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VORWÄRTS/1042: Neues Internetmagazin für die Schweizer Linke


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 31/32 vom 19. Sept. 2014

Neues Internetmagazin für die Schweizer Linke

Von David Hunziker



Ende September geht das Portal theoriekritik.ch online. Das neu geschaffene Web-Magazin setzt sich zum Ziel, linke Theorie mit hohem Qualitätsanspruch und aktuell zu diskutieren. Auch versuchen wir, linke Diskurse zu einen und ihnen dadurch mehr Relevanz zu verleihen.


Die Idee, eine neue linke Theorie-Plattform ins Leben zu rufen, stösst bisher rundherum auf grossen Zuspruch: Zahlreiche potentielle AutorInnen haben ihre Mitarbeit zugesichert und auch aufseiten der potentiellen Leserschaft scheint theoriekritik.ch einen Nerv zu treffen. Diesem Zuspruch kann das Portal nur dann gerecht werden, wenn es die zuvor gemachten Versprechen einlösen kann. Theoriekritik.ch stellt sich der anspruchsvollen Aufgabe, sich keiner bestimmten politischen Position zu verschreiben, um sich von da aus in Grabenkämpfe zu verstricken, und dennoch mit relevanten theoretischen Eingriffen in Erscheinung zu treten.

Zur Theoriearbeit im linken Kontext der Schweiz machen wir folgende zwei Beobachtungen: Zum einen besteht eine durch die kapitalistischen Verhältnisse strukturell bedingte und in den Individuen psychologisch verankerte Theorieferne bis -feindlichkeit. Diese führt zu einem theoretischen Informationsdefizit. Zum andern passt sich auch die linke Theoriearbeit unter dem Vorwand der allgemeinen Vermittelbarkeit den durch die Massenmedien bestimmten Rezeptionsstandards an und wird demgemäss auf ein bestimmtes Zielpublikum zugeschnitten. Der Zweck linker Theoriearbeit, eine universelle Theorie der menschlichen Emanzipation zu verwirklichen, wird dadurch korrumpiert.


Gegen die Nischenbildung

Die Folge dieser Situation ist der starke Hang linker Theorie zur Partikularität und Nischenbildung. Die besten Beispiele solcher Nischen sind das universitäre ExpertInnentum sowie politisch-aktivistische Kreise. Die Gesetzmässigkeiten der jeweiligen Nische lassen der Frage, wem ihre theoretischen Erzeugnisse denn dienen sollen, oft wenig Raum. Die wichtigste dieser Gesetzmässigkeiten ist die Selbsterhaltung der eigenen. Nische: Universitäre ExpertInnen versuchen als solche im Gespräch zu bleiben, aktivistische Grüppchen versuchen ihren Mitgliedernachschub zu sichern. Sichtbare Zeugen davon sind überspezifizierte Fachzeitschriften im universitären Rahmen sowie kleine und kleinste Zeitschriften im politischen Feld, die sich voneinander abgrenzen und aufeinander kaum Bezug nehmen. Die erbitterte Verteidigung dieser bedeutungslosen Randpositionen scheint jedoch keine attraktive Aussicht zu sein.

Die Zielsetzungen von theoriekritik.ch sollen dieser Situation entgegenwirken. In der Tendenz sollen unsere Texte - Rezensionen, Kommentare und Essays - also Kontinuitäten herstellen und eine universelle Perspektive entwickeln, statt die in der Linken vorherrschende Abgrenzung zu fördern. Diese Kontinuität kann, historisch gesehen, sowohl horizontal als auch vertikal stattfinden: also indem neue Texte in aktuelle Diskurse eingebettet werden oder indem die historischen Wurzeln einer Debatte erkundet werden. Besonders letzteres ist für eine linke Theorie, die aktuelle Relevanz für sich beansprucht, unabdingbar.

Theoriekritik.ch macht es sich daher zur Aufgabe, bereits erreichte Differenzierungen linker Diskurse zu erhalten und weiterzuentwickeln. Denn die Linke muss ihre enorm heterogene Theoriegeschichte - mit all den erfolgreichen und gescheiterten Erfahrungen und Folgen - im Prinzip stets mitbedenken und aufheben. Oder anders gesagt: Eine Linke, die sich ihre Theorie- und Politikgeschichte nicht immer wieder neu aneignet, kann weder schleichende gesellschaftliche Verfallsprozesse noch sprunghafte historische Veränderungen kritisch einschätzen.

Damit unsere Vision umgesetzt werden kann, sind wir auf vielseitige Mitarbeit angewiesen. Vorschläge für Rezensionen neuerer Bücher und Zeitschriften oder für Kommentare zu laufenden Debatten und längere Essays nimmt die Redaktion jederzeit gern entgegen. Theoriekritik.ch begleitet nach Absprache auch Tagungen oder Kongresse. Es besteht die Möglichkeit, vor- oder nachbearbeitende Texte auf dem Portal zu verbreiten.

Kontakt:
redaktion@theoriekritik.ch.

Alle weiteren Infos demnächst auf:
www.theoriekritik.ch

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 31/32 - 70. Jahrgang - 19. Sept. 2014, S. 6
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
Redaktion: Vorwärts, Postfach 2469, 8026 Zürich
Telefon: 0041-(0)44/241 66 77,
E-Mail: redaktion@vorwaerts.ch
Internet: www.vorwaerts.ch
 
vorwärts erscheint 14-täglich,
Einzelnummer: Fr. 4.-
Jahresabo: Fr. 160.-, reduziert (AHV, Stud.) 110.-
Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2014