, dass:
Ein deutliches NEIN zur "Einbahnstraße EU" das Ergebnis der Wahl sein wird, ein NEIN zum "EU-Konsens", der jede Möglichkeit effektiven Widerstandes eliminiert.
Die griechischen Bürger mit ihrer Stimme eine Warnung abgeben, davor, dass die Griechen bereitstehen, auf alle Versuche zu reagieren, weitere ihrer Rechte zu beschneiden, nur um der EU gefällig zu sein und sich ihr anzupassen.
Der Protest und die Verurteilung der Politik der EU, die Verdammung der PASOK und der ND, (die nur zu gerne die menschenfeindliche Politik der EU ausführten) derer, die wie SYRIZA und LAOS die EU als den einzigen Weg ansehen und sich damit abfanden, im höchsten Maße ausgedrückt werden wird. Dies geht nur durch eine Stärkung der KKE an der Wahlurne.
Arbeiter in hoher Zahl für die KKE stimmen werden, da es nun bewiesen ist, dass die KKE der einzige konsequente Gegner im Klassenkampf gegen die Entscheidungen der EU ist, die von ND und PASOK umgesetzt wurden. Die KKE stellt heute nur eine Bedingung: Widerstand und Ungehorsam gegenüber der EU. Dies bedeutet effektive Gegenwehr gegen die Regierung der ND, gegen jede Regierung, die die "Einbahnstraße EU" oder Versöhnung mit derselben vertritt.
Unsere Wähler alle Parteien abstrafen, die für den Vertag von Maastricht und seine Folgeverträge stimmten, die Realisierung eines Referendums verhinderten, Lügen, Mythen und Illusionen verbreiteten, die griechische Bevölkerung einschüchterten, dass es kein "NEIN" zur EU geben könne.

Der Imperialismus ist nicht unverwundbar!
Wenn die Menschen wollen, dann werden sie es schaffen!
Die Kommunisten können die laute Stimme der Arbeiter, der Immigranten, der Jugend, die sich nicht aufgibt und der Alten, die Unterstützung brauchen, werden!
Mit größerer Kraft können wir noch mehr erreichen, noch weiter gehen, den Weg für radikale Änderungen vorbereiten!
Stimmt bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 ALLE für die Kommunistische Partei Griechenlands!
Zentralkomitee der KKE


Leicht gekürzte Fassung (die ausgesprochen "innergriechischen" Passagen wurden weggelassen), Übersetzung aus dem Englischen: Redaktion Trotz Alledem

Raute

RECHENSCHAFTSBERICHT FÜR 2008

Frank Flegel: Realisierte Publikationen 2008

Wir haben 10 Hefte und ein Buch herausgegeben.

Die sechs Zweimonatshefte:

Januar-Februar 2008
März-April 2008
Mai-Juni 2008
Juli-August 2008
September-Oktober 2008
November-Dezember 2008
104 Seiten
120 Seiten
60 Seiten
60 Seiten
56 Seiten
84 Seiten

Die vier Themenhefte:

"Benedikt XVI. und das Bündnis der Kurie mit Reaktion und Faschismus" (von Gerhard Feldbauer) - 52 Seiten
"Geschichte und Klassenkampf" (von Horst Schneider, Michael Opperskalski und Harpal Brar) - 104 Seiten
"Die Recherchen des Commissario Pallotta; Warum Aldo Moro sterben musste (von Gerhard Feldbauer) - 92 Seiten
"Die Theorie von der sozialistischen Warenproduktion; Ein verhängnisvoller Irrtum" (von Hermann Jacobs) - 56 Seiten

Das Buch:

"Unter Feuer; Die Konterrevolution in der DDR" (von Erich Buchholz, Klaus Eichner, Klaus Hesse, Kurt Gossweiler, Dieter Itzerott, Hermann Jacobs, Heinz Keßler, Herrmann Leihkauf, Michael Opperskalski) - 234 Seiten

Die meisten Nachbestellungen gab es für "Commissario Pallotta" und für die "Warenproduktion im Sozialismus" sowie - natürlich - für "Unter Feuer".

Frank Flegel, Hannover


Anna C. Heinrich: Finanzen 2008

Einahmen (Spenden und Buchverkäufe):
16.772,80 €
Ausgaben:
Druck:
Porto:
Werbung:
Büro/Sonstiges
Summe Ausgaben:
11.726,50 €
3.620,58 €
559,30 €
958,90 €
16.865,28 €
Saldo:
- 92,48 €

Anna C. Heinrich, Hannover


*


Frank Flegel: Bericht von der ordentlichen Jahreshauptversammlung des offen-siv-Herausgebergremiums

Der Vorstand des "Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik e.V.", die Schatzmeisterin und die Mitglieder der Finanzrevisionskommission wurden einstimmig entlastet.

Als Schatzmeisterin wurde einstimmig Anna C. Heinrich wiedergewählt, als stellvertretender Vorsitzender Michael Opperskalski und als Vorsitzender Frank Flegel jeweils einstimmig in ihren Ämtern bestätigt.

Die Versammlung hat einstimmig beschlossen, die Zeitschrift "offen-siv" weiterhin herauszugeben. Dieser Beschluss muss in zwei Jahren erneuert werden.

