Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) - Berlin 2007
Verbrauchertipps: Schutz vor Lebensmittelinfektionen im Privathaushalt
Viele Menschen haben Angst vor Pestiziden oder anderen chemischen Stoffen in Lebensmitteln. Aber auch der fehlerhafte Umgang mit Lebensmitteln kann für die Gesundheit des Menschen gefährlich werden, nämlich dann, wenn er zu Lebensmittelinfektionen bzw. Lebensmittelvergiftungen führt. Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 100.000 Erkrankungen gemeldet, die durch das Vorkommen von Mikroorganismen (insbesondere Bakterien, Viren oder Parasiten) in Lebensmitteln verursacht worden sein können; die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Meistens gehen Lebensmittelinfektionen mit Magenkrämpfen, Durchfall und Erbrechen einher und heilen von selbst aus. Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem (kleine Kinder, Schwangere, ältere Menschen oder Personen mit Vorerkrankungen) können sie im Extremfall aber auch lebensbedrohlich sein. Damit es soweit gar nicht kommt, sollte die Verunreinigung von Lebensmitteln mit Krankheitserregern vermieden, die Vermehrung von Krankheitserregern in Lebensmitteln reduziert und das Überleben von Krankheitserregern in Lebensmitteln verhindert werden.
Krankheitserreger können über rohe Lebensmittel, zum Beispiel Fleisch, Geflügel, Fisch, Eier und Gemüse, Menschen, insbesondere infizierte Personen, Haustiere, Schadnager und Insekten in die Küche gelangen.
Um die Verunreinigung von Lebensmitteln mit Krankheitserregern zu vermeiden, muss verhindert werden, dass Mikroorganismen von (meist rohen) Lebensmitteln auf andere Lebensmittel übertragen werden. Diese Form der Keimübertragung nennt man "Kreuzkontamination". Die Mikroorganismen können direkt von einem Lebensmittel auf das andere übergehen, wenn diese unverpackt nebeneinander liegen. Möglich ist aber auch die indirekte Übertragung über Hände, Geräte, Arbeitsflächen, Messer oder andere Küchenutensilien.
Der Schutz vor Kreuzkontaminationen sollte sich auf die gesamte Lebensmittelkette erstrecken, das heißt vom Einkauf, über Transport und Lagerung bis zur Verarbeitung in der häuslichen Küche.
Ein weiterer wichtiger Auslöser für Lebensmittel bedingte Erkrankungen sind Temperaturfehler, welche das Überleben bzw. die Vermehrung von Krankheitserregern in Lebensmitteln ermöglichen. Neben der mangelhaften Kühlung bei der Lagerung ist die ungenügende Erhitzung bei der Speisenzubereitung oder beim Wiederaufwärmen von zubereiteten Speisen von Bedeutung. Weitere Fehler sind das lange Warmhalten von Speisen bei zu niedrigen Temperaturen und die zu langsame Abkühlung von erhitzten Speisen.
Im Folgenden hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Empfehlungen für Verbraucherinnen und Verbraucher zusammengestellt, die sich und ihre Familien oder Freunde durch einen hygienischen Umgang mit Lebensmitteln vor Erkrankungen schützen möchten.
Rohe vom Tier stammende Lebensmittel sind besonders häufig mit Krankheitserregern belastet. Wer Lebensmittel für Menschen mit geschwächtem Immunsystem einkauft, sollte berücksichtigten, dass insbesondere der Verzehr der folgenden Lebensmittel für diese Personengruppe eine Gesundheitsgefahr darstellen kann:
Aber auch der Verzehr von rohen pflanzlichen Lebensmitteln, wie z.B. Sprossen, wurde bereits als Ursache von Erkrankungen identifiziert.
Beim Einkauf von verpackten Lebensmitteln sollten das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und das Verbrauchsdatum beachtet werden. Das MHD stellt das Datum dar, bis zu dem das Lebensmittel bei einer angemessenen Lagerung mindestens haltbar ist. Bis zu diesem Datum garantiert der Hersteller die einwandfreie Beschaffenheit (Aussehen, Geruch, Geschmack, Konsistenz). Meistens kann das Lebensmittel auch noch über dieses Datum hinaus verzehrt werden. Der Hersteller übernimmt hierfür jedoch keine Garantie mehr.
Im Gegensatz dazu besagt ein Verbrauchsdatum, dass das Lebensmittel nach Ablauf dieses Datums nicht mehr verkauft werden darf. Es sollte danach auch nicht mehr verzehrt werden, da eine negative Auswirkung auf die Gesundheit nicht auszuschließen ist. Deshalb tragen die Lebensmittel ein Verbrauchsdatum, die in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblich sind und nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit darstellen können (z. B. Hackfleisch, frisches gekühltes Geflügelfleisch).
