Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) - 15.04.2019
Neue Therapiemöglichkeit für Marmorknochenkrankheit
Die Marmorknochenkrankheit (Osteopetrose) ist eine meist genetisch bedingte Krankheit, die durch das Fehlen oder die Unterfunktion von knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) verursacht wird. Dadurch kommt es zu erheblichen Störungen der Knochenstruktur und mechanischen Stabilität. Eine Knochenmarktransplantation ist die derzeit einzige Behandlungsmöglichkeit, die aber oft nur partiell erfolgreich ist. Forscher des Leibniz-Instituts für Alternsforschung (FLI) in Jena haben jetzt im Mausmodell entdeckt, dass Osteoklasten einen anderen zellulären Ursprung haben als bisher angenommen. Damit eröffnen sich neue therapeutische Optionen zur Osteopetrose-Behandlung.
Jena. Die Osteopetrose, auch Marmorknochenkrankheit genannt, ist eine
meist genetisch bedingte Krankheit, die durch das Fehlen oder die
Unterfunktion von knochenabbauenden Zellen, den Osteoklasten, verursacht
wird. Durch die stetige Anhäufung von Knochengewebe wird die
Mikroarchitektur des Knochens gestört und die mechanische Stabilität
gemindert. Trotz der erheblichen Vermehrung von Knochenmasse neigen die
Patienten häufig zu Knochenbrüchen, die oft nur schwer verheilen. Darüber
hinaus können schwere Knochen- und Gesichtsdeformationen, Zahnlosigkeit
und Blindheit auftreten.
Osteoklasten sind Zellen, die direkt am Knochen anliegen und für den kontinuierlich stattfindenden Knochenabbau verantwortlich sind. Fehlen Osteoklasten oder sind sie defekt, dann wird keine Knochenmatrix mehr abgebaut. Es kommt zur Knochenverdickung und zum Fehlen von Knochenaussparungen, die aber wichtig sind für z.B. den Durchbruch von Zähnen, die direkte Verbindung zwischen den Augen und dem Gehirn über den Sehnerv, und auch für die Blutstammzellen, die im Knochenmark ansiedeln und lebenslang für die Blutbildung verantwortlich sind. Deshalb ist das Krankheitsbild der Marmorknochenkrankheit sehr divers.
Die Behandlungsmethode der Wahl ist die Bereitstellung von normalen Blutstammzellen aus gesunden Patienten über eine Knochenmarktransplantation. Jedoch sind die Nebeneffekte einer Transplantation oft sehr schwerwiegend und die Erfolgsaussichten mit 40-60% relativ gering. Alternative Behandlungsmethoden sind daher wünschenswert. Bisher ging man davon aus, dass durch eine Knochenmarktransplantation neue blutbildende Stammzellen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sich gesunde Osteoklasten entwickeln können. Forscher konnten nun aber nachweisen, dass die Osteoklasten in Wirklichkeit einen ganz anderen Ursprung haben.
Forschern um Prof. Dr. Claudia Waskow, Seniorgruppenleiterin am Jenaer Leibniz-Institut für Alternsforschung und der Technischen Universität Dresden sowie Professorin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, gelang es in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom Memorial Sloan Kettering Institute in New York, USA, im Mausmodell zu zeigen, dass Osteoklasten einen anderen Ursprung haben, als bisher angenommen. Sie nutzten dieses Wissen, um eine neue therapeutische Methode zur Prävention bzw. Behandlung der Marmorknochenkrankeit in der Maus erfolgreich zu testen. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
"Wir fanden heraus, dass die Osteoklasten sich nicht aus den blutbildenden Stammzellen im erwachsenen Tier bilden, sondern bereits im Embryo gebildet werden", berichtet die Biologin und Alternsforscherin. "Sie entwickeln sich aus Erythro-Myeloiden-Vorläuferzellen, einem Stammzelltyp, der nur während einer kurzen Zeitspanne existiert und aktiv ist". In dieser Entwicklungsphase bilden sich neben den Osteoklasten noch weitere Fresszelltypen, die ebenfalls lebenslang in den Geweben verbleiben und deren Funktion zurzeit intensiv erforscht wird. Die Osteoklasten wandern in die Knochenanlagen ein, die zu diesem Zeitpunkt noch sehr weich sind, und fangen an, Knochensubstanz abzubauen. Das führt zur Entstehung von Knochenmarkhöhlen.
Das Forscherteam um Prof. Waskow konnte weiterhin zeigen, wie sich Osteoklasten jung halten. Dafür fusionieren die Osteoklasten im Erwachsenenalter mit speziellen Blutzellen, den Monozyten. Durch diese Verbindung wird der Zellkern des jungen Monozyten dem bereits bestehenden Osteoklasten hinzugefügt; der Kern der jungen Monozyten-Zelle bleibt in der älteren Empfängerzelle aktiv. "Wir konnten diesen Transfer durch spezielle Färbungsexperimente im Mausmodell bestätigen, indem sich nur die Osteoklasten farblich veränderten", erklärt Prof. Waskow. Die Experimente wiesen nach, dass das genetische Material des Spenderzellkerns in den Empfängerzellen, den Osteoklasten, weiterhin aktiv war.
Den Forschern gelang darüber hinaus der Nachweis, dass sich mit Hilfe des Transfers von Monozyten aus gesunden Spendertieren in ein an Marmorknochenkrankheit-leidendes Tier die Osteopetrose verbessern lässt. "Unsere Experimente könnten die Grundlage für eine neue Behandlungsstrategie für Patienten darstellen, die dann nicht mehr den schweren Nebenwirkungen einer Knochenmarktransplantation ausgesetzt wären und bessere Heilungschancen hätten," prognostiziert Prof. Waskow die Studienergebnisse.
Publikation
Christian E. Jacome-Galarza, Gulce I. Percin, James T. Muller, Elvira
Mass, Tomi Lazarov, Jiri Eitler, Martina Rauner, Vijay K. Yadav, Lucile
Crozet, Mathieu Bohm, Pierre-Louis Loyher, Gerard Karsenty, Claudia
Waskow, Frederic Geissmann. Developmental origin, functional maintenance,
and genetic rescue of osteoclasts. Nature (2019).
DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-019-1105-7.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI) - 15.04.2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2019
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