Weiterhin hat die Versammlung einstimmig beschlossen, eine Kandidatenzeit für die Mitgliedschaft im Herausgebergremium von offen-siv einzuführen und deshalb §3, Ziffer 1 der Satzung durch den fett gedruckte Zusatz im nachfolgenden Satzungsauszug zu ergänzen und ihr damit den hier dokumentierten Wortlaut zu geben: "Mitglied ist jede natürliche Person, die die Satzung anerkennt, einen schriftlichen Antrag auf Mitgliedschaft stellt, eine einjährige Kandidatenzeit absolviert hat, aufgenommen wird, den festgesetzten Beitrag bezahlt und nach Maßgabe ihrer Kräfte an der Gestaltung des Vereinslebens teilnimmt."

Die Versammlung hat sich einstimmig für eine Veranstaltung zum 60. Jahrestag der Gründung der DDR(27) ausgesprochen.

Die Veranstaltung soll eine zweitägige wissenschaftliche Tagung werden, bei der es am ersten Tag um den Sozialismus in der DDR gehen wird, um die Würdigung der Stärken und um die Analyse der Schwächen und der internationalen Probleme. Hierzu ist die Buchveröffentlichung "Unter Feuer" eine gute Vorarbeit. Über die dort verarbeiteten Themen hinaus soll es aber z.B. auch um die internationale Solidarität der DDR gehen.

Die Schlussfolgerungen aus diesem gesamten Themenkomplex sollen am zweiten Tag bezogen werden auf die heutige Lage und insofern fruchtbar gemacht werden für aktuelle Perspektiven.

Die Veranstaltung wird eine halboffene Veranstaltung werden. Eingeladen werden zunächst die Mitglieder des Freundeskreises offen-siv, die Mitglieder des Herausgebergremiums offen-siv, die Fernstudenten/innen, die Unterzeichner des Aufrufes der KI, die Interessenten an der KI, die Abonnenten der offen-siv. Trotzdem sollen Anzeigen in der "jW" erscheinen, aber vom Prinzip der schriftlichen Anmeldung und der Vorkasse soll nicht abgegangen werden. Die Gebühr wird 10,- € betragen, gleichzeitig soll eine Soli-Eintrittskarte für 20,- € angeboten werden. Die Eintrittskarten sollen im Vorfeld der Veranstaltung ausgegeben und bezahlt werden. Hintergrund: Planbarkeit und Unabhängigkeit von Blockadeaktionen.

Frank Flegel, Hannover


Anmerkung:
(27) In der nächsten offen-siv-Ausgabe, dem Mai-Juni-Heft 2009, werden wir Konzeption, Programm und Planungen konkret vorstellen.

Raute

ABSCHIED

Kurt Gossweiler: Zum Gedenken an Hanfried Müller - 4.1.1925 bis 3.3.2009

Wir haben den 30. Mai 1949. In der Deutschen Staatsoper - der spätere Admiralspalast - in Berlin findet die Abschlußtagung des "3. Deutschen Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden" statt, an dem über 500 Delegierte aus den westlichen Besatzungszonen teilnehmen, um gegen die von dorther drohende Spaltung Deutschlands zusammen mit den Delegierten aus der sowjetischen Besatzungszone auf diesem Kongress ihre Stimme zu erheben.

Der Kongress hat bereits den Entwurf der Verfassung einer deutschen demokratischen Republik mit nur einer Gegenstimme angenommen, als nächstes wird abgestimmt über das "Manifest an das deutsche Volk", das aufruft zum "Zusammenschluß aller national gesinnten Kräfte im Kampf für ein einiges, unabhängiges Deutschland, für den baldigen Abschluß eines Friedensvertrages und den Abzug der Besatzungsmächte." Auch dieses Manifest wird mit überwältigender Mehrheit angenommen, gegen nur drei Stimmen.

Diese drei Gegenstimmen wurden von drei westdeutschen Delegierten abgegeben, alle drei evangelische Theologie-Studenten aus Göttingen, zwei Studenten und eine Studentin. Alle drei waren delegiert worden vom "Arbeitskreis zum Studium des Marxismus" an der Göttinger Universität. Einer der beiden Studenten war Hanfried Müller, die Studentin seine damalige Freundin und spätere Frau Rosemarie Streisand. Was hatte sie zu ihren Gegenstimmen veranlasst?

Darüber hat Hanfried Müller berichtet in Erinnerungsaufzeichnungen, die er unvollendet hinterlassen hat, überschrieben: "Erfahrungen, Erinnerungen und Reflexionen aus der Geschichte von Kirche und Gesellschaft seit 1945".

Hanfried Müller schreibt dort (S. 47-49 d. Ms.): "Wenn ich heute jenes Manifest, gegen das ich damals gestimmt habe, lese, finde ich es recht harmlos. Die Meinungsverschiedenheit entstand damals an dem Satz: 'Auch die früheren Nationalsozialisten haben die Möglichkeit, durch ihre Mitarbeit zu zeigen, daß sie ihrem Vaterlande ehrlich und aufrichtig dienen wollen.' Wir wollten ihnen diese Möglichkeit nur unter der Bedingung konzedieren, daß sie den Irrweg, auf den sie das deutsche Volk geführt hatten, bereuten und sich von ihm abwandten. Für einen solchen Ergänzungsantrag fanden wir - insbesondere unter westdeutschen (aber auch unter nun in der SED wirkenden) Kommunisten - durchaus Zustimmung, zum Beispiel bei Arnold Zweig sogar warme Sympathie. Wir sammelten für diese Antrag eine ganze Reihe Unterschriften und kamen dabei auch mit namhaften Repräsentanten der werdenden DDR ins Gespräch."

