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INTERNATIONAL/084: Trinidad - Regierung fordert Gratis-Sendezeit, Medien fürchten um Pressefreiheit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. November 2012

Trinidad: Regierung fordert Gratis-Sendezeit - Medien fürchten um Pressefreiheit

von Peter Richards



Port of Spain, 15. November (IPS) - Vor fast drei Jahren ist die Regierungskoalition in Trinidad und Tobago mit dem Versprechen an die Macht gekommen, die Pressefreiheit zu garantieren. Nun hat sie sich mit der Forderung an die lokalen Radiosender, ihr gratis Sendezeit zur Verfügung zu stellen, die Kritik in- und ausländischer Medien zugezogen.

Die Lizenzvereinbarung zwischen den Radio- und Fernsehstationen und der staatlichen Telekommunikationsbehörde TATT räumt der Regierung 14 Sendestunden wöchentlich ein, um Angelegenheiten von öffentlichem Interesse bekanntzugeben. In der Vergangenheit hat Port of Spain von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht.

"Die Sendezeit, um die wir Radio- und Fernsehsender ersuchen, soll uns in die Lage versetzen, Informationen über die Aktivitäten und Strategien der verschiedenen Ministerien sowie die Verwendung der finanziellen Ressourcen bekannt zu machen", erläuterte Kommunikationsminister Jamal Mohammed.

Er wies den Vorwurf zurück, dass die aus vier Parteien bestehende Regierungskoalition vorhabe, kritische Medien abzustrafen, indem sie ihnen Werbeaufträge künftig vorenthalte. Ebenso wandte er sich gegen unbestätigte Berichte, wonach die staatliche Maßnahme den finanziellen Ruin der regierungskritischen Sender herbeiführen soll.

Der Minister betonte ferner, dass die "Pressefreiheit in Trinidad und Tobago wertgeschätzt und sehr hoch gehalten wird". Auf dem jährlichen Treffen des Internationalen Presseinstituts (IPI), das im Juni in dem Karibikstaat stattfand, habe die Premierministerin Kamla Persad Bissessar eine eindeutige Erklärung zugunsten der freien Medien im Lande abgegeben, erklärte er.


Regierung soll sich Sendezeit kaufen

IPI zufolge haben sich frühere Regierungen nie auf die Klausel berufen, die nur in Zeiten nationaler und lokaler Notlagen Anwendung finden sollte. "Im Wesentlichen muss hervorgehoben werden, dass private Medien nicht als Sprachrohr der Regierung fungieren sollten. Wenn sich die Regierung Gehör verschaffen will, steht es ihr frei, Sendezeit zu kaufen", heißt es in einer Erklärung des Instituts.

Für den Verband karibischer Medienarbeiter (ACM) ist die Kontroverse ein Zeichen dafür, dass die Rundfunkgesetze in dem Land dringend überprüft werden müssen. Es gelte die in der Karibik verbreitete Verpflichtung zur Ausstrahlung staatlicher Inhalte und ihre negativen Folgen für die Pressefreiheit neu zu bewerten, sagte der Verbandspräsident Wesley Gibbings.

Nach einem jüngsten Treffen Mohammeds mit Vertretern der Vereinigung der Verleger und Rundfunksender von Trinidad und Tobago (TTPBA), der Medienorganisation MATT und des ACM erklärte MATT-Vorsitzende Suzanne Sheppard: "Unsere Organisation ist nicht der Meinung, dass wir uns der Forderung der Regierung beugen müssen." Sie wies darauf hin, dass ein Entgegenkommen Auswirkungen auf die Gewinne und die Arbeitsweise der Sender haben werde. Die Maßnahme sei "weder gesund noch notwendig".

Die Forderung der Regierung erfolgt in etwa zeitgleich, was MATT als "bösartige, unberechtigte Angriffe" hochrangiger Regierungsbeamter "gegen Journalisten bei der Ausübung ihrer Arbeit" bezeichnet.


Journalist bedroht

Im Oktober war der Minister für nationale Sicherheit, Austin 'Jack' Warner, gemeinsam mit anderen Ministern ausgerechnet in der Fernsehsendung 'Die Demokratie lebt' aufgetreten und hatte einen einzelnen investigativen Journalisten heftig kritisiert. Nach Angaben von MATT erhält der Reporter inzwischen anonyme Email-Drohungen, die auch im Internet verbreitet wurden.

Mohammed wiederum schrieb einen privaten und vertraulichen Brief an den Nachrichtenchef eines Fernsehkanals und beschuldigte ihn und eine Lokalzeitung, sich auf die "traurige Reise" begeben zu haben, um die Regierung "zu diskreditieren und zu zerstören".

IPI-Exekutivdirektorin Alison Bethel McKenzie beschuldigte Mohammed, direkt an Versuchen, die Medien einzuschüchtern, beteiligt zu sein. Dies sei in höchstem Maße besorgniserregend und ein Zeichen dafür, dass den Übergriffen von Regierungsbeamten auf die Medien in jüngster Zeit ein gewisses Muster zugrunde liege. In einem Interview räumte Mohammed immerhin ein, mit dem privaten Brief an den Journalisten "einen Fehler" begangen zu haben. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2012