Beim Einkauf sollte auch auf die Unversehrtheit der Lebensmittelverpackungen geachtet werden. Zum einen besteht bei beschädigten Verpackungen grundsätzlich die Gefahr, dass nachträglich Krankheitserreger in die Lebensmittel gelangen. Zum anderen können die aus undichten Verpackungen auslaufenden Inhalte selbst Ursache einer Kreuzkontamination sein.
Vom Kauf defekter zerbeulter Konserven wird abgeraten, weil sie undicht sein könnten. Konserven mit nach außen gewölbtem Deckel können Krankheitserreger enthalten, die Gase und hitzestabile Giftstoffe gebildet haben.
Um zu vermeiden, dass sich Keime in Lebensmitteln vermehren, wenn die Kühlkette unterbrochen wird, sollten kühlpflichtige und gefrorene Lebensmittel so schnell wie möglich nach Hause gebracht und in die Kühl- bzw. Tiefkühlschränke gelegt werden. Bei größeren Einkäufen sollten diese Lebensmittel zuletzt eingekauft werden. Im Sommer ist es zudem bei längeren Transportwegen ratsam, empfindliche Lebensmittel in Kühlboxen zu transportieren. Lebensmitteleinkäufe können auch in die frühen Morgen- bzw. späten Abendstunden verlegt werden. Gleiche Vorsichtsmaßnahmen gelten auch, wenn zubereitete leicht verderbliche Speisen zu Feiern oder Festen mitgenommen werden.
Außer Haus gekaufte warme Speisen, die zum Verzehr im eigenen Haushalt bestimmt sind, sollten schnell transportiert und sofort verzehrt werden, weil sich vorhandene Krankheitserreger bei Temperaturen unterhalb von 60°C sehr schnell vermehren können.
Um eine Verunreinigung von Lebensmitteln während der Lagerung zu vermeiden, sollten sie in geschlossenen Behältnissen oder vollständig abgedeckt aufbewahrt werden. Damit wird auch gewährleistet, dass weder Haustiere noch Insekten an die Lebensmittel gelangen. Langfristig gelagerte Lebensmittel sollten regelmäßig auf Schädlingsbefall kontrolliert werden. Lebensmittel mit Schädlingsbefall müssen entsorgt werden.
Weil die Vermehrung der meisten Bakterien durch das Kühlen verlangsamt oder sogar gestoppt wird, sollten leicht verderbliche Lebensmittel bis zum Verzehr oder zur Verarbeitung im Kühlschrank aufbewahrt werden. Dabei ist Folgendes zu beachten:
Verunreinigungen von Speisen bei der Zubereitung lassen sich wie folgt vermeiden:
Sofern ausreichend Kühlkapazitäten vorhanden sind, wird folgende Reihenfolge der Speisenzubereitung empfohlen:
Kreuzkontaminationen lassen sich durch folgende Maßnahmen vermeiden:
Zur Verhütung von Lebensmittel bedingten Erkrankungen ist Folgendes zu beachten:
Das Erhitzen von Speisen auf +70°C bis +100°C tötet die meisten vorhandenen Bakterien ab. Bei bestimmten Bakterienarten werden Dauerformen (so genannte Sporen) durch das Kochen nicht abgetötet, sondern zum Auskeimen gebracht. Überlebende Keime und Bakterien, die nach der Erhitzung in die Speisen gelangt sind (z.B. beim Abschmecken), können sich zwischen +10°C und +60°C vermehren. Einige Bakterienarten bilden bei ihrer Vermehrung hitzestabile Giftstoffe. Diese Giftstoffe können auch dann Erkrankungen auslösen, wenn die Lebensmittel nach dem Befall noch ausreichend durchgegart werden. Deshalb muss der Temperaturbereich, bei dem sich Bakterien vermehren, beim Heißhalten vermieden und beim Abkühlen von Speisen möglichst schnell durchlaufen werden.
Rohe Eier können im Inneren oder auf ihrer Schale Salmonellen enthalten. Da Salmonellen zu den Hauptverursachern von Lebensmittelinfektionen gehören, ist eine besondere hygienische Sorgfalt beim Umgang mit rohen Eiern erforderlich:
Rohes Fleisch und Geflügel sowie roher Fisch und rohe Meerestiere können mit Krankheitserregern belastet sein. Deshalb ist beim Umgang mit diesen Lebensmitteln eine besondere hygienische Sorgfalt erforderlich.
Folgende Regeln sollten beachtet werden:
Über unzureichend gereinigte Hände können Krankheitserreger auf Lebensmittel übertragen werden.
Hände sollten deshalb:
gründlich gewaschen und sorgfältig abgetrocknet werden. Eine sorgfältige Händereinigung sollte mit Seife unter fließendem Wasser erfolgen. Für Hände und Geschirr sollten getrennte Handtücher verwendet werden. Diese sollten regelmäßig gewechselt und bei mindestens +60°C gewaschen werden. Feuchte Handtücher sollten getrocknet werden, wenn sie nicht gleich gewaschen werden, da dies die Keimvermehrung reduziert.
