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INTERNATIONAL/009: Malaysia - Maulkorb für Online-Medien, Protest von Journalisten und Opposition (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Februar 2011

Malaysia: Maulkorb für Online-Medien - Journalisten und Opposition protestieren

Von Baradan Kuppusamy


Kuala Lumpur, 4. Februar (IPS) - In Malaysia hat die Regierung Kontrollen für die Online-Medien angekündigt. Journalisten befürchten, dass sie damit ihren letzten Freiraum für eine kritische Berichterstattung verlieren.

Steven Gan, Gründer und Chefredakteur der Online-Publikation 'Malaysiakini', spricht von einem "letzten Nagel am Sarg der Meinungsfreiheit", die den Malaysiern in den letzten 16 Jahren geblieben ist. Seiner Meinung nach offenbart der Vorstoß der regierenden 13-Parteien-Allianz die Sorge, bei den kommenden Wahlen den Kürzeren zu ziehen. Ministerpräsident Najib Razak hatte kürzlich erklärt, dass sich der Urnengang in diesem Jahr für die Nationale Front als Schicksalsfrage herausstellen werde.

Im Gegensatz zu den Mainstream-Medien können Internet-Nachrichtenorganisationen frei und offensiv über die politischen Entwicklungen in dem ethnisch und religiös geteilten Land berichten. Dass sie sich auch nicht scheuen, Missstände zur Sprache zu bringen, hat ihnen in der Bevölkerung ein hohes Maß an Anerkennung verschafft.

Den Behörden zufolge gefährden die Online-Medien den "Frieden und die Harmonie" im Vielvölkerstaat. So ließ Justizminister Muhammed Nazri Aziz unlängst wissen, dass die nationale Sicherheit "definitiv" Vorrang vor dem Recht auf Veröffentlichung habe und Maßnahmen gegen Störungen von Seiten der Online-Medien rechtfertige.

Den neuen Plänen zufolge sollen für die Internet-Journalisten künftig die gleichen Regeln gelten wie für ihre Kollegen in den Mainstream-Medien. Sie müssten sich an das umstrittene Printmedien- und Veröffentlichungsgesetz (PPPA) halten, das etwa 'Falschmeldungen' mit einem Jahr Gefängnis ahndet.

Auch die Auflage, die die Mainstream-Medien jedes Jahr zur Verlängerung ihrer Betriebslizenz verpflichtet, sorgt dafür, dass sich Print- und Rundfunkjournalisten mit Kritik an der Regierung zurückhalten. Hinzu kommt, dass sich Kuala Lumpur mit Hilfe von Dritten Aktienanteile an verschiedenen Medien beschafft hat und somit Einfluss auf die Berichterstattung nehmen kann.

Regierungskritiker berufen sich auf eine 15-jährige Regelung, die Übergriffe auf das weltweite Web verbietet. Sie zielte ursprünglich darauf ab, ausländische Investitionen für die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien anzuziehen. Die Mitte Januar angekündigten Internet-Kontrollen zur angeblichen Vermeidung einer 'anti-nationalen Berichterstattung' wären ihrer Ansicht nach ein klarer Verstoß gegen die Übereinkunft.


Opposition mit Siegeschancen

Nach Ansicht politischer Beobachter hat die Volksallianz oder 'Pakatan Rakyat'-Koalition unter Führung von Anwar Ibrahim gute Chancen, die Nationale Front bei den allgemeinen Walen dieses Jahr zu besiegen. Bereits beim Urnengang 2008 hatte sie in fünf Bundesstaaten die Mehrheit errungen und erstmals nach 53 Jahren verhindert, dass die Regierungsallianz zwei Drittel der 222 Sitze im Zweikammerparlament besetzen konnte. Allerdings machen der Pakatan innerparteiliche Querelen zu schaffen. Dabei geht es auch um die Frage, welche Rolle der Islam nach einem möglichen Wahlsieg spielen soll.

Von den Informationen der Medien und ihrer Verbreitung wird abhängen, wem die Wähler ihre Stimme geben. Während die Nationale Front mit Schlagworten wie Frieden, Stabilität und Fortschritt wirbt, setzt die Pakatan Rakyat auf den Slogan 'Wandel für eine bessere Gesellschaft'. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2011