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ROTER BRANDENBURGER/015: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 4/12


Roter Brandenburger - April 2012
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg


In dieser Ausgabe:
- Zivil-Gesellschaft
- Vorwort zum Buch von E. Honecker
- Präsidentenwahlen
- 1. Mai 2012
- Jubiläum
- Kommunismus (Teil VIII)
- Registerband der "Roten Kalenderblätter"
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Interview
- Ein Bundespräsident für alle?
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum

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Bundeswehr: Freibrief für Kriegsverbrechen?

Im zweiten Weltkrieg wurden von der deutschen Militärjustiz allein 30.000 Todesurteile gegen Kriegsdienstverweigerer, Deserteure und andere sog. Wehrkraftzersetzer gefällt und 20.000 vollstreckt. Außerdem sollte die deutsche Militärjustiz die Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung okkupierter Länder legitimieren. Nach dem von hohen Militärjuristen formulierten "Barbarossa"-Kriegsgerichtsbarkeitserlass sollte sich die Wehrmachtsjustiz einfach gar nicht um solche Übergriffe kümmern. Im September 2009 befahl der deutsche Oberst Georg Klein nahe dem afghanischen Kunduz einen Bombenangriff, bei dem 142 Menschen zumeist Zivilisten getötet wurden. Der damalige Verteidigungsminister Jung lehnte staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Klein von vornherein ab und Oberst Ulrich Kirsch, Vorsitzender des deutschen Bundeswehrverbandes forderte "einen ganz anderen Rechtstatus" für Soldaten im Krieg. Im Oktober 2009 wurde die Schaffung einer zentralen Zuständigkeit der Justiz bei Bundeswehrstrafsachen im Ausland in den Koalitionsvertrag von CDU und FDP aufgenommen. Jetzt im Januar 2012 legte das Bundesjustizministerium erneut den "Entwurf eines Gesetzes für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr" vor; 2010‍ ‍hatten sich die juristischen Fachverbände vehement gegen die Schaffung einer solchen Gerichtsbarkeit ausgesprochen. Nicht nur die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz reagierte in einem offenen Brief mit großer Sorge und Unverständnis. Es ist zu befürchten, dass die Wiedereinführung einer Sondergerichtsbarkeit für Militärangehörige und die damit in Aussicht gestellte zügige Erledigung der sie betreffenden Strafverfahren als Freibrief für Massaker an Zivilisten genutzt werden könnten. Im Vordergrund von Ermittlungen sollte das Interesse der Opfer an Aufklärung stehen und nicht das Interesse der beschuldigten Soldaten an schneller Rechtssicherheit.

Die alte Forderung nach einer Sondergerichtsbarkeit fürs Militär ist in einer Zeit der zunehmenden Teilnahme der BRD an imperialistischen kriegerischen Auseinandersetzungen folgerichtig.

Sabine Albrecht

Buchtipp:
Joachim Perels/ Wolfram Wette (Hg.): Mit reinem Gewissen, Wehrmachtrichter in der Bundesrepublik und ihre Opfer (2011)
www.german-foreign-policy.com

Raute

"... Deutschlands Töchter wie Luise, Deutschlands Söhne Friedrich gleich..."

Wenn er ans Rednerpult im Reichstag tritt, der dem Deutschen Bundestag Unterkunft bietet, muss er den Sakkoknopf öffnen. Ihm schwillt immer so gewaltig die Brust, wenn er etwas sagen darf.

Was großartig als energische Bekämpfung des Rechtsextremismus angekündigt, erweist sich dann jedoch allein als eine neu einzurichtende Datei. Fragwürdig, denn Rechtsextremismus ist ein Begriff, der vom Inlandsgeheimdienst erfunden worden ist, um Neofaschismus zu verschleiern. Nichts als Worte also. Mit der Neonazi-Datei, so der Oberinnenminister, soll eine erste Konsequenz aus den nicht oder nachlässig verwirrend geführten Ermittlungen zu Nazimorden gezogen werden. Im November 2011 flog die mordende Bande auf. Ohne dass Wirksames geschieht, vergeht die Zeit. Und da zaubert der Innenminister diese Datei aus dem Zylinder und behauptet, sie diene der Verbesserung der Ermittlungsarbeit. Als wenn diese irgendwann gut gewesen wäre. Dagegen spricht, dass ernsthaft an der Bekämpfung von Neofaschismus Interesse besteht, dass der Inlandsgeheimdienst mit allem möglichen Anderen befasst ist. War doch von 37.229.682 überprüften E-Mails die Rede oder von fast lückenloser nachrichtendienstlicher Überwachung der Mitglieder der Bundestagsfraktion DIE LINKE und von andern geheimdienstlichen Possen. Der Mann mit dem aufgeknöpften Sakkoknopf sollte sich in stiller Demut üben, denn sein Inlandsgeheimdienst scheint seit langem schon sehr verselbstständigt zu sein. Das Berliner Verwaltungsgericht stellte jetzt fest, dass in acht Einzelfällen "die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Überwachungsmaßnahmen von Anfang an nicht vorlagen".

Acht Berliner hatten gegen ihre achtjährige Überwachung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geklagt. Vor Gericht stellte sich heraus: Taten gab es nicht, demzufolge keine Täter, aber es gab den Inlandsgeheimdienst, der vermutete, spekulierte, fälschte und überwachte acht unbescholtene Bürger. Damit verletzte er straflos eklatant Gesetze. Wahrscheinlich weiß das der Innenminister sehr genau, sonst hätte er nicht mit der Idee abzulenken versucht, Griechenland zu empfehlen, aus der EU zu scheiden. Der Rüffel seiner Chefin, der Alles-kann-zlerin, saß. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass sie ihren Friedrich bezüglich der Nichtverfolgung von Neofaschismus zur Kasse bittet.    Till


Die eingangs zitierten Verse sind von Heinrich Heine, Vermischte Gedichte, Deutschland.

Raute

Zivil - Gesellschaft

Seit geraumer Zeit fliegt uns der Begriff "Zivilgesellschaft" als geflügeltes Wort um die Ohren. Selbst so berühmte Staatsmänner wie Obama und Merkel (ein Wort "Staatsfrau" gibt es nicht) haben inzwischen offenbar daran Gefallen gefunden, obgleich es ein wenig staatsfern klingt. Den Hintergrund dieser Wortbeflügelung könnte ein sehr realer gesellschaftlicher Prozess erhellen, der ebenfalls seit geraumer Zeit betrieben wird. Der Staat zieht sich immer häufiger aus gesellschaftlichen Bereichen zurück, die er bisher vorwiegend selbst in der Hand behielt. Verkehrswesen, Post und Nachrichtenwesen, Wasser-, Energieversorgung und manches mehr, sind inzwischen überwiegend privatisiert. Gleiches erleben wir bei Krankenhäusern, Pflegestätten und anderen Sozial- sowie Kultureinrichtungen. Die Öffentlichkeit gewöhnte sich an das Wort "freie Schulen" (soll heißen "nichtstaatliche"). Längst werden auch Arbeitslose privat verwaltet. Grund und Boden, Gewässer, Naturschätze, überhaupt Produktionsmittel oder Finanzkapital privat zu besitzen, gilt ohnehin als Voraussetzung unserer eigenartigen Freiheit und Demokratie.

Nun gibt der Staat auch sein letztes Monopol auf, das Gewaltmonopol! Schon wurden die ersten Haftanstalten privatisiert. Vorbereitet wird die Übergabe von "Sicherheitsverwahrung" in "freie Hände" - also die Beaufsichtigung von Menschen, die sich selbst oder andere gefährden, ohne selbst strafbar zu sein. Die Bahnen, Fluggesellschaften, alle möglichen Privatunternehmen und -institute bilden eigene Securitygruppen. Anwaltsbüros und Detekteien bieten zunehmend Schnüffler an. Die Sicherheitsbranche boomt. Ein brennendes Thema bildet die "Privatisierung der Kriegsführung", die leider zu wenig Aufmerksamkeit findet, obgleich sie längst typisch für unsere Zeit geworden ist. Zwar ist oft schwer zu unterscheiden zwischen Mordtaten von Angestellten privater Sicherheitsunternehmen, Kriegshandlungen von internationalen Söldnern, tödlichen Geheimdienstaktionen und öffentlicher staatlicher Kriegführung. Doch zu übersehen ist höchstens noch vorsätzlich, dass die modernen Kriege durch diese Art Privatisierung "zivilisiert" wurden.