Diese Gespräche des jungen, 24-jährigen Studenten Hanfried Müller waren für seine und Rosemarie Streisands weitere politische Entwicklung offenkundig richtunggebend, beschreibt er doch deren Wirkung auf sie so:

"Vor allem beeindruckte uns, daß in solchen Gesprächen gestandener Politiker, die um ihrer Überzeugung willen zwölf Jahre bitter verfolgt worden waren, mit uns jungen Leuten kein Rang zählte, nur das Argument.

Wir begriffen, dass es ihnen um ein anderes, ein neues Deutschland ging. Aber die 'nationale Frage' war für uns verschlungen in die 'Schuldfrage'. Uns überraschte die Toleranz, mit der diese kommunistischen, antifaschistischen, internationalistischen Arbeiterführer ihre ureigenen Ziele hinter einer nationaldemokratischen Gemeinsamkeit zurückstellten und mit der diese Opfer des Faschismus den 'kleinen Nazis' begegneten, ohne deren opportunistische Anpassung oder irregeleiteten Fanatismus doch der ganze Faschismus kaum funktioniert hätte.

Sie hielten uns entgegen, wir ließen uns durch einen Kollektiv-Schuld-Komplex dazu verleiten, Internationalismus mit 'Entente-Chauvinismus' zu verwechseln, der nur die Kehrseite bürgerlichen Nationalismus sei. Und fixiert auf die 'kleinen Nazis', denen wir konkret begegnet seien, übersähen wir hinter deren Erscheinung das sozialökonomische Wesen des Faschismus. So wären wir der akuten Aufgabe nicht gewachsen, nämlich ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland aufzubauen, nicht gegen die, sondern mit der Mehrheit dieses Volkes, die sich gewiß von Goebbels habe verführen lassen. ...

Aber wir lernten schnell. Es leuchtete uns ein, dass Deutsche, die unter Einsatz ihres Lebens - in internationalen Brigaden, Partisanengruppen oder Armeen der Anti-Hitler-Koalition - gegen den deutschen Faschismus gekämpft hatten, eine Aversion gegen den Gedanken einer 'deutschen Kollektivschuld' haben mußten. Andererseits hatte die KPD 1945 als einzige Partei öffentlich gesagt, was sie ihrerseits der internationalen Arbeiterbewegung schuldig geblieben sei, weil sie - die stärkste Partei der Internationale - es nicht vermocht hatte, den Faschismus in Deutschland aufzuhalten.

Wir lernten diese Väter der DDR als durch Kampf und Leid geprägte, in ihrer Mischung von Strenge, Gerechtigkeit und - nicht zu übersehen - Barmherzigkeit tief imponierende Gestalten kennen."

Sicherlich wurde durch dieses eindringliche Jugenderlebnis mit der Grund gelegt für die politische Entwicklung Hanfried Müllers vom "Anti-Nazi", zu dem er schon vom rheinländischen, aber nicht katholischen, sondern evangelischen Elternhaus her geworden war, "zu so etwas wie einem Kommunisten", wie er in seinen Erinnerungen selbst von sich sagt. (S.6).

Ein möglicher weiterer Grund für diese Entwicklung ist vielleicht in dem zu sehen, was Dieter Kraft, einer der Schüler des Theologieprofessors Hanfried Müller an der Humboldt-Universität in einem Gedenkartikel in der Jungen Welt vom 10. März d.J. so formulierte: "Hanfried Müller war ein dialektischer Denker von einem so außergewöhnlichen Format, daß man schon Hegel bemühen muß, um vergleichsweise davon reden zu können." Ob der zweite Teil des Satzes berechtigt ist oder nicht, das zu beurteilen fehlen mir die Kenntnisse. Aber dass dialektisches Denken, wenngleich auf dem Gebiet der Theologie eingeübt, der Bejahung des dialektischen Denkens bei der Analyse gesellschaftlicher Bewegungen und Entwicklungen sehr förderlich sein kann - dafür legen die Schriften und das Wirken von Hanfried Müller überzeugend Zeugnis ab.

Aus seinen Erinnerungen habe ich erst erfahren, dass nach dem ersten Weltkrieg eine Strömung, "dialektische Theologie" genannt, entstand, die nach 1933 eine führende Rolle im radikalen Flügel der Bekennenden Kirche spielte. (S.26)

Von seinem theologischen Lehrer, den er am meisten schätzte, Hans Iwand, schrieb er: "Was man dabei mehr mit ihm einübte als von ihm 'lernte' war eine ungeheuer bewegte und bewegende Dialektik. Da gab es keine Erkenntnis, die man im Sinne eines toten Dogmatismus nach Hause tragen konnte. Bei ihm verwandelte sich jeder Gedanke wieder in Denken und gebar wiederum Denkanstöße, die oft viel später weiterführten."

