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ZAHN/259: Genetische Defekte im Zahnschmelz begünstigen die Bildung von Karies (idw)


Universität Zürich - 07.02.2017

Genetische Defekte im Zahnschmelz begünstigen die Bildung von Karies


Nicht nur Bakterien können Karies auslösen, auch die Widerstandsfähigkeit der Zähne spielt eine wichtige Rolle. Forschende der Universität Zürich konnten nachweisen, dass mutierte Gene zu Defekten im Zahnschmelz führen und damit die Entwicklung von Karies begünstigen können.

Warum putzen einige Menschen immer fleissig die Zähne und bekommen dennoch Karies, während andere es nicht so genau nehmen mit der Mundhygiene und trotzdem keine Löcher haben? Schliesslich befinden sich bei beiden auf der Zahnoberfläche Bakterien, die den Zahnschmelz angreifen können. Zahnschmelz bildet sich durch die Mineralisation spezifischer Schmelzproteine. Ist die äusserste Schicht der Zähne defekt, kann Karies eindringen.

Forschende der Universität Zürich konnten nun erstmals einen Genkomplex identifizieren, der für die Bildung von Zahnschmelz verantwortlich ist. Die beiden Teams vom Zentrum für Zahnmedizin und vom Institut für Molekulare Biologie verwendeten dazu Mäuse mit unterschiedlichen Mutationen in den Schmelz-Proteinen, die am sogenannten Wnt-Signalweg beteiligt sind. Dank diesem Übertragungsweg reagieren menschliche und tierische Zellen auf äussere Signale und aktivieren im Zellkern gezielt ausgewählte Gene. Der Signalweg ist für die embryonale Entwicklung essenziell und spielt auch bei der Entstehung von Krebs oder körperlichen Fehlbildungen eine zentrale Rolle.

Mutationen in Proteinen lösen defekten Zahnschmelz aus

"Alle Mäuse mit Mutationen in diesen Proteinen zeigen Schmelzdefekte an ihren Zähnen. Damit konnten wir aufzeigen, dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen Mutationen in den genetischen Bauplänen für diese Proteine und der Entwicklung von Defekten im Zahnschmelz", erklärt Pierfrancesco Pagella, einer der beiden Erstautoren der Studie. Dieser genetische Befund trägt wesentlich dazu bei, die Produktion von Zahnschmelz besser zu verstehen.

Als weltweit erstes Forscherteam verwendeten die Wissenschaftler moderne genetische, molekulare und biochemische Methoden, um Zahnschmelzdefekte detailliert zu untersuchen. "Dabei zeigte sich, dass drei bestimmte, am Wnt-Signalweg involvierte Proteine nicht nur an der Entstehung schwerer Krankheiten beteiligt sind, sondern auch an der qualitativen Verfeinerung von Gewebe, das sehr weit entwickelt ist. Funktioniert die Signalübertragung nicht richtig, kann sich die Struktur des Zahnschmelzes verändern", erklärt Ko-Erstautor Claudio Cantù von der Forschungsgruppe Molekularbiologie unter Prof. Konrad Basler.

Erhöhtes Kariesrisiko bei defektem Zahnschmelz

Härte und Zusammensetzung des Zahnschmelzes kann sich auch auf das Fortschreiten von Karies auswirken. "Wir haben aufgezeigt, dass Karies nicht nur im Zusammenhang mit Bakterien steht, sondern auch mit der Widerstandsfähigkeit des Zahnes verbunden ist", sagt Thimios Mitsiadis, Professor für Orale Biologie vom Zentrum für Zahnmedizin. Bakterien und ihre toxischen Produkte könnten leicht in einen Zahnschmelz mit einer weniger stabilen Struktur eindringen. Dies führe zu kariösen Läsionen, selbst wenn die Mundhygiene eingehalten werden.

Das Verständnis über die molekularbiologischen Zusammenhänge der Zahnschmelzentwicklung sowie den Auswirkungen von Mutationen, die zu Schmelzdefekten führen, eröffnet neue Möglichkeiten zur Kariesprävention. "Dank neuer Produkte, die ein Fortschreiten von Zahnkaries bei defektem Zahnschmelz verhindern, werden wir die Mundgesundheit von Betroffenen deutlich verbessern können", ergänzt Thimios Mitsiadis.


Literatur:

C. Cantù, P. Pagella, T. D. Shajiei, D. Zimmerli, T. Valenta, G. Hausmann, K. Basler and T. A. Mitsiadis. A cytoplasmic role of Wnt-β-catenin transcriptional cofactors in tooth enamel formation. Science Signaling. February 7, 2016. Doi: 10.1126/scisignal.aah4598

Kontakt:
Prof. Thimios Mitsiadis
Zentrum für Zahnmedizin
Institut für Orale Biologie
Universität Zürich
E-Mail: thimios.mitsiadis@zzm.uzh.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.media.uzh.ch

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution94

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Nathalie Huber, 07.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2017

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