Eine so umfassende Privatisierung aller Lebensbereiche musste geradezu seine Entsprechung in der Ideologie der Gesellschaft finden. Ich kann hier nicht auf die längst umfangreichen Erfahrungen mit "Nichtregierungsorganisationen", "Menschenrechtsaktivisten" und dergleichen eingehen, die heute als wichtige Elemente der "Zivilgesellschaft" gelten. Zum Problemverständnis müsste eigentlich schon eine klare Fragestellung ausreichen: Werden die Lebensbedingungen in einem Land mehr von "der Wirtschaft" (also von denen, die über sie verfügen) beeinflusst, oder vom Staat? Ist die Masse der Staatsbürger stärker von ihren "Arbeitgebern", also mehrheitlich von Unternehmern, abhängig, oder eben vom Staat selbst? Hat eigentlich der Staat "the American Way of life" und ähnlich entzückende westliche Lebensweisen hervorgebracht, oder wirkten da vielmehr auch höchst private, kommerzielle Antriebe? Ist das den Realitäten meist völlig widersprechende Denken über die Ursachen der Not anderer Menschen und Völker sowie von Terror und Kriegen nicht mehr von privaten Medien und Institutionen erzeugt als vom Staat?

Bisher war der Staat im Kapitalismus ein Instrument der Gruppe Produktionsmittel und Finanzkapital besitzender Leute. Inzwischen haben sich privatwirtschaftliche Konzentrationen herausgebildet, deren Macht viele Staaten der Erde bei weitem übertreffen. Selbst die "Drecksarbeit" erledigen diese effektiver als ein Staat. Der muss manchmal noch auf nationales und Völkerrecht Rücksicht nehmen. Da besinnt sich das Kapital seiner freien, hemmungslosen, Elend und Tod verbreitenden Ursprünge. Nach Rückzug des Staates werden die Träumer der Zivilgesellschaft Gewalten gegenüber stehen, die sie bisher nicht sehen wollen.

Es gilt, die eindringlichen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zu erschließen: Die Anarchisten, die die "individuelle Freiheit" vergöttern und mit dem Staat gleichzeitig jegliche Ordnung außer Kraft zu setzen wünschten, bekamen folgerichtig keinen Fuß auf den Boden. Der Teil der Arbeiterbewegung, der im parlamentarischen Staat das Mittel sah, um aus Kapitalbesitzern Kapitalbesitzern "Volksfreunde" zu modeln, mutierte zu deren erbärmlichen Vollstreckern. Das "Hartzen" von Millionen Deutschen und die ersten deutschen Kriegshandlungen nach 1945, gegen Jugoslawien, waren deren Werk. Nachhaltigen Einfluss auf den Geschichtsverlauf erzielten allein die revolutionären Teile der Arbeiterbewegung. Sie ersetzten in den Ländern, in denen sie siegten, den kapitalistischen Staat durch ihren eigenen. Der dient als Organisationsform zur sozialen und kulturellen Umgestaltung der Gesellschaft und zu deren Schutz. Gewiss doch, auch deren Zukunftsziel ist die Gesellschaft ohne Staat. Bis dahin muss dafür die reale Voraussetzung geschaffen werden. Kein Individuum wird kraft Reichtums, Besitztums oder Stellung, Macht über andere Menschen oder gar eine ganze Gesellschaft auszuüben haben! Diese Revolutionäre nennen solche Gesellschaft Kommunismus.

Triumphgeheul seiner Gegner: Den gibt es doch auch nirgends! Stimmt! Kommunismus bedarf im Vergleich zum Kapitalismus höhere Wirtschaftskraft, größere Arbeitsproduktivität. Die zu erreichen, durchkreuzten bisher Bürgerkriege. Kalte und heiße Kriege, unentwegt inszeniert vom bis heute international mächtigen Imperialismus. Aber die Auseinandersetzung ist voll im Gange. Und die früheren Siege der Revolutionäre sind mit der bösen Niederlage in Europa vor zwei Jahrzehnten keineswegs ausgelöscht! Sie schufen vielmehr den Wachstumsboden für die unübersehbaren heutigen antiimperialistischen Bewegungen und Staaten.

Hans Stahl

Raute

Letzte Aufzeichnungen
Vorwort zum Buch von Erich Honecker
Zum Nachdenken anregen

Lange habe ich gezögert, diese letzten Aufzeichnungen Erich Honeckers aus der Hand zu geben. Sie sind stellenweise wie in einem vertrauten Gespräch mit mir und der Familie geschrieben. Ich meinte, dass man Privates, etwas, das auch Empfindungen offenbart, besser im privaten Raum belassen sollte.

Mein Mann begann mit diesen Aufzeichnungen mit dem Tag seiner Einlieferung ins Gefängnis Moabit. Er schrieb auf Anraten seines Verteidigers Friedrich Wolff eine Art Tagebuch, das auch Aufschluss geben sollte über den Prozess. Er hatte keine Schreibmaschine, er schrieb mit der Hand. Mit dem Fortschreiten seiner Krankheit schwanden seine Kräfte, wurde seine Schrift immer schwerer lesbar. Seine Gedanken sprangen auch. Manches blieb fragmentarisch, und einige Bemerkungen sind nur mit der Hetze, dem enormen Druck, der auf ihm lastete, zu erklären.

Nach den ersten ärztlichen Untersuchungen in Berlin war ihm gesagt worden, dass der bösartige Tumor in der Leber sich aggressiv weiterentwickelte. Erich Honecker wollte sich mit der ihm verbliebenen Kraft und Lebenszeit vor allem auf den Prozess konzentrieren.

Wenn ich mich, auch dem Rat guter Freunde folgend, nun doch entschloss, die Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so deshalb, weil sie nicht nur einen wahrhaften Einblick geben in einen kurzen Lebensabschnitt im kämpferischen Leben Erich Honeckers, sondern auch in einen in der deutschen Geschichte schwerwiegenden Zeitraum. So könnten die Aufzeichnungen hilfreich sein in der politischen Auseinandersetzung mit der Geschichte, indem sie einige Wahrheiten ins Licht rücken inmitten der Lügen, Fälschungen und Verleumdungen, die nun schon seit über zwei Jahrzehnten verbreitet werden. Und alles deutet darauf hin, dass auch weiterhin Heerscharen aufgeboten werden, geschichtliche Wahrheiten unter den Teppich zu kehren, den Sozialismus zu diskreditieren, Kommunismus und Kommunisten zu verteufeln. Nichts ist dieser herrschenden Klasse in ihrem Selbsterhaltungswahn heilig, sie kennt keine ethischen Normen, ihre Hassgesänge entspringen nun mal ihrer Klassenmoral. Unsere Gegner agieren so, weil sie nicht akzeptieren können, dass eine andere Gesellschaft als die, in der wir zurzeit leben, nötig und möglich ist. Sie können nicht verzeihen, dass eine andere Gesellschaft als die ihre auf deutschem Boden errichtet wurde, die immerhin 40 Jahre existierte und in dieser Zeit ihre Herrschaft über ganz Deutschland verhinderte.

Jene, die in den Diensten des zeitweilig über den Sozialismus triumphierenden Kapitalismus stehen, von geschichtlichen Wahrheiten überzeugen zu wollen, ist vergebliche Mühe und nicht mein Anliegen. Mir begegnen immer wieder Menschen, vor allem jüngere, die nachdenklich geworden sind, ob diese kapitalistische Gesellschaft eine Zukunft hat. Es sind Menschen, die sich historischen Wahrheiten nicht verschließen.