Von Hans Iwands dialektischer Theologie war Rosemarie Streisand nicht weniger beeindruckt und beeinflußt als Hanfried Müller. Beide, Hanfried Müller und Rosemarie Streisand gelangten in der Zeit des gemeinsamen Göttinger Studiums zu einer solchen Gemeinsamkeit der Ansichten, dass sich Hanfried Müller veranlasst sah, bei der Behandlung dieser Zeit einen "Einschub" einzufügen, in dem er uns Lesern mitteilt: "Seitdem sind es überwiegend gemeinsame Erinnerungen und Reflexion. Auch, was nur einer von uns erlebt oder reflektiert hat, haben wir untereinander besprochen und erörtert. Darum muß ich von diesem Datum an eigentlich nicht mehr im Singular, sondern im Dual schreiben. Einen Dual aber gibt es im Deutschen kaum. Darum wird von hier an unvermeidlich aus dem "ich" des Autors häufig ein 'wir', das keinen allgemeinen Plural, sondern eben einen konkreten Dual bezeichnet."

Dies Aussage nicht auszulassen, ist mir wichtig, weil ich beide später, als ich nach dem Sieg der Konterrevolution in den von ihnen geleiteten Kreis Aufnahme fand, sie genau als dieses "konkrete Dual" kennen und schätzen lernte.

Das Erlebnis des Volkskongresses und der Beginn des "Kalten Krieges" führten dazu, dass bei beiden der Gedanke an eine Übersiedlung in die DDR entstehen konnte.

"Das offensichtliche Ende der Anti-Hitler-Koalition", so Hanfried Müller in seinen Erinnerungen, "wirkte auf uns wie auf heranwachsende Kinder die Scheidung der Eltern. Die Scheidung derer, in deren Hand wir bisher vertrauensvoll die antifaschistische Umerziehung unseres Volkes gesehen hatten, stellte uns nun in unerwarteter Weise vor Entscheidungen in neuer Eigenständigkeit. Um im Bilde zu bleiben: Wir mußten zwischen den auseinandergehenden Elternteilen wählen. ... Bei unserer Orientierung und Option half die Frage, welche Seite denn die bisher gemeinsame Sache verraten habe? Die Beantwortung der Frage war nicht allzu schwer. Es waren die Westalliierten, die von Tag zu Tag sichtbarer vom gemeinsamen Kriegs- und vor allem Friedensziel, der antifaschistisch-demokratischen Neuordnung ganz Deutschlands, abrückten. ... Auf der anderen Seite war es die Sowjetunion, die mit zum Teil verzweifelten Mitteln (bis zu der Stalin-Note von 1952) versuchte, das Potsdamer Abkommen zu realisieren." (S.32)

Hinzu kam die beginnende Remilitarisierung der BRD. Hanfried Müller und Rosemarie Streisand hatten eine FDJ-Hochschulgruppe gegründet, deren Sprecher Hanfried war und die gemeinsam mit anderen linksorientierten Studentenorganisationen gegen die Remilitarisierung auftrat, Unterschriften für eine "Volksbefragungn gegen Remilitarisierung" sammelte, und am 1. Mai 1951 ein Transparent gegen die Remilitarisierung entfaltete. (S.51 ff.)

Dafür wurde gegen beide ein Disziplinarverfahren eröffnet, das ihm unmöglich machte, sein Studium ordentlich mit Prüfung und Promotion abzuschließen.

"So entschloß ich mich, nun ziemlich abrupt, zu dem, wozu ich ja ohnehin seit längerem neigte, nämlich zur Übersiedlung in die DDR." (S.61)

Die erfolgte dann - natürlich für beide, wenn auch auf unterschiedlichem Wege - im Frühherbst 1952 (S.62 /63). Bald danach - am 5. November 1952 - heirateten beide und aus Rosemarie Streisand wurde nun Rosemarie Müller-Streisand.

Beide sahen in der Übersiedlung die verlockende Möglichkeit, "in einem Lande auf sozialistischem Wege mitzuwirken, um der Kirche ein vernünftiges Verhältnis zur neuen Gesellschaftsformation zu vermitteln." (S.62)

Das war in der evangelischen Kirche in der DDR, in der der erzreaktionäre Bischof Dibelius über großen Einfluß verfügte und einen hasserfüllten Kampf gegen die sozialistische Staatsmacht führte, und die evangelische Kirchenführung insgesamt sich mit - vielleicht! - ganz wenigen Ausnahmen nie anders denn als in Wahrheit zur Evangelischen Kirche der BRD gehörig betrachtete, ein Unternehmen, bei dem man dazu verurteilt war, im kirchlichen Raum nur eine Randerscheinung zu bleiben, auch wenn man Mitglied der Synode war.

Umso mehr Anerkennung und Achtung verdient die Unerschütterlichkeit, mit der die beiden diesem ihrem Anliegen treu blieben. Und wenn Hanfried Müller von sich sagt, er habe fast vierzig Jahre in diesem Land DDR gelebt und es "als mein Land und meinen Staat empfunden" (S.46), dann gilt das sicher genau so auch für Rosemarie Müller-Streisand.

Um in dem oben genannten Sinne in die Kirche hineinwirken zu können, wurde auf Initiative der beiden 1958 der "Weißenseer Arbeitskreis" (WAK) in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg gebildet. (Über ihn und seine Aktivitäten wird in einem Artikel von Jürgen Schöller "Zur Geschichte des Weißenseer Arbeitskreises" berichtet, der in dem Buch "Wider die Resignation der Linken. Stimmen gegen Antikommunismus, Konterrevolution und Annexion", GNN Verlag 1994, S. 17-21, veröffentlicht ist.)

