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ALTERNATIVMEDIZIN/260: Ayurveda - Bio-Energien (securvital)


Securvital 2/2020 - April - Juni
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

AYURVEDA
Bio-Energien

von Norbert Schnorbach


Gesundheitsvorsorge nach indischer Art: Ayurvedische Ernährung und Kuren können helfen, die Gesundheit wieder ins Gleichgewicht zu bringen.


Warme Bäder mit Kräutern und Blüten, gesundes Essen nach individuellen Rezepten und sanfte Ölmassagen von Kopf bis Fuß - wer sich auf eine Ayurveda-Kur einlässt, wird angenehm verwöhnt. Auf den ersten Blick klingt das nach Schönheitsbehandlung und Erholung. Aber Ayurveda ("das Wissen vom gesunden und langen Leben") hat einen bewährten medizinischen Hintergrund mit Jahrtausende alter Tradition. In Indien und Sri Lanka bauen große Teile des Gesundheitswesens auf die alte Heilkunst auf.

Hierzulande ist Ayurveda eher im Zusammenhang mit Kuren, Wellness und Ernährung bekannt. Die Nachfrage nach ayurvedischen Kuren ist groß, auch wenn sie nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. Solche Kuren gibt es mittlerweile in vielen Variationen, meint die Ayurveda-Expertin Kerstin Rosenberg: "Vom Fünf-Sterne-Hotel an der Nordsee oder auf Mallorca bis zur einfachen Pension im Allgäu, von einer kleinen Hütte im Dschungel von Kerala bis zum Klinikaufenthalt in einer indischen Metropole."

Ernährung und Lebensstil
Am intensivsten sind die Regenerations- und Reinigungskuren (Rasayana und Panchakarma), die meist zwei bis drei Wochen dauern. Insbesondere bei der Gesundheitsvorbeugung können solche Kuren viel bewirken. Außerdem bei chronischen Beschwerden, die mit Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil zusammenhängen. Oft sind Rückenprobleme, Übergewicht und Bluthochdruck oder Burnout der Anlass für eine Kur.

Am Anfang jeder Ayurveda-Kur steht die ausführliche Untersuchung der Konstitution und der individuellen Lebensgewohnheiten. Die ayurvedische Medizin geht davon aus, dass der Mensch von drei biologischen Kräften gesteuert wird: Vata, Pitta und Kapha. Vata reguliert Bewegung, Atem und Nerven, Pitta den Stoffwechsel, Kapha die Stabilität und Abwehrkraft. Nach der Anschauung des Ayurveda verfügt jeder Mensch über eine individuelle Mischung dieser "Bio-Energien", die Doshas genannt werden.

Sie formen Körper und Geist ebenso wie Temperament, Verhaltensweisen und Krankheitsanfälligkeiten in verschiedener Ausprägung: den beweglichen intellektuellen Vata-Typ, die dynamische Pitta-Persönlichkeit und den stabilen Kapha-Menschen. Wenn es gelingt, die drei Doshas in Harmonie zu halten, winkt ein langes und gesundes Leben. Wenn aber das Verhältnis aus der Balance gerät, zum Beispiel durch ständigen Stress und einseitige Ernährung, dann entstehen Störungen und Krankheiten.

Ayurveda-Kuren können helfen, das Gleichgewicht der Kräfte wieder herzustellen oder die innere Balance in gesundem Zustand zu bewahren. Während viele westliche Mediziner kritisch sind und fehlende Wirksamkeitsstudien bemängeln, hat die Habichtswaldklinik in Kassel (ayurveda-klinik.de) gute Erfahrungen mit ayurvedischen Therapien gemacht. Sie bietet eine in Deutschland seltene Kombination von indischer Heilkunde und westlicher Medizin.

Tiefgreifende Reinigung
"Natürlich ist Ayurveda kein Wundermittel gegen alles", betont der leitende Arzt Dr. Ananda Samir Chopra. Verletzungen, Knochenbrüche oder etwa akute Blinddarmentzündungen müssten zuerst mit den Mitteln der modernen Medizin behandelt werden. "Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass Ayurveda in der Behandlung vieler Erkrankungen eine wirksame Alternative oder Ergänzung darstellen kann." Der Berufsverband europäischer Ayurveda Mediziner und -Therapeuten (VEAT, ayurveda-verband.eu) weist darauf hin, dass Ayurveda das Verständnis von Gesundheit und Krankheit bereichern könne. Konkret erprobt und erforscht wird das zum Beispiel in der Abteilung für Naturheilkunde des Immanuel Krankenhauses in Berlin (naturheilkunde.immanuel.de).