Zum Nachdenken anregen könnten auch diese Aufzeichnungen, die aus Anlass des bevorstehenden 100. Geburtstages Erich Honeckers erscheinen. Seinen 80. Geburtstag verbrachte er in Moabit. Damals wurde seine schwere Erkrankung öffentlich. Ich rief von Chile aus zur Solidarität mit meinem Mann auf und erklärte: "Ich bin mir sicher, mein Mann wird, so lange er lebt, nicht nur sich und seine Genossen verteidigen, sondern auch das Unrecht anklagen, das zehntausendfach den Bürgern der DDR angetan wurde, indem man aus der demokratischen, friedlichen Wiedervereinigung eine Okkupation der DDR machte."

Ich habe mich in diesem Urteil nicht geirrt.

Die Aufzeichnungen enthalten Fakten und Hinweise, die den politischen Prozess gegen Honecker und Genossen in Erinnerung rufen. Es ging dabei nicht um Juristisches, nicht um Personen: Es ging um Politik.

Nachdem das kapitalistische Deutschland das sozialistische Deutschland unterworfen hatte, demonstrierte der kapitalistische Staat, wie er mit Menschen umzugehen gedenkt, die eine andere als diese Gesellschaft wollen. Warum sonst fanden Ermittlungsverfahren und Prozesse statt gegen Grenzsoldaten, Juristen, Angehörige des MfS, Sportler und andere Personen, die der DDR dienten? Gegen mehr als 100.000 Bürger der DDR wurden Beschuldigungen erhoben, rund 85.000 juristische Verfahren wurden eingeleitet, von denen die meisten im Sande verliefen, die aber die betroffenen Familien oft ins Unglück stürzten. Auch wenn man es nicht wahrhaben wollte - und es waren damals viele, die durch die konterrevolutionären Ereignisse irritiert waren -, bleibt es eine unbestreitbare Tatsache, dass die juristische Verfolgung eine politische Abrechnung der BRD mit der DDR darstellte. Der Kapitalismus maßte sich an, über den Sozialismus zu Gericht zu sitzen.

Die herrschende Politik tat und tut alles, um diese gesellschaftlichen Zusammenhänge zu verschleiern und zu leugnen. Nicht alle ließen sich beirren, Klardenkende sahen diese Zusammenhänge. Auch im bürgerlichen Lager gab es Persönlichkeiten, die die Prozesse kritisch verfolgten. Günter Gaus, einst Ständiger Vertreter der BRD bei der DDR, verstand sich als radikaler Demokrat. Er glaubte an diese Ordnung und vertrat sie mit Überzeugung. Als Honeckers Prozess endete, schrieb Gaus, dem dieser gesellschaftliche Kontext sehr bewusst war, am 22. Januar 1993: "Der Wille, die DDR-Geschichte juristisch aufzuarbeiten, hatte die unvermeidliche Zuspitzung auf Totschlag zur Folge. Der Prozess setzte erstens voraus, dass Honecker die Mauer allein und aus Böswilligkeit gebaut hatte und also anzuklagen sei. Das ist geschichtslos. Wahr ist, an der Elbe 1961 existierte tatsächlich die gefährlichste Militärgrenze der Welt. Dass Honecker das auch gesagt hat, macht ja noch nicht, dass es falsch ist. Und es ist auch wahr, der Kalte Krieg wurde 1961 von beiden Seiten heftig geführt und hatte eine Zuspitzung erreicht, dass die Alliierten - wie an ihrem Verhalten abzulesen - ganz froh waren über den Bau der Mauer."

In einem anderen, früheren Text hieß es dazu bei Gaus: "Lag nicht doch Krieg auf den Straßen von Berlin am damaligen 13. August? Und falls er drohte - und alle Welt meinte, er drohe -, war dann der Mauerbau ein unverhältnismäßiges Mittel zu seiner Verhinderung?"

Gaus warf die Frage nach der Mitverantwortung der Bundesrepublik auf und meinte darum in jenem Beitrag zum Ende des Honecker-Verfahrens, dass "wirkliche Schuld" erst noch verhandelt werden müsse. "Ich denke aber, dass der Bau der Mauer der falsche Punkt ist. Denn es hat, zweitens, keinen Sinn, so zu tun, als sei die DDR eine abtrünnige Provinz der Bundesrepublik gewesen. Es gab zwei voneinander unabhängige deutsche Staaten, von der ganzen Welt anerkannt." Über zwei Jahrzehnte sind vergangen. Es braucht seine Zeit, bis die Wahrheit sich durchsetzt. Ein ungetrübter Blick auf Vergangenheit und Gegenwart wird verhindert durch den Nebel, den die herrschende Politik über den tatsächlichen Verlauf der Geschichte verbreitet. Tatsachen lassen sich aber nicht auf Dauer leugnen.

Tatsache bleibt: So lange das sozialistische Deutschland existierte, gab es keinen rabiaten Sozialabbau. So lange das andere Deutschland existierte, wurde Deutschland daran gehindert, seine Söhne wieder in Kriege zu schicken.

Heute gibt es wieder ein kapitalistisches Großdeutschland, das seinen Nachbarn und der Welt erneut Unbehagen einfl ößt in seinem Streben nach Vorherrschaft. Unbehagen nicht zuletzt auch deshalb, weil schon wieder Nazis ihr Unwesen treiben können. Die Wurzeln des Faschismus wurden in der alten BRD nie ausgerottet. Und sie werden mit der blindwütigen Diskreditierung des Sozialismus, dem törichten unheilvollen Antikommunismus, wiederbelebt.

Ein ungetrübter Blick auf unsere Geschichte, auf die Vergangenheit und auf die Gegenwart sollte nachdenklich machen, Nachdenken befördern, Schlussfolgerungen für Gegenwart und Zukunft liefern.

Erich Honecker hielt an der Überzeugung fest, dass auch in Deutschland erneut gesellschaftliche Kräfte auf den Plan treten werden, die andere Verhältnisse erstreiten werden. Obgleich schwerkrank, ist er bis zum Ende seines Lebens für seine Überzeugung eingetreten.

Auch davon sprechen diese Aufzeichnungen.

Margot Honecker,
Santiago de Chile, Dezember 2011

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Zum 85-zigsten...

Am 17. April 2012 wird Margot Honecker 85. Die Redaktion gratuliert aufs herzlichste und dankt für die bisher veröffentlichten Beiträge. Wir wünschen noch viel Gesundheit und hoffen auf weitere Reflexionen auf aktuelle und geschichtliche Themen in unserer Zeitung.

Raute

Präsidentenwahlen 1932 - 2012

Da hatten wir also einen Präsidenten, der offensichtlich an Vergünstigungen mitnahm, was irgend zu schnappen war. Und nun tragen die herrschenden Parteivertreter einvernehmlich das Amt diesem Joachim Gauck an, der sich schon bei der letzten Wahl gewundert hatte, nicht von Frau Merkel und der CDU nominiert worden zu sein. Wie wäre es, wenn die SPD mal einen gestandenen Gewerkschafter, einen Antifaschisten, einen Gegner von Krieg und Großkapital aufstellte?