Um eine größere Breitenwirkung zu erzielen, beschloß der Arbeitskreis - wiederum natürlich auf Anregung der beiden -, eine Zeitschrift herauszugeben. Und so erschien denn im Jahre 1982 Heft 1 der "Weißenseer Blätter, unter deren Titel vermerkt war: "Herausgegeben im Auftrag des Weißenseer Arbeitskreises (Kirchliche Bruderschaft in Berlin Brandenburg) Hefte zu Fragen aus Theologie, Kirche und Gesellschaft".

Hanfried Müller, Initiator des Arbeitskreises und der Zeitschrift, schrieb über sie im Vorwort zu dem Band "Wider die Resignation" (S.10): "Die WBl erscheinen seit 1982 (in der DDR als 'nichtlizenzpflichtiges Druckerzeugnis') im Auftrage des Weißenseer Arbeitskreises, der Kirchlichen Bruderschaft in Berlin-Brandenburg. Sie opponierten und opponieren gegen jeden politischen Klerikalismus und kirchlichen Antikommunismus. Das war in der DDR ein Unicum. Dem Staatssekretär für Kirchenfragen waren sie des Sektierertums verdächtig" und der Repräsentant des DDR-Kirchenbundes empfahl, sie 'mit Vorsicht zu genießen'. Vielleicht gerade darum waren sie für viele ein 'Geheimtip'. Kirchliches und politisches 'Establishment' schwieg und schweigt sie am liebsten tot, nur in Ausnahmefällen verliert es die Contenance und reagiert lebhaft, so einst epd (evangelischer pressedienst, K.G.) auf den Artikel 'Die FDGO (Freiheitlich-Demokratische Grundordnung, K.G.) als Bekenntnisschrift der EKD' (Evangelische Kirche Deutschlands, K.G.) oder später der PDS-Vorstand auf Sahra Wagenknechts Untersuchung 'Marxismus und Opportunismus' (in Heft 4/1992 der WBl., K.G.) Dieser Gratiswerbung verdankten die WBl viele Neubezieher."

Zu dieser Gratiswerbung gehörte auch der Beschluß des PDS-Parteivorstandes zum Wagenknecht-Artikel vom 30. November 1992, abgedruckt im 'PDS-Pressedienst' vom 4. Dezember 1992:

"1. Der Bundesvorstand der PDS erklärt, daß er die Positionen seines Mitglieds Sahra Wagenknecht, geäußert in dem Artikel 'Marxismus und Opportunismus - Kämpfe in der sozialistischen Bewegung gestern und heute' in der Zeitschrift 'Weißenseer Blätter' 4/92 für unvereinbar hält mit den politischen und programmatischen Positionen der Partei seit dem außerordentlichen Parteitag im Dezember 1989.

Der Parteivorstand sieht in den von Sahra Wagenknecht in ihrem Artikel geäußerten Positionen eine positive Haltung zum Stalinismusmodell.

Sahra Wagenknecht wurde von der Funktion der Verantwortlichen für die Organisation und Auswertung der Programmdiskussion in der PDS entbunden."

Nach diesem sehr knappen Überblick über den Entwicklungsweg Hanfried Müllers zu einem auch über Deutschlands Grenzen hinaus spätestens seit dem - zeitweiligen - Sieg der Konterrevolution 1989 stark beachteten konsequenten Streiter gegen die Reaktion jeglicher Färbung in Theologie und Politik füge ich noch einige eigene Erinnerungen an meine Begegnungen mit Hanfried Müller uns seinem Kreis an.

Nach dem - zeitweiligen! - Sieg der Konterrevolution hat sich die Dialektik des Geschichtsganges auch darin bestätigt, dass selbst dieses böseste Ereignis noch Gutes hervorbrachte: es führte Menschen zusammen, die - ohne es zu wissen - schon lange zusammengehörten, und die ohne dieses böse Ereignis sich wohl nie begegnet wären: ich meine damit die Zusammenführung von Kommunisten wie "Kled", also Karl Eduard von Schnitzler und Martha Raffael, Heinz und Ruth Kessler, Ulrich Huar, Hermann Leihkauf, mich und andere, - mit Theologen wie Hanfried Müller, Rosemarie Müller-Streisand, Renate Schönfeld und anderen.

Wie kam es bei mir zum unerwarteten Kontakt mit Theologen, die zu meiner großen Überraschung in sogenannten weltlichen Fragen "unsere" Klassiker - Marx, Engels und sogar Lenin - nicht nur genau so gut kannten, wie mancher meiner Genossen-Kollegen, sondern sich auch so verhielten, wie das "unsere" Klassiker von Kommunisten in konterrevolutionären Zeiten verlangten, indem sie klar und kompromißlos gegen die neuen Herren Stellung bezogen, während einige meiner früheren Historikerkollegen und -genossen zu Anpassern und Wendehälsen mutierten? Das kam so:

