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VORWÄRTS/1352: Kuba nach dem Hurrikan


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 01/02 vom 18. Januar 2018

Kuba nach dem Hurrikan

von René Lechleiter und Susanne Schreiber


Drei Monate nachdem der Hurrikan Irma über die Antilleninseln gezogen ist, zeigen sich die Städte Kubas weitestgehend von sichtbaren Schäden befreit. Unter anderem weil sich Bevölkerung an den Aufräumarbeiten beteiligte.


Es ist fast unglaublich und erstaunlich zugleich: Nach dem verheerendsten Hurrikan, der je über die Antilleninseln hinweggezogen ist, und die Welt all diese schlimmen Bilder der Zerstörungen hat sehen können, zeitigt ein persönlicher Augenschein auf der grössten Insel, Kuba, ein überraschendes Bild. Knappe drei Monate sind seit den Tagen vergangen, an denen "Irma" über fast die ganze Nordküste hinweggezogen ist, doch bereits jetzt zeigen sich die Städte weitestgehend von allen sichtbaren Schäden befreit! Eine ungeheure Anzahl Tonnen Abfallmaterial musste beseitigt und unzählige Infrastruktureinrichtungen (Spitäler, Schulen, Brücken, Hotelanlagen etc.) wiederhergestellt werden. Auf den ersten Blick präsentiert sich beispielsweise die Hauptstadt Havanna besser herausgeputzt als zur Zeit des Papstbesuches.

Dies in absoluter Rekordzeit zu bewerkstelligen war nur möglich, weil sich grosse Teile der Bevölkerung an den Aufräumarbeiten beteiligt haben. Ausserdem bewährten sich erneut die Zivilschutzmassnahmen, die nicht nur die Prävention vor und während eines Hurrikans beinhalten - mit dem Hauptziel, Leben zu schützen -, sondern auch dessen Nachbereitung, d.h. die möglichst rasche Wiederherstellung des normalen Lebens. Dies zeigt sich daran, dass innerhalb von nur vier Tagen die Elektrizitätsversorgung wieder hergestellt worden ist, was die Verlegung von Kilometern an Elektrokabel und die Aufrichtung von Strommasten erforderte. Allein in Havanna mussten die Dächer von 4000 Häusern neu gedeckt werden.


Zwei Millionen Betroffene

Andererseits gibt es Folgen, die sich nicht so rasch beheben lassen, wie die Wiederherstellung aller betroffenen Privathäuser, die Beseitigung der Feuchtigkeit in den überfluteten Unter- und Erdgeschossen, oder die Schäden in der Landwirtschaft. Das sind vor allem gefährdete oder verlorene Ernten, was bereits zu einer gewissen Verknappung in der Lebensmittelversorgung geführt hat respektive zu einer Preissteigerung bei den knapp gewordenen Produkten. Dies führt natürlich auch zu Klagen seitens jener Bevölkerungsteile, die mit tiefen Peso-Löhnen über die Runden kommen müssen. Zumal in den Tagen ohne Stromversorgung die in Tiefkühlabteilen gelagerten Vorräte auftauten oder verloren gingen.

Gemäss offiziellen Zahlen wurden rund zwei Millionen Personen direkt betroffen und etwa 160.000 Wohnhäuser vom Hurrikan "Irma" beschädigt oder ganz zerstört.

Kuba konnte in diesen schwierigen Wochen auf solidarische Hilfe seitens der Alba-Länder wie Venezuela, Bolivien und Ecuador zählen. Demgegenüber war bei den grossen Schweizer Hilfswerken (wie Glückskette, Solidar usw.) eine Soforthilfe zugunsten von Kuba kein Thema und es erfolgte auch kein Spendenaufruf. Andererseits zögerten die kleinen Solidaritätsorganisationen wie Medico International Schweiz, MediCuba und die Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC) keinen Augenblick, jetzt erst recht einen Beitrag zu leisten für die Beseitigung der Schäden und den Wiederaufbau im Land.

Erfreulicherweise hat sich nun indiese dringend notwendige Bewegung für den Wiederaufbau auch die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (Deza) eingeschaltet. Gemäss einem Komuniqué stellt die Schweizerische Eidgenossenschaft insgesamt 3,6 Millionen Franken zu Verfügung, welche insbesondere für die Landwirtschaft respektive in der Nahrungsmittelversorgung für die kubanische Bevölkerung eingesetzt werden. Diese Ankündigung von anfangs Dezember fand in Kuba eine grosse Verbreitung in der Presse. Während die Schweiz sonst meistens wegen ihrer Banken und immer neuen Fluchtgeldskandalen in die Schlagzeilen gerät, konnte für einmal eine positive Meldung erfolgen.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 01/02 - 74. Jahrgang - 18. Januar 2018, S. 7
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2018

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