1932‍ ‍stand die Wahl des Reichspräsidenten an. Präsident von Hindenburg, dessen Amtszeit ablief, war tief in den Osthilfe-Skandal verwickelt. Den Rittergutsbesitzern östlich der Elbe wurden riesige Summen aus der Staatskasse zur Entschuldung ihres Grundbesitzes zugeschoben, so auch für Hindenburgs Gut Neudeck. Hindenburg war der kaiserliche Generalfeldmarschall, der nach eigenen Angaben im Februar 1918‍ ‍wusste, dass der Weltkrieg verloren war, aber dennoch das Morden weiterführte, was hunderttausenden Soldaten das Leben kostete. Das hielt die SPD-Führung nicht davon ab, zur Wahl Hindenburgs aufzurufen. Otto Braun, SPD-Ministerpräsident von Preußen, schrieb im März 1932 im "Vorwärts": "Ich wähle Hindenburg und appelliere an die Millionen Wähler, die vor sieben Jahren für mich gestimmt haben: Tut desgleichen, schlagt Hitler, wählt Hindenburg." Hindenburg wurde 1932 gewählt und ernannte am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler. Reichskanzler Brüning (Zentrumspartei, Vorläuferin der CDU) machte gar keinen Hehl daraus, dass die Behauptung der Verfassungstreue des Präsidenten eine Lüge war: "Die Leute, die zum Teil ohne Mäntel in entsetzlicher Armut und Not dort saßen, musste ich für die Stimmabgabe für den Reichspräsidenten gewinnen und ihnen beibringen, dass er sie vor einem Verfassungsbruch behüten würde - während ich wusste, dass der Reichspräsident sich gleich nach seiner Wahl gegen sie wenden würde" (Brünings Memoiren). Der SPD-Reichstagsabgeordnete und Nachkriegsministerpräsident von Bayern Wilhelm Hoegner schreibt in seinen Memoiren über das Versagen seiner Partei: "Wir bauten also auf die Verfassung. Dann auf den Reichspräsidenten, den alten 'getreuen Ekkehard'. Dann auf das Zentrum und die Macht der katholischen Kirche, die einen überund unterirdischen Einfluss zur Erhaltung des Rechtsstaats ausüben sollten. Dann auf die Deutschnationalen, die Hitler bändigen sollten. Dann auf die Reichswehr. Nur nicht auf uns selbst." Heute baut die SPD auf einen Präsidenten Gauck, Befürworter des deutschen Krieges in Afghanistan und des Hartz-IV-Sozialkahlschlags, des Verächtlichmachers der antiimperialistischen Occupy-Bewegung. Sollte die SPD nicht endlich wieder auf ihre kämpferischen Traditionen im Sinne August Bebels und Wilhelm Liebknechts bauen?

Klaus Mewes

gefunden im Gießener Echo Ernst Thälmann 1932: "Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt den Krieg."

Raute

1. Mai 2012 - Kampftag der Arbeiterklasse
Gewerkschaften auf dem Weg in die Sackgasse?

Unter der Losung "Gute Arbeit für Europa - Gerechte Löhne, Soziale Sicherheit" ruft der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften zur Teilnahme an den Mai-Veranstaltungen auf. Weiter heißt es in dem Aufruf: "Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sagen Ja zur europäischen Integration. Wir wollen die Zukunft Europas sozial gestalten."

Hier werden Illusionen sichtbar. Und das vor dem Hintergrund des Zerfallens der Europäischen Union.

"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat bereits verloren."

Am Beispiel Griechenlands - und nicht nur da - wird deutlich, wie brutal das Kapital gegen die Interessen der arbeitenden Menschen vorgeht. Rigorose Lohn- und Rentenkürzungen gehen einher mit einem enormen Sozialabbau, dem breite Schichten der Bevölkerung, allen voran die Arbeiterklasse, ausgesetzt sind. Und dagegen wehren sich viele mit den Mitteln des Streiks. Der Kampf hat noch nicht seinen Höhepunkt erreicht und wird sich noch zuspitzen.

"Gegen ein Europa der Monopole"

Auch in Deutschland werden die Krisenlasten unvermindert auf die Arbeiterklasse abgewälzt. Denken wir nur an die vielen "Reformen", die in den letzten Jahren von der Bundesregierung im Interesse des Kapitals durchgeführt worden sind. Auch hier hätten die Gewerkschaften entschiedener Widerstand leisten müssen, insbesondere bei der Rente mit 67.

Aber eine Gewerkschaftspolitik, die nach wie vor auf Sozialpartnerschaft setzt, ist zum Scheitern verurteilt und entwaffnet große Teile der Arbeiterklasse. Die DKP Brandenburg ist nicht gegen Reformen, die der Arbeiterklasse nützen. Sie ist gegen solche Reformen, die die Lage der Arbeiterklasse weiter verschlechtern. Kein Lohnverzicht hat je einen Arbeitsplatz sicherer gemacht, geschweige denn ihn erhalten. Im Kapitalismus ist der Profit das Maß aller Dinge.

Es ist eben ein Unterschied, ob im Zusammenhang mit dem 1. Mai vom "Tag der Arbeit" oder vom "Kampftag der Arbeiterklasse" gesprochen wird. In dem Maße, in dem das "Sozialpartnerschaftliche Bewusstsein zurück gedrängt wird - in dem Maße wird sich der Klassenkampf weiter entwickeln.

Im Kampf gegen das Kapital ist die Solidarität der Beschäftigten eine wirksame Waffe. Es ist eine Illusion zu meinen, mit dem Kapital gleichberechtigt in einem Boot zu sitzen. Es sind die arbeitenden Menschen, die nach wie vor rudern müssen, um die Profite zu sichern. Sie tragen alle Risiken und nicht die Unternehmer. Das macht die Situation bei Schlecker deutlich - und nicht nur dort.

"DKP Brandenburg solidarisch mit den Beschäftigten bei Schlecker"

Aber nicht nur dort ist Solidarität gefordert. Die Gewerkschaften haben allen Grund zur Solidarität mit den durch die Agenda 2010 betroffenen Kollegen. Sie haben allen Grund zur Solidarität mit mittellosen ausländischen Mitbürgern, die durch Faschisten und durch Abschiebepraktiken der Behörden verfolgt werden.

Sie haben keinen Grund zur Solidarität mit den durch Steuergeschenke und durch zunehmende Ausbeutung immer reicher Werdenden in dieser Gesellschaft.

Sie haben keinen Grund zur Solidarität mit dem (laut Karl Marx) geschäftsführenden Ausschuss des Kapitals, der Bundesregierung und den sogenannten Volksvertretern.

Die der Profitmaximierung verpflichteten Unternehmen und politischen Parteien sind keine "Sozialpartner", sondern Gegner der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften.

Gewerkschaften müssen dem Konzept des "Standort, Standort über alles!" öffentlich und praktisch entgegen treten. Die Standortlogik hat keinen Arbeitsplatz sicherer gemacht oder erhalten. Sie hat im Gegenteil die Rechtsentwicklung gefördert.

Die DKP Brandenburg ruft alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich an den Mai-Kundgebungen des DGB und seiner Einzelgewerkschaften zu beteiligen. Nehmt die Gewerkschaften wieder in Eure Hände und kämpft! Es lebe der 1. Mai - internationaler Kampftag der Arbeiterklasse.