Als in den letzten Wochen der DDR der Bund der Antifaschisten gegründet wurde, stellte - wie das ND berichtete -, einer der Teilnehmer der Gründungsversammlung den Antrag, der Bund müsse in seiner Satzung nicht nur den Faschismus, sondern auch den "Stalinismus" verurteilen. Gegen diesen Antrag trat - wie ebenfalls dem ND zu entnehmen war -, ganz entschieden auf ausgerechnet eine Pfarrerin. Das war eine ebenso ungewöhnliche wie erfreuliche Meldung, so dass ich der Pfarrerin wenigstens meine Freude über ihr Auftreten und meine Zustimmung mitteilen wollte, weshalb ich an das ND schrieb und um ihre Adresse bat. Die bekam ich auch, und so schrieb ich der Pfarrerin Renate Schönfeld nach Groß-Ziethen ein Danke-Schön und solidarische Grüße, was dazu führte, dass wir sie bald darauf bei uns als Gast begrüßen durften. Bei dieser Gelegenheit erzählte sie uns, dass sie in Berlin-Marzahn in jedem Monat eine Veranstaltung durchführe, mit jeweils einem Referenten und anschließender Diskussion, und sie würde sich freuen, wenn ich zur nächsten "Marzahner Runde" - so der Name bis heute, obwohl der Ort der Veranstaltung schon mehrfach gewechselt hat - kommen würde.

Das tat ich denn auch, es war im Dezember 1990. Ich fand dort in der Marzahner Runde keine Gemeinde von christlichen Gläubigen vor, sondern eher eine Parteiversammlung von Noch- und Ex-Mitgliedern der Partei, der ich damals auch (und noch bis 2001) angehörte, die wie ich dem Wendekurs der neuen Führung der zur PDS gewandelten SED kritisch bis ablehnend gegenüberstanden, und sich Klarheit über die Ursachen der Niederlage und darüber verschaffen wollten, was jetzt zu tun sei.

Der damalige Referent sprach denn auch über den Rückschlag, den der Sozialismus erlitten hatte, jedoch mit einem fatalistischen Unterton, etwa in der Richtung, dieses Ende sei wohl von Anfang an unvermeidlich gewesen. Das ging mir sehr gegen den Strich, aber als "Neuling" hielt ich mich zurück. Renate Schönfeld hat dann mich Neuling der Runde vorgestellt als Spezialisten für Faschismusfragen, und fragte mich, ob ich bereit sei, in der nächsten Sitzung im Januar 1991 ein Referat zu Fragen des Faschismus zu übernehmen. Ich sagte zu, aber nicht zu einem Referat über den Faschismus, sondern ich würde im Anschluß an das heutige Referat zu der Frage sprechen, ob der Sozialismus in Deutschland nach 1945 keine Chance gehabt hätte. Damit waren alle einverstanden, und so habe ich im Januar 1991 in der Marzahner Runde meine erste Ausarbeitung zu den Ursachen unserer Niederlage, die meiner Überzeugung nach keineswegs unvermeidlich war, vorgetragen.

Durch Renate Schönfeld erfuhr ich dann, dass es noch eine zweite von Theologen geleitete kleinere Runde, aber mit gleichgerichteter Tendenz gäbe, die ebenfalls jeden Monat zusammenkäme. Wenn ich einverstanden sei, würde sie mich auch dort einführen. Ich sagte gerne zu, hatte ich in Renates Runde mich doch mehr unter Gleichgesinnten gefühlt, als in meiner Wohn-Partei-Gruppe, in der der Gysi-Geist dominant war, und die deshalb nicht mehr meine politische Heimat sein konnte, wenn ich auch mit einigen langjährig bekannten Genossen freundschaftlich verbunden war.

So wurde ich denn im Januar 1991 in diesen von Hanfried Müller und Rosemarie Müller-Streisand ins Leben gerufenen und betreuten und in ihrem Hause tagenden Kreis eingeführt, dessen Ursprung der bereits erwähnte Weißenseer Arbeitskreis war. Zur Unterscheidung von Renate Schönfelds "Marzahner Runde" bürgerte sich in den neunziger Jahren für ihn die Bezeichnung "Linke Runde" ein.

Ihre Teilnehmer waren ursprünglich fast nur Theologen gewesen, und Fragen der Theologie und Kirche und ihres Verhältnisses zur Gesellschaft hatten im Vordergrund gestanden. Das hatte sich Ende der achtziger Jahre, vor allem aber nach dem Untergang der DDR, so sehr geändert, dass, als ich von Renate Schönfeld dort eingeführt wurde, Theologen nach meiner Erinnerung höchstens noch die Hälfte der Teilnehmerschaft bildeten, und im Mittelpunkt der Diskussion nicht mehr theologische Fragen standen, sondern die politischen Fragen: Wie konnte es geschehen? Was ist zu tun, was kann, was muss getan werden?

Was ich zu der Frage, wie es geschehen konnte, dort sagte und in der Marzahner Runde vorgetragen hatte, wurde in diesem Kreise sehr interessiert und überwiegend zustimmend aufgenommen, ganz besonders auch von Hanfried Müller. Von ihm kam gleich die Frage, ob ich einer Veröffentlichung in den Weißenseer Blättern zustimmen würde, eine Frage, die natürlich mit großer Freude bejaht wurde - wo sonst wäre denn mein Vortrag publiziert worden? In dem ehemaligen Organ der Partei, deren Mitglied ich noch war, im "Neuen Deutschland", mit Sicherheit nicht. So erschien denn mein Vortrag aus Renate Schönfelds Marzahner Runde in Heft 2/1991 der Weißenseer Blätter mit der Überschrift "Hatte der Sozialismus nach 1945 keine Chance?", also in einer Zeitschrift der "Kirchlichen Bruderschaft in Berlin-Brandenburg". Dies war meine erste Veröffentlichung auf meinem neuen Hauptforschungsgebiet, dem "modernen Revisionismus". (Ein "Nebenforschungsgebiet" ist er für mich schon seit 1956, seit den ersten deutlich negativen Auswirkungen des XX. Parteitages der KPdSU, gewesen.)

