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BILDUNG/952: Maritime Medizin - Fortbildung auf Kreuzfahrt (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2015

MARITIME MEDIZIN
Fortbildung auf Kreuzfahrt

Von Dirk Schnack


Immer mehr Passagiere buchen Kreuzfahrten. Für die Reisen werden Ärzte gesucht, die sich an Bord auskennen. Eine Börse vermittelt.


Nicht nur auf dem Land, auch auf dem Wasser steigt die Nachfrage nach Ärzten. Insbesondere die expandierende Kreuzfahrtbranche führt zu einem steigenden Bedarf an Ärzten, die Passagiere und Besatzung an Bord medizinisch versorgen. Um die Vermittlung solcher Kollegen kümmert sich die von PD Dr. Christian Ottomann gegründete Schiffsarztbörse in Lübeck.

Exotische Ziele hat Chirurg Ottomann im Laufe seiner Fahrten reichlich kennengelernt. Seit über drei Jahren aber war der reiselustige Mediziner selbst nicht mehr unterwegs - seine Arbeit im Unfallkrankenhaus Berlin und in der von ihm gegründeten und geleiteten Schiffsarztbörse in Lübeck lässt ihm dafür keine Zeit. Inzwischen hat seine Börse mehr als 100 Kollegen für die verantwortungsvollen Aufgaben an Bord vermittelt. Sie wurden rund um den Globus eingesetzt, mal auf privaten Luxusjachten, mal im rauen Offshore-Bereich, mal auf Kreuzfahrtschiffen. Diese Branche hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt, und damit ist auch die Nachfrage nach qualifizierten Schiffsärzten gestiegen.

Mit Urlaub hat die Arbeit der Bordärzte auf einem Kreuzfahrtschiff wenig zu tun, wie Ottomann bei einem Termin versichert. Die Einsätze dauern in aller Regel mindestens sechs Wochen, weil die Kapitäne Wert auf Erfahrung legen und eine Vertrauensbasis zum Arzt wünschen. "Deshalb sollten Schiffsärzte nicht zu häufig wechseln", sagt Ottomann. Und auch fachlich ist die Tätigkeit durchaus anspruchsvoll. In erster Linie ist der Schiffsarzt der Hausarzt für Passagiere und Besatzung. Die nächste kollegiale Unterstützung kann er aber erst im nächsten Hafen erwarten. Und er wird im Extremfall mit Szenarien konfrontiert, die er in einer deutschen Klinik oder Praxis nicht kennenlernt, beispielsweise mit dem Ausbruch einer Epidemie an Bord und den dann notwendigen Vorkehrungen, damit die Gesundheit aller an Bord befindlichen Menschen geschützt wird und die Interessen der Reederei gewahrt bleiben. Macht der Schiffsarzt in solch einem Fall einen Fehler, der das Auslaufen des Schiffes aus dem Hafen verzögert, kann dies für die Reederei erheblichen Schaden nach sich ziehen.

Als reizvoll schildert Ottomann die kaum vorhersehbaren Ereignisse einer solchen Reise. Erfahrungen zeigen, dass sich das Schiffsteam an Bord, die Passagiere eher an Land verletzen. Der Arzt muss sich aber auch mit den unterschiedlichen Kulturen der Nationen an Bord auseinandersetzen. "Auf einem Schiff befinden sich Angehörige aus bis zu 80 unterschiedlichen Nationen. Der Schiffsarzt wird mit unterschiedlichen kulturellen Gegebenheiten konfrontiert", sagte Ottomann. Mangelnde Erfahrung kann dabei weitreichende Folgen haben.

Damit Ärzte die Tätigkeit an Bord nicht unvorbereitet angehen, bietet die Schiffsarztbörse eine zehntägige Fortbildung während einer Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer an. Unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Maritime Medizin absolvieren die Teilnehmer während dieser Zeit praktische Übungen an Bord und lernen das Arbeiten auf dem Schiff aus erster Hand kennen. Dabei wird ein Modulsystem angeboten, aus dem sich die Teilnehmer 100 Lernstunden selbst zusammenstellen können. Hierzu zählen etwa die Technik und Infrastruktur an Bord, die Risiken und die persönliche Sicherheit des Schiffsarztes, die maritime Medizin auf Großseglern, die Seediensttauglichkeitsuntersuchung, interkulturelle Verhaltensmuster, aber auch die speziellen Anforderungen des Mitveranstalters TUI Cruises. Denn der hofft während der Fortbildung auf die Rekrutierung weiterer Schiffsärzte für seine Kreuzfahrtschiffe. Das Zertifikat, das die Teilnehmer für das Absolvieren des Kompaktkurses (120 Fortbildungspunkte) erhalten, erhöht die Chancen für das Anheuern auf einem Kreuzfahrtschiff. Der Reiz der schiffsärztlichen Tätigkeit liegt nach Ansicht Ottomanns in der Abwechslung. Weil er Monotonie hasst, realisiert der umtriebige Chirurg inzwischen noch zwei weitere Projekte: die Landarztbörse und die Expeditionsarztbörse. Letztere vermittelt Kollegen für Reisen mit Expeditionscharakter, für die besondere Voraussetzungen wie Höhenmedizin, Polarmedizin oder Tropen- und Reisemedizin erforderlich sind. Für die Landarztbörse steht er in engem Kontakt zu kroatischen Ärzten, die gezielt auf eine Tätigkeit auf dem Land vorbereitet werden sollen - demnächst auch für Schleswig-Holstein.


Info

Für maritime Medizin ist Erfahrung erforderlich. Vermittlungen und Fortbildungsangebote unter
www.schiffsarztbörse.de


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2015 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2015/201501/h15014a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
68. Jahrgang, Januar 2015, Seite 19
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2015

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