Lothar Nätebusch

Raute

Jubiläum

Im März jährte sich die Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten [VVN-BdA] zum fünfundsechzigsten Mal. Den Gründungstag zu feiern, gab es durchaus Anlass, wenngleich es zum Nachdenken führen muss, dass eine Organisation, deren Leitmotiv vom Schwur der Buchenwalder Häftlinge bestimmt wird: "Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel." nach so langer Zeit noch immer ihre dringende Berechtigung hat. Am 15. März 1947‍ ‍trafen sich in Frankfurt am Main Delegierte zur ersten interzonalen Konferenz antifaschistischer Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus, um die VVN zu gründen. Konsens bestand darin, eine überparteiliche, überkonfessionelle Dachorganisation zu schaffen, die beim Aufbau eines neuen Deutschland die Interessen der Verfolgten des Naziregimes und ihre politischen Forderungen artikulieren und vertreten kann. Seit Juli 1946 waren in allen Besatzungszonen Landes-, Kreis- und Ortsverbände der VVN gebildet worden. Sie hatten sich die Aufgabe gestellt, über die Verbrechen des Faschismus aufzuklären, den Widerstand zu dokumentieren und zu würdigen. Getreu dem Buchenwaldschwur wollten sie sich am Aufbau beteiligen und mit allen antifaschistisch - demokratischen Kräften zusammenwirken, um ein demokratisches Deutschland zu schaffen. Die Entfernung aller Nazis aus dem öffentlichen Leben, die Bestrafung der NS-Verbrecher, die Entschädigung der Opfer und die interzonale Zusammenarbeit gehörten ebenfalls zu den Zielen. Das Vorhaben, eine gesamtdeutsche Organisation zu schaffen, scheiterte am Veto der westlichen Besatzungsmächte. In der sowjetischen Besatzungszone erfolgte die Bildung der VVN. Obgleich nicht zugelassen, arbeitete die VVN seit der interzonalen Konferenz vom März 1947 als gesamtdeutsche Vereinigung. Der Kalte Krieg bewirkte schließlich, dass die stetigen intensiven Bemühungen um die Einheit der VVN über Grenzen hinweg hintertrieben wurden. Nicht unwesentlich beeinflusste parteipolitisches Kalkül die Entwicklung. So fasste die SPD schon im Mai 1948 den Beschluss: "Die Mitgliedschaft in der VVN ist unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD." - Erst 2011 gelang es der Partei, diesen Beschluss aufzuheben. Gegen die VVN baute sich mit Verleumdungen und Diskreditierungen eine regelrechte Front auf. Der gesamtdeutsche Rat der VVN und einige Landesverbände in der BRD wurden mit der Unterstellung, sie seien kommunistische Tarnverbände, verboten. Ein Verbotsprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht platzte 1962 wegen der Nazivergangenheit des Senatspräsidenten. Politisch befand sich die VVN in der Isolation. Die Öffnung für nachfolgende Generationen durch Bildung des Bundes der Antifaschisten trug dazu bei, diese zu überwinden. In der DDR wurde die VVN 1953 auf Anordnung des Zentralkomitees der SED aufgelöst. Mit der Behauptung, das antifaschistische Vermächtnis sei erfüllt und es bedürfe einer solchen Organisation nicht mehr, wurden nie wirklich geklärte Probleme kaschiert. Die unter Anleitung und Kontrolle der SED geschaffenen Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer konnten nur partiell die VVN ersetzen. Auf dem Gebiet der DDR bildeten sich 1990 der Bund der Antifaschisten und der Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener. Mit der Vereinigung beider Organisationen waren Voraussetzungen geschaffen, Verkrustungen aufzubrechen und die Entsorgung des antifaschistischen Erbes der DDR zu verhindern. Schließlich gelang 2002 die Vereinigung der Antifaschisten aus Ost und West zur größten gesamtdeutschen antifaschistischen Organisation, der VVN-BdA. Überparteilich und überkonfessionell, wie vor fünfundsechzig Jahre gedacht, hält diese Organisation das Vermächtnis des antifaschistischen Widerstands lebendig und bewahrt es. Zugleich ist sie als respektierter gesellschaftlicher Faktor aktive, mobilisierende, generationsübergreifende Kraft im Kampf gegen jegliche Form des Neofaschismus.

Gerhard Hoffmann

Zum Weiterlesen:
Elke Reuter/Detlef Hansel: Das kurze Leben der VVN von 1947 bis 1953. Die Geschichte der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR. edition ost, Berlin 1997.

Hans Coppi/Nicole Warmbold (Hrsg.): 60 jahre Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Lesebuch zu Geschichte und Gegenwart der VVN. Eine Publikation der VVN-BdA, Berlin 2007.

Raute

Kommunismus (Teil VIII)

Jeder von uns ist in seinem Leben wohl Menschen begegnet, denen ihre Arbeit, ihr Beruf ein Bedürfnis ist, dessen Befriedigung ihnen Freude bereitet. Menschen, die gerne Nützliches vollbringen, Probleme lösen, dabei Leistungsfähigkeit vorweisen und bei alldem auch dann Glück empfinden, wenn es mit Belastungen verbunden ist. Manchem von uns war es vergönnt, dergleichen selbst zu erleben. Wichtig ist auch die Erfahrung, dass dergleichen weniger von Veranlagung oder Persönlichkeit des Einzelnen abhängt und mehr von den Zwecken der Arbeit und den Umständen, unter denen sie zu leisten ist. Gegenwärtig wurde die Arbeit immer häufiger zum Job, der von "Arbeitnehmern" erledigt wird, deren "eigentliches Leben" sich in der "Freizeit" abspielt. Welche Differenz zwischen Leben und Arbeit offenbart sich damit! Ganz Dumme führen inzwischen einen politischen Kampf für das "Recht auf Faulheit". Moderne Maschinenstürmer.

Dabei ist doch die Bedeutung der Arbeit für die Herausbildung des Menschen aus dem Tierreich wirklich keine Verschlusssache. Mit dem Finden, Weiterentwickeln und Nutzen von Arbeitsmitteln (Werkzeugen) entwickelte er sich selbst. Bekannt könnte durchaus jedermann auch sein, dass damit die Voraussetzungen für die gesellschaftlichen Arbeitsteilungen (z.B. Hirtenstämme - Ackerbau, Landwirtschaft - Handwerk, Produktion - Handel usw.) geschaffen wurden. Dieser gewaltige und andauernde Prozess der Arbeitsteilung ermöglichte einerseits die enorme Produktivität, die heute in vielen Wirtschaftsbereichen üblich ist. Sie ermöglichte aber auch die Trennung der arbeitenden Menschen von ihren Produktionsmitteln und ihren Arbeitsergebnissen. Sie ermöglichte die Teilung der Gesellschaft in wenige Leute, die über die meisten Produktionsmittel verfügen und Menschen, die diese Produktionsmittel "bedienen" dürfen und dafür Geld bekommen. Erstere wurden immer reicher, letztere mussten oft selbst um grundlegende soziale Existenzbedingungen kämpfen. So vollzog sich diese Entfremdung zwischen Mensch und Arbeit, die manche Köpfe so lebensfern macht, dass sie blind für die grundlegende Tatsache werden: Ohne menschliche Arbeit kein menschliches Dasein!

Es gehört zu den wesentlichen Zwecken der kommunistischen Gesellschaft, diese Entfremdung zwischen Mensch und Arbeit zu überwinden. Denn das ist die eigentliche Voraussetzung, um die heutige Produktivität weit zu übertreffen. Und zwar im Ergebnis allgemein viel höherer Kreativität, sodass dabei auch weitere Zerstörungen an Menschen, Gesellschaft und Natur vermieden werden. Kommunismus als Zukunft ist nicht nur möglich, sondern für den Erhalt des menschlichen Daseins notwendig. Er wird mehr Lebensfreude bringen, auch weil dann Arbeit Freude machen wird!    H. St.

Raute

Soeben erschienen - der Registerband der "Roten Kalenderblätter"

Nachdem seit Ende des vergangenen Jahres die "Roten Kalenderblätter" nicht mehr erscheinen, stellte sich nicht nur für uns, sondern auch für unsere Leser die Frage nach einem zuverlässigen Wegweiser durch die Fülle der historischen Beiträge, die im Verlaufe von zwölf Jahren in den monatlich erscheinenden Heften veröffentlicht wurden. Das nunmehr vorliegende Register wird jedem Nutzer bei der inhaltlichen Erschließung der "Roten Kalenderblätter", die inzwischen auch in gebundenen Jahrgängen angefordert werden können, eine unentbehrliche Hilfe sein.

Den größten Umfang nimmt in dem 52 Seiten umfassenden Register die "Chronik der Ereignisse" aus der Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung ein. In mehr als 200 Beiträgen berichten unsere Autoren über Erfolge und Niederlagen der Arbeiterklasse in ihrem Ringen um eine friedliche und demokratische Welt, im Kampf um eine von Ausbeutung und Unterdrückung befreite Gesellschaft. Im Register finden wir den Zugang zu diesen für unsere wissenschaftliche und propagandistische Arbeit wichtigen Beiträgen - chronologisch geordnet in folgenden Abschnitten:

1.‍ ‍Von den Anfängen der Arbeiterbewegung, dem Bund der Kommunisten, bis zur Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands.

2.‍ ‍Von der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands im Dezember 1918 bis zur Vereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands im April 1946.

3.‍ ‍Von der Gründung der SED bis zum Sonderparteitag der PDS im Dezember 1989.

4.‍ ‍Nach dem Sieg der Konterrevolution in Deutschland.

Bei den einzelnen Beiträgen handelt es sich sowohl um historische Abhandlungen als auch um Zeitzeugenberichte von Genossen, die vor allem über ihren Beitrag zum Aufbau des Sozialismus in der DDR und der Verteidigung seiner Errungenschaften Auskunft erteilen.