Diese Zeitschrift wurde nun nicht nur für mich, sondern auch für solche von den Feinden der DDR seit eh und je mit wütendem Hass verfolgten und nun jeder Publikationsmöglichkeit beraubten Kämpfern gegen den BRD-Imperialismus, wie Kled Schnitzler, zu ihrem einzigen und auf Jahre hinaus auch ihrem wichtigsten Publikationsorgan.

Wer hätte sich zu DDR-Zeiten eine solche Kombination vorstellen können! Das zeigt: wir Kommunisten hatten in Sachen antiimperialistisches und antikapitalistisches Bündnis noch viel hinzuzulernen!

Im Unterschied zur Marzahner Runde, die immer mit einem Referat zu einem bestimmten Thema begann, um das dann auch die Diskussion kreiste, wurde in der Linken Runde nur ausnahmsweise einmal ein Thema vorgegeben; die aber dennoch immer lebhaften Diskussionen ergaben sich zu den jeweils wichtigsten aktuellen politischen Ereignissen, Veröffentlichungen oder auch Veröffentlichungsprojekten.

Ein Dauerthema war natürlich die Frage nach den Ursachen des Siegs der Konterrevolution, der XX. Parteitag der KPdSU, die Rolle Stalins und Chruschtschows.

Hanfried Müller sagt in seinen Erinnerungen zu Stalin (S.117/18): "Stalin stand angesichts der Notwendigkeit des Aufbaus des Sozialismus in nur einem, (und zudem höchst rückständigen) Lande für die Entscheidung, auf der einen Seite unter riesigen Opfern eine Grundindustrie aus dem Boden zu stampfen und dabei den revolutionären Prozess gegen die Isolation einer Avantgarde von den sie tragenden Massen einerseits, andererseits vor dem Rückfall zu schützen, der durch eine schleichende Rekapitalisierung vom Lande her drohte. Die Entscheidung fiel gegen Trotzki und Bucharin. Sie enthielt zugleich die schmerzhafte Bewältigung der 'konstantinischen Wende' der Revolution von der Zerschlagung fremder zum Aufbau eigener Staatsmacht. Dafür und für die Wahrung des Klassenherrschaft gegen jeden Angriff von innen und außen wurde der Preis der Beeinträchtigung der Balance zwischen innerparteilicher Demokratie und demokratischem Zentralismus gezahlt und die damit verbundene Erschwernis künftiger Entwicklung der sozialistischen Demokratie in Kauf genommen. Gewiß, auch dafür steht der Name Stalin. Aber war das ein 'Fehler'? Es gibt Situationen, man könnte von historischen Dilemmata sprechen, die dazu zwingen, Bitternisse in Kauf zu nehmen, um Schlimmeres zu vermeiden. So mußte um des Sieges über den Faschismus willen in Kauf genommen werden, dass man den Kampf gegen ihn nur als großen vaterländischen Krieg' und nicht als sozialistischen Befreiungsschlag gewinnen konnte. Zweifellos bremste das die weitere Reifung des Sozialismus in der Sowjetunion ab. Aber er führte zum Sieg über den Faschismus, und dafür vor allem steht der Name Stalin!"

Und zum XX. Parteitag und zu Chruschtschow ist in den Erinnerungen zu lesen: "Der XX. Parteitag blieb natürlich bei den Antikommunisten nicht ungenutzt. Ihr massendemagogisch wertvollster Gewinn daraus war es, daß sie ihren Antikommunismus nun als 'Antistalinismus' artikulieren konnten, so daß er auch unter kommunistischen Bündnispartnern und bis in die kommunistischen Parteien und sozialistischer Länder hinein ungestraft propagiert werden konnte. An die Stelle der Frage: 'Für oder gegen Privateigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln' trat damit die Frage für oder gegen Stalin'. ..."

"Trotz aller Kritik am XX. Parteitag der KPdSU war mir damals nicht deutlich, daß schon damals in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre die Aufstiegsphase im Frühsozialismus in eine Abstiegsphase umschlug, so daß bereits hier von einer konterrevolutionären Wende zu sprechen gewesen wäre. Wir waren zwar vom ersten Tage an gegen den XX. Parteitag, aber wir haben seine Folgen verniedlicht, als wir Chruschtschow nur als 'Hampelmann auf der Bühne der Weltpolitik' und nicht als ernsthafte Gefahr für den Sozialismus sahen" (S.122)

Diese Seite aus Hanfried Müllers Erinnerungen macht verständlich, weshalb er ohne jegliche Bedenken meine seinerzeit sowohl von PDS- wie von DKP-Seite heftig angefeindete Brüsseler Rede auf dem 1.-Mai-Seminar 1994 der Partei der Arbeit Belgiens "Der Anti-Stalinismus - das Haupthindernis für die Einheit aller antiimperialistischen Kräfte" in das Heft 4/94 der WBl aufnahm.