"Ayurveda lehrt uns, wie Nahrungsmittel unser geistiges Wohlbefinden beeinflussen."
Kate O'Donnell: "Das Ayurveda-Kochbuch für einen klaren Geist" (Narayana Verlag 2019)

"Ayurveda ist hochmodern und im besten Sinne von Prävention und Gesundheitsförderung für alle sehr effektiv nutzbar", sagt der leitende Oberarzt Dr. Christian Kessler. Die ayurvedische Medizin wirkt nach seinen Worten über die Behandlung von einzelnen Diagnosen und Krankheiten hinaus und stellt die Gesunderhaltung beziehungsweise Gesundwerdung in den Vordergrund. "Sowohl für den gesunden als auch für den kranken Menschen bietet Ayurveda viele wirksame Möglichkeiten der Therapie und Prävention", erklärt die Deutsche Ärztegesellschaft für Ayurveda Medizin (DÄGAM, daegam.de).

Langzeitwirkungen
Das Angebot an ayurvedischen Therapien und Kuren hat in den letzten Jahren zugenommen, berichtet die Info-Plattform ayurveda-portal.de. Dabei sei zu unterscheiden zwischen reinen Erholungsangeboten und den medizinisch orientierten, intensiven Panchakarma-Kuren, die in Deutschland ebenso wie in der Heimat des Ayurveda in Indien und Sri Lanka angeboten werden. Wörtlich übersetzt bedeutet Panchakarma "fünf reinigende Therapien". Dazu gehören Abführmittel, Nasenspülungen, Schwitzbäder, strenge Diät und so manche bittere Kräutermedizin. "Die Panchakarma-Kur bildet das Herz der ayurvedischen Medizin. Sie bewirkt eine tiefgreifende Reinigung auf körperlicher und geistiger Ebene", erklärt Norbert Fischer aus Stuttgart. Er hat als Heilpraktiker und Pionier auf diesem Gebiet authentische Panchakarma-Kuren konzipiert, die auf den traditionellen asiatischen Behandlungsmethoden beruhen (ayurveda-kur.de). Die echte Panchakarma-Kur ist "eine äußerst wirkungsvolle, aber auch anstrengende Therapie". In den ersten Tagen geht es um Reinigung und Loslösen von alten Gewohnheiten. Dabei helfen eine vegetarische Diät mit typgerechter Ernährung, außerdem Meditations-Übungen und verschiedene Ölbehandlungen wie der entspannende Sirodhara-Stirnguss mit lauwarmem Kräuteröl. Danach kommen tägliche Kopf-, Fuß- und Ganzkörpermassagen an die Reihe, denen tiefgreifende Wirkungen auf Körper, Geist und Seele zugeschrieben werden. Während der Kur sind Alkohol, Kaffee, Zigaretten und Fleisch tabu. Dafür stehen mehrere Liter heißes Wasser täglich auf dem Speiseplan.

"Eine Ayurveda-Kur stellt für viele Menschen einen Wendepunkt im eigenen Leben dar", sagt Kerstin Rosenberg. Die Teilnehmer erleben das oft als eine intensive Zeit für Erholung, Regeneration und Besinnung. Mit der Anregung, die eigenen Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zu überdenken, kann eine solche Kur erstaunliche Langzeitveränderungen bewirken. Nicht selten berichten Teilnehmer von einer nachhaltigen Stärkung ihrer Gesundheit. Was oft in Erinnerung bleibt, sind die ausgesprochen angenehmen Seiten einer Ayurveda-Kur: Die Massagen und die tiefe Entspannung, wenn warmes Öl im feinen Strahl auf die Stirn rinnt. Die Yoga-Übungen, die den Geist zur Ruhe kommen lassen. Und nicht zuletzt die ausgesuchte ayurvedische Küche.

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Quelle:
Securvital 2/2020, April-Juni, Seite 16-18
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2020

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