Auf den folgenden neun Seiten informiert das Register über etwa 150 biografische Skizzen von Männern und Frauen, die sich im Kampf der Arbeiterklasse um den gesellschaftlichen Fortschritt besondere Verdienste erworben haben.

Wir erfahren in diesen Beiträgen wie August Bebel, Wilhelm Liebknecht und ihre Kampfgefährten die Eisenacher Partei gegründet, die Pariser Kommune verteidigt und das Bismarcksche Sozialistengesetz zu Fall gebracht haben, wie in den Reihen der revolutionären deutschen Sozialdemokratie die Lehren von Marx und Engels mehr und mehr zur Grundlage ihres politischen Handelns wurden.

Die biografischen Skizzen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und ihrer Mitstreiter berichten von Auseinandersetzungen mit dem Opportunismus und Revisionismus rechter sozialdemokratischer Partei- und Gewerkschaftsführer, den antimilitaristischen Kampf vor und während des ersten Weltkrieges sowie über die Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands im Feuer der Novemberrevolution von 1918.

Die biografischen Skizzen von Ernst Thälmann und Clara Zetkin wie auch die anderer Mitglieder der KPD zeugen von den Klassenkämpfen der jungen Partei in der Weimarer Republik, ihrer Entwicklung zu einer revolutionären Massenpartei entsprechend den Lehren des Marxismus-Leninismus. Sie zeugen vom heroischen Widerstand der Kommunisten im Kampf gegen Faschismus und Krieg, ihrem unermüdlichen Ringen um die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse.

Die Vereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wird zu einem Höhepunkt in der Biografie solcher Genossen wie Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, Walter Ulbricht und Max Reimann, der vielen um die Einheit der Arbeiterbeiterklasse kämpfenden Kommunisten und Sozialdemokraten. Ihre Lebenswege berichten von der Gründung der DDR, dem ersten Arbeiter- und Bauernstaat in der Geschichte unseres Volkes und vom Aufbau des Sozialismus in der DDR. Sie berichten vom Kampf der Genossen in der KPD und der DKP gegen die Restauration und die militärische Wiederaufrüstung in der BRD.

Auf 10 Seiten gibt unser Register in einem dritten Abschnitt Hinweise auf Bücher und Broschüren, Reden und Aufsätze, die in den "Roten Kalenderblättern" besprochen wurden. Den meisten Raum nehmen in dieser Rubrik die Arbeiten von Marx, Engels und Lenin ein. Wer sich über ein Werk unserer Klassiker informieren möchte, wird im Register den Hinweis auf einen entsprechenden Beitrag in den "Roten Kalenderblättern" finden. Es folgen in chronologischer Reihenfolge Hinweise auf Publikationen, die in den einzelnen Entwicklungsetappen der Arbeiterbewegung erschienen sind. Ihren theoretischen Reichtum gilt es zu bewahren und für die Lösung aktueller Aufgaben zu nutzen. Das nunmehr vorliegende Register wird uns dabei mit seinen Hinweisen auf die entsprechende Literatur eine große Hilfe sein.

Nach dem Sieg der Konterrevolution rüsten wir uns auf einen neuen Anlauf in unserem Kampf um eine Welt des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus. Dabei werden uns die Erfahrungen der revolutionären Arbeiterbewegung ein unentbehrlicher Ratgeber sein. "Die großen Schlachten der Geschichte konnten nur deshalb ausgetragen und die großen Aufgaben der Revolutionen nur deshalb gelöst werden, weil die fortgeschrittenen Klassen zu wiederholten Malen vorgestoßen sind, um die Erfahrungen der Niederlagen reicher geworden, den Sieg errangen. Geschlagene Armeen lernen gut," riet Lenin den russischen Arbeitern vor mehr als einem Jahrhundert. Wir sollten uns seinen Ratschlag zu eigen machen.

Prof. Dr. Erich Kundel


Auszug:
Die DKP als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse ist hervorgegangen aus dem Kampf der deutschen Arbeiterbewegung gegen kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Militarismus und Krieg. Sie steht in der Tradition der revolutionären deutschen Sozialdemokratie und der Kommunistischen Partei Deutschlands. In ihr lebt das Erbe des antifaschistischen Widerstands und des Ringens um einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus. In der heutigen DKP vereinigen sich die Erfahrungen des Kampfes gegen die Spaltung Deutschlands und gegen die Remilitarisierung, des Aufbegehrens der 68er Bewegung und der Klassenkämpfe in der Alt-Bundesrepublik mit den Erfahrungen des Aufbaus einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung und des Sozialismus in der DDR. Fundament und politischer Kompass der Politik der DKP sind die von Marx, Engels und Lenin begründeten und von anderen Marxistinnen und Marxisten weitergeführten Erkenntnisse des wissenschaftlichen Sozialismus, der materialistischen Dialektik, des historischen Materialismus und der Politischen Ökonomie. Die DKP wendet diese Lehren des Marxismus auf die Bedingungen des Klassenkampfes in unserer Zeit an und trägt zu ihrer Weiterentwicklung bei.

Aus dem Parteiprogramm der DKP vom April 2006

Raute

Brandenburger Nachrichten in Rot

Brandenburg kein Ziel für Zuwanderer

(Potsdam) Ab Mai 2011 galt für Polnische Staatsbürger die volle Freizügigkeit als EU-Bürger in Deutschland (sieben Jahre nach dem Beitritt Polens zur EU). Das Szenario einer Arbeitskräfteschwemme wurde gespenstisch an die Wand gemalt. Eine Brandenburger Studie zeigt, dass das mitnichten so ist. Bis Januar nahm die Anzahl der in Brandenburg beschäftigten Osteuropäer laut einer Studie um gerade einmal 850 Personen zu. Zwar hätten 30 Prozent der Unternehmen ihr Interesse bekräftigt, Menschen aus Osteuropa unter Vertrag zu nehmen. Nur vier Prozent der Firmen hätten aber auch tatsächlich Leute eingestellt. Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte machen einen Bogen um Brandenburg. Polen selbst boomt und westdeutsche Länder mit einem höheren Lohnniveau sind wesentlich beliebtere Ziele für Osteuropäer. Polen, Tschechen oder Ungarn würden meist in gering qualifizierten Berufen etwa auf dem Bau arbeiten und seien teils unzumutbaren Bedingungen ausgesetzt. Für Aufsehen hatte ein Fall gesorgt, in dem ungarische Arbeiter auf der Flughafen-Baustelle in Schönefeld um ihren Lohn geprellt worden waren.


Stellenabbau beim Waldbrandschutz

(Potsdam) Wie bereits an dieser Stelle berichtet, führt die Brandenburger Forstreform zu massiven Stellenabbau. Die betrifft auch den sensiblen Bereich des Waldbrandschutzes. Brandenburgs 1,1 Millionen Hektar Wald wurden in größere Verwaltungsgebiete eingeteilt und damit anderen Brandgefahrenklassen zugeordnet. "2011 waren insgesamt 500 Mitarbeiter für die Waldbrandüberwachung zuständig, jetzt sind es nur noch 250", sagt Raimund Engel, Waldbrandschutz-Beauftragter des Landesforstbetriebes. "Gute Vorbereitung ist da das A und O. Bei einer Haushaltskonsolidierung fragt man nicht, wie das Wetter ist." "Umso weniger Personal wir haben, desto wichtiger ist eine gute Vorbereitung auf Wetterextreme." So nehmen laut Engel Zeiten von Trockenheit zu: "Im Spätherbst vergangenen Jahres hat es sechs Wochen lang nicht geregnet, der Frühling war sehr trocken - das wäre im Hochsommer fatal gewesen." Doch auch mit Blick auf die extremen Sommer in den Jahren 2003 und 2006‍ ‍bleibt Engel dabei: Die Waldbrandgefahr habe sich generell nicht erhöht.


Bekenntnis zur Waldschule

(Rathenow) Im Zuge der zum Jahreswechsel umgesetzten Forstreform wurde auch die Waldschule Grünaue zumindest vorübergehend dicht gemacht. Die Schließung der waldpädagogischen Einrichtung war ein sichtbares Zeichen dafür, dass mit der Reform auch tatsächlich Kürzungen und Streichungen verbunden waren. Die Planstelle, die es vorher für den durchgehenden Betrieb der Waldschule gab, fiel einfach weg.