Die Teilnehmer der Linken Runde, die - neben den Gastgebern und Renate Schönfeld - mir diese Runde besonders gewinnreich machten, waren damals von den Theologen besonders Dieter Frielinghaus und Dieter Kraft, von der "weltlichen" Seite natürlich Kled Schnitzler, sodann der leider sehr früh verstorbene Friedrich Jung, ein Mediziner, dem u.a. die Aufsicht über die in der DDR hergestellten Pharmaka oblag und dessen strenger Kontrolle es mit zu verdanken ist, dass die Medikamente in der DDR nur zur Gesundung der Patienten und nicht zur Gewinnung von Maximalprofiten der Pharmaindustrie, wie in der BRD selbstverständlich, in die Apotheken geliefert wurden, und Margit Schaumäker, erste Nachrichtensprecherin des DDR-Fernsehens, dessen Geschichte sie bis zu seinem Ende mitgestaltet hat. Mit dem Hause Müller-Streisand ist sie jahrzehntelang eng befreundet und sie war eine unentbehrliche Mitarbeiterin bei der Gestaltung der Weißenseer Blätter.

Im Laufe der Jahre veränderte sich die Zusammensetzung der Linken Runde, sei es durch Tod oder Ausscheiden aus anderen Gründen von Mitgliedern der ersten oder der zweiten Stunde, und es kamen neue hinzu. Von denen sind an erster Stelle zu nennen Heinz Kessler und seine Frau Ruth. Heinz Kesslers Teilnahme war ein unermesslicher Gewinn für unsere Bemühungen, uns Klarheit über das Geschehen auf der Regierungsebene in den letzten Jahren der DDR zu verschaffen. Vieles von dem, was Heinz Kessler in seinem Buche "Zur Sache und zur Person" veröffentlicht hat, kam in unseren Tagungen zur Sprache. Zum anderen halfen uns Heinz und Ruth Kesslers Berichte über ihre mehrfachen Reisen in das sozialistische Land in der Karibik unser Wissen über dessen Schwierigkeiten und Fortschritte zu vertiefen und unsere inneren Bindungen an dieses Land noch inniger zu gestalten.

Hocherfreulich war auch, dass die Linke Runde erweitert wurde durch den Hinzutritt von Hermann Leihkauf. Mit ihm, dem exzellenten Politökonomen und ehemaligen Mitarbeiter in der Staatlichen Plankomission der DDR, verloren die Diskussionen über ökonomische Sachverhalte und Entwicklungen in Vergangenheit und Gegenwart den nicht seltenen Charakter von Meinungen und Vermutungen auf Grund von ungenauen Kenntnissen, weil Hermann Leihkauf mit einem phänomenalen Zahlengedächtnis und exakten Kenntnissen die Dinge immer genau auf den Punkt brachte.

In der linken Runde fehlte auch nicht das Element des Internationalismus. Mit dem aus Ägypten stammenden Psychosomatiker Abe Eid hatten wir einen Spezialisten für die immer wieder brennend aktuellen Nah-Ost-Probleme, und zu der von uns hochgeschätzten Kommunistischen Partei Griechenlands hatten wir mit dem samt Familie schon seit Jahrzehnten in Deutschland beheimateten Korrespondenten des Zentralorgans der KP Griechenlands, Risospastis, Thanassis Georgiou, einen Kommunisten in unserem Kreise, der an den bewaffneten Kämpfen der Demokratischen Armee Griechenlands während und nach dem Zweiten Weltkrieg teilgenommen hat und der uns bei den Fragen, was zu tun sei, immer wieder an den Erfahrungen seiner Partei und ihres Kampfes teilhaben ließ.

Im Dezember 2008 fand unsere letzte Tagung statt. Dort war bei Hanfried Müller keinerlei Zeichen einer Krankheit, gar noch einer lebensbedrohenden, zu bemerken. Sorgen um den Gesundheitszustand machte ich mir - und machten sich sicherlich auch andere Teilnehmer - nur bei Rosemarie, hatte sie doch ein Jahr zuvor einen physischen Zusammenbruch erlebt, der einen Krankenhausaufenthalt notwendig gemacht hatte, und hatte sie doch danach nicht wieder zur vorherigen Kraft und Aktivität zurückgefunden.

Aber dass dies unsere letzte Zusammenkunft sein könnte, - daran hatte wohl keiner von uns gedacht. So traf mich im Januar die Nachricht von seiner Einlieferung ins Krankenhaus mit einer schweren Lungenentzündung völlig unvorbereitet. Aber als dann die Nachricht kam, er sei wieder nach Hause entlassen worden, hoffte ich, er sei auf dem Wege der Gesundung, die ihm erlauben würde, das Projekt seiner Erinnerungen zu Ende zu führen und bald auch wieder die Linke Runde zusammenzurufen. Den bisher fertigen Teil der Erinnerungen hatte er mir und anderen mit der Bitte um Meinungsäußerung, ob sich dies denn lohnen würde, übergeben.

Dann aber im Februar die alarmierende Nachricht, Hanfried Müller habe in der Nacht mit Notfallauto wieder ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Sein Ringen mit seiner Krankheit konnte er schon nicht mehr gewinnen - am 3. März erlag er ihr.

Er hinterließ eine große Trauergemeinde. Am Tage seiner Beisetzung begleiteten die ihn auf seinem letzten Wege, die dazu noch in der Lage waren, um ihm für all das zu danken, was er ihnen an Erkenntnissen, an Mut und Standhaftigkeit vermittelt hatte, um den Kampf um eine sozialistische Zukunft weiter zu führen.

Kurt Gossweiler, Berlin

Raute

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2009