Wenn für das Händewaschen kein fließendes sauberes Wasser zur Verfügung steht (z. B. beim Picknick oder auf Reisen), stellen mit Reinigungsmitteln getränkte feuchte Tücher eine Alternative dar.
Reinigungsarbeiten in der Küche zielen darauf ab, das Vorkommen von Mikroorganismen auf Küchenoberflächen und -geräten zu reduzieren und damit das Auftreten von Lebensmittel bedingten Erkrankungen zu verhindern. Einzelne Bakterien sind zu klein, um sie mit bloßem Auge erkennen zu können. Scheinbar saubere Flächen oder Hände sind deshalb nicht unbedingt keimfrei. Dennoch ist in der Regel die Anwendung einfacher Haushaltsreiniger ausreichend. Die Verwendung spezieller Desinfektionsmittel ist nur erforderlich, wenn dies bei Erkrankungen vom Arzt oder Gesundheitsamt empfohlen wurde.
Bei Reinigungsarbeiten in der Küche sollte Folgendes beachtet werden:
Putzlappen bzw. -schwämme und Handtücher können Krankheitserreger in der Küche verbreiten und damit eine Gefahr darstellen. Insbesondere in feuchten Lappen und Schwämmen können sich Bakterien bei Raumtemperatur sehr schnell vermehren. Putzschwämme sind aus den oben genannten Gründen für Reinigungsarbeiten in der Küche weniger gut geeignet, weil sie in der Regel nicht oft genug ausgetauscht werden.
Schmutziges Geschirr und Besteck sollten umgehend gereinigt werden. Bei starken Verschmutzungen sollten Geschirr und Besteck vorgespült werden.
Beim Abwaschen im Spülbecken ist Folgendes zu beachten:
Bei der Reinigung in Geschirrspülmaschinen sollten aus hygienischen Gründen möglichst Spülprogramme mit Temperaturen von mindestens +60°C ausgewählt werden. Damit Reinigungsmittel richtig einwirken können, sollte die Maschine nicht übermäßig beladen werden. Auch der Innenraum der Geschirrspülmaschine selbst sollte von Zeit zu Zeit mit gesäubert werden. Besondere Aufmerksamkeit erfordert der Reinigungszustand von Sieb und Gummidichtungen.
Abfallbehälter sollten regelmäßig geleert und nach Verschmutzung mit warmem Wasser und Reinigungsmittel gesäubert werden. Nach dem Berühren von Abfall sollten die Hände mit warmem Wasser und Seife gewaschen und sorgfältig abgetrocknet werden.
Leben in einem Haushalt Menschen, die an einer Infektion leiden, ist die Gefahr einer Kontamination von Lebensmitteln mit Krankheitserregern besonders groß. Diese Personen sollten deshalb auf eine sorgfältige persönliche Hygiene achten, vor allem der Hände. Eine alkoholische Händedesinfektion, insbesondere nach dem Toilettenbesuch, kann erforderlich sein, wenn dies vom Arzt oder vom Gesundheitsamt empfohlen wurde.
Das Gleiche gilt für einen Zusatz von Desinfektionsmitteln bei der Reinigung von Küche und Bad. Flächen, die mit Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen der erkrankten Personen in Kontakt gekommen sind, sollten sofort gründlich gereinigt und ggf. desinfiziert werden. Das Tragen von Einmalhandschuhen kann dabei einen zusätzlichen Schutz vor Infektionen bieten.
Für den öffentlichen Bereich bestehen gesetzliche Regelungen, die erkrankten Personen unter Umständen untersagen, Lebensmittel für andere herzustellen. Nach Möglichkeit sollte dies auch im Privathaushalt vermieden werden, vor allem bei:
Entzündete Hautpartien (Wunden, Hautausschlag) sind häufig mit Bakterien besiedelt, die nach der Vermehrung in Lebensmitteln Erkrankungen auslösen können. Verletzungen an Händen und Armen sollten deshalb während des Umgangs mit Lebensmitteln mit wasserundurchlässigem Verbandsmaterial abgedeckt werden.
Bei Erkältungskrankheiten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Krankheitserreger über Mund und Nase ausgeschieden werden. Deshalb sollte man sich beim Niesen oder Husten nach Möglichkeit vom Lebensmittel abwenden und ein Papiertaschentuch vor Mund und Nase halten. Nach Benutzung sollte das Papiertaschentuch weggeworfen und die Hände gründlich mit warmem Wasser und Seife gewaschen werden.
Berlin 2007
Nachdruck mit Genehmigung der Pressestelle erlaubt.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
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Quelle:
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
BfR Pressedienst 14/2012 vom 30.03.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2012