Schon damals beteuerten die Verantwortlichen in der Forstverwaltung, dass sie unbedingt versuchen wollten, die Waldschule - wenn auch in kleinerem Umfang - wieder mit Leben zu erfüllen. Dafür gibt es mittlerweile konkrete Planungen. Das Gelände soll erhalten werden und punktuell bekannte Veranstaltungen weiter geführt werden. Doch vor der Forstreform stand die Waldschule auch in der Woche für Schulklassen oder Kitagruppen offen. In dieser Intensität wird das künftig definitiv nicht möglich sein. Es gibt aber erste Überlegungen, mit dem Einsatz ehrenamtlicher Helfer und Mitarbeitern der Forstverwaltung die Waldschule wenigstens an einigen Tagen öffnen zu können. Was soll auch pädagogisch erfahrene und wertvolle Arbeit im Wald, wo man doch alles am Computer oder im Fernsehen viel preiswerter "vermitteln" kann.


Land ohne Kreise

(Potsdam) Brandenburg hat 14 Landkreise. Als kürzlich die SPD auf einer Konferenz über Brandenburgs künftige Verwaltungsstruktur diskutierte, plädierte eine Mehrheit der Kommunalpolitiker für eine Reduzierung der Zahl auf maximal "sechs bis acht".

Dem SPD-Fraktionschef im Landtag, Ralf Holzschuher, geht das nicht weit genug. Er bringt mit einem eigenen Vorschlag erstmals die generelle Abschaffung der Landkreis-Ebene in Brandenburg ins Spiel. "In einem verhältnismäßig kleinen Land wie Brandenburg halte ich einen solchen Weg ganz grundsätzlich für möglich", sagte Holzschuher in einem MAZ-Gespräch.

Entscheidend sei heute für den einzelnen Bürger nicht mehr die örtliche Nähe zur Verwaltung. Wichtiger sei, dass die Aufgabe dort in guter Qualität erledigt werde, sagte Holzschuher. Überdies laufe heute vieles über das Internet, auch wenn man da erst am Anfang stünde.

Eigentlich könnte man ja auch die Arbeit der Landtagsabgeordneten durch einen Computer erledigen lassen (formelle Zustimmung zu allen eigenen Vorlagen, Ablehnung die der Opposition). Ob Herr Holzschuher damit einverstanden ist?

Raute

Interview mit unseren Genossen Doris und Bernd Sommer aus der GO Teltow-Fläming

RB: Wie wurdet ihr politisiert?

Bernd: Meine beiden Großväter waren Kommunisten und meine Mutter war Antifaschistin. Da ich quasi im Krieg in Berlin aufgewachsen bin (ich bin 1938 geboren), gab es viele prägende Erlebnisse. Eines der wichtigsten war, als ich mit sechs Jahren den Abtransport meiner Lehrerin ansehen musste, die mich und andere trotz Berufsverbot unterrichtet hatte. In der Schule habe ich dann schon als Kind vieles, das von "oben" kam, in Frage gestellt.

Noch zu meinen Schulzeiten erlebte ich mit dem 17. Juni 1953 den ersten Versuch, die DDR kaputt zu machen. Am folgenden Dienstag wurden wir, westberliner Jugendliche, mit Bussen zum Rathaus Schöneberg gefahren, um die Trauergemeinschaft für die 17 Westberliner ("Freiheitskämpfer") zu stellen, die in der DDR zu Tode gekommen waren. Es stellte niemand die Frage, was die dort zu suchen hatten.

1953‍ ‍war auch das Jahr, in dem ich anfing, die Originalwerke von Marx zu studieren und nicht nur Bücher über ihn zu lesen.

Doris: Meine Kindheit war dadurch geprägt, dass meine Mutter nach dem Tod meines Vaters im Krieg schnell wieder arbeiten musste, um mich und meine beiden Geschwister zu ernähren. Mein Bruder war in der Gewerkschaft und so war auch für mich dieser Schritt selbstverständlich. Allerdings war ich selbst 1961 noch so unpolitisch, dass ich gegen die Grenzziehung der DDR gewettert habe - vor allem, weil es meinen Arbeitsweg verlängert hat.

1963‍ ‍haben Bernd und ich uns kennen gelernt. Durch den Vietnamkrieg und unsere Diskussionen wurde ich aufgerüttelt.

RB: Da ihr in Westberlin gewohnt habt, wurdet ihr Mitglied bei der SEW. Wie seid ihr zur Partei gekommen und wie ging eure Entwicklung anschließend weiter?

Bernd: Durch Ereignisse in unserem Umfeld, die Zeit der Notstandsgesetze und Berufsverbote und jahrelange politische Diskussionen miteinander haben wir festgestellt, dass wir alleine nichts gegen das System ausrichten können. Wir brauchen Gleichgesinnte, um mit ihnen gemeinsam zu kämpfen. Nachdem ich 1 ½ Jahre "getestet" wurde, wurde ich im Januar 1967 endlich in die SEW aufgenommen.

Doris: Wir haben gleich 1967 an einer Delegiertenkonferenz der SEW teilgenommen, durch die Bernd ins Fernsehen kam. Meine Familie hat das nicht gut aufgenommen, vor allem da meinem Bruder der Weg in den Senat nun versperrt war. Trotzdem waren wir weiter aktiv. 1968 waren wir (ich zu dem Zeitpunkt hochschwanger) mitten in der Demonstration, auf der Rudi Dutschke erschossen wurde. Wir waren eingekesselt, als die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas vorrückte. Ich konnte mich nur knapp in einen Hausflur flüchten, den die Anwohner für uns öffneten.

Ein Jahr später bin ich wegen Arbeitsstellenmangel in der Schneiderei durch eine Genossin zur Deutschen Reichsbahn gekommen.

Bernd: Ich war seit 1965 sehr aktiv in der Gewerkschaft und habe unter anderem mehrere Arbeitsprozesse geführt. Das führte zu meinem Berufsverbot 1973. Durch die SEW wurde mir schnell ein einjähriges Studium in Moskau ermöglicht, bei dem ich sehr viel dazu lernte. Ich war anschließend bis 1976 hauptamtlich in der Partei tätig, bevor ich als Bahnpolizist, wie Doris auch, zur Deutschen Reichsbahn kam.

Doris: Im Jahr 2002 sind wir aus Berlin nach Lynow gezogen und hier in der GO und anderen Gruppen aktiv.

RB: Welche Botschaft möchtet ihr unseren Lesern auf den Weg geben?

Doris: Wir dürfen nicht aufgeben, auch wenn wir mit der Zerschlagung der DDR einen Schritt zurück mussten. Der Kapitalismus ist nicht das alleinige System und bleibt nicht ewig - auch die Sklavenhaltergesellschaft wurde letztendlich abgelöst. Wir müssen zusammen stehen und kämpfen.

Bernd: Lasst euch nicht einlullen von den herrschenden Politikern. Seht ihnen nicht nur auf den Mund, sondern auf das, was sie tun. Es ist immer noch so: "Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus." Wäre es nicht so, würden die Herrschenden nicht so hetzen.

Jana Berg

Raute

Ein Bundespräsident für alle?

Wöchentlich finden in der Stadt Brandenburg/Havel Montagsdemos statt. Wir dokumentieren einen Redebeitrag unserer Genossin Sabine.

Am 17. Februar trat Bundespräsident Christian Wulff nach nur 20monatiger Amtszeit zurück. Dadurch ist die vorzeitige Wahl seines Nachfolgers erforderlich geworden.

Am 19. Februar einigten sich die Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP sowie die Oppositionsparteien SPD und Bündnis 90/Grüne auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt: Joachim Gauck (72, evangelischer Theologe, parteilos, aber parteiisch). Am 18. März wird die Bundesversammlung den Bundespräsidenten wählen. Es wird mit höchster Wahrscheinlichkeit Joachim Gauck sein.

Die Vertreter der bürgerlichen Parteien CDU, CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Grüne sehen in Gauck u.a. den "wahren Demokratielehrer" (O-Ton Merkel), der nun wichtige Impulse für die Globalisierung, Schuldenkrise und mehr Demokratie geben könne. - Sie sehen also die Chance, dass er dazu beiträgt, die wirtschaftliche Dominanz Deutschlands in Europa und der restlichen Welt weiter zu stärken. Sie sehen also die Chance, dass er dazu beiträgt, den Banken noch mehr Geld in die Kassen zu spülen. Sie sehen also die Chance, dass er dazu beiträgt, uns Bürgern noch mehr Sand in die Augen zu streuen.

Gauck will uns Bürgern vermitteln, "dass" wir "in einem guten Land leben, dass" wir "lieben können". Er will uns unser Vertrauen in unsere eigenen Kräfte zur Bewältigung der Krise zurückgeben. Er will diejenigen stärken, die auf allen Ebenen des Landes Verantwortung übernehmen. - Gauck will, dass wir Bürger den Kapitalismus mit seiner sozialen Ungerechtigkeit, seiner Umweltzerstörung, seinen Kriegen lieben. Er will, dass wir Bürger den Staat nicht in Anspruch nehmen, wenn wir in Not geraten sind. Er will, dass wir Bürger dem Staat möglichst viele Aufgaben und damit Kosten abnehmen.

Gauck ist mit der Agenda 2010 und damit auch mit Hartz IV sehr einverstanden. Für uns Betroffene und unsere Proteste zeigt er stets nur Verachtung. - Kann einer, der soziale Gerechtigkeit nur aus dieser Perspektive sieht, ein Bundespräsident FÜR ALLE sein? - NEIN!

Gauck kritisiert fortschrittliche Bewegungen bzw. Bürgerproteste. Die staatenübergreifende Occupy-Bewegung, die sich gegen die Macht der Banken richtet, hält er für lächerlich. Er greift auch die Proteste gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21", die Proteste gegen die über das notwendige Maß hinaus gehende Datenspeicherung und die Proteste gegen ACTA verbal an. Und er hält die Entscheidung zur Begrenzung der Laufzeit von Atomkraftwerken für gefühlsduselig. - Kann einer, der gesellschaftliches Engagement nur dann befürwortet, wenn es der von den Herrschenden vorgegebenen Meinung und dem Diktat der Märkte dient, ein Bundespräsident FÜR ALLE sein? - NEIN!

Gauck kann Fremdenfeindlichkeit verstehen und hat Probleme mit der polnischen Westgrenze. Er befürwortet den Afghanistankrieg. - Kann einer, der sich so zu unseren ausländischen Mitbürgern, zu unseren nächsten Nachbarn und zu Krieg positioniert, ein Bundespräsident FÜR ALLE sein? - NEIN!

Gauck gibt sich deutschnational und steht rechts von der CDU. Er hat seit Jahren Kontakt zur rechten Szene! - Kann einer, der so weit rechts steht, ein Bundespräsident FÜR ALLE sein? - NEIN!

Wir wollen:
- soziale Gerechtigkeit,
- tatsächlich praktizierte Demokratie,
- Solidarität,
- Freundschaft zwischen allen Völkern,
- Frieden,
- Antifaschismus und
- einen Bundespräsidenten, der wirklich ein
  Bundespräsident FÜR ALLE ist!

Raute

Der rote Bücherwurm empfiehlt

Bildung Pädagogik Gesellschaft

Im November 2010 endete eine Veranstaltungsreihe, die unter dem Namen Berlin-Brandenburger Forum "Schule, Pädagogik, Gesellschaft" Geschichte geschrieben hat. Seit Juni 1991 waren hier Monat um Monat Pädagoginnen und Pädagogen unterschiedlicher erziehungswissenschaftlicher und berufspraktischer Provenienz zusammengekommen, um in freiem Gedankenaustausch Fragen von Erziehung, Schule und Pädagogik in Vergangenheit und Gegenwart kritisch zu reflektieren und über vernünftige Wege aus der Bildungskrise nach der "Wende" zu beraten. Entstanden aus der Not der Situation, in die Schule und Erziehungswissenschaften nach dem Ende der DDR geraten waren, sowie aus dem Bedürfnis nach Selbstbesinnung und -befragung, entwickelte sich alsbald eine spezifische Form wissenschaftlicher Kommunikation und Kultur. Es entstand eine Kolloquiumsreihe, die zu vielen Fragen und Widersprüchen des nach 1990 etablierten Bildungswesens durchaus etwas zu sagen hatte, nicht zuletzt wegen ihres Beharrens auf Problemen, die in den herrschenden Diskursen über Schule und Pädagogik kaum noch Beachtung fanden.

201‍ ‍Kolloquien, das bedeutete 201mal Nachdenken über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Bildungspolitik, Erziehung, Bildung und Pädagogik in Deutschland. Zahlreiche der erörterten Themen haben ihre Relevanz keineswegs verloren, zum einen, weil sie kritisch-konstruktiv zur Aufarbeitung des Bildungsund Erziehungssystems der DDR beizutragen vermochten, zum anderen, weil sie aus der Erfahrung zweier Systeme pädagogisches Wissen in gegenwärtige Diskurse über notwendige Bildungsreformen in Deutschland einzubringen versuchten. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich die Idee, im Nachhinein zumindest einige aus dem breiten Spektrum der Diskussionsthemen erneut aufzugreifen, aus heutiger, möglicherweise weiterentwickelter Sicht darzustellen und in einem Sammelband zu veröffentlichen.

Bildung Pädagogik Gesellschaft
gestern - heute - morgen
Horst Weiß / Günter Wilms (Hrsg.),
360‍ ‍Seiten ISBN 978-3-89819-369-6

Raute

Kamerad, Freund, Genosse und Spanienkämpfer

Ein kleiner Nachruf auf unseren Fritz Teppich (26. November 1918 - 25. Februar 2012), unter dem Schutz- und Kampfnamen Alfredo Teppich Salutregui Tementes (Oberstleutnant) der regulären spanischen Armee während des Bürgerkrieges.

Wir meinen, dass man Fritz Teppich am ehesten gerecht wird, wenn er selbst zu Wort kommt. Fritz als fühlender und denkender Mensch über das Ende der spanischen Republik:

"Als wir gemeinsam aus der Stabsbaracke hinaustraten, sahen wir uns einer aufgeregten brodelnden Menge Uniformierter gegenüber. Sie standen in einiger Entfernung rund um unsere drei großen Studebaker. Kein Durchgang zu den Autotüren. Was empfand ich? Angst etwa? Ich hab's verdrängt, vergessen. Gegenwärtig ist mir lediglich, wie plötzlich das Menschendickicht aufriß, Leute zu uns stürmten, sich uns Hände entgegenstreckten, wir wurden umarmt, Tränen flossen, Zurufe, nicht den Mut zu verlieren, und immer wieder 'Viva la Republica', letzte Hochrufe auf die allem Schweren zum Trotz geliebte Republik. Es war eine Verbrüderung ohnegleichen, unvergeßlich, Belohnung für das Erlittene, in tiefstem Elend glücklichste Minuten in meinem Leben. Ewig begleitet mich seitdem Erich Weinerts Vers: 'Nie wird Dich vergessen Schöne, der für Deine Freiheit stritt...'"

Und die Schöne hat die Kämpfer für ihre Freiheit ebenso bis heute nicht vergessen.

So wurde Fritz für das Jahr 2012 die Ehre zuteil, zum 75. Jahrestag der Bombadierung von Gernika, für den Premio Gernika de la Paz y Reconconciliaciona (den Friedens- und Versöhnungspreis von Gernika) vorgeschlagen worden zu sein.

Herbert Driebe

Für die Norbert-Fiebelkorn-Stiftung und den Fritz-Teppich-Verein zur Sammlung antifaschistischer Biografien



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Redaktionsschluss für Nr. 5/2012: 10. April 2012

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Quelle:
Roter Brandenburger 4/2012, 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2012